Der Mensch Jens Söring
25.01.2020 um 17:41Ich kann mich @ligala nur anschließen, es sind einfach zu viele Fragen offen.
Im Wright-Bericht ist von Anfang an ein Confirmation Bias (Wikipedia: Bestätigungsfehler) zu beobachten. Diesen hat JS wissentlich herbeigeführt, indem er von Anfang an ohne Anwalt gestanden hat.
Kein Mensch kann verstehen, warum er das getan hat. Es ist nicht logisch, aber er hat in diesem Moment nicht logisch gehandelt. Und das ist die Krux an der ganzen Sache.
Möglichkeit 1: Er ist der Täter.
Möglichkeit 2: Er nimmt die Morde auf sich und hat dafür ein (in seinen Augen logisches, in aller anderen Augen unlogisches) Motiv.
Für Menschen, die mit dem gesunden Menschenverstand rangehen, fängt in diesem Moment der Confirmation Bias an.
Weil Gardner/Wright/Beever bestimmte Dinge logisch erschienen, kamen sie gar nicht darauf, andere Möglichkeiten zu prüfen.
Ich bin das am Donnerstag bereits ausführlich anhand des Alibi-Teils im Wright-Bericht durchgegangen:
Beitrag von Melusine (Seite 1.301)
Die Tatzeit wurde von den Ermittlern dem Geständnis angepasst. Niemand hat hinterfragt, ob auch eine andere Zeit möglich gewesen wäre. Der genaue Todeszeitpunkt konnte nämlich NICHT bestimmt werden. Allein aufgrund der Aussagen von EH und JS wurde der Zeitpunkt auf den 30.03. - ohne konkrete Uhrzeit - gelegt:
Darum hat EH am Mittwoch Frau Massie angerufen. Sie wollten, dass die Leichen gefunden werden, denn mit jeder Stunde, die verstrich, wurde das Washington-Alibi mit ihren schönen Kinotickets, die eine Anwesenheit in Washington gegen 21/22 Uhr bewiesen hätten, wackliger. Hätte man die Leichen noch am selben Abend oder am nächsten Morgen gefunden, wäre die Ermittlung ganz anders weitergegangen, da man dann den Todeszeitpunkt hätte genauer eingrenzen können.
Die Ermittler legten sich von Anfang auf eine Tatzeit am Abend fest (Indizien: Dinner-Spuren + "normaler Menschenverstand") und bewerteten dann die Tatortspuren und das Kino-Alibi entsprechend.
Die Tatortspuren und das Kino-Alibi wurden dem Geständnis entsprechend interpretiert!
2 x Fußspuren
Möglichkeit 1: es ist eine Person 2x gelaufen.
Möglichkeit 2: es waren 2 Personen am Tatort
2 x Kinotickets
Möglichkeit 1: eine Person begeht einen Mord und die zweite sorgt für das Alibi
Möglichkeit 2: zwei Personen wollen ihre Anwesenheit vortäuschen
Tatbegehung
Möglichkeit 1: eine Person kämpft ohne Brille gegen 2 Angreifer
Möglichkeit 2: zwei Personen kämpfen gegen 2 Personen
Außenlicht
Möglichkeit 1: Das Licht wurde ausgeschaltet, weil es Nacht war.
Möglichkeit 2: Das Licht wurde eingeschaltet, weil es Tag war (und man die Entdeckung der Leichen herauszögern wollte, die Nachbarn wären vielleicht misstrauisch geworden, wenn das Licht über Nacht ausgeschaltet gewesen wäre).
Position des Lichtschalters
Möglichkeit 1: Das Licht war an, weil Einzeltäter JS nicht wusste, wo der Lichtschalter ist.
Möglichkeit 2: Das Licht war an, weil JS und EH eine andere Tatzeit vortäuschen wollten.
Blutiges Bettlaken
Möglichkeit 1: JS hatte keine Hose und fuhr 4 Stunden in ein blutiges Bettlaken nach Washington
Möglichkeit 2: JS trug einfach eine Hose von EH (oder hatte vielleicht sogar eine Ersatzhose im Kofferraum dabei)
Fehlende Spuren auf der Fahrerseite
Möglichkeit 1: Cola ließ alle Flecken verschwinden.
