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Foren und Verantwortung

151 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Forum, Verantwortung, Anzeige ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Foren und Verantwortung

09.03.2022 um 15:38
Zitat von JebaJeba schrieb:Allerdings habe ich auch keine Probleme, die mich so beeinträchtigen, dass ich z.B. suizidgefährdet wäre.
Das ist schon mal schön zu lesen. Aber genau das meinte ich eigentlich. Wenn man mit seinen Problemen alleine echt nicht mehr alleine fertig wird, denke ich, dass ein Forum zwar unterstützen kann, aber wirklich helfen wird es nur schwer können.


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09.03.2022 um 16:43
..
Zitat von EnyaVanBranEnyaVanBran schrieb:Das bestreite ich ja nicht. Ich habe nur aufgezeigt, dass es solche Plattformen gibt. Natürlich sind Selbsthilfegruppen wichtig, egal in welcher Form. Aber sollte man nicht, wenn ein Problem echt tief sitzt, dennoch professionelle Hilfe in Anspruch nehmen? Sind Beiträge in diversen Foren dann nicht ein bisschen zu wenig? Oder reicht dieses Hilfe schon aus?
Gut. Also. Ich bin "vom Fach" und habe folglich auch diverse Infothemen erstellt. So etwas wie: "Wie finde ich einen passenden Therapeuten?" - "Was darf ein Therapeut und was nicht?" - Was tue ich, wenn der Therapeut Fehler macht?" .. etc. pp.. Wie ich bereits schrieb, geht es, mAn, darum, zuerst einmal eine Vertrauens- / Kommunikationsbasis zu erschaffen, das Problem zu umreißen und dann kann ich Empfehlungen abgeben, wie der Betreffende sich bei sich vor Ort Hilfe organisieren kann. Ich kann Ansprechpartner und Links nennen / setzen und ich kann, ist der Betreffende noch nicht so weit, dass er bereit für solche Hilfe wäre, das Ganze besser rausarbeiten, gemeinsam mit dem Betreffenden (was ich idR auch tue) und ihn / sie anregen, das auszudrucken und bei einer Fachkraft vor Ort damit vorstellig zu werden.

Oft ist den Leuten gar nicht bewusst, dass ihr Problem gar nicht so "belangslos" ist, wie sie meinen. Ich lese immer wieder Dinge, wie, "ich überlasse die Plätze lieber wem mit "echten" Problemen" .. "ich schäme mich" u. ä. m.. Dann Zuspruch und Anleitung zu geben, das ist die Aufgabe eines solchen Forums. Und natürlich der Austausch mit Anderen, dann fühlt man sich nicht mehr so "als Freak". Solche Foren sind nicht das Ende, sondern (im besten Falle) der Anfang eines Weges.

LG Mina


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09.03.2022 um 17:01
Zitat von MarinaG.MarinaG. schrieb:Wie ich bereits schrieb, geht es, mAn, darum, zuerst einmal eine Vertrauens- / Kommunikationsbasis zu erschaffen, das Problem zu umreißen und dann kann ich Empfehlungen abgeben
Aber kann man zu einer fremden Person in einem Forum denn solch ein Vertrauen aufbauen?
Du sagst, du bist vom Fach und ich möchte das nicht abstreiten oder anzweifeln, aber wirkliche Belege gibt es dafür nicht. Sprich, ein User, der sich dir anvertraut, muss dir in dieser Hinsicht blind vertrauen. Und da hätte ich persönlich schon mal ein Problem.


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09.03.2022 um 17:04
Zitat von EnyaVanBranEnyaVanBran schrieb:sehr viel von sich preis.
Ich finde, es geht auch um die Leute, die gar nicht aktiv mitschreiben, sondern nur mitlesen.
Da muss man natürlich selber entscheiden, was will ich schreiben, was zumindest die nächsten Jahre für die ganze Welt lesbar sein wird.
Möglicherweise sehe ich das Thema in zwei Jahren schon anders, dann steht es aber immer noch da.

Und wer weiß, ob nicht doch jemand rauskriegt um wen es geht. Zumindest haben auch die Mods die Emailadresse und solche Dinge.

Man schreibt in Foren eben manchmal mehr und vertrauensseliger als man es im normalen Leben wäre.
Das halte ich generell für schwierig.


