Badewannenunfall von Rottach-Egern
14.11.2023 um 11:25kegelschnitt schrieb:Vermisst habe ich im Urteil allerdings Ausführungen zum Geld. Das Gericht hatte dazu am 1. Prozesstag viele Fragen gestellt. Wenn ich es richtig lese, gab es hierzu keine Einlassungen, jedenfalls habe ich keine Zusammenfassungen dazu gefunden. Fakt ist aber auch, dass anscheinend sämtliche Versuche der Polizei, den Verbleib des Geldes konkret aufzuklären, im Sande verlaufen sind.Es ist anzunehmen, dass das – so weit wie möglich – diese Einlassungen erfolgt sind. G hatte sich ja schon am ersten Verhandlungstag – über seine Anwältin – auf Fragen eingelassen, dass er sich dann nicht bzgl. des Fragenkatalogs eingelassen haben soll, gibt es nicht den geringsten Hinweis, rein eine üble Spekulation. Die Presse hatte an dem Fall sehr rasch das Interesse verloren. Kein Wunder, es war nur ein Aufguss von den beiden Alten, dass da neuere Erkenntnisse gab, war nicht zu erwarten. Das einzig interessante für die Presse waren die neuen Gutachten. Wenn man den Fragenkatalog anschaut, konnte G wahrscheinlich nur ein Bruchteil davon beantworten. Denn das Unfallopfer wird G wahrscheinlich nicht so weit in ihren finanziellen Pläne eingeweiht haben.
Eigentlich hätte Frau Ehrl wissen müssen, dass vor der bekannten Historie (auch sie selbst trug einen erheblichen Anteil daran) bewirkt hat, dass G das Vertrauen in die Justiz Großteils verloren haben dürfte und die Befragung Gs sicher nicht einfach werden wird. Dass sie darauf Frau Rick erst aufmerksam machen musste, zeigt, wie Richtern das notwendige Einfühlungsvermögen fehlt (Beitrag von kegelschnitt (Seite 309)). Es war m.E. ein Fehler des OLG, das Verfahren an die gleiche Kammer zurückzuverweisen, das war wahrscheinlich der Hauptgrund, dass überhaupt dieser Katalog erstellt werden musste, vielleicht hätte das so vermieden werden können.
Aus Deiner Zusammenfassung vom ersten Tag (Beitrag von kegelschnitt (Seite 308)) wird auch ersichtlich, dass G das Vertrauen gegenüber diesem Gericht weiter verloren haben wird. Denn Frau Ehrl zeigte auch an anderer Stelle keine Fähigkeit, sich in die Lage eines Angeklagten zu versetzen, und zwar als sie sich über das Gutachten des KFZ-Sachverständige gewundert hatte. Aber diese Bemerkung war einfach nur dumm, denn G konnte nicht wissen, woher die Hämatome stammen, die Tür war für ihn und die damalige Verteidigung eine Möglichkeit für die Hämatome. Solche Bemerkungen von Seiten von Frau Ehrl dürften – zumindest am ersten Tag - dann weiter das Vertrauen zerstört haben.
Je länger es auch her ist, umso unwahrscheinlicher ist es auch, dass der Verbleib geklärt wird. Rein theoretisch hätte man zeitlich näher vielleicht Besuche und Abhebungen korrelieren können, aber auch das hätte auch schon damals Grenzen gehabt (fehlender Anfangsverdacht). Fakt ist, auch wenn sie etwas an die Wohnung gefesselt war, sie empfing Freunde, sie wurde auch von Pflegekräften besucht, das Geld könnte auch einfach nicht gefunden worden sein. Die Finanzen von G wurden dagegen auf den Kopf gestellt und trotz vollkommen einseitiger Ermittlungen hat man schlicht und einfach nichts gefunden. Man hat sogar noch Ermittlungen gegen den Freund versucht, alles ohne Erfolg. Hinweise, dass das Opfer durchaus von seiner finanziellen Lage wusste, gibt es ebenfalls (Abhaken der Kontoauszüge, Mietminderung). Auch wollte sie ihrer Schwester nichts hinterlassen.
Irgendwann muss es eben auch gut sein und es gilt dann ganz klar die Unschuldsvermutung. Und den Gerichten ist der Verbleib des Geldes unklar. Für das Urteil kann es dann keine Rolle spielen. Daher ist es verfehlt hier das Urteil an diesem Punkt zu kritisieren.
Aber in Wirklichkeit es das ein Nebenschauplatz. Viel wichtiger wäre es die Frage zu klären, warum konnte das überhaupt passieren. Hier wäre in Wirklichkeit ein altbekanntes Problem die Ursache, das schon lange bekannt ist, aber die Justiz hiergegen nichts tut.
Fischer hatte es recht gut in seinem Podcast „Sprechen wir über Mord“ im Guille Fall auf den Punkt (ab 15:30, speziell ab 21:45)
https://www.ardaudiothek.de/episode/sprechen-wir-ueber-mord/tatort-jauchegrube-true-crime-oder-tod-durch-guelle/swr2/94770114/
- um es dann aber gleich wieder zu verharmlosen. Klar gibt es Verfahren, wo das Gutachten der Verteidigung entscheidend wurde (wie nun im vorliegenden Fall im 3. Verfahren nach 14 Jahren! und im Fall Monika de Montgazon im 2. Verfahren). Aber das kompensiert in keiner Weise die Fälle, wo das nicht funktioniert, wie z.B. im vorliegenden im den ersten zwei Verfahren. Wäre Fischer ehrlich, müsste er zugeben, dass in bei solchen Fällen dem Angeklagten kein faires Verfahren gewährt wird, was man auch im vorliegenden Verfahren auch deutlich erkennt (dazu habe ich schon genug geschrieben).
Wahrscheinlich wusste der Anwalt von Frau Montgazon und hat entsprechend viele Gutachten erstellen lassen, im ersten Verfahren hat, das trotzdem nicht funktioniert. Erst der BGH wurde stutzig. Das man dann der Frau die Kosten dieser Gutachten nicht erstattet wurden, ist ein weiterer Tiefpunkt dieses Falles.
In Wirklichkeit müsste die Justiz/Gesetzgeber dieses Problem endlich mal angehen und Überlegungen anstellen, wie man das vermeiden kann. Aber da tut sich nicht das Geringste, stattdessen werden wahrscheinlich weiter Unschuldige verurteilt (der Guille-Fall ist wahrscheinlich ein weiterer), obgleich man es vermeiden könnte. Man kann daher nicht von einem Kollateralschaden sprechen.
Man muss hier nochmal ein Hoch auf Frau Rick aussprechen, die das alles mit ihrer Hartnäckigkeit über viele Jahre ermöglichte, sowie den Unterstützern, die erst diese Gutachten ermöglichten. Die Justiz ist schlicht und einfach nicht bereit eigene Fehler zuzugeben, das ist das Erschreckende, der in diesem Fall wieder überdeutlich wurde.