Das Entfalten der Individualität ist an sich was Gutes, das Problem ist, dass damit auch die negativen Eigenschaften entfaltbar werden. Als kindlich würde ich das meiste nicht beschreiben, eher als roh oder sozial unterentwickelt. Wobei man sich drüber streiten kann, in wie weit das zusammenhängt. An sich ist das Eingestehen und Ausüben von Hobbies, die früher (oder auch heute) als kindisch beschrieben wurden ein Zeichen von Selbstbewusstsein. Ich kann zugeben Trickfilme zu konsumieren oder kindische Games zu zocken und dabei Spaß zu haben. Menschen orientieren sich nicht mehr an den aufdiktierten Statussymbolen und Verhaltensweisen, es ist also was Gutes.
Das andere Extrem ist aber wie vom DL und anderen schon gesagt, auch schlecht. Ich finde die anti-meritokratische Belohnungsweise auch eher schädlich als nützlich (von Ausnahmen abgesehen). Vor allem weil man fair sein will, es aber gerade nicht ist. Wenn mehrere Personen eine Hausarbeit oder einen Aufsatz oder was auch immer schreiben und sich an alle Regeln halten und ihr Schreiben gut ausformulieren und inhaltlich strukturieren am Ende dieselbe Bewertung bekommen, wie die, die sich eben nicht dran halten, oder die des qualitativen Schreibens von Natur aus eben nicht so fähig sind (genauso wie andere niemals Matheprofis sein werden), dann ist dies den Guten gegenüber unfair. Gleichzeitig ist es eine, meiner Meinung nach, schlechte Erziehung der anderen Personen, weil die praktisch gelehrt bekommen, automatisch immer alles richtig zu machen und mit anderen auf einer Stufe zu stehen. Das ist einerseits eine Fehleinschätzung, die sich irgendwann rächen wird (spätestens wenn Arbeitgeber selektieren müssen) und andererseits zu Arroganz führt, weil Menschen immer seltener mit ihren eigenen Grenzen und Fehlverhalten konfrontiert werden. Und wenn sie es dann irgendwann werden, dann können die mit der neuen Situation nicht umgehen und geben denen die Schuld, die sie zurecht kritisieren. Bei moralischem Fehlverhalten ist das Ganze natürlich noch schlimmer, wenn Kinder damit aufwachsen dass es ok ist andere zu beleidigen, bösartig zu lästern, zu verhetzen oder andere auszunutzen. Der Glaube, dass man das Privileg besitzen würde, sowas tun zu dürfen, andere aber nicht.
@Chiharu Das ist zwar auch schade, ist aber noch eine natürliche Folge einer komplexen und differenzierten Gesellschaft. Je komplexer ein System, je spezialisierter die Berufe. Wenn jeder auch nur einen Bruchteil von Wissen in jedem nennenswerten Fach sammeln müsste und gleichzeitig noch einen Haufen an potentiell nützlichen Überlebenshilfen lernen müsste, wie Jagen, Fischen, Präparieren, Bauen, etc. hätte man keine Zeit mehr für anderes. Die meisten haben so oder so schon kaum noch Zeit, das ist heute schon oft im Kindesalter der Fall.
PS.: Hast du denselben Ava wie kiki oder spinne ich gerade?
:ask: