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Badewannenunfall von Rottach-Egern

7.729 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Mord, 2008, Badewanne ▪ Abonnieren: Feed E-Mail
Zu diesem Thema gibt es eine von Diskussionsteilnehmern erstellte Zusammenfassung im Themen-Wiki.
Themen-Wiki: Badewannenunfall von Rottach-Egern

Badewannenunfall von Rottach-Egern

15.09.2019 um 15:58
Zitat von Sector7Sector7 schrieb:Im Fall Genditzki muss man den Unfall als alternativ möglichen Täter ansehen.
Wenn du das in dem Sinne meinst, dass das Gericht geprüft hat, ob Unfall oder Fremdeinwirkung vorliegt, ist dies richtig. Logischerweise hat sich das Gericht als erstes gefragt, ob hier der Täter „ein Unfall“ oder der Täter „ein Fremdeinwirkender“ zugeschlagen hat.

Das Gericht hat dann anhand von Fakten den Täter „ein Unfall“ ausgeschlossen. Damit blieb nur der Täter „ein Fremdeinwirkender“ übrig, wenn man nicht annehmen will, dass Frau K auch Selbstmord hätte begehen können (es wundert mich, dass einige noch nicht geschrieben haben, dass das Gericht sich selbstverständlich auch zu niemals ausschließbaren Selbstmordabsichten von Frau K hätte äußern müssen).

Also „ein Fremdeinwirkender“ als Täter. Dann hat das Gericht in einem nächsten Schritt geprüft, wer in diesem Rahmen als solche mögliche Fremdeinwirkende alles in Betracht kommen, und begründet, warum es diese Alternativen (zB die Pflegerin Marina) letztlich ausgeschlossen hat und dass und warum G übriggeblieben ist.

Alles schlüssig und logisch und methodisch in Ordnung, weshalb ja auch der BGH kein Haar in der Suppe gefunden hat.


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Badewannenunfall von Rottach-Egern

15.09.2019 um 16:11
Ergänzung: Die Alternative hieß hier also nicht, das wäre verkürzt und falsch „der Täter Unfall“ oder „der Täter Genditzki“, und sonst gar nix. So primitiv war das Ausschlussverfahren des Gerichts nicht, wie ich oben dargestellt habe.

Man darf sich nicht von der Tatsache verwirren lassen, dass es die StA war, die G angeklagt hat. Es bestimmt immer die StA, wer Angeklagter ist. Das Gericht war aber an diese Anklage nicht dergestalt gebunden, dass es nicht gründlich geprüft hätte, ob überhaupt ein Tötungsdelikt oder aber ein Unfall vorlag, oder wer außer dem Angeklagten, wenn denn ein Unfall vorlag, noch alles als Täter in Betracht kommt. Zu allen dieses Prüffragen verhält sich das Urteil auch. Man muss es halt gründlich lesen und nicht lapidar verkünden, es gäbe keine „tatnahen Indizien“. Doch, die gibt es.


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15.09.2019 um 16:50
Zitat von AndanteAndante schrieb:Man darf sich nicht von der Tatsache verwirren lassen, dass es die StA war, die G angeklagt hat. Es bestimmt immer die StA, wer Angeklagter ist.
vielleicht wäre es erst gar nicht zur Anklage gekommen, wenn die Staatsanwaltschaft die Sache mit der Unteschlagung gründlich geprüft hätte.

Ich gehe einmal davon aus, dass es mit großer Wahrscheinlichkeit nicht zur Anklage gekommen wäre, weil MG nicht mit der Frau K. einen Kaffee trinken wollte. Das Motiv wäre mich Sicherheit recht dürftig gewesen.


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Badewannenunfall von Rottach-Egern

15.09.2019 um 16:51
Zitat von Sector7Sector7 schrieb:Die Darsow-Schalldämpfer-Recherche als Fakt kann direkt mit am Tatort gefundenen Bauschaum-Spuren verknüpft werden,
Die Anrufe beim Hausarzt als Fakt können direkt mit der Wohnung von Frau K. (dem Tatort) und mit dem Beisammensein des Menschen, der sie zuletzt lebend sah und sich hierzu in Widersprüche verwickelte, verknüpft werden.
Zitat von Sector7Sector7 schrieb:weshalb der Beweiswert hoch ist. Das Schlüssel-Ding oder die Anrufe im Fall MG haben weder einen direkten Bezug zur Körperverletzung (weil diese um 14:57 bzw. überhaupt nur erfunden ist) noch zu Spuren der Verdeckungstat "Ertränken in der Badewanne". Diese beiden Indizien können nicht mit ermittelten Tatspuren verknüpft werden und sie zählen auch selbst nicht als direkte Tatspur.
Eine direkte Tatspur ist die Bauschaumschalldämpferrecherche auch nicht. Die Verknüpfung mit dem Bauschaum am Tatort muss über den nur vermuteten Schalldämpfer laufen, der ja laut Strate erwiesenermaßen gar nicht verwendet wurde.

