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Badewannenunfall von Rottach-Egern

7.712 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Mord, 2008, Badewanne ▪ Abonnieren: Feed E-Mail
Zu diesem Thema gibt es eine von Diskussionsteilnehmern erstellte Zusammenfassung im Themen-Wiki.
Themen-Wiki: Badewannenunfall von Rottach-Egern

Badewannenunfall von Rottach-Egern

20.08.2019 um 16:28
Übrigens hat der Europäische Gerichtshof den deutschen Staatsanwälten gerade bescheinigt, strukturell nicht unabhängig genug von der Politik zu sein (was Staatsanwälte ja schon längst beklagen).

https://www.lto.de/recht/justiz/j/eugh-europaeischer-haftbefehl-deutsche-staatsanwaelte-nicht-unabhaengig/

Und hier nun im Fall G erscheint es ganz normal, dass über die Politik versucht werden soll, ein Wiederaufnahmeverfahren zu steuern? Nein, das ist NICHT normal.


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Badewannenunfall von Rottach-Egern

20.08.2019 um 17:11
Zitat von AndanteAndante schrieb:Und hier nun im Fall G erscheint es ganz normal, dass über die Politik versucht werden soll, ein Wiederaufnahmeverfahren zu steuern? Nein, das ist NICHT normal.
Durch Wiederholung wird es nicht richtiger.

Es wird nicht versucht zu "steuern", da der Minister keinen Einfluss auf das Wiederaufnahmegericht nehmen kann. Sein grundsätzlich nach GVG gegebener Einfluss auf die StA ist nutzlos. Und eine Aufforderung an den Minister ein frommer Wunsch. Ein Nullum. Rechtlich zulässig.


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Badewannenunfall von Rottach-Egern

20.08.2019 um 17:35
Zitat von monstramonstra schrieb:Und eine Aufforderung an den Minister ein frommer Wunsch. Ein Nullum.
Ein Nullum ähnlich wie Werbung. Werbung zwingt uns nicht, etwas zu kaufen, trotzdem ist sie weit verbreitet und ihr Nutzen bekannt. Kaufentscheidungen werden nunmal nicht nur anhand von rationalen Überlegungen getroffen.

Ich finde diese Petition aber auch nicht so wahnsinnig "schlimm", sie zeigt mir, dass die Verteidigung nicht allzu sehr auf die Wirkung ihres Wiederaufnahmeantrags vertraut und die schwache Beweiskraft wird natürlich auch das Gericht erkennen.

Mich bekümnert eher, dass die Leute, die die Petition unterschreiben, später vollends das Vertrauen in die Gerichtsbarkeit verlieren, die sich gegen die Stimme des Volkes stellt und sich weigert, einen "Justizirrtum" zu beheben.


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Badewannenunfall von Rottach-Egern

20.08.2019 um 17:47
Die Unabhängigkeit der Gerichte dürfte auch den Leuten ein Begriff sein, die auf den Sinn ihrer Unterschrift vertrauen. Nur sehr naive Zeitgenossen dürften an die imperative Wirkung ihrer Mitzeichnung glauben.

Legitime Motive der Unterzeichner wie auch der Verteidigung: Aufmerksamkeit schaffen. Und sei es nur beim Wiederaufnahmegericht, dass aufgrund öffentlichen Interesses den Wiederaufnahmeantrag größere Aufmerksamkeit schenken könnte.

Zudem: Der Verurteilte kann nach Verbüßung seiner Strafe nachhaltiger behaupten, er sei ein Justizopfer. Als Verteidiger würde ich solche Maßnahmen aber nur unterstützen, wenn ich selbst an die Unschuld des Mandanten glaube. Die Feststellungen des Gerichts (soweit bekannt) sind dahingehend nicht zwingend überzeugend, so dass der Verteidiger gut und gerne dieser Auffassung sein darf.


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Badewannenunfall von Rottach-Egern

20.08.2019 um 17:53
Ich stelle meinen heutigen Beitrag auf Hinweis der Moderation noch einmal neu ein, ohne Screenshot von books.google.de, stattdessen mit Zitat und link.

