@sallomaeanderEin wichtiger Hinweis, vor allem für die jüngeren, der hier schreibenden Personen. Es trifft zu, daß es auch in den 70er Jahren in der Regel, jedenfalls in den Dörfern, eine Hierarchie der Räume gab, an dessen erster Stelle die sogenannte „beste Stube“ (eingerichtet mit dem älteren Mobiliar aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg, in manchen der Bauernhäuser mit Stücken bis aus dem 17. Jahrhundert – zum Renommieren, versteht sich) stand. Diese wurde, übrigens auch von den Erwachsenen, nur bei kirchlichen Feiertagen (Weihnachten etc.) und bei Familienfeiern benutzt. Als Kind (meine Kindheit verlebte ich in den 60er Jahren in einem niedersächsischen Dorf nicht allzuweit von BS entfernt) wäre ich nie auf den Gedanken gekommen, dort zu spielen. Meine Schuldfreunde in ihrem Zuhause ebensowenig.
Allerdings dürfte es sich bei dem Haus der Familie Wiatrowski um den Neubau (nach 1945) eines Flüchtlings – schon der Name ist nicht gerade ein typisch niedersächsischer – handeln. Zumindest der Vater (Jahrgang 1930) – ist wahrscheinlich zusammen mit seinen Eltern aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten vor der Roten Armee geflohen. Für einen Neubau spricht auch der weiße Verputz (im Dorf, in dem ich aufwuchs, waren die Häuser aus Bruchstein, allenfalls aus Ziegelsteinen gebaut, in beiden Fällen steinsichtig, bis auf eben die Häuser der ehemaligen Flüchtlinge) und die deutlich kleinere Dimensionierung. Das Kinderzimmer und vermutlich auch das Schlafzimmer der Eltern lagen im ersten Stock. In „meinem“ Dorf befanden sich sämtliche Wohnräume parterre, in den beiden Stockwerken darüber die Kornböden.
Ob der von Dir angesprochene Raum tatsächlich „Wohnzimmer“ genannt wurde, kann ich nicht sagen. Hätte man mich als Kind gefragt: „Wo befindet sich euer Wohnzimmer?“, hätte ich die betreffende Person groß angesehen und gefragt: „Was meinst du damit?“ Denn bei uns und auch bei meinen Schuldfreunden aus demselben Dorf gab es in den Häusern außer den Küchen, die eine Art Allzweckraum waren und nicht bloß der Zubereitung von Speisen dienten, lediglich Kammern (Molkenkammer, Strohkammer, Schlafkammer etc.) und eben Stuben. Doch das scheint mir ein regionalsprachliches Ding zu sein. Da jedoch – wie oben erwähnt – BS nicht allzuweit entfernt von „meinem“ Dorf liegt, könnte es von Relevanz sein. Selbstverständlich nicht für die Klärung des Mordfalles; für den ist dieser Beitrag ohnehin nicht mehr als eine Fußnote.