Wofür würdet ihr sterben?

joleen schrieb:Für mich gibt es nur Gründe, um zu leben.

Ich finde, so sollte das auch sein. Denn mein Leben zu geben bringt ja am Ende keinem was. Es sei denn, es will mich jemand loswerden, aber dann tu ich dem erst recht nicht den Gefallen :D

Dr.Manhattan schrieb am 05.01.2019:Was ist euch so wichtig, dass ihr euer leben dafür riskieren oder opfern würdet?

Für einen dauerhaften Weltfrieden.
Alles andere wäre irgendwie sinnbefreit, weil ja wichtige Personen ausgenommen sind.
Ich habe ja nichts mehr davon, also muss es schon sehr außergewöhnlich sein.

Ich gebe zu, dass ich ein Feigling bin, der nicht bereit ist, für einen Unbekannten zu sterben.

TRIGGERWARNUNG: Empfindliche Menschen sollten nicht weiterlesen!

Ich habe mich einmal in meinem Leben für mein eigenes Leben und gegen das eines Kindes entschieden. Ich habe dem Kind sogar den Tod gewünscht.

Ich hatte die Geschichte hier schon mal in einem anderen Zusammenhang erwähnt, ich kopiers mal raus:

Ich war 21 und konnte die Schreie eines angeschossenen Kindes eine ganze Nacht und einen halben Tag lang hören. Dann ist es endlich gestorben. Zunächst schreit ein Mensch nach Hilfe, dann nach Wasser, dann nach Gott und zuletzt nur noch nach seiner Mutter. Das kann man sogar ohne ausreichende Sprachkenntnisse verstehen.

Der Junge wollte Wasser holen an einer der wenigen intakten Zapfstellen im Palästinenserlager Tel as Satar im Libanon 1975, als ihn ein Scharfschütze der christlichen Falange-Miliz anschoss.

Und ich hocke vielleicht 10, 15 Meter entfernt hinter einem Autowrack und traue mich nicht 'raus, weil ich weiss, dass ein Scharfschütze nur auf mich - und andere HelferInnen - lauert.

Das ist die perverse Logik dieser Leute: Verletze ein Kind so, dass es schreit, lange schreit und nicht so schnell stirbt. Diesem Geschrei kann keiner lange wiederstehen. Dann töte alle Helfer.

In dieser endlos langen Zeit, als ich dort lag und krass gesagt, abwägen musste, ob das Kind stirbt oder ich - da, gebe ich zu, habe ich mir nichts sehnlicher gewünscht, als dass dieser mir unbekannte Junge sterben möge und sein Geschrei endlich verstummen möge.

Ja, dafür schäme ich mich manchmal - und davon träume ich manchmal nach über vierzig Jahren immer noch.

@Doors
Mein Vater litt auch darunter, dass er einen Jugendlichen, der am Ertrinken war, nicht retten konnte. Aber es gilt immer noch die Rettungsregel, dass man nicht sich selbst in eine eindeutig bestehende Lebensgefahr bringen darf, um zu retten. Mein Vater hatte keine Chance, Du auch nicht. Der Junge wäre trotzdem gestorben, wenn Du Dein Lieben hingegeben hättest.

@Laura_Maelle

Das ist mir schon klar - trotzdem verfolgt es mich.

@Doors
Ich sage Dir jetzt dasselbe, was ich meinem Vater sagte: "Deine Tochter hat Dich gebraucht. Du musstest leben - für sie."

Sonst wäre sie Vollwaise gewesen.

@Laura_Maelle

Der Unterschied ist allerdings, dass ich damals noch keine Kinder hatte. Aber es ist in der Tat schon so, dass man doch sehr am eigenen Leben hängt, wenn es darauf ankommt.

@Doors
Krasse Story, bin sprachlos und froh nicht in dieser Situation gewesen zu sein.

Doors schrieb:Das ist mir schon klar - trotzdem verfolgt es mich.

Ich denke, es würde die meisten Menschen ihr Leben lang verfolgen. Ich denke auch, dass die meisten Menschen so gehandelt hätten, wie du. Sein eigenes Leben für das eines Fremden zu geben, auch wenn es ein Kind ist, ich denke, dass es kaum jemanden gibt, der dazu bereit wäre.
Aber schlimm, dass du überhaupt zu so einer Entscheidung gezwungen wurdest.

EnyaVanBran schrieb:Wofür würdet ihr sterben?

Wahrscheinlich bei einer unheilbaren Krankheit, wo das Leben nicht mehr lebenswert und man abhängig von einem ist.

Oder, wenn ich wüsste, was mich nach dem Tod erwartet und es total Lohnenswert ist, dafür zu Sterben.

Ich habe in meinen jungen Jahren einige sehr schlimme Migräneanfälle durchlebt, einer war so schlimm, dass ich meinen Kopf gegen die Wand geknallt habe, nur um nichts mehr spüren zu müssen, was in der Notaufnahme mit zusätzlicher Gehirnerschütterung endete.
Hätte ich jeden Tag diese Schmerzen, wo auch damals Schmerzmittel nicht nutzen, dann hätte ich für Schmerzfreiheit sterben wollen, weil das Leben, unter diesen Umständen, nicht lebenswert für mich gewesen wäre.

Syringa schrieb:Ich habe in meinen jungen Jahren einige sehr schlimme Migräneanfälle durchlebt, einer war so schlimm, dass ich meinen Kopf gegen die Wand geknallt habe, nur um nichts mehr spüren zu müssen, was in der Notaufnahme mit zusätzlicher Gehirnerschütterung endete.
Hätte ich jeden Tag diese Schmerzen, wo auch damals Schmerzmittel nicht nutzen, dann hätte ich für Schmerzfreiheit sterben wollen, weil das Leben, unter diesen Umständen, nicht lebenswert für mich gewesen wäre.

Wow, das klingt echt schlimm. Ich hoffe, du musst solche Anfälle heute nicht mehr erleben. Klar, unter solchen Bedingungen ist es verständlich, dass man es irgendwann nicht mehr aushält. Das ist dann etwas ganz anderes. Mit solch starken Schmerzen ist ein normales Leben auf Dauer wohl auch kaum möglich. Dass man da im Tod die Erlösung sieht, kann ich schon nachvollziehen.

EnyaVanBran schrieb:Ich hoffe, du musst solche Anfälle heute nicht mehr erleben

Nein, glücklicherweise nicht mehr. Einerseits gab es dann irgendwann Medikamente die mir einigermaßen geholfen haben und zudem nahm die Anzahl und Intensität der Anfälle im Laufe meines Lebens ab. Heutzutage habe ich im Durchschnitt zwei-bis dreimal im Monat Migräne, komme aber meist ohne Medikamente da durch, weil sie meist einigermaßen erträglich ist.

Kurze Antwort: Für die Familie.

Dr.Manhattan schrieb am 05.01.2019:Lassen wir mal Kinder , Familie und Partner weg.

Ich würde vielleicht mein Leben riskieren. Aber sterben?
Dieser Heldenmut müsste erst einmal bewiesen werden.