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09.03.2022 um 17:12
..
Zitat von EnyaVanBranEnyaVanBran schrieb:Aber kann man zu einer fremden Person in einem Forum denn solch ein Vertrauen aufbauen?
Du sagst, du bist vom Fach und ich möchte das nicht abstreiten oder anzweifeln, aber wirkliche Belege gibt es dafür nicht. Sprich, ein User, der sich dir anvertraut, muss dir in dieser Hinsicht blind vertrauen. Und da hätte ich persönlich schon mal ein Problem.
Zum Einen gibt es, wie ich schrieb, reichlich Infotexte von mir, so dass der Betreffende sich einlesen kann und in etwa abschätzen, ob er mir meine Eignung abnehmen mag oder eben nicht. Zum Anderen ist kein großes Realvertrauen notwendig um einige Links (z. B. zu Infos & Therapieangeboten) aufzurufen. Es geht auch nicht darum, mir zu vertrauen, sondern das Selbstvertrauen des Betreffenden zu stärken, so dass er den Mut findet, sich vor Ort Hilfe zu holen. Ich will ihn nicht therapieren und würde so etwas aus der Ferne auch keinesfalls tun (auch eine seriöse Diagnostizierung ist unmöglich, indes jedoch eine klare Erfassung der Symptome, so dass diese bereits klar umrissen einer Fachkraft vor Ort vorgelegt werden könn(t)en); weil das völlig verantwortungslos wäre. Es geht um Hilfestellung in einer frühen Phase, bevor der nächste Schritt erfolgt. Es ist eine Art Durchgangsstation, ein niederschwelliges Gesprächsangebot, innerhalb dessen einige Tipps und Ermutigung erfolgen, so wie ein Bewusstmachen / erstes Reflektieren der Problematik erfolgen kann. Mehr kann ein Forum auch nicht leisten, mMn.

LG Mina


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09.03.2022 um 17:33
..
Zitat von BundeskanzleriBundeskanzleri schrieb:Ich finde, es geht auch um die Leute, die gar nicht aktiv mitschreiben, sondern nur mitlesen.
Da muss man natürlich selber entscheiden, was will ich schreiben, was zumindest die nächsten Jahre für die ganze Welt lesbar sein wird.
Möglicherweise sehe ich das Thema in zwei Jahren schon anders, dann steht es aber immer noch da.
Hm. Also es sollte eigentlich möglich sein, dass man seine Themen löschen lassen oder zumindest in geschlossene Bereiche verschieben lassen kann. Ich habe das so gelöst, dass User selbst entscheiden ob sie in einem offenen Bereich schreiben oder in einem, der für Suchmaschinen nicht zu sehen ist. Überdies verschiebe ich Themen auf Wunsch in geschlossene Bereiche. Zusätzlich, weil ich schließlich nicht immer da bin, habe ich die Editrechte völlig freigegeben, was meint, jeder User kann seine Postings zu jeder Zeit editieren und vorhandenen Text mit 2-3 Pünktchen ersetzen. Fertig. Ich bin ein Freund pragmatischer Lösungen. ;-)

Wie gesagt, alles was hier genannt wurde, sehe ich persönlich nicht als wirklich problematisch. Ich mag z. B. dieses Forum hier, weil es technisch hervorragend gewartet ist, sehr gute Usability aufweist und nicht zu streng moderiert wird. Würde hier jedes "Scheiße / Arschloch / Fuck" o. ä. mit einer Verwarnung geächtet (ja, sowas gibt es tatsächlich), weil irgendwer sich getriggert sehen könnte, ich wäre längst wieder weg. Ich denke, eine gewisse Freiheit, Eigenverantwortung und damit Restrisiko, auch mal etwas Unerfreuliches im Umgang zu erleben / zu lesen, das wird immer bleiben.

LG Mina


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09.03.2022 um 17:40
Zitat von MarinaG.MarinaG. schrieb:habe ich die Editrechte völlig freigegeben, was meint, jeder User kann seine Postings zu jeder Zeit editieren und vorhandenen Text mit 2-3 Pünktchen ersetzen. Fertig. Ich bin ein Freund pragmatischer Lösungen.
das ist dann aber supi, wenn andere auf das Posting reagiert haben, zitiert haben etc.
Pragmatisch finde ich das nur bedingt.
Zitat von MarinaG.MarinaG. schrieb:Würde hier jedes "Scheiße / Arschloch / Fuck" o. ä. mit einer Verwarnung geächtet (ja, sowas gibt es tatsächlich), weil irgendwer sich getriggert sehen könnte, ich wäre längst wieder weg.
es geht doch nicht um die Ausdrucksweise, schau doch noch mal in den EP


