PrivateEye schrieb:Ich stimme durchaus mit deiner Meinung überein, so traurig sie leider auch ist. Und es wird wohl so kommen, wie du deinen Post oben abgeschlossen hast. Eben aus Kostengründen. So wie schon die (finanzreicheren) Jahrzehnte zuvor.
Aber seien wir ehrlich: Ein Politiker, der sich hinstellen und sagen würde "Ja, wir können da für 50 Millionen ein Gebäude hinsetzen. Ich schlage aber vor, dass wir lieber 90 Millionen in dieses Gebäude investieren" würde politischen Selbstmord begehen. Ob das nun daran liegt, dass man diesem Menschen vorwerfen würde, Steuergelder verschwenderisch aus dem Fenster zu werfen oder weil gerade eh kein Geld da ist und es verrückt wäre, dann auch noch mehr auszugeben, als akut nötig, sei dahin gestellt.
Dass man dann ein qualitatives Gebäude hätte, dass man nach 30 Jahren nicht abreißen muss, sondern dass man gegebenenfalls sanieren könnte, würde niemanden interessieren. Denn was interessiert es den Durchschnittsbürger, was in 30 Jahren ist. Dann haben die Kinder, denen aktuell der Beton auf den Kopf zu bröckeln droht, längst eigene Kinder. Stattdessen setzt man das Extrageld dann lieber für etwas ein, dass auch akut von Belang, vielleicht auch noch möglichst prestigeträchtig, aber nicht so wichtig ist.
Außerdem: Der Vorteil einer Demokratie ist halt, dass jede Stimme gehört wird, während der Nachteil der Demokratie ist, dass jede Stimme gehört wird.
Ich arbeite im öffentlichen Dienst. Wir sollten ein neues Gebäude bekommen, weil das jetzige in einem Zustand wie oben beschrieben ist. Dass wir keine Versicherung gegen Wasserschäden haben, weil die bei uns zu oft geschehen, ist da z.B. bezeichnend. Erst haben manche Parteien in Zweifel gezogen, dass es überhaupt einen Neubau braucht. Also haben Fachleute den Ist-Zustand festgehalten und aufgerechnet, was die Sanierung kosten würde. Ergebnis: Neu bauen ist billiger.
Aber wo baut man denn neu? Es folgten Ewigkeiten der Standortsuche, immer mal wieder gewürzt mit dem Verweis auf gerade leer stehende Bauten, die doch irgendwie (oder eher irgendwie doch nicht) als Räumlichkeiten auch in Frage kommen könnten. Leerstehende Kaufhäuser, Kinos und sowas. Für alles müssen dann wieder Fachleute Machbarkeitsstudien erstellen.
Irgendwann hatte man dann einen Standort gefunden und die Mehrheit hatte sich darauf geeinigt, dass es wirklich ein Neubau werden soll, statt ein x-beliebiges Gebäude zu sanieren, dass vom Grundriss nur zu 50% zu unseren Bedürfnissen gepasst hätte (mal davon abgesehen, dass die ganzen Kaufhofs, Saturns und wie sie alle heißen, zum großen Teil auch in allbekannter Bröckelbeton-Manier hochgezogen wurden).
Aber dann kannst du halt nicht einfach einen x-beliebiges Architekturteam beauftragen, dessen Arbeiten dir gefallen. Wenn Steuergelder im Spiel sind, gibt es erst mal eine Ausschreibung und einen Wettbewerb. Bis man sich da auf einen Sieger geeinigt hat, kann das dauern.
Long story short: Das Gebäude, um das es geht, hätte eigentlich in diesem Jahr fertig gestellt werden sollen. Tatsächlich ist das Gebäude, das für den Neubau weichen müsste, noch nicht einmal abgerissen. Die für den Siegerentwurf veranschlagten Kosten, haben sich durch die Verzögerungen derweil fast verdoppelt. Deshalb und weil wir uns mittlerweile in Deutschland in einem Dauerkrisenmodus befinden, stand das ganze Projekt auf der Kippe, ist aber die Tage mit Ach und Krach durch die ganzen Ausschüsse und Abstimmungen gekommen. Vielleicht beginnt dann in ein paar Jahren der tatsächliche Bau, bis zu dessen Fertigstellung dann noch mal ein paar Millionen oben drauf gepackt werden müssen.