Die Fälle Pistazieneis und Badewanne sind natürlich nur insoweit nicht vergleichbar, als die Konstellationen andere sind. Die rechtlichen Grundsätze, die der BGH in den beiden Entscheidungen aufstellt (ja, der Tenor in II. ist eine Ohrfeige für das Tatgericht - Höchststrafe quasi), sind natürlich ohne Weiteres anwendbar. Dort das Tun eines Dritten, hier ein Unfall - die Anforderungen an die richterliche Beweiswürdigung sind gleich.
Dass ein Szenario ohne Fremdeinwirkung durchaus möglich gewesen ist, da verrät sich das LG München II schon in seinem Ausschluss eines Sturzgeschehens (S. 59):
Zur Überzeugung der Kammer ist ein Sturzgeschehen, das aufgrund der Ausführungen der Sachverständigen nur aus einer eng begrenzten Ausgangslage überhaupt denkbar ist, auszuschließen. Der Kammer erschließt sich nicht, warum sich Frau ... an der betreffenden Stelle, d.h. auf der rechten Seite der Badewanne, in der oben beschriebenen, vorgebeugten Körperhaltung vor die Badewanne gestellt haben sollte. Wenn sie z.B. das Wasser hätte aufdrehen wollen, so hätte sich eine Position in der Nähe der Armatur, auf der linken Seite, angeboten, nicht jedoch an der Türseite der Badewanne, von wo aus die Armatur nicht bzw. nur schwer zu erreichen ist.
Der Kammer erschließt sich nicht, warum sich Frau K. an die betreffende (mögliche!) Stelle vor die Badewanne gestellt haben sollte. Weil sie dafür keinen Grund erkennen mag. Zu mehr als dem Beispiel "Öffnen der Armaturen" als Grund für den Aufenthalt an einem Wannenrand reicht die Fantasie des Gerichts nicht im Weiteren nicht. Das stimmt aber nicht mit den gutachterlichen Erkenntnissen überein. Also kein Sturz.
Lassen wir mal methodische Unsicherheiten wie die Rekonstruktion einer Ausgangsposition aus einer (wieder selbst unsicheren Endposition) beiseite: Da es sich aus Sicht des Gerichts um ein Geschehen handelt, das gerade nicht eingetreten ist (negative Tatsache), müssten fiktive Möglichkeiten des Geschehensablaufes ausgeschlossen werden. Stattdessen wird aus einem "Indizienkreis" ein "Indizienzirkel", weil diese fiktiven Möglichkeiten nicht gesehen werden, denn sie "erschließen" sich aufgrund der richterlichen Überzeugung gleich gar nicht. Und können deshalb den angenommen Tatablauf auch nicht widerlegen. Das Prinzip "in dubio pro reo" wird so ausgehebelt.
Ich denke, das Urteil wäre auch nicht so ausgefallen, wenn es eine andere prozessuale Vorgeschichte (Motivwechsel, Verurteilung, Revision, Zurückverweisung) gegeben hätte. Hätten wir die Unterschlagung als Motiv behalten, sähe die Situation ebenfalls anders aus. Wäre Frau K. 27 Jahre jung und gesund, dann wohl auch. Genauso, wenn es Transportspuren in der Wohnung gäbe, die darauf schließen lassen, dass das Opfer durch einen Dritten transportiert worden ist.