Ich sehe die Diskussion hier als ein Aufzeigen und Verdeutlichen, dass es sich um (legitime, aber sehr manipulative) Mittel und Methoden der Verteidigung handelt, um bestimmte Interessen durchzusetzen, die nicht unbedingt alle offen kundgetan werden und dass ein Schweigen der anderen Seite nicht als Eingeständnis von Fehlverhalten zu werten ist.

Ein Beispiel der manipulativen Vorgehensweise:

Von der Verteidigung wird auf einer Pressekonferenz behauptet, der frühere Verteidiger Widmaier habe auf Tatortfotos Schmutzwäsche in Tüten entdeckt, welche von der Polizei ungesichtet entsorgt worden seien. Dieses Entsorgen wird als Schlampigkeit bemängelt. Die Beweisaufnahme hatte ergeben, dass sich keine besonders waschbedürftige Wäsche in der Wohnung befand. Die Tüten waren aber tatsächlich zum Zeitpunkt des zweiten Prozesses nicht mehr auffindbar.

Auch T. Darnstädt berichtet in seinem Buch "Der Richter und sein Opfer: Wenn die Justiz sich irrt" darüber:
Die Tüte war im ersten Verfahren einfach übersehen worden. Das Tatortfoto aus der Wohnung lag bei den Akten, unbemerkt darauf die Tüte. Frau K. war wenige Tage vor ihrem Tod mit schweren Durchfällen und Krankenhaus gebracht und ihre stark verschmutzte Unterwäsche vom Klinikpersonal in einer braunen Plastiktüte verstaut worden. Genditzki hatte Frau K. an ihrem Todestag aus dem Krankenhaus nach Hause gefahren, die Tüte natürlich auch. Warum hat niemand die Tüte beachtet? Kein Gericht ist perfekt, shit happens.
https://books.google.com/books/about/Der_Richter_und_sein_Opfer.html?hl=de&id=I_4UAwAAQBAJ

Spoiler"Tüte" als Suchbegriff eingeben

Es handelt sich um die bei Stern-TV mit entsprechendem Hinweis gezeigten Tüten, s. Bild 7 und 8 der Bildergalerie.

Für mich sehen diese Tüten leer aus. Die blaue Tüte mit Zugband ist offen in ein Gefäß gesteckt worden, die andere Tüte liegt locker und luftig neben dem Wäschehaufen im Wäschekorb daneben, der sich vermutlich vorher darin befand und Gegenstand der Beweisaufnahme war.

Das Gericht hat Widmaier im zweiten Prozess aber zugestanden, dass der Tüteninhalt nicht mehr geprüft werden kann (sie waren ja entsorgt worden) und eingeräumt, dass auch Wäsche darin enthalten gewesen sein könnte. Doch auch bei unterstelltem Vorhandensein von Wäsche sei ein Waschvorhaben durch die alte Frau in der Badewanne nach vernünftigen Erwägungen auszuschließen.

Im weiteren Verlauf, in allen Berichten und öffentlichen Auftritten, wird immer wieder auf entsorgte Tüten mit Schmutzwäsche als Fakt verwiesen.

Diese Darstellung halte ich für (bewusst) verfälschend und manipulativ.


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20.08.2019 um 17:56
Zitat von monstramonstra schrieb:Nur sehr naive Zeitgenossen dürften an die imperative Wirkung ihrer Mitzeichnung glauben.
Lies dir doch die Kommentare der Unterzeichner einmal durch.


