Palio schrieb:Das Sonderheft beinhaltet genau diese Nachermittlung mit ebendiesem Gutachten. Wenn man da reinschaut, kann man gar nicht anders, als "drauf stoßen". Man sollte sich eher fragen, warum die Rick erst so spät ihre Nase da reinhält.
Genau darin sehe ich das Problem und genau deshalb sehe ich auch keine Chance dafür, dass diesem Befangenheitsantrag stattgegeben wird. Frau Rick stöberte diese Info also am Wochenende in einem Sonderheft der Akten auf:
Nox8 schrieb:Grund ist ein Mail-Wechsel zwischen „Jacqu“ (so der Spitzname der Richterin) und „Wolfgang“, dem Staatsanwalt, der offenbar versehentlich in das Sonderheft „Nachermittlungen II“ gelangte, wo Rick ihn am Wochenende aufstöberte.
Es ist also müßig, hier zu spekulieren, ob und wer diese Nachrichten aus dem Mail-Postfach von Staatsanwalt und Richterin "durchgestochen" haben könnte, ob diese Infos der Verteidigung "zugespielt" wurden, etc.
Der Emailverkehr befand sich ordnungsgemäß in den Akten und ist damit offengelegt. Dass Frau Rick sich erst am Wochenende die Zeit nahm, mal in diesen Akten zu schmökern, ist nicht das Problem von Richterin und Staatsanwalt.
Also bitte, der Angeklagte beschäftigt drei Anwälte und die schaffen es nicht, einen Überblick über die Aktenlage zu haben?!
Die Richterin hat im Prozess den offiziellen Hinweise gegeben, dass ihrer Meinung nach auch eine Verurteilung wegen Mordes in Frage kommt. Dazu ist sie verpflichtet, wenn eine "geringere" Straftat angeklagt war bzw. wenn sich für die Kammer im Laufe des Prozesses Hinweise ergeben, dass die zugrundeliegende Straftat wesentlich von der angeklagten abweicht. Das ist notwendig, damit sich insbesondere die Verteidiger darauf votbereiten und ihrer Strategie und Argumentation entsprechend anpassen können.
Im konkreten Fall war ja ursprünglich ein Mord aus Heimtücke angeklagt, wobei sich deutliche Hinweise ergeben haben, dass Hanna eben nicht arglos war (wegen dem noch abgesetzten Notanruf). Somit könnte die Verteidigung eigentlich schon mal davon ausgehen, dass es "nur" noch um Totschlag geht. Es musste also der richterliche Hinweis ergehen, dass bei der Verurteilung auch ein Mord zur Verdeckung einer Straftat in Frage kommt.
Das ist aber dann nicht gleichzusetzen, dass der Richter zu diesem Zeitpunkt schon ein vorgefertigtes Urteil im Kopf hat, er sagt damit lediglich aus, dass das aus seiner Sicht im Rahmen der Möglichkeiten liegt.
Zudem ist jedes Gericht eh frei in der Beweiswürdigung und Urteilsfindung. Eine Kammer ist nicht darauf angewiesen, dass die Staatsanwaltschaft in ihrem Schlussplädoyer eine bestimmte Straftat benennt und eine bestimmte Strafe fordert. Die Kammer kann trotzdem wegen einer anderen Straftat verurteilen und auch ein anderes Strafmaß wählen. Die Richterin ist als sicher nicht darauf angewiesen, dem Staatsanwalt einen Tip zu geben, damit eine höhere Strafe rausspringt.
Das das jetzt erst rauskommt, ist halt ein Versäumnis der Verteidigung, die sich offenbar erst am Wochenende vor einem der letzten Prozesstage die Zeit genommen hat, ihre Nase mal tiefer in die Akten zu stecken.
Alles nur heiße Luft!