Die Anrufe sind auffällig, konnten nicht unverdächtig erklärt werden und können tatbezogen erklärt werden.
Zitat von Sector7Sector7 schrieb:Sie werden erst durch Ungereimtheiten im Aussageverhalten verdächtig und durch die subjektive Auslegung und Überzeugung des Gerichts belastend.
Sie sind auch so verdächtig, denn Anrufe, abgesehen von Klingelstreich und anderer anonymer Belästigung, haben den Zweck der Kontaktaufnahme, diese ist hier aber nie erfolgt.
Ganz entscheidend ist, sie wurden nach Einlassung des TV, der sich gleich mehrfach in Widersprüche verstrickte, noch verdächtiger. Selbstverständlich ist das auch belastend zu würdigen.
Die Auslegung und Überzeugung des Gerichts ist im Übrigen auch bei Darsow und allen anderen Fällen ausschlaggebend, der Unterschied liegt in deiner persönlichen Überzeugung.
Zitat von Sector7Sector7 schrieb:Ich erinnere in dem Zusammenhang an die Ausschluss-Tatnachweis Prämissen BGH 2 StR 395/11:
"Fehlen für die Täterschaft anderer Personen als des Angeklagten [oder für einen Unfall] hier auch unmittelbar tatbezogene Indizien, so darf selbst eine fernliegende Tatbegehung durch einen Dritten [oder ein fernliegender Unfall] nicht ohne Weiteres außer Betracht gelassen werden. Vielmehr muss auch die Möglichkeit der Täterschaft eines Dritten [bzw. die Möglichkeit eines Unfalls] anhand von Tatsachen ausgeschlossen werden, um den Angeklagten belasten zu können."
Das ist ein spezieller Grundsatz für den Täterausschluss.

Täterausschluss und Unfallausschluss sind nicht per se vergleichbar, weil  beim Täter ohne identifizierende forensische Spuren nur auf innere Tatsachen und deren Interpretation abzustellen ist, beim Unfall aber eine Objektivierung von Tatsachen möglich ist, die nur in einem engen Rahmen noch zu interpretieren sind.

Die einzige Stelle, an der diese Prämisse meiner Meinung nach Anwendung finden könnte, wäre die vom GM nicht ausgeschlossene Sturzmöglichkeit vom rechten Wannenrand aus, diese Variante wurde dann nämlich ohne Tatsachengrundlage vom Gericht als fernliegend ausgeschlossen.
Es ist diese Stellung:
Zitat von AndanteAndante schrieb:Wobei die einzig mögliche Stellung rechts vor der Wanne, den Kopf nach linke gereckt, Körper leichte Drehung nach links (macht keiner bei Knieschmerzen), ins Leere greifend, weil die Armatur da gar nicht ist,
Dieser Sturz ist
1.fernliegend, da es wirklich (das muss man doch zugeben?) eine völlig absurde unerklärliche Position vor der Wanne zum Drüberbeugen ist, noch dazu, ohne sich abzustützen.
2. Sind die Hämatome damit noch gar nicht erklärt.
3. Sind die Schuhe und der Stock nicht erklärt.
4. Ist die Wannenbefüllung nicht erklärt.

Hier gilt für mich ganz klar dieser Grundsatz aus der Rechtsprechung:
Dieses methodische Vorgehen ist allerdings nur dann eine tragfähige Grundlage für die Verurteilung wegen eines Tötungsverbrechens und für die Feststellung der Täterschaft des Angeklagten, wenn alle relevanten Alternativen mit einer den Mindestanforderungen an die tatrichterliche Überzeugungsbildung genügenden Weise abgelehnt werden, wobei ein nach der Lebenserfahrung ausreichendes Maß an Sicherheit genügt, das vernünftige und nicht bloß auf denktheoretische Möglichkeiten gegründete Zweifel nicht zulässt.
BGH, 2 StR 4/15.

