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Badewannenunfall von Rottach-Egern

7.766 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Mord, 2008, Badewanne ▪ Abonnieren: Feed E-Mail
Zu diesem Thema gibt es eine von Diskussionsteilnehmern erstellte Zusammenfassung im Themen-Wiki.
Themen-Wiki: Badewannenunfall von Rottach-Egern

Badewannenunfall von Rottach-Egern

14.02.2025 um 07:29
Zitat von OriginesOrigines schrieb:So ganz stimmt das nicht. Das Gericht muss überzeugt sein. Ohne vernünftige Zweifel. Und Überzeugung ist schon mehr als Glauben. Oder ist der Kirchgänger wirklich überzeugt, von der Erlösung durch Jesus Christus und dem Leben nach dem Tod? Kann er das begründen, rational, mit Argumenten, die überzeugen? Nein, er glaubt. Außer er ist Fundamentalist. Glaube ist eine andere Kategorie als die Überzeugung.
Den kirchlichen "Glauben" sollte man m.E. außen vorlassen.

Überzeugung ist in Wirklichkeit auch eine Form des Glaubens, man sollte auch wenn man überzeugt ist, zumindest für Zweifel offen sein. Dass ist - wie offenbar ihier - nicht immer der Fall, genaugenommen ist das schon etwas wider der menschlichen Natur.

@Palio hatte mal geschrieben:
Zitat von PalioPalio schrieb am 22.12.2022:Unsere Hypothese beeinflusst uns und die Erklärung ist daher oft final gesteuert, das heißt, man hat eine Idee, eine Erklärung und sucht nach Indizien nur dafür (nicht auch dagegen). Findet man Indizien, die dagegen sprechen, blendet man sie oft aus. Ich spreche dabei aus eigener Erfahrung.

Irgendwelche passenden Indizien findet man in der Regel immer, wenn man lange genug sucht. Sie basieren oft auf Zufall und sind mehrdeutig und diffus. Erst durch das eigene Vorurteil werden sie in einen Zusammenhang gestellt und bestätigen (scheinbar) das schon vorher festgelegte Bild.
Genau das sieht man hier in der schriftlichen Urteilsbegründung.

Auch Gutachter unterliegen diesem Problem. Als Gutachter ist man ebenfalls etwas voreingenommen, denn irgendetwas hat man von dem Fall schon anderweitig mitbbekommen, auch die Formulierung des Auftrags spricht nicht selten Bände. Gerade bei Unfällen ist die Zahl der Möglcihkeiten extrem hoch. Als Gutachter muss man sich dessen bewusst sein und man darf nicht - wie hier Adamec - nur die erstbeste Möglichkeit durchdenken und dann eine Unfallmöglichkeit ausschließen.


Es gab in Wirklichkeit genügend Zeichen schon in den ersten Verfahren, dass es sich um einen Unfall handelte. Da gab es die DNA-Spuren, die genau für die von der Verteidigung vermutete Szenario passten. Dass – wie das Gericht festgestellt haben will – dass das Opfer die Wanne nicht benutzen würde, war so ein substanzieller Widerspruch, den in Wirklichkeit das Gericht nie aufgeklärt hatte.

Dann gab es den Stuntversuch, wo die Lage schon damals erklärbar war. Das Gericht wies diesen Stuntversuch dann aus vollkommen unwissenschaftlichen Gründen zurück. Wenn man solche Gründe in der Physik hätte, dann könnte man mit keinem Experiment physikalische Gesetze erklären, die notwendige Abstraktion wäre nicht möglich, es gäbe keine Physik. Abstraktionsvermögen ist in Wirklichkeit das a und o.

Außerdem hatte das Gericht übersehen, dass diese gleichen Gründe auch für das Gutachten von Keil galten, auch seine Selbstversuche hätte das Gericht niemals anerkennen dürfen.

Und die Behauptung des Gerichts, dass die Wahrscheinlichkeit eines Fallens gering gewesen sein sollte, war geradezu grotesk. Diese Behauptung wird auch der Grund gewesen sein, dass das Spendenaufkommen ausreichend hoch gewesen war, dass man die neuen Gutachten finanzieren konnte. Solche Behauptungen sind auch für einen absoluten Laien als objektive Willkür erkennbar.

Dann kommen natürlich die anderen angeblich belastenden Indizien hinzu, die bei genauerem Hinsehen gar nicht belastend waren. Und zum Schluss dann noch kam dann noch der schwere Fehler hinzu, dass die baulichen Gegebenheiten bei der Frage des außen steckenden Schlüssels nicht im Ansatz berücksichtigt wurden.


Man erkennt, dass das Gericht hier einfach Zweifel nicht aufbringen konnte, obgleich die hätten aufkommen müssen. Als sich dann Jahre später durch die Simulation sich zeigte, dass der Stuntversuch eine Möglichkeit des Sturzes geliefert hatte, wurde natürlich erkennbar, wie naiv das Gericht die Sache damals angegangen war. Frau Ehrl sagte nicht ohne Grund, die Kontrolle der Justiz hatte versagt, das impliziert natürlich, dass man schon damals G hätte freisprechen müssen, was auch ohne Simulation erkennbar gewesen war.


Ich persönlich glaube, dass in diese Falle häufiger Gerichte als Wünschenswert tapsen, sie sind gegenüber ihrer eigenen "Überzeugung" nicht ausreichend kritisch eingestellt und lassen dadurch Zweifel erst gar nicht aufkommen.


