Venice2009 schrieb:schon, aber es gibt keinerlei forensische Beweise für eine Tat. Die Tatwaffe fehlt, es gibt keine Schleifspuren, keine DNA-Spuren. Keinen Beweis für einen Streit. Ich sehe das als ein Ganzes. Warum also nimmt man an, es hätte diesen Streit geben müssen? Weil Frau K. angeblich nicht gestürzt sein kann, ...
Genau. Hier liegt m.E. das Problem des ganzen Falls. Das Gericht hat sich selbst jeden Ausweg verbaut, indem es von vornherein ausschloss, dass ein Sturz passiert sein kann. Es hat die grundsätzliche Meinung, die hier schon einmal zitiert worden ist, ignoriert, dass Sturzverläufe so komplex und so voller Varianten sind, dass man sie kaum alle betrachten kann.
Mehr noch, es hat sich auf ein Gutachten verlassen, das von einer zweifelhaften Auffindesituation ausgeht. Es hat ignoriert, dass Zeugen, die am Tatort waren, berichtet haben, dass die Lage der Verunglückten anders war, anders gewesen sein könnte, und vor allem, dass Zeugen sie berührt und angehoben haben. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Auffindelage manipuliert wurde ist recht hoch.
Das Gutachten jedoch musste davon ausgehen, dass diese Lage die Lage vor jeder Berührung usw. ist, denn sonst kann es gar keine Aussage machen. Und von dieser einen Lage gehen die Gutachter nun aus und schliessen kategorisch einen Sturz aus - das aber wird von anderen Gutachtern abgelehnt.
Das Gericht bemüht sich nun weiterhin, Gründe für einen Sturz im Bad auszuschliessen, mit wieder nicht zweifelsfrei bewiesenen Indizien: die "alte" und "gebrechliche" Dame könne die körperliche Belastung nicht erfüllen, die zum Einweichen von Wäsche notwendig ist.
Das ist, m.E. nach kompletter Unsinn. Denn auch hier werden wieder viel zu viele einschränkende Elemente angenommen. Wir erinnern uns, was hier diskutiert wurde: sie könne die Wäsche nicht in der Wanne hin und her reiben, nicht auswringen, nicht aufhängen usw. Es ist aber gar nicht gesagt, dass sie das alles beabsichtigt hat. Vielleicht wollte sie lediglich den gröbsten Schmutz entfernen, die Wäsche also einweichen, und ihrem braven Adlatus nachher überlassen, die Wäsche aus der Wanne zu heben? Wer weiss.
Zur angeblichen Gebrechlichkeit passt auch nicht das Fusswasch-Szenario:
Auriele schrieb:Was mich wundert, daß Gericht stellt fest, Frau K. war auf Grund ihrer Körperlichen Konstitution nicht in der Lage Unterhosen in der Wanne einzuweichen.(was ja auch die Meinung einiger hier im Thread ist)
Sie hat ihre Körperpflege aber selbstständig durchgeführt. Unter anderem hat sie sich ihre Füße in der im Bad vorhandenen Schüssel gewaschen.
Das heißt, sie war in der Lage die Schüssel vom Boden, sie stand ja unterm Waschbecken, hoch zu heben, ins Waschbecken zu stellen, diese dann mit Wasser zu füllen, und dann die gefüllte Schüssel aus dem Waschbecken heraus zu heben und auf den Boden zu stellen!?
Aber um eine nasse Unterhose "aufzuheben" war Frau K. zu gebrechlich....
Sorry finde ich seltsam, weil was ist wohl schwerer?
Das Gericht ignoriert weiterhin Anzeichen, dass sein eigenes Szenario nicht stimmt: wie kommt der Gehstock neben die Wanne, wenn das Opfer doch aus dem Wohnzimmer ins Bad getragen wurde? Usw.
Nachdem das Gericht die Vorentscheidung getroffen hat, einen Sturz kategorisch auszuschliessen, kann es nun nicht anders, wenn es schlüssig bleiben will, als all diese Dinge einseitig zu betrachten oder zu ignorieren. Das tut es.
Weiter steht es nun vor dem Dilemma, irgendeine Begründung für diese Tat liefern zu müssen. Da wird ein Streit angenommen, zu dem es keinerlei Indizien gibt. Nicht nur gibt es nichts, was in der Vorgeschichte von Opfer und Angeklagten auf so einen Streit hinweist ausser einer sehr vagen Zeugenaussage, dagegen sehr viel was dafür spricht, dass dieses merkwürdige Verhältnis eben gerade nicht durch solche Konfrontationen geprägt war, es gibt auch noch Indizien des Tattags die gegen das Szenario sprechen. So behauptet das Gericht, der Streit sei aus Zeitdruck, unter dem der Verurteilte stand, entstanden. Tatsächlich aber weist der Verurteilte am Tattag das Gegenteil auf: er lässt sich noch in aller Seelenruhe die Haare färben, anstatt nach der Tat sofort und endlich zu seiner Mutter ins Krankenhaus zu rasen.
Offensichtlich ist dieser Streit aus Zeitdruck aber das einzige Motiv, was dem Gericht irgendwie für die Tat eingefallen ist. Nur Beweise gibt es dafür keine.
Venice2009 schrieb:Das ist doch aber lediglich eine Annahme des Gerichts.
Wieso sollte MG sich denn zeitlich so unter Druck gesetzt gefühlt haben? Er hatte immerhin noch Zeit gehabt, um sich seine Haare zuhause von seiner Frau färben zu lassen, bevor er zu seiner Mutter ins Krankenhaus gefahren ist.
Ich finde eher, dass die Annahme des Gerichts überhaupt nicht zutreffend ist.
Und so kann man hier recht gut nachvollziehen, wie die einzelnen Argumente des Gerichts entstanden sind: alle ausgehend von dem meiner Ansicht nach fatalen Schluss, auf keinen Fall ein eigenständiges Unfallvorkommen im Bad für möglich zu halten.
Bei allem Respekt vor der "freien Beweiswürdigung," mir scheint hier eher ein Fall von: "was nicht sein darf, kann nicht sein" vorzuliegen.