Es bliebe dem Gericht nur ein Konglomerat absolut fernliegender Unterstellungen, wenn man hier die Ergebnisse der Beweisaufnahme grundlos ins Gegenteil verkehren und für den Angeklagten alles einzeln passend machen würde. Und es wäre tatsächlich falsch, darauf einen Freispruch zu gründen, denn:
Zitat von AndanteAndante schrieb:Der Grundsatz „on dubio pro reo“ ist, das wurde schon oft gesagt, eben keine Beweisregel, sondern eine Entscheidungregel, die erst zum Tragen kommt, wenn das Gericht nach dem Gesamtergebnis der Hauptverhandlung, also nach Erhebung aller Beweise einschließlich Einlassung des Angeklagten hinreichende Zweifel an dessen Schuld hat.



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15.09.2019 um 16:58
Zitat von Seps13Seps13 schrieb:Die Anrufe beim Hausarzt als Fakt können direkt mit der Wohnung von Frau K. (dem Tatort) und mit dem Beisammensein des Menschen, der sie zuletzt lebend sah und sich hierzu in Widersprüche verwickelte, verknüpft werden.
War es das erste Mal das er aus ihrer Wohnung heraus den Arzt anrief? Das liest sich zumindest so heraus. Warum sollte es ungewöhnlich sein, nach einem Krankenhausaufenthalt den Hausarzt anzurufen? Warum sollte ausgerechnet dieses ein tatnahes Indiz sein?
Zitat von Seps13Seps13 schrieb:beim Unfall aber eine Objektivierung von Tatsachen möglich ist, die nur in einem engen Rahmen noch zu interpretieren sind.
was war denn mit dem steckengelassenen Schlüssel in der Haustür gewesen? Hätte somit nicht auch noch jemand anderer Zutritt zur Wohnung haben können? Wurde das überprüft? Ich kann mich nicht erinnern, dass dieses im Urteil ausgeschlossen worden ist.


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15.09.2019 um 17:19
Zitat von Venice2009Venice2009 schrieb:Ich kann mich nicht erinnern, dass dieses im Urteil ausgeschlossen worden ist.
Erinnern hilft nicht, nur Lesen. Der Ausschluss Dritter wird ab Seite 102 im Urteil behandelt.
Zitat von Venice2009Venice2009 schrieb:Warum sollte ausgerechnet dieses ein tatnahes Indiz sein?
Zeitlich und örtlich steht es unbestreitbar in engem Zusammenhang mit dem Tod von Frau K, wie @Seps13 bereits ausgeführt hat.


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15.09.2019 um 17:46
Zitat von Seps13Seps13 schrieb:Es bliebe dem Gericht nur ein Konglomerat absolut fernliegender Unterstellungen, wenn man hier die Ergebnisse der Beweisaufnahme grundlos ins Gegenteil verkehren und für den Angeklagten alles einzeln passend machen würde.
Das ist genau die Methode, die gerne auch im Fall Benedikt Toth angewandt wird. Da werden Einzelaspekte herausgegriffen und, was für sich genommen ja fast immer möglich ist, mit einer harmlosen Alternativerklärung versehen. Hat man dann jeden Aspekt schön nachrinandet „harmlos“ erklärt, wird daraus der Schluss gezogen, dass ja das Gericht „alles zum Nachteil des Angeklagten ausgelegt“ und „passend“ gemacht habe.

Dass das Gericht aber eine Gesamtwürdigung der Beweisaufnahme vorgenommen und geprüft hat, ob und inwieweit die vorgefundenen Rächen ineinandergreifen oder auch nicht, wird dabei übersehen, ebenso die Tatsache, dass man selbst für den Angeklagten alles einzeln passend gemacht hat - und das in bewusster Umkehrung der Beweisergebnisse.

Bleiben wir beispielsweise mal bei der Wannenutzung durch Frau K. Wenn soundsoviele Zeugen sagen, dass sie nie feuchte Wäsche in der Wohnung zum Trocknen gesehen haben, wenn G, der oft in der Wohnung war, selber sagt, dass er derlei nicht bemerkt hat, wenn die Zeugen weiter sagen, dass Frau K nicht badete, weil sie Angst hatte, nicht mehr aus der Wanne zu kommen, wenn niemand je Frau K beim Wannenbad geholfen hat: Warum um alles in der Welt soll das Gericht aus DIESEN Zeugenaussagen den Schluss ziehen, dass Frau K am Entlassungstag, als sie, WEITERES Beweisergebnis, sowieso geschwächt war und über Schmerzen geklagt hatte, heimlich baden oder Wäsche waschen wollen?

