kegelschnitt schrieb:Wenn man sich die (wenigen) gesicherten Fakten anschaut, dann finde ich sowieso alles ziemlich wackelig...
Bei der Beweiswürdigung spielen aber auch gesicherte Fakten eine Rolle, die im Wege des Ausschlussverfahrens zu einem bestimmten Schluss führen. Sonst dürfte es zB nie eine Verurteilung in den sog. Prozessen um einen „Mord ohne Leiche“ geben. Wer auf dem Standpunkt steht, dass man überhaupt nur dann jemanden wegen eines Tötungsdelikts verurteilen kann, wenn als gesicherter Fakt mindestens das Opfer gefunden worden ist, wird beim „Mord ohne Leiche“ zwangsläufig zu dem Ergebnis kommen, dass in solchen Fällen immer Freispruch erfolgen MUSS.
Nun hat aber der Bundesgerichtshof durchaus Verurteilungen wegen Mordes in Fällen durchgelassen, in denen das Opfer nie gefunden wurde, etwa hier:
https://research.wolterskluwer-online.de/news/79163b9c-e3ce-42ea-8e55-a617a3fe7006Der BGH hat nicht beanstandet, dass das Landgericht Trier - trotz nicht gefundener Leiche - die Überzeugung von der Tötung des Vermissten durch den Angeklagten gewonnen hat, indem es in einem sorgfältigen und umfassenden Ausschlussverfahren alle konkret in Frage kommenden Alternativen zurückgewiesen und aus Indizien Rückschlüsse auf die vorsätzliche Verursachung des Todes des Vermissten gezogen hat. Ebenso hat der BGH entschieden, dass das LG rechtsfehlerfrei die latent hinter dem Gesamtgeschehen stehenden niedrigen Beweggründe der Tötung angenommen hat.
Übertragen auf den Fall Genditzki hieße das, dass die neue Strafkammer womöglich, wenn anders der Verbleib des Geldes der alten Dame nicht geklärt werden kann, im Wege dieses Ausschlussverfahres irgendwann den Schluss zieht, dass es dann logischerweise bei dem verblieben sein muss, der als einziger Zugriff darauf hatte. Welche weiteren Schlüsse die Strafkammer aus den weiteren Fakten zieht, muss man natürlich dieser überlassen.
Worauf es mir ankam, war, darzustellen, dass zu gesicherten Fakten auch solche gehören können, die eben im Rahmen eines Ausschlussverfahrens von Bedeutung sind, hier etwa fehlende Zugriffsmöglichkeit der alten Dame aufs Schließfach, keine Belege über größere Ausgaben, fehlende Überweisungen an bekannte Empfänger, keine Wertgegenstände in ihrem Besitz usw., alles hier schon erörtert.