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Badewannenunfall von Rottach-Egern

14.02.2025 um 09:11
Zitat von LentoLento schrieb:Den kirchlichen "Glauben" sollte man m.E. außen vorlassen.
Nichts anderes wollte ich sagen. Der boshafte Vergleich stammte ja von der Anwältin, nicht von mir. Nicht sola fide, sondern sola ratio entscheiden die Gerichte. Und das ist auch fehlerbehaftet genug, weil die menschliche ratio nun mal nicht fehlerlos ist.

Wie Du dann im Weiteren trefflich analysierst.

Ein Punkt im Hinterkopf von Ermittlern und Richtern war in diesem Fall sicher auch noch, dass man gerade beim Tod alter und kranker Menschen eine hohe Dunkelziffer an begangenen Verbrechen vermutet. Die Ärzte bescheinigen eine natürlich Todesursache, die Täter bleiben unbestraft. Hier hatte man - vermeintlich - endlich einmal einen erwischt. Seine Bestrafung sollte vielleicht auch eine abschreckende Signalwirkung nach Außen entfalten: "Oma-/Opa-Mörder dieses Landes, Ihr seid nicht sicher!"

Aus meiner eigenen beruflichen Tätigkeit kenne ich das Problem: Da hat man Profession, Erfahrung, Detailkenntnis - und hat bei einem Problem oder einem Sachverhalt relativ schnell eine Voreinschätzung, eine These, ein Judiz. Das ist auch sinnvoll, sonst käme man nicht voran und könnte nicht schnell entscheiden. Aber der dann folgende Abgleich der Tatsachen ist natürlich schon gefärbt. Die Tatsachen, die passen, die erkenne ich schnell, und die weniger passenden schiebe ich lieber zur Seite. Denn es ist schmerzhaft und mühsam, seine Ansicht revidieren zu müssen. Das tut man nicht gerne.

Deshalb ist das Begründungserfordernis so wichtig. Leider wird die schriftliche Begründung erst nach der mündlichen Urteilsverkündung ausgefertigt, da ist man als Gericht dann schon an der getroffenen Entscheidung festgenagelt. Augen zu und durch. Bei der Abfassung des schriftlichen Urteils hätte auffallen müssen, dass die ganzen konstruierten Annahmen ein Kartenhaus ohne echtes Fundament sind.


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14.02.2025 um 09:27
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:Zu der abgedroschenen Leier der "pöhsen bayerischen Justiz" sage ich schon gar nichts mehr, das ist nur Quatsch.
In der Plattheit ist es Quatsch, "böse" ist sie sowieso nicht. Und wenn man die Justiz in einigen anderen Bundesländern kennengelernt hat, dann sind die Bayern insgesamt im Vergleich erfreulich gut. Fachlich sehr gut. Und auch recht zuverlässig, d.h. man gut prognostizieren, das raus kommt, weil es eine "Linie" gibt (s.u.). In meinem Bundesland hier, da machen die Gerichte, was sie wollen. Alles vertretbar, aber insgesamt ein ziemliches Chaos. Und am liebsten hacken sie auf die Behörden ein. Die machen auch viele Fehler, aber wenn sie mal keine Fehler machen, erfindet sich das Gericht einen.

Da ließe sich jetzt viel dazu sagen, so gibt es Besonderheiten nur in Bayern, oft historisch gewachsen, mit Vor- wie mit Nachteilen. Das fängt mit der "Auslese" an, geht über das "Rotationsprinzip" bis hin zu einer unsichtbaren politisch determinierten Linie, die angesichts der langen politischen "Stabilität" und Neigung zum Konservativen ihren Spuren hinterlässt und Gestalten wie Herrn Götzl Karriere machen lässt.

Eine gewisse Bockigkeit, gemachte Fehler einzusehen, eine Sturköpfigkeit, schon fast landestypisch, die fällt in diesem Rahmen einfach auf. Auch Landespatrioten. Zumal sich diese (wenigen) öffentlich beäugten Fälle dann auch in Bayern konzentrierten (Rupp, Peggy, Mollath, Gendetzki).

Und meine These, die Linie sei in diesen Fällen "Die bayerische Justiz macht keine Fehler", die ist polemisch, aber nicht grundlos. Zum einen versucht man wirklich, die Verfahren formal "fehlerlos" durchzuführen und in den meisten Fällen gibt es auch zu Recht keine vernünftigen Zweifel (z.B. Bence Toth). Dass es aber nicht immer so ist, zeigt sich ja an den wenigen Wiederaufnahmeverfahren, die anfangs immer zurückgewiesen und dann nur unter Absingen hässlicher Lieder betrieben werden.


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14.02.2025 um 09:46
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:Genau. Seit Jahren schon beobachte ich, dass in gerade den grossen Strafprozessen, also oft Mordfällen, und nicht nur in Deutschland sondern in vielen Ländern, der "Gutachter" oder "Experte" den Job des Richters bzw. der Jury übernimmt und das ohne jegliche Kontrolle. Und das finde ich beängstigend.

Hier in diesem Fall war es ja auch so: ein Gutachter beschliesst, ein Unfallgeschehen kann nicht sein. Basta. Und brav folgt das Gericht diesem Urteil.
Die Entwicklung hängt natürlich eng mit der Verwissenschaftlichung und Technisierung der Kriminalistik zusammen. Schon Fingerabdrücke konnte nur der Daktyloskop analysieren, kein Richter kann das Elektronenmikroskop bedienen und erst recht keine DNA vergleichen. In den USA müssen die Experten wenigstens einer Jury verständlich machen, was sie gemacht haben, aber ich vermute auch dort gibt es Fehldarstellungen und Manipulationen.

