Hallo und herzlich Willkommen im Forum
@Aberacadabera Ich persönlich finde deinen Beitrag sehr interessant. Der Grund hierfür ist, dass ich mich nun seit ca. zwei Jahren mit diesem Fall beschäftige und innerhalb deines Beitrags auf bestimmte Ansätze bzw. Hinterfragungen stoße, welche mir ebenfalls so ähnlich durch den Kopf gegangen sind.
Ich erachte es für die weiteren Ermittlungen als immens wichtig, alle in Frage kommenden Möglichkeiten zu berücksichtigen und diese Möglichkeiten in Kombinationen mit den vorhandenen Indizien abzuwägen. Bei der weiteren Betrachtung entscheidet dann (anhand der Indizien) die Berechnung der Wahrscheinlichkeit, welche Möglichkeiten eher in Frage kommen und welche wiederum weniger. Dies stellt anschließend die Grundlage dafür dar, um entsprechend tiefer an die Sache ranzugehen, bestimmte Richtungen stärker zu verfolgen und andere wiederum auszuschließen.
Im Mordfall Tristan ist es nur scheinbar so, dass man nahezu kaum Indizien zu haben scheint. Womit der Täter jedoch sein Leben lang leben muss ist die Tatsache, dass jede Tat ihre Spuren hinterlässt, und sei es auch nur indirekt. Deswegen bin ich der Meinung, dass sich bei der näheren Betrachtung des Tatorts, der Tatzeit und des Verletzungsbildes wichtige Punkte ableiten lassen, die zumindest aufzeigen könnten, welche Art von Täter hier am Werk gewesen sein könnte.
Vor diesem Hintergrund ist die von dir genannte Möglichkeit (im Großen und Ganzen und zumindest meiner Meinung nach) einer der wahrscheinlicheren Optionen. Man könnte sicherlich bestimmte Aspekte nochmals hinterfragen, doch das Entscheidende für mich ist, dass du die Tataspekte logisch betrachtest und im Hinblick darauf relativ schlüssig versuchst, den Täter zu lokalisieren. Das ist zielführend und selbst wenn es nur zum Ausschließen bestimmter Optionen ist. Dies ist für mich auch das Entscheidende, denn die Intension sollte ganz klar die Identifizierung des Täters sein.
Dbzgl. würde ich mir wünschen, dass bestimmte User (trotz größtenteils logischer Betrachtungsweisen) ihre Mentalität für die weitere Diskussion überdenken und sich offener gegenüber nicht zu ignorierenden Hypothesen zeigen (solange sie im Rahmen des diskutablen sind, die Forenregeln berücksichtigen und keine Hetze gegen das Opfer bzw. dessen Familie darstellen).
Im Zuge dessen würde ich gerne kurz auf deine Gedanken eingehen und ergänzend folgenden Beitrag in Erinnerung rufen, welcher dich ggf. ebenfalls interessieren könnte:
Beitrag von anonymous91 (Seite 1.108)Nehmen wir mal an, dass der Täter weder Schizophren war noch eine Psychose hatte (was z.B. zu einem verwirrten, vllt. obdachlosen Kriegsveteranen passen würde). Gehen wir dazu ergänzend mal davon aus, dass diesem nicht alles gleichgültig war und er mit seinem eigenen Leben noch nicht abgeschlossen hatte. Wie ist es dann erklärbar, dass der Täter ein so immens großes Risiko für die Erfüllung seiner Ziele eingegangen ist und anscheinend auch noch Erfahrung bei einem derartigen Vorgehen hatte, was die Tatumsetzung evtl. begünstigt hat?
Das offiziell veröffentlichte Verletzungsbild geht über das Vorstellbare weit hinaus. Wer so eine Tat beginnt und auch noch vollendet, kann aus meiner Sicht nie und nimmer unerfahren gewesen sein. Ohne nochmal auf die Details der Verletzungen einzugehen, würde ich nochmals gerne anmerken, dass es ein enormer Unterschied sein dürfte, ein derartiges Vorgehen theoretisch nachzulesen und dann auch noch praktisch in die Tat umzusetzen. Diese Handfertigkeit muss gängige Praxis für den Täter gewesen sein, ansonsten ist für mich das nicht zu übersehende Selbstvertrauen und die Entschlossenheit (unter derartigen Tataspekten) nahezu unvorstellbar. Ähnlich, wie die Kripo mal in einem der älteren Artikel gesagt hat: der Typ hat sein Handwerk verstanden und wohl gemacht, was er konnte.
Dazu kommt ja noch, dass sich dem Täter anscheinend nicht der Magen umgedreht hat, dass er anscheinend keine Scheu vor Blut oder Sonstigem hatte, dass er wahrscheinlich nicht mal ins Zittern kam und wohl gut unter einem unvorstellbarem Adrenalinspiegel zur Tat schreiten konnte. Ein Großteil der Menschen dürfte schon darüber hinaus eine größere Hemmschwelle im Hinblick auf Nahkampfsituationen haben. So nicht aber der Täter, welcher neben seinen Handfertigkeiten auch noch den Nahkampf gesucht hat (ob Tristan erst 13 Jahre alt war oder nicht).
