Millennial schrieb:Es ist die Aufgabe, der Verteidigung, die Interessen des Angeklagten zu vertreten. Sie muss nicht neutral sein. Sie soll im Gerichtssaal für den Angeklagten argumentieren und kann dies auch öffentlich in den Medien tun. In einem Rechtsstaat gehört es dazu, dass über Prozesse in den Medien berichtet wird.
Alles kein Thema. Es geht hier nicht um das Ob der Interessenvertretung, sondern um das Wie.
Es gibt zig Verteidiger in diesem Land, die jeden Tag relativ geräuschlos Ihren Job machen und für ihre Mandanten was tun, und zwar ziemlich effektiv. Geräuschlos heißt hier, ohne dass sie regelmäßig Medien einspannen, um dort kundzutun, wie schlecht Ermittler oder Gericht ihren Job machen, sprich insbesondere auch ohne insbesondere Teile aus Akten an Medien weiterzugeben oder zu behaupten, dass gewisse Polizisten Ermittlungen manipulieren.
Es geht mir um diese Art von medialem Bohei, das mE auch deshalb inszeniert wird, um die Schöffen zu beeindrucken. Kann man gut finden oder auch nicht. Ich find´s nicht gut. Es geht auch anders und sachlicher, wie eben sehr viele Verteidiger, beweisen, die anders arbeiten.
Millennial schrieb:Und es ist gewiss einseitig argumentiert, wenn man befürchtet, die Schöffen könnten wegen des Drucks der Bekannten auf Freispruch entscheiden. Viele Menschen wollen doch einen Verurteilten sehen. Sie könnten sich also genauso für eine Verurteilung entscheiden, weil es das Umfeld so will (und nicht aus eigener Überzeugung).
Fakt ist, dass Medienberichterstattung, egal in welcher Richtung, uns alle beeinflusst, auch wenn wir meinen, dass dem nicht so sei. Natürlich kann Rick diese Möglichkeit der Beeinflussung nutzen, das tut sie ja auch. Aber wie gesagt, ich finde diese Versuche der Beeinflussung mittels Durchstecherei von Akteninhalten oder beleglosen Vorwürfen an Ermittler eben nicht ok.
Millennial schrieb:Es ist das gute Recht der Verteidigung, Beweisanträge zu stellen. Wenn sie abgelehnt werden, muss man das akzeptieren. Aber die Beweisanträge waren wirklich nicht völlig abwegig. Nochmal: die Verteidigung soll nicht neutral sein. So sieht es der Rechtsstaat vor.
Es ging mir nicht um Beweisanträge. Da kann jeder so viele davon stellen, wie er Lust hat, auch die StA, das hat mit dem bewussten Einspannen von Medien zur Erzielung bestimmter Eindrücke und Effekte nichts zu tun.
Millennial schrieb:Der Gegenpol zur Verteidigung ist die Staatsanwaltschaft und ich kann überhaupt nicht erkennen, dass die Meinung der Staatsanwaltschaft in den Medien zu wenig dargestellt wird. Die Bild zum Beispiel hat den Angeklagten schon Killer genannt, als die Gerichtsentscheidung noch weit weg war.
Dass die Bild den Angeklagten „Killer“ genannt hat, ist selbstverständlich nicht in Ordnung. Aber sie hat das sehr vermutlich nicht deshalb gemacht, weil die StA vorher die Bild kontaktiert und ihr dargelegt hat, warum es ST sein muss, der Hanna umgebracht hat. Sondern die Bild schreibt das, weil, wie jeder weiß, eine Anklage gegen ST vorliegt, die momentan öffentlich vor Gericht verhandelt wird. Die StA hat aber daneben anscheinend nichts an für ST nachteilige Einzelheiten aus den Akten an die Bild durchgestochen, was nicht öffentlich ist, das ist der springende Punkt.
Medien können und sollen im Gerichtssaal sitzen und schreiben, was da passiert. Aber ein Prozess sollte nicht zur wechselseitigen Schlammschlacht ausarten, den Prozessbeteiligte via intensiver Einspannung von Medien führen.