Hanna W. tot aus der Prien geborgen
08.03.2024 um 07:19Andante schrieb:Es gibt zig Verteidiger in diesem Land, die jeden Tag relativ geräuschlos Ihren Job machen und für ihre Mandanten was tun, und zwar ziemlich effektiv. Geräuschlos heißt hier, ohne dass sie regelmäßig Medien einspannen, um dort kundzutun, wie schlecht Ermittler oder Gericht ihren Job machen, sprich insbesondere auch ohne insbesondere Teile aus Akten an Medien weiterzugeben oder zu behaupten, dass gewisse Polizisten Ermittlungen manipulieren.Das mediale Bohei hat zum Großteil auch damit zu tun, dass dieser Fall einer der wenigen im Moment ist, der öffentlich von Interesse sind. Ich glaube, dass wenn man die Anzahl der BILD- oder Spiegelartikel zu diesem Fall pro Woche vor und nach dem Eintritt von Rick vergleicht, dann wird die Anzahl nicht angestiegen sei. Sprich: Auch ohne Rick ist das mediale Interesse groß.
Es geht mir um diese Art von medialem Bohei, das mE auch deshalb inszeniert wird, um die Schöffen zu beeindrucken. Kann man gut finden oder auch nicht. Ich find´s nicht gut. Es geht auch anders und sachlicher, wie eben sehr viele Verteidiger, beweisen, die anders arbeiten.
Da können die Verteidigerkollegen aus anderen Prozessen sich daneben benehmen wie sie wollen und sie werden nicht in der Presse erscheinen.
Andante schrieb:Millennial schrieb:Ich habe ja eben oben geschrieben, dass man von beiden Seiten beeinflusst wird, während Du nur einseitig die Beeinflussung durch die Verteidigung betrachtest. Und: Rick soll ja die Kammer beeinflussen. Genau das ist ihr Job. Wenn sie nur da wäre, um den Angeklagten zu seinen Rechten aufzuklären, dann würde sie auch kein Plädoyer halten.
Und es ist gewiss einseitig argumentiert, wenn man befürchtet, die Schöffen könnten wegen des Drucks der Bekannten auf Freispruch entscheiden. Viele Menschen wollen doch einen Verurteilten sehen. Sie könnten sich also genauso für eine Verurteilung entscheiden, weil es das Umfeld so will (und nicht aus eigener Überzeugung).
Fakt ist, dass Medienberichterstattung, egal in welcher Richtung, uns alle beeinflusst, auch wenn wir meinen, dass dem nicht so sei. Natürlich kann Rick diese Möglichkeit der Beeinflussung nutzen, das tut sie ja auch.
Andante schrieb:Aber wie gesagt, ich finde diese Versuche der Beeinflussung mittels Durchstecherei von Akteninhalten oder beleglosen Vorwürfen an Ermittler eben nicht ok.Das finde ich gut verständlich. Beim Besuch der Gerichtsverhandlung von Genditzki kann man auf jeden Fall der Meinung sein, dass das ein Showauftritt war. Und dass man das unsympathisch findet, kann ich auch verstehen. Und auch die Durchstecherei von Akteninhalten an die Bild war wohl gesetzlich grenzwertig, wenn nicht illegal. Aber ich habe das Gefühl, dass sich hier zwei Sachen vermischen. Persönliche Antipathie und eine vermeintlich sachliche Argumentation zur Beeinflussung von Schöffen.
Die zwei oben genannten Dinge (Bildartikel und Genditzki) mag man unsympathisch finden. Aber es ist ja nicht so, dass die zwei Themen den Prozess beherrschen oder entscheidend beeinflussen.
Zum Bildartikel:
Ich kann mir gut vorstellen, dass direkte Zitate aus der Akte nicht legal sind und sicherlich kann man das kritisieren. Aber es sollte doch möglich sein, dass die Verteidiger in den Medien die Inhalte eines Befangenheitsantrages skizzieren.
Sprich: Der Fehler waren die wörtlichen Zitate. Ich glaube jetzt aber nicht, dass die Schöffen sich durch den exakten Wortlaut der E-Mails so stark beeinflussen lassen. Rick hätte ja indirekt zitieren können, dass es E-Mails gab, die vom Tathergang handeln und in denen sich die beiden Duzen. Also ja, das kann man kritisieren. Aber dass der Prozess durchzogen ist von solchen Spielchen, sehe ich nicht.
Zu Genditzki:
Das kann man als Symbol verstehen für ein Fehlurteil, das sich schwerwiegend ausgewirkt hat (13 Jahre Haft trotz späteren Freispruchs).
Aber ich glaube nicht, dass das die Schöffen so stark beeindrucken sollte. Das Urteil ist nunmal die Aufgabe die Kammer. Und da gibt es nur die Möglichkeiten: Urteil korrekt, Freispruch obwohl Angeklagter schuldig ist, Verurteilung obwohl Angeklagter unschuldig ist.
Die letzten zwei Möglichkeiten sind Fehlentscheidungen mit Konsequenzen, die extrem unbequem sind. Aber dessen müssen sich die Schöffen und Richter doch bewusst sein, bevor sie das Amt antreten. Wer das nicht vorher weiß, der sollte den Job gar nicht antreten und dazu braucht man keinen Genditzki, der einem das erzählt.
Ich finde insgesamt, dass die Kritik an der Verteidigung überzogen und einseitig ist und dass das Rechtssystem solche Verhaltensweisen der Verteidiger schon noch aushalten kann, insbesondere da diese Verhaltensweisen das Verfahren nicht beherrschen. Zudem hat der Staat Verteidiger bewusst mit starken Rechten ausgestattet, da die Verteidigung ja schon starken Institutionen gegenübersteht: Polizei und Staatsanwaltschaft.