@Lento Wenn es alles so einfach wäre, wie sich nicht-Juristen das verständlicherweise vorstellen, hätten viele wissenschaftliche Juristen und auch so manche Richter nichts zu tun. Tatsächlich hat der Gesetzgeber aber z.B. durch die StPO keinesfalls die durchaus wichtigen rechtsphilosophischen Grundsätze erschöpfend und verständlich klargestellt, deshalb haben viele wissenschaftliche Juristen und BGH und BVerfG darüber sehr viele Seiten mit vielen schlauen Gedanken gefüllt. Ein sehr interessantes Werk, falls man sich wirklich dafür interessiert, ist Marxen/Tiemann, Die Wiederaufnahme in Strafsachen, aus dem Jahr 2006.
Die ganz wichtige Frage ist nämlich, was eigentlich mit dem eigentlich nichtssagenden Text gemeint sein soll, dass ein Urteil entweder bestätigt, oder aber anders entschieden werden soll. Ein Auto ist also entweder blau oder es ist nicht blau. Fein. Das hilft aber nicht weiter, die grundsätzliche Bedeutung eines solchen Verfahrens und seiner Grenzen zu klären, z.B. ist himmelblau noch blau oder eher türkis usw. Daher haben BVerfG und BGH dazu auch eine ganze Reihe Beschlüsse gefasst, die wiederum zu vielen Interpretationen verleitet haben.
Nur: hier ist es tatsächlich erst mal irrelevant. Man darf davon ausgehen, dass die an diesem Fall beteiligten Juristen sowohl die Rechtssprechung als auch die sog. herrschende Meinung kennen und sich vermutlich innerhalb dieser Rahmen bewegen werden.
Falls hier allerdings die Auffassung vertreten wird, dass es grundsätzlich nur um die Frage Freispruch oder Bestätigung des alten Schuldspruchs geht, ist das nicht richtig. Der BGH hat sich z.B. im Zusammenhang mit der Wiederaufnahme zu den durchaus bis dahin und eventuell heute noch umstrittenen Fragen der "Schuldspruchänderung" geäussert, und das BVerfG z.B. auch zur Frage einer "Rehabilitation" ursprünglich verurteilter, aber längst nicht mehr vom Urteil betroffener Personen usw.
Juristen finden in jedem Thema einen Rattenschwanz an Fragen, die sie gerne besprechen.
:)Ich bleibe aber dabei, das führt hier zu weit und der Rechtsstaat wird sicherlich nicht zusammenbrechen, wenn wir das hier nicht weiter ausführen.