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09.03.2022 um 17:45
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Zitat von TussineldaTussinelda schrieb:das ist dann aber supi, wenn andere auf das Posting reagiert haben, zitiert haben etc.
Pragmatisch finde ich das nur bedingt.
Das Editieren ist eine erste Lösung. Wenn Weiteres gewünscht wird, gibt es Adminmail (Kontaktformular) oder PN. Die Editrechte sind eher für das Empfinden, sein Geschriebenes, zumindest rudimentär, immer unter Kontrolle behalten zu können.
Zitat von TussineldaTussinelda schrieb:es geht doch nicht um die Ausdrucksweise, schau doch noch mal in den EP
Das war nur ein Beispiel, warum mir persönlich Allmystery sympathisch ist und zielte darauf ab, dass jeder User Gründe hat, warum ein Forum als sympathisch erlebt wird. Das ist eben auch sehr viel davon anhängig, was einem selber wichtig ist. Das wollte ich damit im Grunde aussagen. Und, wenn man sich irgendwo unwohl fühlt, weil man meint, dass dort zu viel durchgelassen / zugelassen wird, dann muss man eben im eigenen Sinne handeln und sich trennen. Es gibt zum Glück ja überreichlich Auswahl.

LG Mina


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09.03.2022 um 17:57
@MarinaG.

Ich weiß ja jetzt nicht, wie groß Dein Forum ist, kann schon sein, dass dies im kleinen Rahmen funktioniert, dass User ihre Beiträge immer nach Wunsch (nach)editieren können. Aber in einem Forum wie diesem hier, in dieser Größenordnung ist das ein Ding der Unmöglichkeit, dass jeder nach seinem Gusto das Geschriebene umändern kann. Da würde das pure Chaos ausbrechen.
Und wo ich noch ein Problem sehe, einer kann ja jemand anderen problemlos beleidigen und dies dann einfach wegeditieren.


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09.03.2022 um 18:01
Ich denke, dass ein begrenztes Zeitfenster für Edits vollkommen ausreicht. Üblicherweise denken Menschen beim Schreiben vorher nach, bevor sie in die Tasten hauen. Wenn ich noch nach Jahren Beiträge ändern könnte, würde das in der Tat ganze Threads wirr und unverständlich machen.
Beleidigende oder anderweitig strafbare Texte müssen natürlich von den ModeratorInnen entfernt werden, wenn sich schon ein paar "Unzivilisierte" nicht an allgemeine Foren-Regeln oder einen vernünftigen Umgang halten.


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09.03.2022 um 18:07
..
Zitat von -Anna--Anna- schrieb:Ich weiß ja jetzt nicht, wie groß Dein Forum ist, kann schon sein, dass dies im kleinen Rahmen funktioniert, dass User ihre Beiträge immer nach Wunsch (nach)editieren können. Aber in einem Forum wie diesem hier, in dieser Größenordnung ist das ein Ding der Unmöglichkeit, dass jeder nach seinem Gusto das Geschriebene umändern kann. Da würde das pure Chaos ausbrechen.
Und wo ich noch ein Problem sehe, einer kann ja jemand anderen problemlos beleidigen und dies dann einfach wegeditieren.
Im Aufbau - folglich noch klein und lauschig. Es darf gerne wachsen. Wenn sich dann neue Probleme stellen, werde ich diese zu lösen suchen. Ich kenne jedoch einige Selbsthilfeforen, allesamt recht beschaulich. Wirklich groß (vergleichbar mit hier), ist mir nur eines bekannt. Die haben Unmengen Moderatoren und werden auch professionell (Firma) betrieben. Das ist eine ganz andere Hausnummer. Aber, wie gesagt, Foren die Selbsthilfe leisten, sind, meiner Erfahrung nach, längst nicht so postingintensiv wie z. B. Allmystery.

