Negev schrieb: Das ist doch offensichtlich schon mal ein Fehler! 30 Kinder in einer Klasse kann ich mir auch nur schwer vorstellen.
So pauschal kannst du das gar nicht sagen - "normal" sozialisierte Kinder mit Eltern, die sie unterstützen und bei Bedarf auch mal treten und nah am Kind sind ... da kannst du auch 40 gleichzeitig unterrichten. Wir haben aber mehrere Klassen mit 30, wo du von 60 Minuten an schlechten Tagen 45 damit beschäftigt bist, die Ordnung wieder herzustellen, Schüler zu ermahnen. Auf der Strecke bleiben da ruhige Schüler, die einfach noch Unterstützung brauchen. In meiner eigenen Klasse geht das, wenn ich merke, dass z.B. jemand was nicht verstanden hat, dass ich den kurz raus auf den Gang nehme und es nochmal erkläre ... je schlechter das Verhalten und die Arbeitsbereitschaft der Klasse, desto eingeschränkter bist du als Lehrer mit deinen Möglichkeiten.
Und wenn Schüler A 20 Ermahnungen die Stunde braucht, um in der Spur zu bleiben, dann leiden die anderen 29. Es gibt bei uns aber auch Klassen, da ist über 1/3 problematisch ....
Negev schrieb: Druck kann man meiner Meinung nach nur aus der Gesellschaft nehmen, indem man dafür sorgt, das jeder genügend zum leben hat.
Das Problem ist mitunter (natürlich lange nicht bei allen), dass die Mithilfe fehlt. Bei uns gibt es z.B. so ein "Rettungsprojekt" für sehr schwache Schüler, damit die nicht ohne Abschluss gehen ... Die müssen dann eine Fremdenprüfung machen (gibt verschiedene Voraussetzungen). Um die Eltern überhaupt zum Gespräch zu bekommen, muss oft mit den Jugendamt gedroht werden ... mein Chef hat den Antrag idiotensicher ausgefüllt und die Eltern müssen nur noch unterschreiben - einige machen das aber nicht, da reicht schon, wenn das Kind meckert "wie, nochmal extra Matheunterricht für die Prüfung?".
Da nehmen sie -wirklich im Zutrauen, dass sie von einem anderen Projekt aufgefangen werden- wirklich keine sinnvollen Hilfsangebote an. Oft entsprechen die Berufswünsche "Unternehmensberater", "Manager" auch überhaupt nicht dem realen Bildungslevel des Schülers und daher wird alles als "doof" abgelehnt.
gruselich schrieb:Bist du Beamtin? es hört sich so an. Ich muss ehrlich sagen, dass mir die Gespräche mit Lehrerinnen Manchmal weltfremd vorkommen, nicht jeder genießt Privilegien solcher Art und es ist nicht jeder so abgesichert - eigentlich ist es die Ausnahme.
Jup. Ich war allerdings zuerst in einer ganz anderen Sparte beschäftigt und habe sozusagen als "Spätberufene" noch Lehramt studiert. Und ja - es ist wie in jeder Berufsgruppe, es gibt auch schlechte Ärzte und Alwälte ... bei uns an der Schule hat aber bestimmt 20% des Kollegiums erst ne Berufsausbildung gemacht ....
Das Beamtentum bietet klar Vorteile, aber auch sehr Nachteile. Beispiel: Wir wohnen in einer Ecke, wo niemand hinmöchte, d.h., wenn du hier mal arbeitest, kommst du nicht mehr einfach weg, weil du als Beamter Landesbeamter bist und theoretisch im ganzen Bundesland eingesetzt werden kannst, wenn das dein Arbeitgeber wünscht. Du kannst 1x im Jahr einen Antrag stellen - wenn du keine superdringenden Gründe hast, steckst du fest ... wir haben Kollegen, die schon 10x versucht haben, wegzukommen.
Außerdem gibt es auch immer wieder Eltern, die dir drohen, dass sie deine Notengebung anfechten, dich verklagen ... mitunter entstehen ziemlich haarige Situationen, in denen es nicht schlecht ist, dass das Beamtentum existiert. Es sind aber lange nicht mehr alle Lehrer verbeamtet - wir haben einige sehr "arme Würstchen" auf Zeitverträgen - die laufen zu den Sommerferien aus und oft erfahren sie zwei Tage vor Schuljahresbeginn, ob und wo es weitergeht. Da sind auch Familienväter drunter ... Die Verträge lassen oft auf sich warten und das erste neue Gehalt kommt dann im Oktober oder November ...
knopper schrieb:lol das klingt ja schon filmreif…obwohl es im Grunde traurig ist ich weiß.
Sie hat halt keine Anschlussperspektive gefunden - das war ihr Jahrzehnt und sie lebt nun von Erinnerungen an diese Zeit, die sie "als die beste in ihrem Leben" wahrnimmt und wirklich daraum trauert. Vermutlich wäre es ihr längerfristig besser gegangen, wenn sie doch Zeit in eine Berufsausbildung investiert hätte ....
FerneZukunft schrieb:Es ist beachtlich, was Du Dir aufgebaut hast. Dein Leben ist Dir etwas zu langweilig geworden – dann mach es Dir doch wieder lustig. Such Dir irgendein Projekt, dass Dich erfüllt.
Ich bin dran ... ich versuche schon was zurückzugeben, in dem ich ehrenamtlich arbeite und versuche, gestrandeten Erwachsenen Unterricht für einen Schulabschluss zu ermöglichen ... Das ist ganz okay ... Eines meiner Kinder ist leicht entwicklungsverzögert und braucht sehr viel Unterstützung, ich hoffe, dass ich da eines Tages etwas Luft bekomme ....