Gegenüber naturwissenschaftlicher oder technischer Expertise sind Juristen ziemlich machtlos. Sie sind keine Experten. Sie können zwar verlangen, dass ihnen das Ergebnis "laiengerecht" so erläutert wird, dass es Gericht auch nachvollziehen und verstehen kann. Und sie müssen begründen, warum sie keine Zweifel am Ergebnis haben. Am liebsten ist ihnen dann "bekannt und bewährt", weshalb bestimmte Gutachter schon Monopole haben. Ein besonderer Graus sind mir da die immergleichen psychiatrischen Gutachter. Die tun gerne so, als sei ihr Fachgebiet eine exakte Wissenschaft wie die Physik, mit der man den Angeklagten nicht nur tief in den Kopf sehen kann, sondern auch mit Sicherheit das feststellt, was das Gericht für eine klare Entscheidung braucht.

Auf der anderen Seite wären mehrere, sich widersprechende Gutachten ein Graus für jedes Gericht. Es müsste sich entscheiden und vor allem begründen warum es der einen Auffassung folgt und der anderen nicht. Das können sie nicht leisten. Je mehr divergierende wissenschaftliche Meinungen aufeinander treffen, desto unlösbarer wird der Fall.

Ich denke, in vielen Fällen ist es kein Problem, bei etablierten Verfahren, wo von vorneherein die Sicherheit des Ergebnisses durch mehrfache Verifizierung sichergestellt ist. Wo Gutachter klar sagen, in welchem Wahrscheinlichkeitsbereich sie sich bewegen (und damit den Ball an das Gericht zurück spielen, was sie nicht so beliebt macht). Wo sich Wissenschaftler als Wissenschaftler verstehen, also den eigenen Irrtum einpreisen und so arbeiten, als müssten sie sich der scientific community zum Diskurs stellen oder einem peer review unterwerfen. Vielleicht sollte es wirklich Mechanismen geben, wie bei den einschlägigen wissenschaftlichen Zeitschriften, wo eine Expertise noch einmal "gegengeprüft" wird, auf Methodik, Plausibilität und Sicherheit.


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14.02.2025 um 19:24
Das Gutachterthema greift auch Fischer in seinem Podcast "Sprechen wir über Mord".

https://www.ardaudiothek.de/episode/sprechen-wir-ueber-mord/tatort-jauchegrube-true-crime-tod-durch-guelle/swr-kultur/94770114/

Fischer greift dieses Thema recht umfangreich auf und beleuchtet die Problematik von vielen Seiten, weshalb z.B. Richter von Gutachtern der Verteidigung selten etwas halten und sie in der Regel ihren Gutachtern mehr vertrauen. Dieses Vorurteil kann aber schwer daneben gehen, wie im vorliegenden Fall.

Der Podcast ist daher recht interessant, da ein Mann aus der Praxis spricht. Aber mit dem Fazit bin ich nicht einverstanden, Fischer behauptet, dass der Verurteilte sich eingelassen habe. Es war aber keine Einlassung, sondern eine reine Vermutung, mehr nicht und das darf man nicht für den Verurteilten als Nachteil ansehen. Ich kenne den Fall aus einem anderen Podcast, da stellt sich die Sache schon anders dar. Für mich ist dieser Fall ein Kandidat für einen zweiten Fall G. Auch hier gab es unterschiedliche Gutachten, wie in diesem Fall wurde dem Gutachter der Verteidigung nicht geglaubt. dass die Verteidigung laut Fischer ein Szenario vorstellen soll, das die Verletzungen erklären müsste, ist aus meiner Sicht zu viel verlangt, weil Unfälle wie Stürze etc. einfach höchst komplex sind, das unterschätzt Fischer bei weitem. Eigentlich hätte ich in diesem Punkt von Fischer mehr erwartet. Die Frage, wie genau der Sturz erfolgt sein könnte ist alles andere als eine triviale Frage, wie auch der vorliegende Fall zeigt. Und das kann man von einer Verteidigung mit ihren begrenzten Mitteln eben nicht erwarten. Man erkennt es ja in diesem Thread, wie umstritten diese Simulation war und viele trotz dieser Simulation diese Bewegungen wohl nicht nachvollziehen konnten, welche Wunder erwartet Fischer da von der Verteidigung, welche in der Regel genauso ahnungslos ist wie das Gericht? Dieser Fall wäre in Wirklichkeit auch ein Kandidat für die Sturzsimulation.


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Badewannenunfall von Rottach-Egern

14.02.2025 um 20:58
Zitat von LentoLento schrieb:Der Podcast ist daher recht interessant, da ein Mann aus der Praxis spricht.
Er betrifft aber, wenn ich Dich da richtig verstehe, einen anderen Fall. Lustigerweise auch wieder einen in Bayern. Tja, Anwälte raten zum Schweigen, Einlassungen können immer gegen Dich verwendet werden.
Zitat von LentoLento schrieb:Eigentlich hätte ich in diesem Punkt von Fischer mehr erwartet.
Fischer war zuletzt Revisionsrichter am BGH. Er kennt also ziemlich viele Urteile, nicht nur seine eigenen. Und insofern kennt er auch die Probleme in der Praxis - aus richterlicher Sicht. Und jetzt ist er sogar Strafverteidiger, kennt also auch diese Sicht. Das ist dann im Ergebnis nicht immer das, was wir als Öffentlichkeit gerne hören.

Aber was ich an Fischer - trotz aller Allüren, Provokationen, Egozentrik und sonstiger Eskapaden - immer geschätzt habe, war, dass er die Öffentlichkeit aufgeklärt hat bzw. aufklären wollte, wie unser Straf- und Strafprozessrecht funktionieren. Und er hat dabei oft kein Blatt vor den Mund genommen.
Zitat von LentoLento schrieb:Man erkennt es ja in diesem Thread, wie umstritten diese Simulation war und viele trotz dieser Simulation diese Bewegungen wohl nicht nachvollziehen konnten, welche Wunder erwartet Fischer da von der Verteidigung, welche in der Regel genauso ahnungslos ist wie das Gericht?
Das Gutachterproblem wird nicht einfach zu lösen sein. "Waffengleichheit" wäre der Horror, dann haut man sich die Gutachten um den Kopf, und natürlich ist jedes Gutachten vom Auftraggeber beeinflusst.