LG Mina


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10.03.2022 um 08:31
Zitat von EnyaVanBranEnyaVanBran schrieb: Das ist schon mal schön zu lesen. Aber genau das meinte ich eigentlich. Wenn man mit seinen Problemen alleine echt nicht mehr alleine fertig wird, denke ich, dass ein Forum zwar unterstützen kann, aber wirklich helfen wird es nur schwer können.
Das Problem ist halt auch die Grauzone ... man glaubt eine Geschichte nicht, aber man hat auch Angst, die Person noch mehr vor den Kopf zu stoßen. Bei vielen Leuten ist es einfacher, eine Geschichte anonym online zu teilen als im realen Leben. Online hat das erst mal keine Konsequenzen. Wenn z.B. in unserem Dorf eine Geschichte "raus" ist, dann verlierst du jede Kontrolle.

Nun schreibt z.B. jemand, er hat drei Tage vor Monatsende nichts mehr zu essen. Dann hast du ja praktisch die Möglichkeit (a) glaube ich - dann ist aber blöd, wenn du in Schritt 2 die Hilfe wieder verweigerst. Du bist praktisch emotional in die Geschichte involviert. Oder du hast Möglichkeit (b) du beschließt, es nicht zu glauben (gibt immerhin auch andere Hilfsmaßnahmen) - dann wird eventuell einer Person nicht geholfen, die Hilfe braucht.

Ich habe das Thema mal mit unserem ehemaligen Pfarrer besprochen, der das Problem im Real Life hatte. Er ist ein ziemlich gebranntes Kind. Bei uns gab es mal den Fall, dass in einer eiskalten Winternacht Obdachlose geklingelt haben - leicht alkoholisiert und mit Hund und angaben, sie könnten (wegen vorangegangenem Alkoholkonsum + Hund) nicht mehr in die städtische Obdachlosenunterkunft aufgenommen werden und ob sie bitte die Nacht in der Kirche schlafen könnten. Ihm blieben drei Möglichkeiten: (a) sein eigenes Gästezimmer im Pfarrhaus, (b) die Kirche aufschließen oder (c) ein kleiner, ziemlich verratzter Pilgerraum in der Krypta, der für alles mögliche genutzt wird, da es bei uns eigentlich keine Pilger gibt. Er entschied sich für c - mit schlechtem Gewissen. Am nächsten Morgen war (1) der nächtliche Besuch verschwunden und (2) der Raum in einem Zustand, dass er eine volle Renovierung benötigte (Hundekot, Erbrochenes ....). Er war natürlich menschlich sehr enttäuscht und ließ den Raum auf eigene Kosten (war ja seiner Fehlentscheidung) wieder herrichten, hat nun aber dieses Erlebnis als Maßstab für künftige Entscheidungen.

Er berichtete auch, dass er früher oft 10€ "Kurzkredite" vergeben hätte - mitunter bekam er die 10€ äußerst zuverlässig von Menschen zurück, wo er es nie gedacht hätte, mitunter zahlten Leute, die er als zuverlässig eingeschätzt hatte, das Geld nicht mehr zurück. Fazit: Es bleibt immer eine Unsicherheit - und es ist gut, auch misstrauisch zu sein.


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10.03.2022 um 08:39
Zitat von MissMaryMissMary schrieb:Wenn z.B. in unserem Dorf eine Geschichte "raus" ist, dann verlierst du jede Kontrolle.
Ja, das kenne ich und verstehe es auch total.

Ja, die Sache mit dem Obdachlosen zeigt, dass Gutmütigkeit leider viel zu oft ausgenutzt wird. Egal ob im RL oder online. Von daher bin ich ein eher skeptischer Mensch, zum einen was spontane Hilfe Fremden gegenüber betrifft, aber auch bei dem, was ich über mich preis gebe.


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10.03.2022 um 08:47
Zitat von MissMaryMissMary schrieb:und es ist gut, auch misstrauisch zu sein.
Zitat von EnyaVanBranEnyaVanBran schrieb:Gutmütigkeit leider viel zu oft ausgenutzt wird.
Ja, alles möglich. Man kann es aber auch andersherum sehen.

Kann ich die zehn Euro ein weiteres Mal verkraften, um damit MÖGLICHERWEISE jemandem zu helfen, auch im Falle, dass er lügt?

Mir ist Gutmütigkeit und Vertrauen auf jeden Fall sehr viel wert, wenn ich hier keine Zahlen nennen könnte.


Allerdings denke ich, man weiß im Internet nie die genauen Kosten, wenn es sich nicht um Geld handelt. Das hat ja @MissMary schon gut aufgedröselt.


