CorvusCorax schrieb:Fängt die Suche erst zeitverzögert an, kann jemand über alle Berge sein.
Die Suche begann doch völlig unzweifelhaft unmittelbar nach der Wahrnehmung des Verschwindens.
Es handelte sich aber in diesem Fall nicht um einen halbstarken flüchtigen Dieb, dem mit der Kraft von Pferdestärken nachgesetzt werden musste.
Es ist dir ja unbenommen, weder die Kellertreppe noch das Regenfass abgesucht zu haben, weder den Brunnen, noch das Matratzenlager. Weder den Schuppen mit dem Brennholz noch den Dachboden noch die Rhabarberpflanzen. Oder durch den kaputten Zaun zum Nachbarn rüber.
ICH jedenfalls wäre NICHT als erstes davon ausgegangen, dass ein SO kleines Kind eine SO grosse Strecke zurücklegen würde.
Ich habe den Eindruck, dass den Angehörigen hier reingerieben werden soll, dass sie falsch gehandelt hätten.
Das wird ja aus heutiger Sicht, im Nachhinein stimmen, denn sonst wäre ja Émile nicht tot. Aber im Nachhinein ist man ja immer schlauer. Was soll das also?
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Noch eine selbst erlebte Anekdote. Ein bereits vierjähriges Kind versteckt sich im Garten bei entfernten Verwandten hinter einer geöffneten fensterladenartigen Lamellentür. Anfangs ist es lustig, die anderen durch die Schlitze zu beobachten, und selbst nicht gesehen zu werden. Es ist auch noch lustig, oder jedenfalls aufregend, als die Eltern und Onkel und Tante beginnen ihn zu vermissen, ihn rufen. Es ist weniger lustig, als man ihm Strafe androht, wenn er sich jetzt nicht sofort zeigt. Es ist gar nicht mehr lustig, als die Mutter fast hysterisch wird und Vater sie beruhigen muss. Es wäre in dem Moment auch von Vorteil gewesen, noch eine Windel gehabt zu haben.
Der gesamte (eingefriedete) Garten wurde umgekrempelt. Auf die Idee mit den Lamellentüren kam keiner der vier Erwachsenen. Als ich mich irgendwann heraustraute, ich schätze die Zeit zwischen Verstecken und Finden auf mindestens 30 Minuten, gab es vermutlich erstmal eine Tracht Prügel, aber das habe ich verdrängt.
Es kam btw auch niemand auf die Idee, ich könne das Anwesen verlassen haben und kilometerweit weg sein, obwohl doch ein Vierjahriger schon Klinken drücken kann.