Wobei ich einen Punkt sehe: Sachverständige werden wie Zeugen behandelt, sie tragen also mündlich vor und werden mündlich befragt. Die schriftlichen Gutachten verschwinden in den Akten (wenn sie nicht auf verschlungenen Pfaden das Licht der Öffentlichkeit erblicken). Es gibt auch - s.o. - keine echte Protokollierung der Aussagen. Außerhalb der mündlichen Verhandlung ist also keine wissenschaftliche publizistische Kritik der Ergebnisse möglich. Auf die dann neue Gutachten aufbauen könnten. Und das sehe ich als Manko. Stichwort: Transparenz.

Ein Gutachten wie das Sturzgutachten, das Gendetzki "Lebenslänglich" einbrachte, das wäre vermutlich von der Zunft sehr schnell in der Luft zerrissen worden. Wie auch das Tonband-Gutachten im Fall "Ursula Herrmann". Und über die mir unheimlichen forensischen Psychiater habe ich mich ja schon ausgelassen. Da scheint mir viel nicht mehr "state of the art" zu sein.

Eine eigene Kategorie sind für mich die Pathologen, also die Rechtsmediziner, die geben scheinbar selten zu Kritik Anlass. Soweit ich es noch richtig im Kopf habe, hat auch hier der Rechtsmediziner bei der Toten in der Badewannen zwar zwei Hämatome am Kopf festgestellt, aber offen gelassen, ob diese sturzbedingt waren oder nicht, da ja unklar war, ob ein Sturzgeschehen vorlag. Die Mär vom Schlag auf den Kopf durch Gendetzki haben die Ermittlungsbehörden bzw. das Gericht "erfinden" müssen, weil sie ja ein Sturzgeschehen ausgeschlossen haben (weil die Dame angeblich nicht Wäsche waschen wollte, nie getan hat, nicht so fallen konnte usw.).


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14.02.2025 um 22:18
@Lento

Habe mir den Podcast angehört. Ich fand Fischer sehr ausgewogen. Mich imponieren ja nicht nur immer seine rhetorischen Fähigkeiten, sondern auch seine Stimme. Diese sanfte, modulierende Stimme, die so gar nicht zu dem Fleischberg passt, den er optisch darstellt.

Als potentiellen Skandalfall sehe ich den Fall nicht, nach Kenntnis des Podcast. Mal wieder die gute alte Peter-Witting-Show im Saal und vor den Medien. Das Pöbelnde, Provozierende, Emotionalisierende und das fehlende Benehmen. Seufz. Ich weiß nicht, ob man seinen Mandanten da hilft. Und auch im Podcast stellt sich die Frage.

Fischer spricht ansonsten die Fallstricke offen an, gerade bei der Gutachterauswahl. Letztlich ist eine Entscheidung, die das Gericht zu treffen hat. Das besteht zumeist nicht aus fünf weichgespülten Opportunisten oder hartgesottenen Vollstreckern, sondern aus fünf Menschen, die sich das einig werden müssen. Einen platten Umgang damit konnte ich noch nicht mal im Gendetzkiurteil feststellen. Es war ja höchst komplex, ein Sturzgeschehen - als positive Tatsache - nachzuweisen. Sehr viel leichter war es, ein Unfallgeschehen - als negative Tatsache - auszuschließen.

Und darüber stolperte dann das Gericht, weil es sein Urteil darauf aufbaute. Sicher nach bestem Wissen und Gewissen, aber doch im Irrtum. Die Schande ist, dass es Jahrzehnte gedauert hat, sich aus der eigenen Verstrickung zu lösen.


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14.02.2025 um 22:37
Zitat von OriginesOrigines schrieb:Als potentiellen Skandalfall sehe ich den Fall nicht, nach Kenntnis des Podcast
Kannst du bitte einmal genau darlegen was du nicht als Skandal ansiehst?


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14.02.2025 um 23:41
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Wenn jemand 13 Jahre lang unschuldig im Gefängnis sitzt und seine Lebenszeit dahin fließt ist das ein MEGA SKANDAL



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14.02.2025 um 23:44
@Lanza
Hast du vielleicht noch nicht gemerkt, dass im Podcast ein anderer Fall besprochen wird und nicht der von M. Genditziki? Du kannst die Empörung wieder einpacken.


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14.02.2025 um 23:57
Zitat von LeocadiaLeocadia schrieb:Hast du vielleicht noch nicht gemerkt, dass im Podcast ein anderer Fall besprochen wird und nicht der von M. Genditziki? Du kannst die Empörung wieder einpacken.
Nee hatte ich nicht. Werd aber auch nicht der einzige sein. Aber schön wenn das damit klar ist.