Eine derartige Schlussfolgerung durch das Gericht wäre gerade keine Möglichkeit mit einem nach der Lebenserfahrung ausreichenden Maß an Sicherheit, sondern eine in Bezug auf das konkrete Opfer und dessen körperliche Verfassung lediglich denktheoretische Möglichkeit im Sinne der Rechtsprechung des BGH. Auf solche bloß denktheoretischen Möglichkeiten sind aber nun mal Entscheidungen nicht zu gründen, auch keine Freisprüche.


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15.09.2019 um 17:54
Und um das noch mal weiterzuspinnen: Die sowieso geschwächte Frau K soll also, obwohl sie das sonst nach allen Zeugenaussagen nicht machte, am Tattag heimlich hat allein baden oder Wäsche waschen wollen, wobei sie aus irgendeinem Grund eine Position ganz rechts am Wannenrand einnahm, den Kopf nach links gereckt, mit den Händen die Armatur nicht erreichend, ein nicht vorhandenes Waschmittel am Wannenrand ebenfalls nicht, vielleicht auch noch mit der rechten Hand auf den Stock gestützt, obwohl in dieser Haltung der Schwerpunkt des Körpergewichts links liegt:

Als Märchen mag das ja durchgehen, aber als ernsthafte Begründung für einen Unfall kaum.


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15.09.2019 um 17:56
@Andante
naja Frau K. wollte auch, obwohl sie so schwach war unbedingt noch Besuch von MG mit Familie bekommen. Mit Kleinkind bestimmt nicht wesentlich weniger anstrengend für eine geschwächte Person.


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15.09.2019 um 17:58
Zitat von Seps13Seps13 schrieb:Die Anrufe beim Hausarzt als Fakt können direkt mit der Wohnung von Frau K. (dem Tatort) und mit dem Beisammensein des Menschen, der sie zuletzt lebend sah und sich hierzu in Widersprüche verwickelte, verknüpft werden.
Und wo lässt das konkret auf die Tat / die Tatausführung schließen? Das lässt nur auf eine Anwesenheit schließen, sonst nix.
Zitat von Seps13Seps13 schrieb:Eine direkte Tatspur ist die Bauschaumschalldämpferrecherche auch nicht. Die Verknüpfung mit dem Bauschaum am Tatort muss über den nur vermuteten Schalldämpfer laufen, der ja laut Strate erwiesenermaßen gar nicht verwendet wurde.
Natürlich ist die Recherche keine direkte Tatspur, sondern nur mit einer verknüpft. Die Tatspur ist der von der SpuSi gesicherte Bauschaum am Tatort. Dennoch kann ein tatnahes Indiz natürlich auch eine direkte Tatspur sein, zB DNA des Täters an der Leiche.
Zitat von Seps13Seps13 schrieb:Täterausschluss und Unfallausschluss sind nicht per se vergleichbar, weil  beim Täter ohne identifizierende forensische Spuren nur auf innere Tatsachen und deren Interpretation abzustellen ist, beim Unfall aber eine Objektivierung von Tatsachen möglich ist, die nur in einem engen Rahmen noch zu interpretieren sind.
Die Objektivierung von Anhaltspunkten ist beim Täter- und beim Unfallausschluss möglich und im Fall MG m.E. eher weniger gelungen bzw. mit nicht ausreichender Sicherheit.


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15.09.2019 um 18:12
Zitat von AndanteAndante schrieb:aber einen Verstoß gegen die Grundsätze der Beweiswürdigung, wie sie der BGH aufgestellt hat, durch die Strafkammer ist nicht erkennbar.
Zitat von AndanteAndante schrieb:Das Gericht hat dann anhand von Fakten den Täter „ein Unfall“ ausgeschlossen.
Wenn tatnahe Indizien fehlen, muss ein Unfall - auch ein entfernt möglicher - durch Tatsachen "sicher" ausgeschlossen werden, um den Angeklagten mittels Ausschluss-Tatnachweis zu belasten.

Das ist im Fall G. nachweislich nicht gegeben, unter anderem weil ein mehrstufiges Sturzgeschehen nach dem Vorbereiten der Wanne oder ein Sturz in die leere Wanne unberücksichtigt blieb, weil die zur Überzeugung des Gerichts angenommene begrenzte Sturz-Ausgangsposition schon an dem nicht möglichen Rückschluss von der Endposition auf die Ausgangsposition scheitert und weil die Feststellung des Gericht, dass LK noch nie Wäsche in der Wanne einweichte, lt. neuer Zeugin falsch ist.

