kegelschnitt schrieb:Hanna ist nun mal im Freien zu Tode gekommen. Da ist - ohne weitere Info - ein Alternativtäter erstmal nicht abwegig. Nicht umsonst ist die Polizei auch noch anderen Spuren nachgegangen, als ST bereits in Untersuchungshaft saß. Das hätte die Polizei natürlich nicht gemacht, wenn es so abwegig gewesen wäre.
Was ist das denn für ein Argument?
Auch in einem Fall, bei dem jemand in einem Gebäude zu Tode kommt, kann es mehrere mögliche Täter geben. Es gibt auch Tatgeschehen, die sich in einer vollen U-Bahnstation zur Hauptverkehrszeit abspielen oder vor einem Fußballstadion, in dem gerade ein Spiel zu Ende gegangen ist und 30.000 Personen aus den Ausgängen auf den Vorplatz strömen. Dann könnte man da ja gar keinen Täter anklagen, ohne diese 30.000 Leute genauestens unter die Lupe genommen zu haben.
Irgendwie guckt ihr auch alle zu oft Tatort oder lest zu viele Krimis, in denen zwei Kommissare und ein Assistent in 90 Minuten oder auf 320 Seiten einen Fall lösen, der mit der Verhaftung des Täters und der Schlusseinstellung, in der die Komissare mit einem Feierabendbier auf den erfolgreiche geschlossenen Fall anstoßen, endet.
Aber im realen Leben gehen die Ermittlungen nach der Verhaftung doch selbstverständlich weiter. Z.B. wurde am Tag der Verhaftung wurde die Wohnung von S.T. durchsucht und verschieden Gegenstände sichergestellt, z.B. Bekleidung und elektronische Geräte wie Computer, Tablet oder Telefone. Das ganze Zeug wird ja dann nicht in Kartons verpackt und weggestellt, sondern es muss geklärt werden, was auf welche Spuren untersucht wird, dann kommen die Ergebnisse zurück, die ausgewertet, bewertet und in den Gesamtzusammenhang eingeordnet werden müssen. Daraus ergeben sich im Regelfall neue Fragestellungen, zu denen dann z.B. wieder weitere Zeugen befragt oder weitergehende Untersuchungen beauftragt werden müssen.
Zudem muss geklärt werden, ob es z.B. Mittäter oder Helfer gab, ob Beweismittel vernichtet oder versteckt wurden, ob man die noch finden kann etc. Da ist also auch nach der Verhaftung eines TV noch richtig viel zu tun.
Und diese Liste mit den 26 priorisierten Personen ist kein DIN-A4-Zettel, auf dem in den ersten 3 Tagen der Ermittlungen eine Reihe von Namen notiert wird, die dann nach und nach durchgestrichen werden, bis einer übrig bleibt.
Das ist vielmehr ein sehr dynamische Ermittlungsgeschehen, d.h. es kommen immer mal wieder Leute auf diese Liste, andere können gestrichen werde und manche bleiben auch weiterhin drauf, selbst wenn sich für jemand anderen ein dringender Tatverdacht ergeben hat, so dass der erst mal in U-Haft wandert.
Auch wenn jemand erst mal wegen eines dringenden Tatverdachtes in U-Haft sitzt, können sich jederzeit ja auch entlastende Indizien auftun, so dass sich der Tatverdacht zerschlägt oder es trotzdem nicht für eine Anklage reicht. Und dann stehen die Ermittler und der StA richtig doof da, wenn die sich in der Zwischenzeit entspannt zurückgelehnt haben, weil sie sich ach so sicher waren, den richtigen "eingebuchtet" zu haben.
HerrChiemsee schrieb:Pech des S.T. wäre dann, dass er eben genau zu dieser Zeit seine Auslaufrunde gemacht hätte, ohne sich Wochen später - was vollkommen normal ist - an die genaue Strecke zu erinnern, dass er letztlich zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen wäre.
Das Pech, zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen zu sein, hatte in diesem Fall in meinen Augen nur eine Person, und das war Hanna, die das leider nicht überlebt hat.