Angst vor nicht mehr bezahlbarer Energie

Hallo ihr Lieben,

ich hoffe, ich erstelle jetzt nicht etwas doppelt, was es schon gibt.

Ja, der Titel sagt es schon: Ich habe inzwischen richtig Angst bekommen, dass sich die Kosten für Gas (und Strom) so weit hoch schrauben werden, dass es für mich als Renter irgendwann nicht mehr bezahlbar sein wird.
Ich hatte kürzlich eine Nachzahlung für Strom von etwas über 200€. Habe es vom Sparbuch genommen. Mein Erspartes aufzufüllen kann ich jedoch nur in Mini-Schritten.
Mir geht diese Angst richtig an die Substanz obwohl ich sonst nie der Typ war, der Probleme mit Existenzängsten hatte, gar nicht.
Aber die aktuelle Situation ist halt (für mich) so außergewöhnlich, ich bekomme es nicht hin, zur Ruhe zu kommen mit den Gedanken.

Geht es jemandem ähnlich?

Und was mag passieren, wenn sich Menschen mit geringem Einkommen in der kalten Jahreszeit tatsächlich keine warme Wohnung mehr leisten können?
Oder sehe ich das jetzt zu schwarz/überzogen?

Zerina schrieb:Geht es jemandem ähnlich?

Ich glaube das geht im Moment sehr vielen Menschen so. Mir auch, obwohl ich vielleicht noch mehr Reserven hab als du.
Wir haben ne große Wohnung und drei Kinder, das Gebäude ist schlecht gedämmt und uralt. Wenn im Winter die Gaskosten für Privatverbraucher tatsächlich explodieren, wüsste ich ehrlich auch nicht was ich machen soll.

Mir geht es genauso und das, obwohl ich arbeite und sonst niemanden habe, den ich mitfinanzieren muss. Ich habe vor einigen Tagen bereits einen Brief meines Energieversorgers bekommen, in dem mir mitgeteilt wurde, dass meine Abschlagszahlung für Gas und Strom automatisch um 40% ab Juli erhöht wird, damit ich im nächsten Jahr keine Unsummen nachzahlen muss und dann heute gelesen, dass solche Briefe vermutlich nur die erste Runde der Erhöhungen darstellen.

Leider gibt es ja auch nur bedingt Möglichkeiten, Gas und Strom einzusparen, wenn man auf die meisten Dinge eh schon acht gibt und in einer Mietswohnung hat man vieles ja auch gar nicht in der eigenen Hand. Mein Vermieter dämmt jetzt bestimmt nicht extra und baut mir auch keinen neuen Warmwasserboiler ein, nur weil das alte, in die Jahre gekommene Elektroteil massig Strom verbraucht.

Gleichzeitig kann man die Heizung im Winter nur bis zu einem gewissen Grad herunter drehen, ehe es nicht nur ungemütlich, sondern auch schimmelig wird. Und das führt dann wiederum zu Ärger mit dem Vermieter.

Tatsächlich hab ich auf meiner Energiesparliste fast nur den Posten "Heizkörper vor der Heizsaison entlüften" und es ist auch diese Machtlosigkeit, die mir Angst macht. Weil ich meine Wäsche schon längst nur noch auf 30 Grad wasche und erst gar keinen Trockner besitze. Weil ich längst ein schlechtes Gewissen habe, wenn ich mal 2-3 Minuten länger dusche als nötig und das zu vermeiden versuche, auch wenn's mir manchmal mental echt gut tun würde. Weil ich schon seit längerem gewissenhaft alle Stecker aus der Steckdose raus rupfe, wenn ich ein Gerät nicht benutze, weil Technik auch auf Stand-By Strom verbraucht.

Und dann ist es ja nicht nur die Energie, die teurer wird, sondern auch die Lebensmittel. Man sieht sich ja plötzlich an allen Fronten mit steigenden Kosten konfrontiert.

Ich hab zumindest halbwegs Glück gehabt. Der Kaminofen heizt zumindest Wohn und Esszimmer. Wir haben uns je einen Heizstrahler mit 2000. Watt gekauft fürs Kinderzimmer und fürs Bad. Strom ist im moment günstiger als Gas und die Teile laufen maximal 1 bis 2 Stunden am Tag. Die Küche und das Schlafzimmer wird nicht geheizt. Im Büro nehm ich mir ne Wolldecke und das Gästezimmer bleibt meist kalt.
Eins steht mal fest. Ich werde im kommenden Winter die Heizung nur im Notfall andrehen.