Und als ob das nicht genug ist, wurde die Tat auch noch öffentlich und zur Mittagszeit begangen, was das Entdeckungsrisiko um ein Vielfaches erhöht. Ich frage mich, wie oft der Täter nach links und rechts schauen musste? Umfeld komplett ausgeblendet oder doch tausende, überprüfende Blicke nach links und rechts? Sei’s drum und nur eine Hinterfragung am Rande. Gerade aber die Auswahl der Tatzeit und des Tatorts zeigt auf, dass der Täter wohl enorm Vertrauen in sich selbst hatte. Er hat sich zusätzlich die Zeit genommen, um sich am Tatort hin und her zu bewegen. Oder wie es ausführlicher schon gesagt wurde:
abberline schrieb am 19.05.2022:Fakt ist zumindest, dass ein Einzeltäter ziemlich viel Rennerei hatte. Tristan in den Tunnel ziehen, wieder raus, Schuh holen, wieder rein, raus und Buch antatschen.. wenn er Tristan vor dem Tunnel tötete, im Tunnel aber die Teile entnahm - warum dann vorher draussen das Schulbuch antatschen und das Messer abwischen? Oder nach der Tat? Und dann das Buch liegenlassen?
Aufgrund all dieser Punkte scheiden für mich gängige Privatpersonen, ohne gewisse Vorerfahrungen und ohne eine Begleitung / einen Mittäter, bei der engeren Betrachtung aus. Sofern es also zusätzlich kein erfahrener bzw. traumatisierter Kriegsveteran war oder der Täter Unterstützung durch Begleitpersonen hatte, dann grenzt das schon den Kreis der in Frage kommenden Tätergruppen stark ein und hebt im Gegensatz (unter Berücksichtigung der zuvor genannten Aspekte) folgende wiederum stärker hervor:
- ein erfahrener oder angehender Arzt
- ein Mitarbeiter in Tierzuchtanlagen
- ein Metzger / eine tätige Personen im Schlachtbetrieb
- ein erfahrener Auftragsmörder
(- ein temporär in DE Anwesender aus dem Ausland)
Falls der Täter in diesen Bereichen unterwegs ist, könnte das eine weitere Erklärung für folgende Hinterfragungen sein und z.B. auch erklären, warum anscheinend die Hoden fachmännisch über dem Schambeinbereich entnommen wurden (worauf z.B. ich als Laie niemals gekommen wäre und bis vor kurzem an die Entnahme über den Hodensack gedacht habe):
Aberacadabera schrieb:Was ich auch von Anfang an sehr auffällig fand, ist das aufwendige und akkurate sezieren der Leiche, die Mitnahme von Muskelgewebe und Hoden, sowie die Grabschändung, die fast ebenso wie die Tat merkwürdig ordentlich und akkurat versucht wurde auszuführen.
Aberacadabera schrieb:Ich denke halt, dass dieses spezielle sezieren im schlecht beleuchteten Tunnel, unter Zeitdruck, mit der Angst vor Entdeckung irgendeinen speziellen Grund gehabt haben muss. Wäre es nur ums sexuelle gegangen, hätte ein schnelles entfernen der Geschlechtsorgane erstmal gereicht, wäre es nur ums kanibalische gegangen, hätte auch ein schnelles entfernen irgendeines größeren Fleischstückes fürs erste gereicht. Nachbearbeitung hätte man auch woanders in Ruhe erledigen können. Aber nein, der Täter nimmt dieses große Risiko vor Entdeckung, Zeitdruck und schlechte Lichtverhältnisse in Kauf um medizinisch professionell Hoden zu extrahieren und einen kompletten Muskel zu entfernen. Warum?
Bzgl. der wahren Hintergründe können wir natürlich leider nur spekulieren. An deinem Ansatz finde ich es jedoch bemerkenswert, dass du ebenfalls die Tierversuchsanstalt berücksichtigst und z.B. an einen Täter denkst, der in diesem Umfeld ggf. gewisse Erfahrungen gesammelt hatte und hier dann seine Fantasien entwickelt haben könnte. Erfolgreiche oder gescheiterte Projekte hin oder her. Studenten, Auszubildende, Angestellte oder Arbeitslose hin oder her. Deinen Ansatz bzgl. des eigentlich Zieles finde ich dennoch keinesfalls schlecht. Im Gegenteil, denn dazu hattest du ja auch betont, dass wir zunächst kannibalistische bzw. sexuelle Aspekte für die Betrachtung dieses Ansatzes außen vor lassen sollten.
de-Ox schrieb:Die Tierversuchslabore befanden sich im Hattersheimer Kastengrund, dort wurden Tierversuche im frühen Entwicklungsstadium von Medikamenten durchgeführt.
Der Kastengrund ist somit eine Örtlichkeit in der Nähe des Tatorts, an dem nachweislich Menschen angestellt waren, die mit Tierversuchen zu tun hatten. Menschen, die sich mindestens mit der Anatomie von Tieren auskannten und ggf. auch mit der Anatomie von Menschen. Ich finde die örtliche Nähe enorm bemerkenswert.
Mich würde im Zuge dessen brennend interessieren, ob die Kripo im Rahmen der Ermittlungen ebenfalls den Kastengrund zu Zeiten unter die Lupe genommen hat. Abgesehen von Ärzten, Chirurgen, Metzgern, Kriegsveteranen oder einem Auftragsmörder, wäre das aus meiner Sicht schon die nächste (unbedingt zu überprüfende) Instanz.