Möglichkeit 2: EH saß am Steuer, JS war der Beifahrer
JS sagt, er war ohne Hose im Fahrstuhl =>
Möglichkeit 1: Er fuhr ohne Hose im Fahrstuhl und hat das ausgesagt, denn er kann nicht wissen, ob die Polizei die Videobänder hat.
Möglichkeit 2: Er fuhr MIT Hose im Fahrstuhl und er weiß, dass sie keine Bänder haben, sonst hätten sie die Vorverlegung der Tatzeit schon bemerkt.
EH weiß nicht, was sie beim Zimmerservice bestellt hat.
Möglichkeit 1: Sie hat Drogen genommen.
Möglichkeit 2: Sie weiß es nicht, weil JS den Zimmerservice bestellt hat, denn nach der Tat kam es für ihn extrem darauf an, seine Anweisenheit in Washington zu belegen
EH hat ihre Spuren am Tatort verglichen
Möglichkeit 1: Es ist zwar merkwürdig, aber was soll's.
Möglichkeit 2: Sie will überprüfen, wieviel Spuren sie hinterlassen hat und ob man Jens' Fußabdruck (ich glaube, es ist seiner) ihr zuordnen könnte.
Die beiden legen eine Timeline vor:
Möglichkeit 1: Die Timeline stimmt.
Möglichkeit 2: Die Timeline stimmt nicht.
EH und JS wollen sich im bzw. vorm Kino treffen, obwohl JS nicht weiß, in welches Kino EH gegangen ist, nachdem er sie am ersten Kino abgesetzt hat.
Möglichkeit 1: Die Straße ist groß und leer, das passt schon irgendwie.
Möglichkeit 2: Die beiden fuhren zu zweit am Kino vorbei, kauften die Karten, fuhren direkt in die Tiefgarage und ließen sich dann schön im Fahrstuhl filmen.
Alle diese Widersprüche wurden von den Ermittlern entsprechend ihrer Annahme, wie es passiert ist, interpretiert.
Ricky Gardner hat das 1. Mal einen Mordfall untersucht.
Ricky Gardner, Terry Wright und Kenneth Beever sind alle drei keine Brillenträger. Darüber bin ich als erstes gestolpert.
Das Buch von Ken Englade ist sehr schön geschrieben. Es wurde vor Elizabeth Haysoms Prozess auf den Treppen vor dem Gericht verkauft. Dort wird die Einzeltäter-Version präsentiert.
Ken Englades erster Satz im Nachwort lautet:
Als ich das das erste Mal las, saß ich da und dachte: Hä? Du hast doch gerade so schön die JS-Einzeltäter-Theorie dargestellt, wieso sollte es Elizabeth gewesen sein? Und wieso eigentlich "Jens oder Elizabeth"? Schon diese Überschrift ist das Lenken in eine bestimmte Richtung.
Und da stelle ich mir schon die Frage, wieso 1990 genau derselbe Richter und genau derselbe Staatsanwalt wieder dort saßen, die bereits 1987 die Einzeltäter-/Kinoticket-Story präsentiert bekamen.
Bei der Einzeltäter-/Kinoticket-Story sind so viele Widersprüche offen, die Wright sogar erkennt und benennt.
Ich kann mir absolut nicht vorstellen, dass in den letzten 35 Jahren nicht noch mehr Leute diese Widersprüche erkannt haben. (Sonst hätte sicher auch niemand Kohle für "Das Versprechen" locker gemacht.)
Alles beginnt mit einer absolut unlogischen Tat: einem Geständnis für eine Tat, die man nicht bzw. nicht vollständig begangen hat, wie man sie geschildert. Dieses Geständnis setzt den "Confirmation Bias" in Gang, der alles weitere beeinflusst.
Im Wright-Bericht ist von Anfang an ein Confirmation Bias (Wikipedia: Bestätigungsfehler) zu beobachten. Diesen hat JS wissentlich herbeigeführt, indem er von Anfang an ohne Anwalt gestanden hat.