@Sterntänzerin
Du bringst es auf den Punkt und führst an, was ich nicht geschrieben hatte weil ich auch nicht zu viel schreiben wollte.

Diese Ohnmacht! Genau das empfinde ich auch. Wir haben keine Ahnung, wie sich die Energiekosten entwickeln werden. Wir haben auch keine vergleichbare Situation, auf die wir zurückblicken und an der wir uns orientieren könnten.

Und wie vermutlich ähnlich wie bei dir, spare ich schon wo ich kann. Ich bin am Limit angekommen. Es ist nichts mehr da, wo ich sagen könnte, da könnte ich noch einsparen. Da ist kein Netflix mehr oder Spotify, kein teurer Handyvertrag, kein Abo, kein Frisörbesuch, kein Gang zum Imbiss. Das Einzige was ich mir gönne ist ein qualitativ ordentliches Futter für meinen Hund und eine einigermaßen ausgewogene Ernährung für mich (ohne langwieriges Kochen.)

Etwas Reserve ist noch, aber die Sache ist ja halt auch, wie du schon sagtest, dass es bei einer Runde Kostensteigerung wohl nicht bleiben wird.

paxito schrieb:Wenn im Winter die Gaskosten für Privatverbraucher tatsächlich explodieren, wüsste ich ehrlich auch nicht was ich machen soll.

Die Gasrechnung könnte sich verdreifachen. Sagt der Präsident der Bundesnetzagentur.

Wenn man es hochrechnet, kommt es sehr darauf an, wie Sie heizen, wie Ihr Gebäude gebaut ist. Aber es kann zu einer Verdreifachung der bisherigen Gasrechnung kommen.

https://amp.zdf.de/nachrichten/wirtschaft/gas-preis-russland-verdreifachung-100.html (Archiv-Version vom 23.06.2022)

Ich mach mir auch Sorgen wegen einer kalten Wohnung. Ich wohne in einer Genossenschaft, und das Gebäude ist ziemlich alt und schlecht gedämmt. Das wird kalt, wenn hier nicht mehr genug Gas ankommt....

@martenot
Woher weisst du, wie das bei euch gedämmt ist?
Ich hab keine Ahnung, wie das hier ist (DDR-Plattenbau). Vermutlich auch nicht so gut. Bin aber froh, dass ich mit meiner Wohnung "mittendrin" liege.

..

Kleine Anekdote zu den Heizkosten und deren Steigerung. Wir wollten eigentlich vor dem Winter emigrieren; was wir, aus diversen (auch strategischen) Gründen, vorerst verschoben haben. Nun hieß es also Pellets für die Heizung und Holzbriketts für den großen Kachelofen bestellen, der im Winter, über ein Rohrsystem, das gesamte Haus mit beheizt. Wer es liest, ahnt es, die Hütte ist bereits energetisch durchsaniert.

Nun stellten wir letzte Woche folgende Preissteigerung fest:

Kosten Vorjahr, für einen knappen Wintervorrat, zu dem wir, je nach Kälte, noch sporadisch im Baumarkt zukaufen: 750€
Kosten letzte Woche, für gleiche Marke, gleiche Menge: 1290€

Dann haben wir gepennt und nicht direkt bestellt.

Kosten gestern, gleiche Marke, gleiche Menge: 1340€

Jetzt IST bestellt. Bevor die Steigerungen um 50€ die Woche sich fortsetzen. 0.ò

..

Ich persönlich habe keine Sorgen mit den Finanzen, empfinde es indes aber als skandalös, dass die Bürger zu sehr auf den Mehrkosten sitzen bleiben und somit ein Druck entsteht, wie ihn @Sterntänzerin beschreibt. Das ist Existenznot / Angst, die es eigentlich in einem Land wie diesem nicht geben sollte.

LG Mina

Die Kosten sind noch das geringste Problem. Wo sollen die ganzen Leute unterkommen die ihre Wohnung nicht mehr bewohnen können wenn man ohne Gas nicht heizen kann. Geld hilft nur bedingt. Wenns kein Gas gibt dann gibts keins mehr. Wenn dann alle auf die Idee kommen gleichzeitig mit Strom heizen zu wollen dann ist nicht nur kalt sondern auch noch dunkel.

Und darum denke bzw hoffe ich, dass Vater Staat da irgendwie reguliert.
Einen Ölradiator habe ich zum Glück auch noch. Aber wer weiß, was dann mit dem Strompreis wird.

ayashi schrieb:ie Küche und das Schlafzimmer wird nicht geheizt. Im Büro nehm ich mir ne Wolldecke und das Gästezimmer bleibt meist kalt.
Eins steht mal fest. Ich werde im kommenden Winter die Heizung nur im Notfall andrehen.