Direkt für ein mögliches Unfallszenario sprachen damals schon der Obduktionsbericht, die lt. Zeugen wahrscheinlich in der Wohnung befindliche Fäkalwäsche, die DNA-Spuren des Opfers an den Armaturen und eher auch die grobe zeitliche Bewertung der Todeszeichen sowie evtl. eine zu gering ausgeprägte oder gar nicht festgestellte Waschhautbildung.

Direkt für eine Tat durch Genditzki sprach nur die angeklagte erhebliche Unterschlagung ...
Zitat von AndanteAndante schrieb:Man muss es halt gründlich lesen und nicht lapidar verkünden, es gäbe keine „tatnahen Indizien“. Doch, die gibt es.
Man muss verstehen, was tatnahe Indizien sind und begründen, warum die im Urteil ab S. 78 aufgeführten 6 interpretierten Nebenindizien tatnahe Indizien seien, nicht nur lapidar verkünden, es wären welche ...


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15.09.2019 um 19:14
Zitat von Sector7Sector7 schrieb:Und wo lässt das konkret auf die Tat / die Tatausführung schließen? Das lässt nur auf eine Anwesenheit schließen, sonst nix.
Es ist ein auffälliges Verhalten in der Wohnung, die zum Tatort wurde, denn er konnte für diese zwei Anrufe, von denen er einen im Übrigen leugnet, keinen vernünftigen Grund nennen. Der Schluss eines Zusammenhangs mit der Tat (Hilfeholenwollen oder Vortäuschen einer hilfesuchenden, gestürzten Frau K.) drängt sich auf.
Zitat von Sector7Sector7 schrieb:Natürlich ist die Recherche keine direkte Tatspur, sondern nur mit einer verknüpft.
Bauschaum wurde aber durch die Recherche erst zur relevanten Tatspur, das bedingt einander.

Hier bedingen sich Arzt(!)anrufe und Verletzung, nachdem ein anderer Grund durch Unplausibilitäten und Verstricken in Widersprüche entfiel.
Zitat von Sector7Sector7 schrieb:Die Objektivierung von Anhaltspunkten ist beim Täter- und beim Unfallausschluss möglich
Ein Unfallausschluss kann unabhängig vom Täterverhalten erfolgen, dass ist durchaus ein Unterschied.
Zitat von Sector7Sector7 schrieb:Man muss verstehen, was tatnahe Indizien sind und begründen, warum die im Urteil ab S. 78 aufgeführten 6 interpretierten Nebenindizien tatnahe Indizien seien, nicht nur lapidar verkünden, es wären welche
Oder lapidar verkünden, es wären keine bzw. nur so "Pillepalle-Nebenindizien". Ich hab's ja nun ausführlich begründet.

Wo gibt es denn mal eine offizielle Definition dazu, an der wir uns orientieren können? Und was soll diese Kategorisierung überhaupt bringen?