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Badewannenunfall von Rottach-Egern

15.02.2025 um 00:05
Zitat von OriginesOrigines schrieb:Habe mir den Podcast angehört. Ich fand Fischer sehr ausgewogen.
Ganz genau. Es ist wohltuend, im Gegensatz zu so mancher Meinung hier, mal einem echten Fachmann zuzuhören, dem ich unterstelle, auch zu einer vernünftigen Abwegung der Fakten in der Lage zu sein.
Zitat von OriginesOrigines schrieb:Als potentiellen Skandalfall sehe ich den Fall nicht, nach Kenntnis des Podcast. Mal wieder die gute alte Peter-Witting-Show im Saal und vor den Medien. Das Pöbelnde, Provozierende, Emotionalisierende und das fehlende Benehmen. Seufz. Ich weiß nicht, ob man seinen Mandanten da hilft. Und auch im Podcast stellt sich die Frage.
Das Verhalten Wittings befremdet mich auch immer wieder. Nicht einmal in den USA, wo ich ja jetzt praktiziere, ist so etwas normal, obwohl manche Fiktion, vor allem Fernsehserien, das manchmal suggeriert. Mal abgesehen davon, dass, anders als Fischer es für Deutschland darstellt, hier ein Verteidiger mit Sanktionen durch das Gericht und die Anwaltskammer rechnen müsste, wenn er sich so benimmt. Zum Fall an sich kann ich mangels Kenntnis der Details nichts sagen. Natürlich ist jede Verurteilung eines Unschuldigen ein Skandal, aber die Frage ist eben erst einmal, ob es sich hier um einen Unschuldigen handelt.

Im vorliegenden Fall Genditzki war ich als Zuschauer relativ schnell der Auffassung, dass er nicht hätte verurteilt werden dürfen. Aber so offensichtlich stellen sich mir nicht viele Fälle dar. Eines aber sollte man sich klarmachen: die Tatsache, dass es zwei oder mehrere sich widersprechende Gutachten gibt, ist nun mal in der Rechtsordnung nicht so behandelt, dass nun automatisch ein gravierender Zweifel bestehen muss, der zwangsläufig zum Freispruch führen muss. Das scheint mir in der Diskussion hier manchmal gefordert, aber das würde die Dinge nun doch unzulässig vereinfachen.


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15.02.2025 um 08:21
@Lanza

Wenn jemand unschuldig 13 Jahre in Haft verbringt, ist es ein Skandal. Der Knackpunkt ist "unschuldig". Bei Gendetzki haben wir es jetzt - Gott (und Justiz, die ein Einsehen in ihre Fehler hatte) sei Dank - amtlich. Wenn Du Gendetzki meinst, dann volle Zustimmung. Im anderen Fall habe ich eben bislang keinen Skandal erkennen können, habe aber auch nicht das Urteil und/oder die Gutachten studiert. 2/3 des Urteils sollen sich mit den Gutachten beschäftigen, denen kommt da also große Bedeutung zu.

Wie auch im Fall Gendetzki kann die Erkenntnisgrundlage fragmentarisch sein. Kein genaues Tatgeschehen, kein Motiv, keine weltbewegenden Spuren. Das Ausschlussprinzip ist da zulässiges Mittel der Entscheidungsfindung ("wir wissen nicht wie, aber nachdem es nachgewisen ist, dass es kein Unfall gewesen sein kann, kann es nur eine vorsätzliche Tötung gewesen sein"). Bei Gendetzki war eben nur nicht nur das Unfallgeschehen nicht ausgeschlossen, sondern viel wahrscheinlicher. Und das Gericht verstieg sich zu Annahmen, z.B. um Mordmerkmale zu belegen, für die es überhaupt keine Anhaltspunkte gab, anstatt zuzugeben: "Wissen wir nicht" (was dann im Fall Gendetzki zu einem Freispruch oder wenigstens milderen Urteil hätte führen müssen).

@Rick_Blaine

Witting agiert immer so. Habe das bei mehreren Verfahren beobachtet. Keine Ahnung, ob er "trotzdem" ein guter Strafverteidiger ist. Er ist gerade in Bayern bei vielen (großen/prominenten) Verfahren Verteidiger, Erfahrung müsste er haben. Oder gutes Marketing. Ich würde ihn nur in sehr großer Verzweiflung engagieren und inständig bitten, sich ordentlich aufzuführen. Fischer, der ja auch in einer Münchner Kanzlei tätig ist, dürfte ihn und seine Methoden kennen und hat sich ja auch nicht schmeichelhaft ausgedrückt.

Zu den Gutachten: Da hast Du den Knackpunkt. Viele - wohl auch Verteidiger - meinen oder tun so: gibt es zwei sich widersprechende Gutachten, dann im Zweifel für den Angeklagten. Bingo. So wie "Aussage gegen Aussage". Aber dem ist ja nicht so. Und kann auch nicht so sein. So kann das Gericht die eine Aussage des Zeugen höher werten als die andere. Mit entsprechender sachlicher Begründung (Glaubwürdigkeit und Glaubhaftigkeit). Das gilt genauso für Gutachten. Sonst hätten wir Freisprüche ohne Ende.

@all

Ich denke aber schon, dass ein besonnener Verteidiger mit Überzeugungskraft mit einem weiteren Sachverständigen oder Gutachten zugunsten seines Mandanten zur Aufklärung beitragen kann. Klugerweise versucht er das schon im Ermittlungsverfahren. Da geht es vielleicht dann nicht immer um "alles oder nichts", aber es macht auch einen Unterschied, ob Mord, Totschlag oder vorsätzliche Körperverletzung mit Todesfolge. Und ein besonnenes Gericht ist für einen Beweisantrag auch offen, v.a. wenn sie feststellen müssen: OK, da haben wir noch eine offene Frage. Vielleicht bestimmen sie dann einen eigenen Sachverständigen, aber es wird intensiver nachgeforscht und sachbezogener geurteilt.

Das "objektiv richtige" Urteil gibt es ja sowieso nicht, es ist die subjektive - sachlich begründbare und zu begründende - Überzeugung von einem, drei oder fünf Personen. Prozessuale Wahrheit, nicht "die" Wahrheit.