Kein Mensch kann verstehen, warum er das getan hat. Es ist nicht logisch, aber er hat in diesem Moment nicht logisch gehandelt. Und das ist die Krux an der ganzen Sache.
Möglichkeit 1: Er ist der Täter.
Möglichkeit 2: Er nimmt die Morde auf sich und hat dafür ein (in seinen Augen logisches, in aller anderen Augen unlogisches) Motiv.
Für Menschen, die mit dem gesunden Menschenverstand rangehen, fängt in diesem Moment der Confirmation Bias an.
Weil Gardner/Wright/Beever bestimmte Dinge logisch erschienen, kamen sie gar nicht darauf, andere Möglichkeiten zu prüfen.
Ich bin das am Donnerstag bereits ausführlich anhand des Alibi-Teils im Wright-Bericht durchgegangen:
Beitrag von Melusine (Seite 1.301)
Die Tatzeit wurde von den Ermittlern dem Geständnis angepasst. Niemand hat hinterfragt, ob auch eine andere Zeit möglich gewesen wäre. Der genaue Todeszeitpunkt konnte nämlich NICHT bestimmt werden. Allein aufgrund der Aussagen von EH und JS wurde der Zeitpunkt auf den 30.03. - ohne konkrete Uhrzeit - gelegt:
"Several days elapsed between when the Haysoms were last seen alive and when their dead bodies were found. The exact date and time of their deaths can only be estimated. Considering what Haysom has said, and all the versions(Quelle: Wright-Bericht, S. 236)
given by Soering, it is generally accepted that the Haysoms were murdered on Saturday, March 30, 1985."
Darum hat EH am Mittwoch Frau Massie angerufen. Sie wollten, dass die Leichen gefunden werden, denn mit jeder Stunde, die verstrich, wurde das Washington-Alibi mit ihren schönen Kinotickets, die eine Anwesenheit in Washington gegen 21/22 Uhr bewiesen hätten, wackliger. Hätte man die Leichen noch am selben Abend oder am nächsten Morgen gefunden, wäre die Ermittlung ganz anders weitergegangen, da man dann den Todeszeitpunkt hätte genauer eingrenzen können.
Die Ermittler legten sich von Anfang auf eine Tatzeit am Abend fest (Indizien: Dinner-Spuren + "normaler Menschenverstand") und bewerteten dann die Tatortspuren und das Kino-Alibi entsprechend.
Die Tatortspuren und das Kino-Alibi wurden dem Geständnis entsprechend interpretiert!
2 x Fußspuren
Möglichkeit 1: es ist eine Person 2x gelaufen.
Möglichkeit 2: es waren 2 Personen am Tatort
2 x Kinotickets
Möglichkeit 1: eine Person begeht einen Mord und die zweite sorgt für das Alibi
Möglichkeit 2: zwei Personen wollen ihre Anwesenheit vortäuschen
Tatbegehung
Möglichkeit 1: eine Person kämpft ohne Brille gegen 2 Angreifer
Möglichkeit 2: zwei Personen kämpfen gegen 2 Personen
Außenlicht
Möglichkeit 1: Das Licht wurde ausgeschaltet, weil es Nacht war.
Möglichkeit 2: Das Licht wurde eingeschaltet, weil es Tag war (und man die Entdeckung der Leichen herauszögern wollte, die Nachbarn wären vielleicht misstrauisch geworden, wenn das Licht über Nacht ausgeschaltet gewesen wäre).
Position des Lichtschalters
Möglichkeit 1: Das Licht war an, weil Einzeltäter JS nicht wusste, wo der Lichtschalter ist.
Möglichkeit 2: Das Licht war an, weil JS und EH eine andere Tatzeit vortäuschen wollten.
Blutiges Bettlaken
Möglichkeit 1: JS hatte keine Hose und fuhr 4 Stunden in ein blutiges Bettlaken nach Washington
Möglichkeit 2: JS trug einfach eine Hose von EH (oder hatte vielleicht sogar eine Ersatzhose im Kofferraum dabei)
Fehlende Spuren auf der Fahrerseite
Möglichkeit 1: Cola ließ alle Flecken verschwinden.
