Palio schrieb:Ich sehe das alles ähnlich, aber die Zeit von 2 Minuten zwischen einer Sichtung in Tatortnähe, die zudem zu einer Festlegung des Tatorts bei der Brücke führte (der Jogger wäre dann noch eine Ecke von der Einmündung zum Burgweg entfernt gewesen), bis zum CoC Beginn zu Hause erscheint mir auch recht knapp und zumindest mal hinterfragenswert. Ist vielleicht schaffbar, aber nicht selbstverständlich. Dass in der Hinsicht nichts von der Verteidigung kommt, führt mich zu der Annahme, dass die Zeitangabe falsch sein könnte. Wenn aber die Zeitangabe falsch ist, darf man wieder alles anzweifeln und fängt von vorn an. Deswegen drehen wir uns hier dauernd im Kreis.
Ich habe das jetzt schon mehrmals geschrieben:
1. Wir wissen nicht, was genau "in der Nähe des Tatortes" heißt und auch nicht, wo die Zeugin gerade war, als sie den Jogger sah. Sie ging vom Eiskeller über die Kampenwandstraße und hat offenbar dort gefilmt. Wir kennen den Zeitstempel 2:40 Uhr.
2. Der Polizist, der die Strecke vom Tatort zum Wohnhaus des Angeklagten gejoggt ist, hat für die kürzeste mögliche Route 3 Minuten und 40 Sekunden benötigt.
3. Laut den CoC-Log-Daten hat der Angeklagte sich um 2:42 Uhr eingeloggt, man kann also annehmen, dass er da zuhause war.
Da die Zeugin den Jogger nicht "am Tatort", sondern nur in dessen Nähe gesehen hat, kann man annahmen, dass er um 2:40 Uhr schon einen Teil der Strecke zwischen Tatort und Zuhause zurückgelegt hatte. Rein theoretisch könnte sie ihn sogar von hinten gesehen haben, als sie gerade die Kampenwandstraße an der Abzweigung zum Burgweg entlang ging und dabei in den Burgweg hineinschaute. Der macht erst nach ca. 100 Metern eine Kurve, soweit kann man von der Kampenwandstraße in den Burgweg hineinsehen und diese Stelle ist dann 150 m vom Brückerl, dem von uns angenommenen Tatort, entfernt. Das entspricht bei 600 m die als Distanz zwischen Tatort und Wohnhaus genannt wurden immerhin schon 1/4 der Strecke.
Jetzt kann man zu Ungunsten des TV noch annehmen, dass der Zeitstempel der Zeugin 2:40:00 und der CoC-Zeitstempel 2:42:59 war. Dann sind es eben schon 3 Minuten, die für die Strecke bleiben.
Außerdem kann man getrost annehmen, dass der Täter schneller gelaufen sein dürfte, als der durchaus sportliche Polizist. Der ist mit einer Geschwindigkeit von 9,8 km pro Stunde unterwegs gewesen (600 m in 3:40), was für einen trainierten Hobby-Jogger eine normale, nicht wirklich herausfordernde Geschwindigkeit entspricht (= etwas doppelte Geschwindigkeit wie zügig Gehen oder Wandern).
Der Täter dürfte aber ja nun mal bis zum Hals mit Adrenalin vollgepumpt gewesen sein (immerhin hatte er gerade eine Kampf- und Angriffssituation unmittelbar hinter sich) und hatte außerdem noch die Intention im Kopf, möglichst zügig nach Hause zu kommen, weil er Angst haben musste, gesehen zu werden. Man darf also wohl annehmen, dass er auf den 600 Metern zwischen Tatort und Haus nicht gejoggt, sondern gespurtet ist. Und bei 12 km/h braucht man für 600 Meter dann eben nur noch 3 Minuten, bei 14 km/h sogar nur noch 2,5 Minuten.
Für 450 Meter sind es bei 12 km/h nur noch 2 Minuten 15 Sekunden und bei 14 km/h schon knapp unter 2 Minuten.
Ja, das ist jetzt alles möglichst maximal zu Ungunsten des TV gerechnet. Rein theoretisch kann man auch alles zugunsten des TV rechnen: man könnte annehmen, er seit vom Tatort zum Wohnhaus geschlendert und habe dazu noch die ungünstigere, mehr als doppelt so lange Strecke benutzt. Damit hat er statt der 3 Minuten 40 Sekunden halt 12 Minuten gebraucht und hat deshalb gar keine Zeit gehabt, um die Tat zu begehen und kann auch nicht der Jogger gewesen sein, den die Zeugin um 2:40 Uhr gesehen hat.
Aber diese Annahme zu max. Gunsten des Angeklagten macht bei der Fragestellung ja eben keinen Sinn. Seine Verteidiger wollten ja gerade belegen, dass er es nicht gewesen sein kann. Damit das als sicheres Alibi gelten kann, muss man eben genau an die maximalen Randbereiche der Betrachtung gehen (die man mit 14 km/h noch nicht mal ausgereizt hat) und dann fragen, ob es so noch als Alibi taugt.
Und das taugt es eben nicht.