darkstar69 schrieb:Es müsste sich ja gar nicht widersprechen, viel Spaß zu haben und dennoch die ernsten Momente des Lebens im Blick zu behalten. Oder aber aufgrund des Ernsts des Lebens den Spaß auch sehr zu genießen ohne den Ernst zu vergessen oder zu verdrängen.
Ich verstehe, was du meinst. Ja, das Leben ist so, dass es Lachen und Weinen gibt.
darkstar69 schrieb:Klappt aber offenbar nicht so.
Ich befürchte, dass dieses "Ein Junge weint nicht!", was damals galt, unterschwellig und strukturell weiterwirkt in ganz viele Bereiche der Gesellschaft. Der Umgang mit Gefühlen: darin hat Deutschland keine große Tradition mit Breitenwirkung.
Wir leben heute in einer Zeit, in der wir die Altlasten gründlich aufarbeiten müssen. Das gilt auch für das Bestattungswesen.
SonnyFlowers schrieb:Entsorgungsbetrieb klingt nicht blöd. Es ist ein Entsorgungsbetrieb.
Laut DUDEN von 1987 werden als sinn- und sachverwandte Wörter für "Entsorgung" genannt: Atommüllbeseitigung, Endlagerung, Müllabladeplatz. In jener Zeit kam das Wort Entsorgung auf, als Augenwischerei zur Propagierung von Atomkraft.
Dem Wort Entsorgung haftet etwas Technisches an, und zwar wird es für die unkalkulierbaren Folgen der Industrieproduktion benutzt, für leblose Dinge aus Menschenhand. Ich möchte nicht wie Atommüll entsorgt werden. Diese Vorstellung ist gruselig. Entsorgung bedeutete auch damals: aus den Augen, aus dem Sinn, ein Problem weniger. Heute wissen wir: das was damals Entsorgung genannt wurde, hat noch mehr Sorgen geschaffen, zum Beispiel die Versenkung von Phosphor in der Ostsee, das heute bei Badeurlaubern immer wieder Verbrennungen verursacht, weil Phosphor mit Bernstein verwechselt wird.
Viele Menschen spüren ein tiefes Unbehagen bezüglich der herkömmlichen Angebote von Bestattungsinstituten.
Ich möchte nach meinem Tod nicht das Gefühl haben, dass ich dann nur noch ein Problem bin, das entsorgt werden muss. Ich empfand die Organisation einer Trauerfeier zusammen mit dem Bestattungsinstitut letztes Jahr nicht als Problem, im Gegenteil, es war wohltuend. Trotzdem hätte ich mir aber mehr Nähe gewünscht zu den Arbeiten der Bestatter. Meine Urgroßmutter wurde nach ihrem Tod noch 3 Tage in der Küche aufgebahrt. In Kinder-Hospizen können die verstorbenen Kinder noch einige Tage lang liegenbleiben, so dass die Geschwister Abschied nehmen können. Heute geht es bei alten Menschen zack! zack! nach dem Tod: Der Amtsarzt kommt und bescheinigt den Tod und dann geht es zügig ab in die Leichenhalle. Der Tote wird zu einem Problem, weil gar keine entsprechenden Räumlichkeiten vorhanden sind, um Abschied zu nehmen. Es gibt nicht genügend Personal in den Pflegeheimen, das weiß, wie man einen Toten würdig behandelt.
An dem Tag, an dem mein Vater starb, war das Pflegeheim entleert von Pflegern, weil diese geimpft wurden und die Personaldecke so dünn war, dass dann 2 Pflegekräfte/Küchenkräfte 100 Heimbewohner betreuten über viele Stunden hinweg seit dem Vormittag. Ich habe im ganzen Haus eine Pflegekraft gesucht und keine gefunden. Niemand in den Büros. Absolute Geisterstille! Ich bin sehr traurig und wütend darüber, was heutzutage abläuft am Ende des Lebens. Ich habe die Heimleitung angerufen und gefragt, wo denn die Pflegekräfte sind, mich aber nicht beschwert, denn die Verantwortung trägt die ganze Gesellschaft.