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10.03.2022 um 08:47
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Zitat von MissMaryMissMary schrieb:Nun schreibt z.B. jemand, er hat drei Tage vor Monatsende nichts mehr zu essen. Dann hast du ja praktisch die Möglichkeit (a) glaube ich - dann ist aber blöd, wenn du in Schritt 2 die Hilfe wieder verweigerst. Du bist praktisch emotional in die Geschichte involviert. Oder du hast Möglichkeit (b) du beschließt, es nicht zu glauben (gibt immerhin auch andere Hilfsmaßnahmen) - dann wird eventuell einer Person nicht geholfen, die Hilfe braucht.
In solch einem Fall würde ich der Person Anlaufstellen posten, wie und wo sie sich vor Ort Hilfe holen kann. Es gibt das Amt, Tafel, Kirche etc. pp.. Wenn jemand wirklich Hunger hat, dann setzt er sich vor Ort in Bewegung. Das Bettelgesuch würde ich klar ablehnen. Online ist so etwas mAn generell nicht statthaft und wenig glaubwürdig.

LG Mina


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10.03.2022 um 09:13
Zitat von EnyaVanBranEnyaVanBran schrieb: Ja, die Sache mit dem Obdachlosen zeigt, dass Gutmütigkeit leider viel zu oft ausgenutzt wird. Egal ob im RL oder online. Von daher bin ich ein eher skeptischer Mensch, zum einen was spontane Hilfe Fremden gegenüber betrifft, aber auch bei dem, was ich über mich preis gebe.
Ja, ich bin da auch oft hin- und her gerissen, weil ich auch die andere Seite kenne. Ich habe mein Studium selbst finanziert - zu einer Zeit, wo es noch keinen Mindestlohn gab und auch kein Fachkräftemangel im Niedriglohnsektor: Es war mitunter sehr eng und auch nicht immer einfach, Zeitanspruch fürs Studium und Zeit fürs Jobben unter einen Hut zu bekommen. Es war einmal so, dass ich finanziell einige Tage vor Monatsende total abgebrannt war - da waren mehrere Zahlungen fällig (Rückmeldebeitrag, Miete, Anzahlung für eine verpflichtende Exkursion ....). Ich hatte nichts mehr zu essen und ich beschloss, die paar Tage zu fasten bzw. ich jobbte damals schon in einem Landgasthof, wo Essen auch zum Arbeitsvertrag gehörte. Irgendwas war (große Gruppe stornierte oder so) und ich konnte nicht arbeiten und hatte wirklich Hunger und fuhr dann mit dem Rad bei der Tafel (oder dem Vorläufer) vorbei: Dort bekam ich den Anschiss meines Lebens. Was mir einfalle: Nach meinem Studium würde ich mehr als der Durchschnitt in Deutschland verdienen und wie ich auf die Idee käme, ich sei bedürftig (mein Einkommen lag unter dem Existenzminimum). Das zu erleben war wirklich sehr krass und ich vermied es die restliche Studienzeit, überhaupt durch die Straße zu fahren ... heute denke ich, die Reaktion der Tafel war überhaupt nicht angemessen: hätten sie mir 500g Reis und zwei Äpfel in die Hand gedrückt, wäre mir schon sehr geholfen gewesen.
Zitat von BundeskanzleriBundeskanzleri schrieb: Kann ich die zehn Euro ein weiteres Mal verkraften, um damit MÖGLICHERWEISE jemandem zu helfen, auch im Falle, dass e
Ich bin auch jemand, der eher zu viel als zu wenig gibt. Heute denke ich auch oft, dass ich einfach in so einer privilegierten Lage bin, dass mir die 10€ auch nicht mehr weh tun. Auch was generell Hilfsbereitschaft angeht .... manchmal wirst du dann total enttäuscht, ich bin z.B. gerade krankgeschrieben und es ist erstaunlich, welcher meiner Arbeitskollegen Hilfe anbietet ("soll ich das für ich machen - ist echt kein Problem?" und wer meine Mails komplett ignoriert, obwohl die Leute auch schon viel Hilfe bekommen haben.
Zitat von BundeskanzleriBundeskanzleri schrieb: Mir ist Gutmütigkeit und Vertrauen auf jeden Fall sehr viel wert, wenn ich hier keine Zahlen nennen kön
Ich mag das Aufrechnen nicht oder das Leute nach purer Nützlichkeit bewerten. Es ist aber krass, wie weit das verbreitet ist. Ich hatte hier im Dorf mal eine gute Freundin, mit der ich mich vier Jahre lang regelmäßig getroffen habe: sie zog dann in die nächste Großstadt. Ihre "Mädelsriege" schmiss eine nette Abschiedsparty, wir organisierten ein Abschiedsgeschenk, wir halfen Kisten packen und schleppen ... wir haben nie mehr was von ihr gehört ... d.h. sie hat nach und nach den Kontakt zu uns klar abgebrochen, als sie ihr soziales Umfeld in der Großstadt hatte. Das fand ich z.B. sehr krass, aber es gibt Leute, die ticken einfach so, allerdings finde ich es auch falsch, anzunehmen, dass alle Leute so ticken.

