Andante schrieb:Das ist auch so eine Fehlvorstellung. Gudrun R. schreibt auf der von ihr betriebenen Seite ulvi-kulac.de ausdrücklich, dass Rechtsanwalt Euler UK im Rahmen des WA-Antrages als Pflichtverteidiger beigeordnet wurde. Sprich: die Staatskasse hat die Anwaltskosten von Rechtsanwalt Euler getragen, nicht UK persönlich.
Die Frage betraf nicht nur den vorliegenden Fall, sondern es ging um die Wiederaufnahme allgemein.
Und dabei liegt in den meisten Fällen ein "Henne- und Ei-Problem" vor.
Denn eine der Voraussetzung für die Bestellung eines Pflichverteidigers ist die, dass "hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass bestimmte Nachforschungen zu Tatsachen und Beweismittel führen, welche die Zulässigkeit eines Antrags auf Wiederaufnahme des Verfahrens begründen können." (StPO §364b).
Wo will man aus dem blauen heraus solche Anhaltspunkte erhalten, wenn ein Strafgericht diese schon nicht im Hauptverfahren gesehen hat?
Hier ist in Wirklichkeit umfangreiches Aktenstudium notwendig. Kulac hatte Glück, dass der Zeuge seine ursprüngliche Aussage vor einem Richter als Lüge bezeichnet hat. Dadurch war diese Bedingung erfüllt. Aber das ist eben nur ein seltener Einzellfall.
Sagen wir mal, es hätte für den WAA nur die Tathergangshypothese vorgelegen? Wer hätte im Vorfeld erkannt, dass sie Kröber nicht vorgelegen hatte? Dazu wäre umfangreiches Aktenstudium erst notwendig gewesen, ehe man hier einen solchen Grund findet, der fällt eben nicht vom Himmel. Und wer hätte diese umfangreiche Aufgabe machen sollen? Die StA? Nö, für die ist das Verfahren abgeschlossen. Das Gericht? Aus den gleichen Grund nicht.
Übrig bleibt hier in D nur der Verurteilte selber (aber wer kann das schon, Kulac auf jeden Fall nicht) oder ein Anwalt, dem es wegen seines Berufsethos um mehr Gerechtigkeit geht und dafür viel Vorarbeit leistet und dabei - falls der Verurteilte (wie meistens) mittellos ist - das hoch wahrscheinliche Risiko auf sich nimmt, für diese Arbeit nie bezahlt zu werden.
Amerika ist da in diesem Punkt weiter, dort gibt es das mittlerweile fachübergreifende "innocence-Projekt", an den sich Verurteilte wenden können, die meinen zu unrecht verurteilt worden zu sein.