SpoilerWie es gar nicht gut ist, hat sich bei Beate Zschäpe gezeigt:

Die wollte einen weiteren von ihr gewählten psychiatrischen Gutachter, weil der vom Gericht bestellte für sie vernichtend war. Das war eines der Gutachten, bei denen mir die Haare zu Berge standen. Es fand auch seinen Weg ins Internet. Das war für mich psychiatrische Anmaßung. Der "renommierte" Gutachter sollte dem OLG die Begründung für die später ausgesprochene Sicherheitsverwahrung liefern. Und er lieferte. Fischer deutete auch solche Fälle an ("Der, der immer den 21 vertritt, den nehmen wir nicht.").

Den eigenen psychiatrischen Gutachter hat das OLG Zschäpe nach viel hin und her auch zugestanden. Doch der war ein Schuss ins Knie. Im Gegensatz zu seinem Kollegen durfte er sich intensiv mit Zschäpe unterhalten, so intensiv und so umfangreich, dass er aus seiner Sympathie und Empathie für die Angeklagte keinen Hehl machen konnte. Zudem war er kein forensischer Psychiater, sondern hatte das Fachgebiet Kinder- und Jungendpsychiatrie. Er wurde noch im Saal richtiggehend zerlegt, so weit ich weiß, auch von seinem Kollegen. Da hatte Zschäpe schon ihr "renommiertes" Verteidigerteam gefeuert und sich auf völlig unerfahrenes und sich selbst maßlos überschätzendes Personal verlassen.



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15.02.2025 um 09:29
Zitat von OriginesOrigines schrieb:Wie es gar nicht gut ist, hat sich bei Beate Zschäpe gezeigt:
Oha. Allerdings, das ist ein Paradebeispiel für den Missbrauch und Misstand des Gutachterwesens in der deutschen Justiz. Überhaupt ist der Prozess für mich ein Tiefpunkt der deutschen Justizgeschichte, aber das ist ein anderes Thema.

Die "Erfindung" der "erheblich verminderten Schuldfähigkeit,"" die eine relativ neue Betrachtungsweise in der Strafjustiz ist, in Deutschland so richtig erst in der Strafrechtsreform 1974 eingeführt, und in anderen Ländern entweder ganz abgelehnt oder, wie z.B. in Californien 1982 wieder abgeschafft wurde, hat die Pandorabüchse der forensichen psychiatrischen Gutachten so richtig geöffnet. Hier ist das passiert, was ich weiter oben schon erwähnte: die Gerichte haben die eigentlich ihnen zukommende Aufgabe, die Schuld des Angeklagten zu beurteilen, komplett an forensische Gutachter abgegeben. Meines Erachtes mit sehr negativem und zweifelhaftem Resultat. Das wird im NSU Prozess zum Beispiel deutlich, wo sich der Gutachter des Gerichts allein auf "Beobachtung der Angeklagten" und auf Aussagen Dritter bezog, um sein Urteil festzustellen.

Wichtig ist, es geht hier nicht um die Frage der absoluten Schuldunfähigkeit, die zwar auch ein Grenzfall der Möglichkeiten der forensischen Psychiatrie und damit der Justiz ist, und auch in verschiedenen Ländern sehr unterschiedlich gehandhabt wird. Diese ist aber m.E. weit weniger problembelastet als der deutsche § 21.

Warum wird schon an der Formulierung deutlich: "erheblich vermindert." Was ist das eigentlich? Ich lebe nun in einem heissen und trockenen Klima, in dem es in meiner Empfindung im Sommer auch mal heiss wird, ich mich aber sehr wohlfühle. Besucher aus kalten Ländern wie Deutschland stöhnen hier gerne und würden die Temperaturen im Sommer als "erheblich erhöht, oder schrecklich heiss" bezeichnen. Ich nicht. Wer hat nun Recht? Da es bei dieser Frage nicht um eine lange Gefängnisstrafe geht, ist es wohl wurscht. Vor Gericht aber wäre es sehr unbefriedigend, einen solchen diffusen Masstab mit massiven Folgen zu nutzen.

Genau das aber will die Justiz nun mit dem Begriff "erheblich vermindert" tun. Wann ist die Schuldfähigkeit vermindert? Schon darum darf sich der Mensch streiten. Und dann noch die Frage, wann ist das "erheblich?"

Und wenn man sich auf diese Thematik erst einmal einlässt kommt man schnell zur nächsten Problemstelle: wie ist das mit der Beurteilung einer zukünftigen Straffälligkeit, also mit der "Sicherungsverwahrung?" Auch hier hat die Justiz ja ihre Rolle weitgehendst an die forensische Psychiatrie abgeben. Wieweit diese nun ihre Rolle sinnvoll ausübt, kann man auch nicht umfassend beurteilen: man kann zwar die Zahl derer messen, die nach Verneinung einer potentiellen zukünftigen Straffälligkeit doch wieder Straftaten begehen, aber man weiss nicht, wieviele derer, die in Sicherungsverwahrung eben verwahrt werden, nie wieder Straftaten begangen hätten, wenn sie nicht verwahrt würden.

Und damit ist man wieder bei der allgemeinen Frage der Sinnhaftigkeit eines ausufernden Gutachtenwesens.


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15.02.2025 um 11:08
@Rick_Blaine


Dir Frage ist, wer kann das besser beurteilen?

Die Psychologie gibt es auch nicht ganz ohne Grund. Bei psychischen Krankheiten/Besonderheiten sind die Vorstellungen in der Bevölkerung häufig sehr vereinfacht, fast schon naiv. Psychologen/Psychiater haben aber nun mal damit deutlich mehr Erfahrung als ein Richter, weil es zu ihrer täglichen Arbeit gehört, warum soll es daher ein oder mehrere Richter besser wissen?