Ich war gestern von der Reaktion einer Kollegin sehr enttäuscht, dafür haben sich zwei andere Kollegen was total Nettes einfallen lassen. Daher hat sich das wieder ausgewogen.
Zitat von MarinaG.MarinaG. schrieb:In solch einem Fall würde ich der Person Anlaufstellen posten, wie und wo sie sich vor Ort Hilfe holen kann. Es gibt das Amt, Tafel, Kirche etc. pp.. Wenn jemand wirklich Hunger hat, dann setzt er sich vor Ort in Bewegung. Das Bettelgesuch würde ich klar ablehnen. Online ist so etwas mAn generell nicht statthaft und wenig glaubwürdig.
Unser aktueller Pfarrer macht das so (weil ihm diese Mikrokreditgeschichte auf den Zeiger ging). Klingelt jemand und hat Hunger, wird er zum Mitessen im Pfarrhaus eingeladen. Er kann auch Frau, Kinder, etc. mitbringen und unser Pfarrer macht klar, dass die Haushälterin und nicht er kocht: In all der Zeit, die er nun da ist, wurde das Angebot nicht einmal abgerufen.


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10.03.2022 um 09:24
Zitat von MissMaryMissMary schrieb:Irgendwas war (große Gruppe stornierte oder so) und ich konnte nicht arbeiten und hatte wirklich Hunger und fuhr dann mit dem Rad bei der Tafel (oder dem Vorläufer) vorbei: Dort bekam ich den Anschiss meines Lebens. Was mir einfalle: Nach meinem Studium würde ich mehr als der Durchschnitt in Deutschland verdienen und wie ich auf die Idee käme, ich sei bedürftig (mein Einkommen lag unter dem Existenzminimum). Das zu erleben war wirklich sehr krass und ich vermied es die restliche Studienzeit, überhaupt durch die Straße zu fahren ... heute denke ich, die Reaktion der Tafel war überhaupt nicht angemessen: hätten sie mir 500g Reis und zwei Äpfel in die Hand gedrückt, wäre mir schon sehr geholfen gewesen.
War mehr als unangemessen. Nicht nur das Wie, Ton macht die Musik, sondern auch die grundsätzliche Ablehnung dir gegenüber, weil sie nicht den IST-Zustand berücksichtigt haben. Du hattest schließlich zum gegenwärtigen Zeitpunkt kein Geld und Hunger und nur das hätte für diese Tafel zählen sollen.

Armutsrentnern (Tendenz steigend) ist ja auch nicht damit geholfen, wenn man sie damit abspeisen würde, dass wenn sie zum Jobcenter gehen und Aufstockung beantragen auch später mehr Geld für Essen haben, aber jetzt Hunger haben.
Zitat von MissMaryMissMary schrieb:Fachkräftemangel im Niedriglohnsektor
Wobei es den ja nicht nur im Niedriglohnsektor gibt. Bzw. würde ich das Handwerk und die Pflege (als zwei Beispiele) pauschal nicht in den Niedriglohnsektor einstufen.


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10.03.2022 um 09:34
..
Zitat von MissMaryMissMary schrieb:Unser aktueller Pfarrer macht das so (weil ihm diese Mikrokreditgeschichte auf den Zeiger ging). Klingelt jemand und hat Hunger, wird er zum Mitessen im Pfarrhaus eingeladen. Er kann auch Frau, Kinder, etc. mitbringen und unser Pfarrer macht klar, dass die Haushälterin und nicht er kocht: In all der Zeit, die er nun da ist, wurde das Angebot nicht einmal abgerufen.
Sehr gute Idee. Dass sie nicht genutzt wird, sagt im Grunde alles darüber aus, wie ernst man die Internetbettelei nehmen kann.