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20.08.2019 um 18:15
Zitat von monstramonstra schrieb:Nur sehr naive Zeitgenossen dürften an die imperative Wirkung ihrer Mitzeichnung glauben.
Es gibt auch indirekte Imperative. Es ist ist nämlich der Justizminister, der über Beförderungen entscheidet. Was, wenn ein Mitglied des Wiederaufnahmegerichts sich auf eine Beförderungsstelle beworben hat? Da könnte ein öffentlicher Appell des Justizministers an das Wiederaufnahmegericht à la Seehofer, was man als Gericht nach seiner - Seehofers - Ansicht zu machen habe, schon mal, sagen wir, wegweisend sein.
Zitat von monstramonstra schrieb:Und sei es nur beim Wiederaufnahmegericht, dass aufgrund öffentlichen Interesses den Wiederaufnahmeantrag größere Aufmerksamkeit schenken könnte.
Ein Gericht schenkt jeder Sache die gleiche Aufmerksamkeit, das ist nicht öffentlichkeitsabhängig, zum Glück, sondern die Aufmerksamkeit hängt vom Umfang der Sache und vom Schwierigkeitsgrad ab. Das ist der Vorteil gegenüber Politikern, die von der Öffentlichkeit, nämlich vom Wähler, abhängig sind und sich daher gerne für öffentlichkeitswirksame Maßnahmen einspannen lassen.


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20.08.2019 um 18:35
Zitat von Seps13Seps13 schrieb:Mich bekümnert eher, dass die Leute, die die Petition unterschreiben, später vollends das Vertrauen in die Gerichtsbarkeit verlieren, die sich gegen die Stimme des Volkes stellt und sich weigert, einen "Justizirrtum" zu beheben.
Genau das sind Anfänge einer Entwicklung, die man mit Sorge betrachten muss. Sachliche Kritik an allen drei Staatsgewalten da, wo sie angebracht ist, sofort und immer. Aber ein Zuviel an vorschneller, unsachlicher oder uninformierter Kritik ist Wasser auf die Mühlen derjenigen, die diesen Staat zerstören wollen, Stichwort nur Reichsbürger. Es gibt aber auch noch genug anderer von dieser Sorte. Denen passt nichts besser ins Konzept als eine steigende Staatsverdrossenheit.


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20.08.2019 um 21:25
Zitat von AndanteAndante schrieb:Es gibt auch indirekte Imperative. Es ist ist nämlich der Justizminister, der über Beförderungen entscheidet. Was, wenn ein Mitglied des Wiederaufnahmegerichts sich auf eine Beförderungsstelle beworben hat? Da könnte ein öffentlicher Appell des Justizministers an das Wiederaufnahmegericht à la Seehofer, was man als Gericht nach seiner - Seehofers - Ansicht zu machen habe, schon mal, sagen wir, wegweisend sein.
Sollten sie wirklich allein durch diese extremst unwahrscheinliche Möglichkeit eine Gefahr sehen, gilt das natürlich auch in alle Richtungen. Durch den Einfluss könnten - rein theoretisch - durchaus auch mehr Menschen inhaftiert und verurteilt werden. Schon Bemerkungen eines Ministers können missverstanden werden.

Ich schlage einfach mal vor:

Wenn sie hier wirklich darin eine Gefahr für die Justiz sehen, machen sie sich doch einfach stark für eine Petition, welche dieses System verändert oder wandern z.B. nach Italien aus. In Italien, da bestimmen das die Richter selber, dort ist aber auch nicht viel besser, eher im Gegenteil, dort sind die Verstöße gegen die Menschenrechte laut Statistik des EGMR größer und auch dort gibt es "Justiz-Skandale" wie den Fall Kercher.


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20.08.2019 um 22:10
Zitat von Seps13Seps13 schrieb:Lies dir doch die Kommentare der Unterzeichner einmal durch.
da kann ich nur hinzufügen:
Lies doch mal die Änderungen an der Petition vom 07.08.2019 16:29 Uhr
Aktualisierung Petitionsziel von 500 auf 50.000 Pettenten,
Verlängerung der Petition vom 8.10.2019 auf 31.10.2019
ist dort zu lesen! Das können doch wohl kaum alle Reichsbürger sein!


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20.08.2019 um 22:28
Zitat von RosenmontagRosenmontag schrieb:ist dort zu lesen! Das können doch wohl kaum alle Reichsbürger sein!
Hat auch keiner gesagt.


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20.08.2019 um 22:41
Zitat von JosefK1914-2JosefK1914-2 schrieb:und auch dort gibt es "Justiz-Skandale" wie den Fall Kercher.
Es gibt kein System, in dem keine Fehler der Justiz auftreten, genau so wenig, wie es ein System gibt, in dem kein ärztlichen Kunstfehler, Autounfälle, Handwerkerpfusch auftreten.

