frivol schrieb:In spätestens 1 Milliarde Jahren ist es soweit: Dann geht der Erde der Sauerstoff aus
Als ich den Artikel vor ein paar Tagen gelesen hatte, hat es mir die Zehennägel aufgerollt. Der Artikel taugt nix. Die Problematik der immer schlechteren atmosphärischen CO2-Anreicherung ist schon seit Jahrzehnten bekannt und führte schon früh zu detaillierten Prognosen, wann sich das wie auf das gesamte vielzellige Leben negativ auswirkt. Das war also nichts neues. Was mich schon damals gestört hatte, war das völlige Nichtberücksichtigen künftiger Entwicklungen, die diesem Prozeß entgegenwirken können. So entstanden z.B. vor etwas über 30 Millionen Jahren Pflanzen, die mit einem weit niedrigeren atmosphärischen C-Anteil auskommen können. Wer weiß, was die Natur innerhalb dieser nächsten Milliarde Jahre (300 mal gut 30 Millionen Jahre) noch für Strategien entwickelt, um mit den sich ändernden Bedingungen klar zu kommen. Auch wenn die Kontinentaldrift (& co.) tatsächlich dramatisch zurückgeht und sich da keine geotektonische Alternative einstellt, die das planetare Ausgasen von Kohlenstoff in Gang hält, so sorgt die Biosphäre selbst für einen beträchtlichen Teil von Erosion, welche die Atmosphäre auch mit C versorgt.
Klar sind das ungelegte Eier, wir wissen nun mal nicht, was die Zukunft bereithält. Und eine wissenschaftliche Prognose, die sowas dennoch einberechnet, wäre zurecht unwissenschaftlich und gehörte in den Mülleimer. Wohl aber sollte sowas eben deutlich angesprochen werden, daß diese Prognose eben nur eine sehr begrenzte Wahrscheinlichkeit geben kann, und daß es reichlich Unbekannte in dieser Gleichung gibt, die das Ergebnis erheblich zu ändern vermag. Sinnvoll wäre es sogar, einige solcher möglichen Entwicklungen vorzuschlagen, gar mit einer groben Abschätzung, wie stark solch eine Entwicklung das prognostizierte Ergebnis verändern könnte.
Für die Vergangenheit immerhin konnte die Wissenschaft bereits eine ganze Reihe solcher globalen Veränderungen ausmachen, die über rund vier Milliarden Jahre hinweg die veränderten Bedingungen erheblich ausgeglichen hatten. Ohne diese Veränderungen wäre die Erde schon mehrfach zu einer unbewohnbaren Wüstenei geworden, zumindest für mehrzelliges Leben. Z.B. verstärkt die Sonne ihre Strahlungsintensität nicht nur in der nächsten Milliarde Jahren, sie tat es auch schon früher, die ganze Zeit und geradezu kontinuierlich. Mit unseren heutigen Bedingungen hätte die Erde bereits im Hadaikum eine tote Eiswüste sein müssen. Damals aber gab es eine andere Atmosphäre, andere tektonische Prozesse oder Intensitäten und manches mehr, was ein lebensfreundliches globales "Klima" ermöglichte. Wären diese Bedingungen gleich geblieben, wäre die Erde dann aber schon vor vielleicht zwei Milliarden Jahren zur Gluthölle geworden.
Seit mindestens vier Milliarden Jahren "sorgt" die Erde "selbst" für lebensfreundliche Bedingungen angesichts sich deutlich verändernder äußerer Bedingungen, die eigentlich Sterilität zur Folge haben müßten. Es kam jedes Mal anders. Das sollte berücksichtigt werden, wenn wir uns anmaßen, über die planetare Zukunft zu reden.
Das neue nun an dem Artikel war die Prognose der O2-Abnahme auf einen Zeitraum von 10.000 Jahren. Na und der war dann richtig Schei*e. Denn dieser Prozeß der CO2-Abnahme und der damit zusammenhängende Verlust von Photosynthese betreibender Biomasse ist ja selbst ein weit längerfristiger Prozeß. Ja, wenn die Pflanzenwelt einschließlich Phytoplankton schlagartig ausstürbe, dann könnte man so ne Rechnung aufstellen, wie lange es braucht, bis der atmosphärische Sauerstoff praktisch komplett gebunden ist. Wenn aber der Prozeß des Verlustes O2-freisetzender Biomasse sich über womöglich viele Millionen Jahre hinzieht, dann wird auch der Verlust des atmosphärischen Sauerstoffs mindestens so lange dauern.