Bzgl. der Sache mit der Sicherungsverwahrung ist eben nicht eine Strafe, das muss immer deutlich trennen. Und dort gibt es das Spannungsfeld zwischen dem Freiheitsanspruch des Verwahrten und dem Sicherheitsanspruch der Bevölkerung. Zusätzlich gibt es auch die Verhältnismäßigkeitsabwägung, je länger die Unterbringung, umso schwerwiegender müssen die Gründe der Unterbringung er werden. Das ist einfach ein hochkomplexes Gebiet, wo aus meiner Sicht auch Richter überfordert sind, niemand kann in die Zukunft sehen, was man aber fast schon vom Gericht verlangt. Das ist daher weniger ein Problem der Psychologen/Psychiater/Richter sondern der existierenden Gesetze. Wie sinnvoll das ist, da kann man endlos diskutieren, das wäre aber wirklich OT.


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15.02.2025 um 11:59
Zitat von LentoLento schrieb:Dir Frage ist, wer kann das besser beurteilen?
Sachverständige beraten, urteilen müssen die Richterinnen und Richter (hier sei mal erwähnt, dass es immer häufiger Richterinnen sind - an manchen Gerichten sind sie zu zwei Dritteln vertreten). Sie haben im Rahmen der freien richterlichen Beweiswürdigung die Freiheit, zu folgen oder davon abzuweichen. Ihnen ist die rechtsprechende Gewalt anvertraut. Sie sind unabhängig und haften nicht für ihre Entscheidungen.

Bei freiheitsentziehenden Unterbringungen in psychiatrischen Krankenhäusern kommt beispielsweise immer der zuständige Richter, um sich selbst ein Bild vom Betroffenen zu machen. Sicher beraten ihn die Ärzte, erläutern, warum Selbst- oder Fremdgefährdung vorliegt, die Diagnose, die Dauer der Behandlung. Aber die Entscheidung, ob und wie lange untergebracht wird, die trifft alleine der Richter. Nur er darf "Im Namen des Volkes" die Entscheidung treffen.

Problematisch ist es halt, wenn die Interessenlage etwas umgekehrt ist: Das Gericht würde gerne eine bestimmte Rechtsfolge aussprechen und bedarf dafür einer bestimmten Einschätzung. Das nennt sich dann "Gefälligkeitsgutachten". Wie beim Zschäpe-Prozess @Rick_Blaine zu Recht angemerkt hat.

Aber auch die Öffentlichkeit übt Druck aus. Riesenaufschrei, wenn über 80jährige Sexualstraftäter aus der Sicherungsverwahrung entlassen werden. Riesenaufschrei bei Fällen wie in Magedburg oder München oder sonst wo, wenn offenbar wahnhafte Täter nicht eingesperrt worden sind. Auch deshalb ist es wichtig: Die Gerichte tragen die Verantwortung, nicht die Psychologen oder Psychiater. Oder die Physiker, Biochemiker oder Ingenieure.


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Badewannenunfall von Rottach-Egern

15.02.2025 um 18:26
Zitat von MauserMauser schrieb:Tja Benedikt Toth, Andreas Darsow und Werner Mazurek lassen an dieser Stelle mal allesamt schön grüßen!
Du hast Henrike Schemmer, Markus Mundo und Georgios Spirou vergessen.

Nur, um mal drei weitere Tatleugner zu nennen.

Ach, übrigens: Es ist nicht jeder unschuldig, nur weil er es behauptet.


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Badewannenunfall von Rottach-Egern

16.02.2025 um 00:10
Zitat von OriginesOrigines schrieb:achverständige beraten, urteilen müssen die Richterinnen und Richter (hier sei mal erwähnt, dass es immer häufiger Richterinnen sind - an manchen Gerichten sind sie zu zwei Dritteln vertreten). Sie haben im Rahmen der freien richterlichen Beweiswürdigung die Freiheit, zu folgen oder davon abzuweichen. Ihnen ist die rechtsprechende Gewalt anvertraut. Sie sind unabhängig und haften nicht für ihre Entscheidungen.
Das ist ja genau das von mir angesprochene Problem. Das ist die Theorie und das klingt auch alles gut und beruhigend.

In der Praxis aber sehen wir, dass immer mehr Richter vor der Komplexität der Themen kapitulieren und sagen: "na, wenn der Gutachter das sagt, dann wird es wohl stimmen." Und dem folgen. Und wenn es der hochheilige Prof. Dr. Allwissend aus Grosstadthausen sagt, der pro Jahr in mindestens 25 Prozessen aussagt, dann wird es erst Recht stimmen.

Und wenn dann mal eine Kammer einem Gutachter nicht folgt, dann ist es vielen auch wieder nicht Recht, wie man ja hier im Forum immer wieder lesen kann. Drehen wir es diesmal um, da kann ein noch so obskures Gutachten der Verteidigung kommen, wenn das Gericht dem nicht folgt ist sofort ein Justizskandal da.

Das ist das Dilemma, in dem sich die Justiz m.E. befindet: die "freie Beweiswürdigung" steht zwar auf dem Papier, wird in der Praxis aber immer weniger angewandt und wenn, dann von vielen vehement kritisiert.


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Badewannenunfall von Rottach-Egern

16.02.2025 um 08:43
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:Das ist das Dilemma, in dem sich die Justiz m.E. befindet: die "freie Beweiswürdigung" steht zwar auf dem Papier, wird in der Praxis aber immer weniger angewandt und wenn, dann von vielen vehement kritisiert.
Das Problem ist ja nicht neu. Schon im Fall Sacco & Vanzetti 1921 spielten (mehrere, sich scheinbar widersprechende) ballistische Gutachten (stammte die tödliche Kugel aus einer Waffe der beiden Angeklagten?) eine wesentliche Rolle.