Die Grundsätze der höchstrichterlichen Rechtsprechung wurden beachtet und sogar wenn keine tatnahen Indizien vorliegen, also sogar ohne Schlüsselsteckenlassen und die Anrufe wäre eine Verurteilung hier nach diesen Grundsätzen nicht zu beanstanden gewesen.
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb am 07.09.2019:Lebenserfahrung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles..."
So ist es. Stellvertretend für viele Fundstellen zitiere ich den Bundesgerichtshof aus einem Beschluss vom 27.10.2015 (BGH 2 StR 4/15)
Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters (§ 261 StPO). Allein ihm obliegt es, sich unter dem umfassenden Eindruck der Hauptverhandlung ein Urteil über die Schuld oder Unschuld des Angeklagten zu bilden. Die revisionsgerichtliche Prüfung beschränkt sich darauf, ob dem Tatrichter dabei Rechtsfehler unterlaufen sind. Dies ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder wenn die Beweiserwägungen gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstoßen. Zudem muss das Urteil erkennen lassen, dass der Tatrichter sämtliche Umstände, die geeignet sind, die Entscheidung zu Gunsten oder zu Ungunsten des Angeklagten zu beeinflussen, erkannt und in seine Überlegungen einbezogen hat. Dabei dürfen die einzelnen Beweisergebnisse nicht nur isoliert voneinander bewertet, sondern sie müssen in eine umfassende Gesamtwürdigung eingestellt werden. Werden diese Grundsätze beachtet, kann der Tatrichter seine Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten auch dann gewinnen, wenn ein auf das Kerngeschehen der Tat bezogenes Beweismittel fehlt und die Überführung des Angeklagten darauf beruht, dass alle konkret in Frage kommenden Alternativen ausgeschlossen werden (vgl. Senat, Urteil vom 2. Mai 2012 - 2 StR 395/11, StraFo 2012, 466; Urteil vom 30. Dezember 2014 - 2 StR 439/13, StraFo 2015, 114, 115). Dieses methodische Vorgehen ist allerdings nur dann eine tragfähige Grundlage für die Verurteilung wegen eines Tötungsverbrechens, wenn alle relevanten Alternativen mit einer den Mindestanforderungen an die tatrichterliche Überzeugungsbildung genügenden Weise abgelehnt werden, wobei ein nach der Lebenserfahrung ausreichendes Maß an Sicherheit genügt, das vernünftige und nicht auf bloß denktheoretische Möglichkeiten gegründete Zweifel nicht zulässt (Senat, aaO, StraFo 2012, 466). Die zur richterlichen Überzeugung erforderliche persönliche Gewissheit setzt zudem ausreichende objektive Grundlagen voraus. Deshalb müssen die Urteilsgründe erkennen lassen, dass die Beweiswürdigung auf einer nachvollziehbaren Tatsachengrundlage beruht, und dass sich die vom Gericht gezogene Schlussfolgerung nicht als bloße Vermutung erweist, die nicht mehr als einen - wenn auch schwerwiegenden - Verdacht zu begründen vermag
Das ist erfüllt.
Zitat von Sector7Sector7 schrieb:Wenn tatnahe Indizien fehlen, muss ein Unfall - auch ein entfernt möglicher - durch Tatsachen "sicher" ausgeschlossen werden, um den Angeklagten mittels Ausschluss-Tatnachweis zu belasten.
"Sicher" = heißt hier nach der Lebenserfahrung ausreichendes Maß an Sicherheit.

Es ist eine Tatsache, dass am rechten Wannenrand keine Armaturen sind, dass sie sich nicht abgestützt haben kann, dass die Schuhe für diesen Sturz falsch lagen. Es ist spekulativ, denktheoretisch möglich, dass sie beidhändig eine Fliege retten wollte, aber es ist einfach unsinnig. Es ist auch unsinnig zu verlangen, dass die Grundsätze vernünftiger lebensnaher Überlegungen zu einem Sachverhalt wegen Kategorisierungsstreitigkeiten zu Indizien außer Kraft zu setzen wären.


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15.09.2019 um 19:24
Zitat von AndanteAndante schrieb:Das Prinzip „in dubio pro reo“ bezieht sich eben nicht auf Einzelindizien dergestalt, dass bei jedem Indiz einzeln gefragt werden muss, ob Zweifel bleiben und dann die Summe aller Einzelzweifel den Gesamzweifel und damit den Freispruch ergibt.

Der Grundsatz „on dubio pro reo“ ist, das wurde schon oft gesagt, eben keine Beweisregel, sondern eine Entscheidungregel, die erst zum Tragen kommt, wenn das Gericht nach dem Gesamtergebnis der Hauptverhandlung, also nach Erhebung aller Beweise einschließlich Einlassung des Angeklagten hinreichende Zweifel an dessen Schuld hat.
Genau so habe ich das auch gemeint.

Dabei geht es nicht darum, ob das Gericht keine vernünftige Zweifel hatte. Sondern ob es solche Zweifel im Lichte alle Indizien hätte haben MÜSSEN. Und genau die hätte es haben müssen, weil tatnahe Indizien fehlten, ein Sturz denklogisch nicht ausgeschlossen werden konnte und es kein Motiv für eine Gewalttat gab.


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15.09.2019 um 19:28
Warum kam er als einziger Täter in Frage, wenn der Schlüssel aussen steckte?

Warum wurde der Lifter abgebaut, wenn sie sonst nicht baden konnte und selbst mit Lifter auf das Baden verzichtete?

Wie wusch sie sich richtig (das geht auch mit Waschschüssel und Waschbecken nicht wirklich und schon garnicht ohne Anstrengung vonstatten).

Man riecht es mit der Zeit, wenn jemand wirklich nie duscht oder badet. Wie lief das mit dem Haare waschen? Wie bekam sie die volle Waschschüssel hoch?

Wieviele Räume gab es? Stand die Badezimmertür immer offen (was für die Generation ungewöhnlich wäre)?

Wo wurde gewaschen und getrocknet? Wie führte sie den Haushalt? Wie oft war die Putzfrau da?

Ich finde ja, da wären noch viele Fragen offen.


