Photographer73 schrieb:Und das hat jetzt was genau damit zu tun, daß sie beim Anschlag in Wien selbstlos gehandelt haben ? Ach richtig, nichts... Schade, daß viele Menschen nicht mehr in der Lage sind, die Ereignisse voneinander getrennt zu betrachten und sie stattdessen in einen Topf schmeißen, um mal wieder ein Haar in der Suppe zu finden.
Weil die isolierte Betrachtung gerne nur eine Momentaufnahme bildet, in dem Fall vernachlässigt sie Erdos Propagandashow im Nachgang und die Geschehnisse vor ein paar Monaten. Denn ich sehe da ein wenig mehr als ein Haar in der Suppe oder Dummejungenstreiche, türkischer Nationalismus und die grauen Wölfe sind in Wien, in Österreich und auch anderswo nicht erst seit gestern ein Problem. Ö. hat ja über sein insta-Profil verlautbart, dass ihn die Geschehnisse am Montag so sehr geprägt haben, dass er sich für seine Teilnahme an Unsinnigkeiten entschuldigt und eine neues Kapitel aufschlägt. Die Zukunft wird zeigen, ob er sich daran hält und jemals wieder auf solchen Demos gesehen wird.
Photographer73 schrieb:Sie werden ganz sicher nicht vergessen. Weder hier im Thread, wo auch schon von verschiedenen Usern Respekt für all diejenigen zum Ausdruck gebracht wurde, noch in der Presse. Beispiel:
Doch, im Zuge der vielen Meldungen leider schon. In deinem Beispiel, oder besser gesagt im darin eingebetteten Tweet, zeigt sich auch ganz gut warum:
Mikail Ö. und Recep G.
Wiener Helden. Danke.
#zivilcourage #wien
Photographer73 schrieb:Und selbst in deinem Link (dasbiber) äußert sich Osama H. (in anderen Artikeln Osama J.) über die beiden anderen Helfer und somit brachte auch er sie wieder ins Gespräch
H. (gehe schwer davon aus, dass J. sein Zweit- und H. der Familienname ist) wird die beiden auch sicherlich nicht raushalten. Die gemeinsame Rettung war deren Leistung, welche die drei nun verbindet.
Photographer73 schrieb:Die mediale Aufmerksamkeit, die über die beiden türkischstämmigen Jungs hereinbrach, erklärt sich damit, daß in ihrer Vergangenheit gegraben und diese an die Öffentlichkeit gezerrt wird. Nichts anderes wird hier im Thread gemacht. Und dann beschwert man sich, daß soviel über die Jungs gesprochen wird ?
Nope, die Aufmerksamkeit erklärt sich eher dadurch, dass sich die Nachricht ihrer Rettung im Zusammenhang mit dem insta-Posting im Gemenge der unklaren Nachrichtenlage schnell verselbstständige, bis es bei den großen Verteilern, u.a. der Presse, landete. Diverse Twittertimelines vom Abend des 2.11., etwa #wien, waren voll mit der Meldung von den beiden. Das, was nun über die Vergangenheit bekannt wird, ist die Folge davon.
Photographer73 schrieb:Nochmal ganz klar - nichts von dem, was bei denen in der Vergangenheit gelaufen ist, muß man beklatschen oder kritiklos hinnehmen. Nur sollte es nicht dazu herangezogen werden, um ihre Taten in der Terrornacht zu schmälern, leider wird genau das von einigen getan. Es wirkt wie ein neidisch sein, als wenn man den Jungs nicht gönnen würde, daß sie jetzt auch mal positiv erwähnt werden. Solche Typen verdienen doch den Status Helden nicht usw... Doch, verdienen sie, wegen dem, was sie beim Anschlag taten. Würde ein Höcke unter Gefahr fürs eigene Leben jemanden retten, hätte auch er meine vollste Hochachtung, völlig egal, ob ich ihn ansonsten für einen hochgefährlichen Brandstifter halte und verachte, wofür er steht. Das sind zwei Paar Schuhe.