LG Mina


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10.03.2022 um 10:07
Zitat von rhapsody3004rhapsody3004 schrieb: War mehr als unangemessen. Nicht nur das Wie, Ton macht die Musik, sondern auch die grundsätzliche Ablehnung dir gegenüber, weil sie nicht den IST-Zustand berücksichtigt haben. Du hattest schließlich zum gegenwärtigen Zeitpunkt kein Geld und Hunger und nur das hätte für diese Tafel zählen sollen.
Es war halt irgendwie auch paradox: Da bietet jemand Hilfe an, du brauchst Hilfe und gehörst aber nicht zur Zielgruppe und deshalb wird dir (einmalig) Hilfe verwehrt. Der Ton spielte da wirklich auch die Musik: Ich war damals auch sehr viel schüchterner und mir wurde praktisch unterstellt, ich komme und stehle von den Ärmsten, obwohl ich gar nicht arm sei. Das hat in mir echt ein sehr schlechtes Gewissen ausgelöst ... Wie gesagt, ich hatte danach sogar in Gegend ein großes Unbehagen, als ob ich bei etwas Ertappt worden sei, was nicht rechtens war.
Zitat von rhapsody3004rhapsody3004 schrieb: Armutsrentnern (Tendenz steigend) ist ja auch nicht damit geholfen, wenn man sie damit abspeisen würde, dass wenn sie zum Jobcenter gehen und Aufstockung beantragen auch später mehr Geld für Essen haben, aber jetzt Hunger haben.
Das Problem ist eben auch oft, dass Leute, die Armut nur "vom Papier" kennen, in der Entscheidungsebene solcher Hilfsprojekte involviert sind. Ich habe während des Abis für eine Familie des oberen Mittelstandes gebabysittet, die in einer Altbauvilla in Altstadtnähe residierten - großer Garten, ein Wohn-, ein Esszimmer und eine Bibliothek.

Der Kindesvater hat auch oft was von der Selbstverantwortung der Armen und der Befreiung aus dem eigenen Elend erzählt - ich wurde ab und an gefragt, ob ich samstags für die Familie auf dem Wochenmarkt einkaufen könnte (er ging davon aus, dass ich dort ohnehin kaufe - was wegen der Preise nicht ging) und die Familie hat halt beim Bio-Ziegenbauer für 50DM Käse kaufen können - das war mein Essensbudget für mindestens zwei Wochen, oft auch für drei.

Er hat mir auch mal den Tipp gegeben, der Bibliothek beizutreten und nicht so viele Bücher zu kaufen, weil die diese so teuer seien (durfte netterweise auch welche ausleihen). Witzbold. Mein Budget reichte für (1) Miete, (2) Essen (25DM/Woche) und dann ein kleiner Teil sonstiges. Er lobte mich auch, dass ich so konsequent Fahrrad fuhr, sah aber gar nicht, dass ich mir den öffentlichen Nahverkehr einfach auch nicht leisten konnte.
Zitat von rhapsody3004rhapsody3004 schrieb:Wobei es den ja nicht nur im Niedriglohnsektor gibt. Bzw. würde ich das Handwerk und die Pflege (als zwei Beispiele) pauschal nicht in den Niedriglohnsektor einstufen.
Das stimmt - ich bin auch davon ausgegangen, wo ich als ungelernte Studentin hätte arbeiten können.
Zitat von MarinaG.MarinaG. schrieb:Sehr gute Idee. Dass sie nicht genutzt wird, sagt im Grunde alles darüber aus, wie ernst man die Internetbettelei nehmen kann.
Ja, das sagt er auch. Hungrige Kinder sind halt auch eine gute Mitleidsmasche.


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10.03.2022 um 10:15
Zitat von MissMaryMissMary schrieb:Hungrige Kinder sind halt auch eine gute Mitleidsmasche.
Und Hunde leider auch. Und beiden, Kindern und Hunden, die da mithineingezogen werden, geht es ja tatsächlich nicht gut. Nur dass das Geld nicht zur Hilfe benutzt wird.

Zumindest das funktioniert ja im Internet nicht so gut, um mal auf das Thema zurückzukommen :D
Klar, man kann davon erzählen, aber als Bettelnder in der Fußgängerzone macht das mehr her.


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