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15.09.2019 um 19:32
Zitat von monstramonstra schrieb:Und genau die hätte es haben müssen, weil tatnahe Indizien fehlten, ein Sturz denklogisch nicht ausgeschlossen werden konnte und es kein Motiv für eine Gewalttat gab.
Nö.

Es gab reichlich Indizien (ob verdammt tatnah, ziemlich tatnah oder bisschen tatnah sei mal dahingerumpelt), ein Sturz konnte denklogisch ausgeschlossen werden, zusätzlich hat der TV sich extrem verdächtig verhalten und in Widersprüche verwickelt, das Motiv ist hier eher unwichtig, konnte aber hergeleitet werden.


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15.09.2019 um 19:51
Zitat von Seps13Seps13 schrieb:Es ist ein auffälliges Verhalten in der Wohnung, die zum Tatort wurde, denn er konnte für diese zwei Anrufe, von denen er einen im Übrigen leugnet, keinen vernünftigen Grund nennen. Der Schluss eines Zusammenhangs mit der Tat (Hilfeholenwollen oder Vortäuschen einer hilfesuchenden, gestürzten Frau K.) drängt sich auf.
Wieso, er hat doch einen vernünftigen Grund genannt: Kniebeschwerden und im gleichen Abwasch die PD-Nummer abgreifen oder nur in Gedankenlosigkeit die PD-Nummer erfragen.

Du kannst aus 2 Anrufen um 14:57 nicht auf eine (erfundene) vorausgegangene Tat (Körperverletzung) schließen oder die Anrufe in belastender Weise mit dieser Erfindung verknüpfen. Da fehlt es neben dem Motiv ganz einfach an Fakten.

Selbst wenn die Körperverletzung durch konkrete Indizien gestützt wäre (zB mittels eines Zeugen, der um 14:50 einen heftigen Streit mitbekam), wärem die Anrufe kein tatnahes Indiz. Erst wenn MG im ersten Impuls die Notrufnummer 112 gewählt hätte, wäre das ein tatnahes Indiz, weil das direkt auf eine lebensbedrohliche Lage im Nahumfeld von MG schließen lässt.
Zitat von Seps13Seps13 schrieb:Hier bedingen sich Arzt(!)anrufe und Verletzung, nachdem ein anderer Grund durch Unplausibilitäten und Verstricken in Widersprüche entfiel.
Der Ausschluss anderer Ursachen für die Hämatome als Ausschlussbeweis für eine Körperverletzung ist schon alleine aufgrund des Obduktionsberichts zweifelhaft. Dennoch bedingen sich diese beiden Dinge nicht, weil man bei Bewusstlosigkeit oder erheblicher Bewusstseinsstörung wie gesagt die 112 wählt.
Zitat von Seps13Seps13 schrieb:Oder lapidar verkünden, es wären keine bzw. nur so "Pillepalle-Nebenindizien". Ich hab's ja nun ausführlich begründet.
Ich hab ganz sicher nicht nur lapidar etwas behauptet ... trotz unserer ausführlichen Begründungen werden wir uns da aber wohl nicht einig. :-)

Im Pistazieneisfall gab es so eine Nebenindizienkette, auffälliges Verhalten und widersprüchliches Aussageverhalten ja auch, oder was meinst du, wie 2 Gerichte das Mordurteil begründeten? Daher erscheint es mir falsch, die 6er-Nebenindizienkette im Fall MG als Gesamtheit stellvertretend für ein tatnahes Indiz zu sehen.

Durch Redundanz wird es aber nicht besser, lassen wir das einfach mal so stehen. :Y:


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15.09.2019 um 20:01
Zitat von Sector7Sector7 schrieb:Im Pistazieneisfall gab es so eine Nebenindizienkette, auffälliges Verhalten und widersprüchliches Aussageverhalten ja auch, oder was meinst du, wie 2 Gerichte das Mordurteil begründeten? Daher erscheint es mir falsch, die 6er-Nebenindizienkette im Fall MG als Gesamtheit stellvertretend für ein tatnahes Indiz zu sehen.
so sieht es aus. Da konnte man die Begründung sogar nachvollziehen. Nicht so in diesem Fall. Hier wurden alltägliche Dinge, als Indizien "verkauft". Aus welchem Grund wohl? Genau, weil es einfach nichts anderes, nichts wirklich belastendes, zu geben scheint.
Schon allein, dass die Anklage lediglich auf einer Annahme beruhte (Motiv), sagt ja schon viel darüber aus.