Die Crux an dem Ganzen, die bereits mit den verschiedenen Maßstäben hier beginnt. Was für den einen eine Schmälerung der Leistung darstellt, um dann den allseits beliebten Neidvorwurf zu bemühen, ist für den anderen eine wissenswerte Info, ehe man zur kritiklosen Heldenverehrung übergeht. Und wie ich schon davon im Thread lesen durfte, ist die reine Erwähnung (und da nehme ich meinen letzten Beitrag aus) bei manchen bereits die Schmälerung. Dennoch hab ich bisher zumindest hier nichts davon gelesen, dass die Zwei böse sind oder man ihnen den Heldenstatus aberkennen sollte. Höcke ist da übrigens ein ganz nettes Beispiel, denn der hat als Lehrer vermutlich etliche Heranwachsende auf ihren Lebensweg mitgeprägt, ob positiv oder negativ sei mal dahingestellt. Dennoch entfällt auch bei ihm die isolierte Betrachtung, in der allgemeinen Wahrnehmung ist er eben nicht mehr stets der Lehrer, sondern ein zweifelhafter Politiker oder eben der hochgefährliche Brandstifter.
Photographer73 schrieb:Aber vom heimischen Sofa kann man natürlich sehr gut auf dicke Hose machen und erklären, daß man selbst alles anders machen würde.
Von anders machen war nicht die Rede, wie ich bereits erwähnte, vermutlich kaum jemand würde sich gegen eine Danksagung von höchster Stelle wehren, auch ich nicht. Ist nur die Frage, ob man den Anruf einfach vom heimischen Sofa entgegennimmt oder halt mit Kameras draufhält und sozusagen dem nächsten hochgefährlichen Brandstifter damit bereitwillig 1a-PR liefert. Selbst bei der ersteren Variante dürfte dem künftigen Türkei-Besuch wohl nichts im Wege stehen.
@Frau.N.Zimmer Frau.N.Zimmer schrieb:Sie sind nicht nur jung, sondern kommen auch aus einer extremen Ausnahmesituation. Wer hat denn schon etwas wirklich schlimmes erlebt, um sich vorstellen zu können, was danach mit einem abgeht? Dazu zwei Jungs, für die sich bisher kein Schwein interessiert, hat im Blitzlichtgewitter? Kann man schon durchknallen, finde ich.
Zum einen, sind die beiden nicht ganz unerprobt was Medien angeht -wenn auch nicht in dieser starken Wahrnehmung-, darüber hinaus haben sie die Maschinerie selbst angefeuert. Aber gut, dann kann man schon durchknallen, nur darf man sich nicht wundern, wenn dazu dann halt auch Kritik aufkommt, was ebenfalls nicht ungewöhnlich ist. Was Erdogan betrifft, niemand verlangt, dass sie ihn verspotten, seine Danksagung missachten oder gar ablehnen, man sollte sich allerdings fragen, ob die Handhabung zu dem Anruf so in der Form notwendig war. Was nun aus den beiden wird und welchen Weg sie künftig gehen, haben sie ausschließlich selbst in der Hand, ob es nun Lob, Kritik oder beides gleichermaßen hagelt.
Frau.N.Zimmer schrieb:Warum redet ihr dann nicht über diese tollen Menschen, wenn sie so bedeutend waren? Deren Verdienst wird doch nicht größer, wenn man die Tat der beiden jungen Männer nachträglich in den Dreck zieht? Verstehe ich echt nicht.
Weil die Allgemeinheit die meisten davon nicht kennt, keine Presse, kein Social Media. Daher bleibt es bei privaten Danksagungen oder einem unbekannterweise geposteten Dankeschön, ein präsidiales Lob bleibt vermutlich eher die Ausnahme.
Frau.N.Zimmer schrieb:Ich möchte nur erinnern, dass es tatsächlich schlimme Neo-Nazis gab, die ausgestiegen sind. Ich hab überlegt ob nicht sogar jemand von der Antifa aber da fällt mir keiner ein.
Gab es, auf beiden Seiten und so ein Szeneausstieg ist eine mühsame Angelegenheit, je mehr, desto tiefer man darin steckte. Oder anders gesagt, ein langwieriger Prozess, der sich nicht allein durch einzelne Bekundungen oder Taten bewerkstelligen lässt.
Frau.N.Zimmer schrieb:Gerade weil der Schweigefuchs so vielfältige Bedeutung hat finde, ich persölich es dumm, das Handzeichen einer Gruppe zu schenken, die man eigentlich nicht möchte. Naja, zuerst werden diese " Grauen Wölfe" das Verbot einhalten - dachte man wahrscheinlich, sonst gäbe ein Verbot ja keinen Sinn.