Eine fehlerlose Justiz wird es ebensowenig wie fehlerlose Ärzte etc. geben. Das ist gar nicht der Punkt. Es geht darum, im konkreten Einzelfall, der als angeblicher „Justizskandal“ durch die Medien geistert, genau hinzuschauen und zu fragen: Ist es wirklich so?

Und wenn ich dann lese, dass es vielen Leuten reicht, „Justizskandal“ schon dann zu rufen, wenn man das Urteil selber gar nicht gelesen hat, aber zwei, drei nicht gerade durch fachliche Kompetenz ausgewiesene Journalisten selbiges schreiben, ist das ein reichlich trauriger Befund. Dass dann die Anwältin des Verurteilten auf den bereits fahrenden Zug aufspringt und derlei unter Einschaltung politischer Kreise befeuert, ist aus ihrer Sicht nur folgerichtig. Beifall klatschen kann ich all dem trotzdem nicht.


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20.08.2019 um 23:09
@Andante
unter „Justizskandal“ verstehen viele nicht unbedingt Fehler in der Justiz (Fehlurteil) , sondern die Vertuschung von Fehler innerhalb der Justiz.


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20.08.2019 um 23:18
Zitat von RosenmontagRosenmontag schrieb:unter „Justizskandal“ verstehen viele nicht unbedingt Fehler in der Justiz (Fehlurteil) , sondern die Vertuschung von Fehler innerhalb der Justiz.
Ach so, ich dachte, damit sind Fehler gemeint. Vertuschung von Fehlern kommt, denke ich, sehr viel seltener vor als Fehler. Wo siehst du denn konkrete Beispiele für solche Vertuschungen?


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20.08.2019 um 23:32
Zitat von monstramonstra schrieb:Die Unabhängigkeit der Gerichte dürfte auch den Leuten ein Begriff sein, die auf den Sinn ihrer Unterschrift vertrauen.
Den Satz muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Und auch nach langem Schmecken wird nicht klar, was man da so im Mund hat. Den "Leuten" ist etwas ein Begriff, wohingegen sie auf etwas anderes "vertrauen"?

Was bitte ist der Sinn(!) worauf die "Leute" vertrauen, die ja eigentlich wissen, worum es geht? Oder nicht geht? Vertrauen? Auf was?
Zitat von monstramonstra schrieb:Nur sehr naive Zeitgenossen dürften an die imperative Wirkung ihrer Mitzeichnung glauben.
Die "imperative Wirkung"! Tamtam! Und nur sehr "naive Menschen" dürften(!) daran glauben(!)?

Ich denke vielmehr, dass es weniger um naive oder gar unerschrockene, nüchterne oder gar allwissende Menschen geht, die eine solche Internetpetition "unterschreiben". Es geht vielmehr darum, ohne eigene Mühen, ohne irgendeinen Nachteil erwarten zu müssen, ohne noch nicht mal den eigenen Namen unter die Petition schreiben zu müssen darum, am Ende des Tages das wohlige Gefühl genießen zu dürfen, sich für eine "richtige" Sache eingesetzt zu haben.

Auf irgendeiner Cocktailparty kann man dann mit vor Überzeugung geschwellter Brust behaupten, man habe sich doch "engagiert" um dem "Justizirrtum" Einhalt zu gebieten.

Was ich (weiter) nicht verstehe ist:
Zitat von monstramonstra schrieb:Legitime Motive der Unterzeichner wie auch der Verteidigung: Aufmerksamkeit schaffen. Und sei es nur beim Wiederaufnahmegericht,
"Und sei es nur beim Wiederaufnahmegericht"?

Bitte? Ein WAA schafft nicht die nötige "Aufmerksamkeit" bei dem zuständigen Gericht? Man muss auch noch gleich eine "Petition" an den Start bringen, damit das zuständige Gericht "aufmerksam" wird?

Der WAA schafft(!) Aufmerksamkeit bei Gericht und zwar per Gesetz! Möchtest Du jetzt behaupten, das sei nicht genug?