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15.09.2019 um 20:14
Zitat von Sector7Sector7 schrieb:Daher erscheint es mir falsch, die 6er-Nebenindizienkette im Fall MG als Gesamtheit stellvertretend für ein tatnahes Indiz zu sehen.
Es geht um eine Gesamtwürdigung, und da gibt es keinen Grundsatz dahin, dass drei, sechs oder neun „Nebenindizien“ zwei oder drei „tatnahe Indizien“ ersetzen. Wir sind hier ja nicht im Mathematikunterricht, und eine allgemeingültige Gebrauchsanweisung nach „Haupt-“ und „Nebenindizien“, wie Gerichte Fälle zu entscheiden haben, gibt es (noch) nicht....Wenn wir mal KI haben, die die Rechtsprechung erledigt, klappt das dann schon. Da ist nichts mehr mit richterlicher Willkür, dann wird alles sauber ;-)
Zitat von Venice2009Venice2009 schrieb:Hier wurden alltägliche Dinge, als Indizien "verkauft". Aus welchem Grund wohl? Genau, weil es einfach nichts anderes, nichts wirklich belastendes, zu geben scheint.
Richtig, es fehlt das Messer oder die Axt, an der das Blut des Opfers und die DNA des Täters kleben. Nur was nicht alltäglich ist, ist ein Indiz. Das muss der KI dann beigebracht werden.


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15.09.2019 um 20:30
Zitat von AndanteAndante schrieb:Es geht um eine Gesamtwürdigung, und da gibt es keinen Grundsatz dahin, dass drei, sechs oder neun „Nebenindizien“ zwei oder drei „tatnahe Indizien“ ersetzen. Wir sind hier ja nicht im Mathematikunterricht, und eine allgemeingültige Gebrauchsanweisung nach „Haupt-“ und „Nebenindizien“, wie Gerichte Fälle zu entscheiden haben, gibt es (noch) nicht....
Nuja, der BGH hat im Pistazieneisfall und anderen Fällen durchaus eine Gebrauchsanweisung erstellt.

Und wenn es nur 6 Nebenindizien gibt, können wohl auch nur diese 6 in die Gesamtwürdigung einbezogen worden sein. Alles andere basiert auf Ausschluss-Tatnachweisen, die man in diesem Fall getrennt sehen muss, wenn man vergleichend die Rechtssprechung des Pistazieneisfalls betrachtet.

Denn im Grunde wäre MG auch mit 0 weiteren Indizien zu lebenslanger Haft verurteilt worden, etwas anderes lässt der Unfallausschluss und der Eigenverschulden-Ausschluss der Hämatome logisch gar nicht zu. Wenn diese beiden Kardinal-Ausschlüsse keine berechtigten Zweifel zuließen, wäre ja auch alles tutti.


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15.09.2019 um 20:40
Zitat von Sector7Sector7 schrieb:Und wenn es nur 6 Nebenindizien gibt, können wohl auch nur diese 6 in die Gesamtwürdigung einbezogen worden sein. Alles andere basiert auf Ausschluss-Tatnachweisen, die man in diesem Fall getrennt sehen muss,
Eben nicht. In die Gesamtwürdigung fließt ALLES ein, also Gutachten Zeugenaussagen, Einlassung des Angeklagten, eine eventuelle Augenscheinseinnahme (also Ansehen von Fotos und Videos oder Ortsbesichtigungen), halt alles, was in der Hauptverhandlung zur Sprache gekommen ist.

Sofern das Gericht Ausschlüsse vornimmt, tut es das doch erst AUFGRUND dieser Gesamtwürdigung, nicht vorher.

Mir scheint, hier herrscht der veritable Irrglaube vor, dass ein Gericht in eine Verhandlung geht und schon vorher weiß, was rauskommt. Das ist natürlich NICHT der Fall. Weder der Staatsanwalt noch der Verteidiger noch die Richter wissen, was die Zeugen aussagen werden, ob ein Zeuge umfällt und jetzt ganz was anderes sagt als in seiner polizeilichen Vernehmung, ob der Angeklagte was ganz anderes sagt etc. Oder der Verteidiger präsentiert plötzlich neue Zeugen, neue Gutachten. Grundsätzlich ist jede Gerichtsverhandlung in diesem Land (Tatsachenindtanzen) für ALLE Beteiligten ein Überraschungsei. Das macht ihren Reiz, aber eben auch ihre Unberechenbarkeit aus. Menschliches Verhalten lässt sich nicht vorausberechnen. Aber wie gesagt, KI kann das dann alles.


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