Das Problem ist leider, dass sich dann an feuchtkalten Wänden Schimmel bilden könnte.

Zerina schrieb:Woher weisst du, wie das bei euch gedämmt ist?

Naja, es ist ein Bau aus den Zwanzigerjahren des vorigen Jahrhunderts. Außerdem wird es in der Wohnung immer recht schnell kalt, wenn man nicht heizt. Ich würde sagen, dass es da nur schwer auszuhalten ist, wenn die Wohnung nicht beheizt werden kann. Wenn ich mir dann noch vorstelle, dass ich dort womöglich außerdem noch eine Quarantäne verbringen muss....

MarinaG. schrieb:Ich persönlich habe keine Sorgen mit den Finanzen, empfinde es indes aber als skandalös, dass die Bürger zu sehr auf den Mehrkosten sitzen bleiben und somit ein Druck entsteht, wie ihn @Sterntänzerin beschreibt. Das ist Existenznot / Angst, die es eigentlich in einem Land wie diesem nicht geben sollte.

Wenn jetzt ne dicke Rezession kommt wird man wohl nicht viel dagegen machen können. Dann war's das halt schnell mit einem Land wie diesen. Da hilft dann nur sparen und malochen.

@Zerina
Ich finde Deine Sorgen nicht unbegründet und ziemlich realistisch. Die Strom- und Heizkosten werden nächstes Jahr bei allen zu Buche schlagen. Im Moment können sich wenige vermutlich vorstellen, was das bedeutet und auch kostet und auch die, die gut gestellt sind, werden es deutlich merken.

Im Moment lächeln sie das alle noch weg. Wie es im Winter aussieht, wird man sehen. Und die dicke Rechnung kommt ja auch erst nächstes Jahr. Das sind Mehrausgaben für alle und nicht jeder wird sie sich leisten können. Dass die Politiker uns jetzt mitten im Sommer darauf einschwören, zu Sparen, sparen, sparen - kommt nicht von irgendwo her. Was das am Ende für Menschen bedeutet, die eh nicht viel haben und das ganze Jahr über aufs Geld gucken müssen, die keine Rücklagen schaffen können und sich eh nur günstige Lebensmittel leisten können, werden die großen Verlierer sein. Frieren und Hungern für den "Frieden"

Gestern schwafelten einige Experten, dass Putin im Winter bestimmt vorgeben wird, an der Pipeline zu arbeiten, um das Gas zu drosseln. Sie legen es ihm geradezu in den Mund und bei all der großkotzigen Laberei merken sie aber scheinbar nicht, dass er am Ende auch tatsächlich am längeren "Gashebel" sitzt und wer die Leidtragenden sein werden.

martenot schrieb:Naja, es ist ein Bau aus den Zwanzigerjahren des vorigen Jahrhunderts. Außerdem wird es in der Wohnung immer recht schnell kalt, wenn man nicht heizt. Ich würde sagen, dass es da nur schwer auszuhalten ist, wenn die Wohnung nicht beheizt werden kann.

Das kenne ich aus meiner alten Wohnung. Altbau und unfassbar fusskalt im Erdgeschoss. Vermutlich auch schlecht gedämmt.

Das ist noch nicht mal das Hauptproblem.

Etliche Betriebe, die für den Betrieb oder die Produktion Gas benötigen werden Pleite gehen bzw. im Frühjahr nicht mehr aufmachen können, weil der Gasmangel die Produktionsanlagen zu sehr beschädigt hat.

Und andere werden ihre Produkte nur noch zu unerschwinglichen Preisen auf den Markt bringen können.

Hab da auch massiv Schiss. Zuerst diese verdoppelten Preise bei Lebensmittel und jetzt das...

Der Wohlstand hat vor Corona seinen Höhepunkt in Deutschland erreicht. Jetzt scheint es so, wie wenns nur noch Bergab geht...

Ich hoffe aber trotzdem, dass sich die Lage irgendwann wieder einpendeln wird denn wir werden doch nicht auf ewig auf russ. Gas angewiesen sein...? Und natürlich hoffe ich auch, dass sich die Lage in der Ukraine wieder stabilisiert.

Zerina schrieb:Ich hoffe aber trotzdem, dass sich die Lage irgendwann wieder einpendeln wird denn wir werden doch nicht auf ewig auf russ. Gas angewiesen sein...?

Der Winter wird trotzdem hart werden. Dieses Jahr werden wir keine neuen LNG-Terminals mehr fertigstellen.