Ich habe weiter oben geschrieben, dass sich derzeit etwa 600 wegen Mordes verurteilte Häftlinge in JVAen allein in Bayern befinden. Etwa 598 davon haben keine "Petitionen" im Internet. Sie haben dennoch das Recht vom Gericht gehört zu werden. Ganz ohne Öffentlichkeitsarbeit von übereifrigen StrafverteidigerInnen oder Politikern.
Zitat von monstramonstra schrieb:Zudem: Der Verurteilte kann nach Verbüßung seiner Strafe nachhaltiger behaupten, er sei ein Justizopfer. Als Verteidiger würde ich solche Maßnahmen aber nur unterstützen, wenn ich selbst an die Unschuld des Mandanten glaube.
Ach ja, wer als Strafverteidiger hat nicht den Robin Hood in seiner Brust schlagen? Und man macht als Strafverteidiger auch nur so einen WAA, wenn man selbst(!) von der Unschuld(!) des Verurteilten überzeugt ist. Selbstverständlich.

Einen guten Verteidiger interessiert es überhaupt nicht, ob der Mandant schuldig oder unschuldig ist. Es ist nicht die Aufgabe des Verteidigers, über die Schuld oder die Unschuld seines Mandanten zu befinden. Der Verteidiger weiß(!), dass das allein die Aufgabe des Gerichts ist.


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20.08.2019 um 23:46
Zitat von LichtenbergLichtenberg schrieb:Ich habe weiter oben geschrieben, dass sich derzeit etwa 600 wegen Mordes verurteilte Häftlinge in JVAen allein in Bayern befinden. Etwa 598 davon haben keine "Petitionen" im Internet. Sie haben dennoch das Recht vom Gericht gehört zu werden.
Und sie werden vom Gericht gehört, genau wie jeder andere, der mit irgendeinem Anliegen zu irgendeinem Gericht dieses Landes kommt. Das gebietet Art 103 Abs. 1 GG. Warum jemand mehr oder aufmerksameres Gehör bekommen sollte, weil sein Fall präsent in den Medien ist im Gegensatz zu jemandem, der von keinerlei Medieninteresse ist, erschließt sich mir nicht.

Das „Aufmerksamkeitsargument“ ist schlicht eines im Sinne von jemandem, der wiedergewählt werden möchte, und natürlich fahren Politiker auf so etwas ab, und ebenso wissen das natürlich Leute, die sich an Politiker mit diesem Gedanken wenden.

Gottlob ist (noch) die Richterschaft in diesem Land unabhängig von solchen Überlegungen und kann sich die Selbstverständlichkeit des Art. 97 Abs. 1 GG gestatten.


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21.08.2019 um 00:17
Zitat von LichtenbergLichtenberg schrieb:Einen guten Verteidiger interessiert es überhaupt nicht, ob der Mandant schuldig oder unschuldig ist. Es ist nicht die Aufgabe des Verteidigers, über die Schuld oder die Unschuld seines Mandanten zu befinden. Der Verteidiger weiß(!), dass das allein die Aufgabe des Gerichts ist.
Interessant ist in diesem Zusammenhang, was der Gesetzgeber (das ist das Parlament, also für Bundesgesetze der Bundestag, falls das unklar sein sollte, denn manche denken ja seltsamerweise, dass Gerichte die Gesetze selber machen) in § 359 Nr. 5 StPO für das Wiederaufnahmeverfahren angeordnet hat. Da steht nichts von neuen Beweismitteln etc., die in einem wiederaufgenommenen Verfahren DIE UNSCHULD des Verurteilten zu begründen geeignet sind, sondern die DEN FREISPRUCH Freispruch des Verurteilten zu begründen geeignet sind.

Und genau das ist Aufgabe des Verteidigers: Völlig unabhängig von seinem persönlichen Glauben an Schuld oder Unschuld seines Mandanten hat er dafür zu sorgen, dass sein Mandant ein gesetzmäßiges Verfahren bekommt. Und was Frau Rick hier tut, ist, ein Wiederaufnahme eines Verfahrens zu erreichen, in welchem ihr Mandant nach dem Grundsatz in dubio pro reo freigesprochen wird. Was sie selbst über die Schuldfrage denkt, ist dabei völlig egal.