Die Geste kann man eher schlecht verschenken oder gar als Leisefuchs weltweit vereinheitlichen. Wie man im Video sieht, wird der Wolfsgruss weiterhin gezeigt, obwohl er da schon lange verboten war. Mit Verboten sorgt man nicht dafür, dass Gesten und untersagte Symbole plötzlich nicht mehr gezeigt werden, man schafft aber eine Handhabung gegen die Verwendung dieser. Der Hitlergruß ist in Deutschland und Österreich seit Jahrzehnten verboten, trotzdem sieht man ihn auch heute noch immer wieder. Und auf die Unbelehrbaren, die ihn trotzdem zeigen und sich dabei erwischen lassen, warten entsprechende Strafen.
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Währenddessen zeigt sich wohl, dass sich die Ermittlungspannen rund um die vorab erfolgten Hinweise zum Täter und seinem Netzwerk verdichten:
Laut Wiener Polizeipräsident Gerhard Pürstl hat sich der spätere Attentäter im Juli mit Personen getroffen, die unter Beobachtung des deutschen Verfassungsschutzes standen und sich in Österreich aufgehalten haben. Diese Tatsache und der später in der Slowakei gescheiterte Waffenkauf hätten laut Pürstl „bei der Einschätzung der Gefährlichkeit des Täters zu einem anderen Ergebnis führen können“.
Quelle:
https://orf.at/stories/3188667/SpoilerUnterdessen gab es am Freitagabend mehrere Medienberichte über Verbindungen des Attentäters und mögliche Ermittlungsfehler. Der „Falter“ berichtete weitere Details zu dem Munitionskauf in Bratislava. Demzufolge habe ein slowakischer Waffenhändler die Behörden darüber informiert, dass zwei unbekannte Österreicher „mit migrantischem Aussehen“ versucht hätten, Munition für Sturmgewehre zu kaufen.
Die slowakischen Behörden hätten Überwachunsgsbilder und Kennzeichen rasch an Europol weitergegeben, beim BVT sei das Material aber mehr als einen Monat liegen geblieben, bevor es zum LVT gelangte. Dort sei der Attentäter von Wien rasch identifiziert worden. Die Bilder seien dann wieder in die Slowakei geschickt worden, wo sie erneut liegen geblieben seien. Erst drei Monate später habe das BVT eine Bestätigung erhalten.
Nach Erhalt dieser Bestätigung sei eine „Risikobewertung“ gefolgt, allerdings sei das Kremser Vollzugsgericht nicht informiert worden. Dieses hätte die bedingte Haft widerrufen können. Auch eine Observation sei nicht eingeleitet worden. Angesetzt wurde eine Gefährderansprache mit dem späteren Attentäter. Bei einer Fallkonferenz mit dem Rechtsschutzbeauftragten hätte dann auch über weitere Schritte entschieden werden sollen – dazu kam es aber nicht mehr.
Quelle: s.o.Zu dem ganzen wird es nun eine Untersuchungskommission geben, während bereits die Opposition einen Rücktritt des Innenministers Nehammer fordert. Insgesamt gab es im Zusammenhang zum Anschlag 16 Festnahmen, acht Personen befinden sich weiterhin in Uhaft:
Die Männer werden verdächtigt, Tatbeitrag zum Wiener Anschlag oder selbst das Verbrechen der Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung beziehungsweise an einer kriminellen Organisation begangen zu haben.
Im Zuge eines größeren Polizeieinsatzes wurden gestern in Wien zwei Moscheen geschlossen, die von dem Attentäter immer wieder besucht wurden und offenbar aufgrund des Umfelds seine Radikalisierung gefördert hatten.
Am Donnerstagabend marschierten Identitäre am Wiener Steffl auf und versammelten sich dort zu einer Kundgebung und einem geplanten Fackelzug zum Schwedenplatz. Von linker Seite gab es eine Gegendemo und eine Blockade der Marschroute, bei der soweit alles friedlich blieb:
https://www.heute.at/s/aufgeheizte-stimmung-am-stephansplatz-bei-rechter-demo-100111093