Möglichkeit 2: EH saß am Steuer, JS war der Beifahrer
JS sagt, er war ohne Hose im Fahrstuhl =>
Möglichkeit 1: Er fuhr ohne Hose im Fahrstuhl und hat das ausgesagt, denn er kann nicht wissen, ob die Polizei die Videobänder hat.
Möglichkeit 2: Er fuhr MIT Hose im Fahrstuhl und er weiß, dass sie keine Bänder haben, sonst hätten sie die Vorverlegung der Tatzeit schon bemerkt.
EH weiß nicht, was sie beim Zimmerservice bestellt hat.
Möglichkeit 1: Sie hat Drogen genommen.
Möglichkeit 2: Sie weiß es nicht, weil JS den Zimmerservice bestellt hat, denn nach der Tat kam es für ihn extrem darauf an, seine Anweisenheit in Washington zu belegen
EH hat ihre Spuren am Tatort verglichen
Möglichkeit 1: Es ist zwar merkwürdig, aber was soll's.
Möglichkeit 2: Sie will überprüfen, wieviel Spuren sie hinterlassen hat und ob man Jens' Fußabdruck (ich glaube, es ist seiner) ihr zuordnen könnte.
Die beiden legen eine Timeline vor:
Möglichkeit 1: Die Timeline stimmt.
Möglichkeit 2: Die Timeline stimmt nicht.
EH und JS wollen sich im bzw. vorm Kino treffen, obwohl JS nicht weiß, in welches Kino EH gegangen ist, nachdem er sie am ersten Kino abgesetzt hat.
Möglichkeit 1: Die Straße ist groß und leer, das passt schon irgendwie.
Möglichkeit 2: Die beiden fuhren zu zweit am Kino vorbei, kauften die Karten, fuhren direkt in die Tiefgarage und ließen sich dann schön im Fahrstuhl filmen.
Alle diese Widersprüche wurden von den Ermittlern entsprechend ihrer Annahme, wie es passiert ist, interpretiert.
Ricky Gardner hat das 1. Mal einen Mordfall untersucht.
Ricky Gardner, Terry Wright und Kenneth Beever sind alle drei keine Brillenträger. Darüber bin ich als erstes gestolpert.
Das Buch von Ken Englade ist sehr schön geschrieben. Es wurde vor Elizabeth Haysoms Prozess auf den Treppen vor dem Gericht verkauft. Dort wird die Einzeltäter-Version präsentiert.
Ken Englades erster Satz im Nachwort lautet:
"Who did it? Jens? Or Elizabeth?"(Quelle: Ken Englade, Beyond Reason, Nachwort, Amazon Cloud Reader, S. 369/375)
Als ich das das erste Mal las, saß ich da und dachte: Hä? Du hast doch gerade so schön die JS-Einzeltäter-Theorie dargestellt, wieso sollte es Elizabeth gewesen sein? Und wieso eigentlich "Jens oder Elizabeth"? Schon diese Überschrift ist das Lenken in eine bestimmte Richtung.
Und da stelle ich mir schon die Frage, wieso 1990 genau derselbe Richter und genau derselbe Staatsanwalt wieder dort saßen, die bereits 1987 die Einzeltäter-/Kinoticket-Story präsentiert bekamen.
Bei der Einzeltäter-/Kinoticket-Story sind so viele Widersprüche offen, die Wright sogar erkennt und benennt.
Ich kann mir absolut nicht vorstellen, dass in den letzten 35 Jahren nicht noch mehr Leute diese Widersprüche erkannt haben. (Sonst hätte sicher auch niemand Kohle für "Das Versprechen" locker gemacht.)
Alles beginnt mit einer absolut unlogischen Tat: einem Geständnis für eine Tat, die man nicht bzw. nicht vollständig begangen hat, wie man sie geschildert. Dieses Geständnis setzt den "Confirmation Bias" in Gang, der alles weitere beeinflusst.