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21.08.2019 um 00:54
Zitat von AndanteAndante schrieb:Und was Frau Rick hier tut, ist, ein Wiederaufnahme eines Verfahrens zu erreichen, in welchem ihr Mandant nach dem Grundsatz in dubio pro reo freigesprochen wird. Was sie selbst über die Schuldfrage denkt, ist dabei völlig egal.
Während vermutlich sehr viele Unterzeichner der Petition glauben, dass es um die Unschuld von G gehe. Nein, es geht um den Freispruch.


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Badewannenunfall von Rottach-Egern

21.08.2019 um 01:04
Zitat von AndanteAndante schrieb:Ach so, ich dachte, damit sind Fehler gemeint. Vertuschung von Fehlern kommt, denke ich, sehr viel seltener vor als Fehler. Wo siehst du denn konkrete Beispiele für solche Vertuschungen?
Beispiele für Vertuschungen kann ich aktuell nicht liefern, glaube aber ebenfalls dass sie in Deutschland sehr selten vorkommen. Das Urteil gegen Manfred Genditzki halte ich für ein Fehlurteil. Auch in den Medien werden eher die Begriffe Justizirrtum oder Fehlurteil benutzt.

Für viele Menschen ist ein Gutachten, das einen Sturz einer älteren gehbehinderten Dame in eine Badewanne ausschließt mehr als fragwürdig, ebenso dass 2 Strafgerichte ein Sturzgeschehen als Todesursache ausgeschlossen haben und Manfred Genditzki ohne Nachweis von Motiv, Spuren, Tathergang oder Tatwaffe des Mordes für schuldig befunden haben.

Personen, die die Petition unterschrieben haben und eine Wiederaufnahme des Verfahrens wünschen, drücken damit doch eher Vertrauen in die bayrische Justiz aus.
Zitat von AndanteAndante schrieb:Während vermutlich sehr viele glauben, dass es um die Unschuld von G gehe. Nein, es geht um den Freispruch.
Nein, es geht den meisten Unterzeichner der Petition darum, dass ein mutmaßlich Unschuldiger (Schuld wurde nicht bewiesen) freigesprochen werden soll.


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21.08.2019 um 01:31
Zitat von RosenmontagRosenmontag schrieb:Nein, es geht den meisten Unterzeichner der Petition darum, dass ein mutmaßlich Unschuldiger (Schuld wurde nicht bewiesen) freigesprochen werden soll.
Das ist ein Irrtum. G wäre nicht verurteilt worden, wenn das Gericht nicht seine Schuld als erwiesen angesehen hätte. Die für die Frage der Schuldfeststellung einzig zuständige Instanz, also das Gericht, hat also nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung seine Schuld festgestellt, und, wie hier ausführlich erörtert, aus ziemlich überzeugenden Gründen ein Unfallgeschehen ausgeschlossen.

Man kann nun persönlich G (weiterhin) für unschuldig halten, aber das ändert nichts daran, dass die für die Schuldfeststellung zuständige Institution eine diesbezügliche Feststellung getroffen hat.

Es ist ebenfalls ein Irrtum, dass ein Freispruch automatisch die Feststellung der Unschuld des Angeklagten bedeutet. Es gibt den Freispruch aus Rechtsgründen und den Freispruch aus tatsächlichen Gründen. In seinen Rechtswirkungen (Haftentschädigung, weiterer Schadensersatz etc.) ist jeder Freispruch gleich, aber eben nicht in seiner Begründung.

Wird nach dem Grundsatz in dubio pro reo freigesprochen, was ja Frau Rick mit der Unfallhypothese erstrebt, heißt dies (nur), dass so viele Zweifel an der Schuld des Angeklagten verblieben sind, dass eine Verurteilung ausscheidet. Es heißt aber nicht die gleichzeitige Feststellung der Unschuld des Angeklagten. Als Profi weiß Frau Rick das auch ganz genau.


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