meiner Meinung nach ein sehr guter Artikel, der aufzeigt, dass wir keineswegs weit von sowas in Europa entfernt sind. Statt mit dem Finger auf die Chinesen zu zeigen, sollten wir uns eher bemühen, diese Entwicklung in Europa zu stoppen:
https://www.heise.de/tr/blog/artikel/Falsche-Strasse-Kein-Vertrag-4555690.htmlSocial Scoring chinesischer Prägung gilt im Westen als gruselig. Dabei gibt es hierzulande längst viel perfidere Ansätze.
Ein Beispiel aus Deutschland illustriert das: Ein 52-jähriger Lehrer aus Hannover bekam nach einem Bericht der Hannoverschen Allgemeinen (HAZ) wegen angeblich mangelnder Bonität keinen Mobilfunkvertrag. Er holte sich eine Selbstauskunft bei Creditreform Boniversum ein, einer Auskunftei wie die Schufa. Das Ergebnis: Sämtliche Einträge waren positiv, der einzige negative Eintrag war seine Adresse – eine Straße im Stadtteil Linden-Nord, die offenbar schlecht beleumundet ist. Das allein reichte, seinen Score unter eine kritische Schwelle zu drücken.
Mit anderen Worten: er bekommt keinen Mobilfunkvertrag, weil er in der falschen Straße wohnt. Die Verbraucherzentrale Niedersachsen bestätigte gegenüber der HAZ, dass so etwas öfter vorkomme. Laut Boniversum-Geschäftsführer, den die HAZ zitiert, könne es sogar "negativ zu Buche schlagen, wenn jemand häufig zu nachtschlafender Zeit bei einem Onlineshop bestellt – dieser Kunde dürfte wohl kaum einer geregelten Tätigkeit nachgehen, die morgens um sieben beginnt".
Bei Licht betrachtet ist das sogar noch perfider als ein persönlicher Score: Der Kunde wir in Sippenhaft genommen für seine Nachbarschaft, an der er wenig ändern kann – außer umzuziehen.
Ich stimme dem zu: Verfahren wie Schufa Score oder ähnliches sind meiner Ansicht nach um ein Vielfaches gefährlicher als das SCS der Chinesen:
- das sind Verfahren, deren Algorithmen nicht öffentlich bekannt sind, daher der Betroffene nicht durchschauen kann, weshalb er einen schlechten Score bekommt
- bei diesen Verfahren fliessen Aspekte ein, die ausserhalb des Einflussbereichs des Individuums liegen
- die Daten in diesen Verfahren liegen bei privaten Unternehmen, deren Hauptinteresse natürlich ein kommerzielles Interesse ist und damit nicht unbedingt mit dem gesellschaftlichen Interesse übereinstimmt, dem sogar explizit entgegenstehen kann