Ich denke, ein Gutachten alleine darf noch nie ein Urteil machen. Es betrifft ja nur eine konkrete und isolierte Sachfrage. Der Ballistiker kann nichts zur Schuldfähigkeit sagen und der Biochemiker nichts zum Fingerabdruck. Und die grauslichen "Glaubwürdigkeits-Gutachten" zu Zeugenaussagen halte ich sowieso für Mummpiz. So dürfte eine DNA-Spur (selbst wenn es Blut oder Spermaspuren auf dem Opfer sind) alleine noch nicht für eine Verurteilung ausreichen. Das Gutachten ist ein Baustein, vielleicht oft ein wesentlicher Stein, aber nicht der einzige und die Mauer muss schon das Gericht aufbauen.

Das ist das Angenehme an Fischer, wie auch im o.g. Podcast: Er nimmt kein Blatt vor dem Mund. Lapidar meint er, wenn der BGH wegen einer Formsache ein Urteil an eine andere Kammer oder ein anderes Gericht zurückverweise, komme manchmal bei gleicher Beweislage etwas völlig anderes dabei raus.

Fischer kennt das sicher gut, denn wenn gegen das 2. Urteil auch wieder Revision eingelegt worden ist, bekommt es ja der BGH-Richter/-Senat auch wieder zu Gesicht. So sei das eben. Freie richterliche Beweiswürdigung. Es sind Menschen, die auf objektiver Grundlage subjektiv entscheiden. Und die Entscheidung kann sehr unterschiedlich ausfallen. Das ist angesichts einer zwingenden Strafandrohung "Lebenslänglich" schwer zu akzeptieren.

Auch für mich. Erst recht, wenn ich einen Umstand nach meiner Kenntnis anders bewerte. So die alte Dame in der Badewanne, die für mich auf den Fotos auf den ersten Blick so aussah, als sei sie hinein gefallen. Und das wäre ja möglich gewesen, wenn sie versucht hätte, dreckige Wäsche einzuweichen. Zumal sie 87 und sehr wackelig auf den Beinen war. Das für die Verurteilung maßgebliche Gutachten hat mich nicht überzeugt, weil es mir - ohne jede Fachkenntnis freilich - nicht möglich und so gar nicht sinnhaft erschien, jemanden bewusstlos oder nahe an der Bewusstlosigkeit so wie auf den Fotos in eine Wanne zu drapieren.

Der "gesunde Menschenverstand" ist nicht objektiv, aber ein Maßstab, an dem Sachverhaltsaufklärung auch zu messen ist. Nach Prozess und Begründung müssen halbwegs Kundige mindestens sagen: "Ok, kann man so sehen." Dementsprechend hatte das Gericht auch seine Probleme, sein Urteil in die Öffentlichkeit zu vermitteln. Hans Holzhaider, kein Jurist, aber sehr seriöser, erfahrener und besonnener Redakteur der "Süddeutschen" (sehr viel angenehmer als seine Kollegin vom "Spiegel"), hat hier früh einen "Justizskandal" vermutet und sehr intensiv berichtet. Und zwar so, dass auch andere Journalisten am Ball blieben.


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Badewannenunfall von Rottach-Egern

16.02.2025 um 10:17
Zitat von OriginesOrigines schrieb:Ich denke, ein Gutachten alleine darf noch nie ein Urteil machen. Es betrifft ja nur eine konkrete und isolierte Sachfrage. Der Ballistiker kann nichts zur Schuldfähigkeit sagen und der Biochemiker nichts zum Fingerabdruck. Und die grauslichen "Glaubwürdigkeits-Gutachten" zu Zeugenaussagen halte ich sowieso für Mummpiz. So dürfte eine DNA-Spur (selbst wenn es Blut oder Spermaspuren auf dem Opfer sind) alleine noch nicht für eine Verurteilung ausreichen. Das Gutachten ist ein Baustein, vielleicht oft ein wesentlicher Stein, aber nicht der einzige und die Mauer muss schon das Gericht aufbauen.
Zitat von OriginesOrigines schrieb:Auch für mich. Erst recht, wenn ich einen Umstand nach meiner Kenntnis anders bewerte. So die alte Dame in der Badewanne, die für mich auf den Fotos auf den ersten Blick so aussah, als sei sie hinein gefallen. Und das wäre ja möglich gewesen, wenn sie versucht hätte, dreckige Wäsche einzuweichen. Zumal sie 87 und sehr wackelig auf den Beinen war. Das für die Verurteilung maßgebliche Gutachten hat mich nicht überzeugt, weil es mir - ohne jede Fachkenntnis freilich - nicht möglich und so gar nicht sinnhaft erschien, jemanden bewusstlos oder nahe an der Bewusstlosigkeit so wie auf den Fotos in eine Wanne zu drapieren.
Zitat von OriginesOrigines schrieb:Der "gesunde Menschenverstand" ist nicht objektiv, aber ein Maßstab, an dem Sachverhaltsaufklärung auch zu messen ist. Nach Prozess und Begründung müssen halbwegs Kundige mindestens sagen: "Ok, kann man so sehen." Dementsprechend hatte das Gericht auch seine Probleme, sein Urteil in die Öffentlichkeit zu vermitteln. Hans Holzhaider, kein Jurist, aber sehr seriöser, erfahrener und besonnener Redakteur der "Süddeutschen" (sehr viel angenehmer als seine Kollegin vom "Spiegel"), hat hier früh einen "Justizskandal" vermutet und sehr intensiv berichtet. Und zwar so, dass auch andere Journalisten am Ball blieben.
Ganz genau so ist es.


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