Kielius schrieb:Aber auch dann würde ich einen Täter mit einem angespannten bis problematischen finanziellen Hintergrund für wahrscheinlich halten. Dass ein Täter aus gesicherten finanziellen Verhältnissen nach der Tat zweimal Geld mit der Karte des Mordopfers abgehoben hätte, vermag ich mir nur schwer vorzustellen.
Ja, das ist sicher unwahrscheinlich, denn warum hätte sich ein Täter mit stabilem finanziellen Hintergrund dem Risiko aussetzen sollen, für eine (verhältnismäßig) geringe Summe des Mordes überführt zu werden?
Vielleicht käme aber ein Täter in prekären Verhältnissen infrage, der es MH anlastete, dass er in diese Situation geraten war? Das könnte dann z.B. wieder ein ehemaliger Mitarbeiter MHs sein. Wenn wir davon ausgehen, dass MH bei L'Oreal Gebietsleiter war und in dieser Position Mitarbeiter hatte, musste er sicher über die Umsätze jedes Mitarbeiters genau Buch führen und die Umsatzzahlen an seinen Chef weiterleiten.
Hypothese:
Möglicherweise hatten zu geringe Umsätze schon vor längerer Zeit zur Entlassung eines Mitarbeiters (des späteren Täters) geführt. Das könnte ca. 1 bis 1,5 Jahre her gewesen sein, damals war MH noch nicht so lange Gebietsleiter, aber er wäre doch lange genug verantwortlich für seine Mitarbeiter gewesen.
Der damals entlassene Mitarbeiter hatte sich vielleicht mühsam eine neue Existenz im Vertrieb aufgebaut und stand nach seiner Kündigung wieder vor dem Nichts. Er versuchte, beruflich erneut Fuß zu fassen, doch es gelang ihm nicht. Er blieb arbeitslos und war vielleicht verschuldet. Vermutlich wäre es gar nicht MH selbst gewesen, der ihn damals entließ, sondern dessen Chef, aber MH hätte die Umsätze an seinen Chef weitergeleitet und damit indirekt den beruflichen und sozialen Abstieg des Mitarbeiters bewirkt. MH selbst dagegen war im Vertrieb erfolgreich, er verdiente gut, hatte eine schöne Wohnung, fuhr einen großen Dienstwagen und konnte sich Hobbys wie teure Weine leisten.
Vielleicht hat sich so über die Zeit bei dem ehemaligen Mitarbeiter immer mehr Frust und Wut aufgestaut, was ihn schließlich dazu brachte, MH eines Abends zu Hause aufzusuchen. Was könnte er von MH gewollt haben? Ihm einmal die Meinung sagen, ihm klarmachen, dass seine (vorschriftsmäßige) Weiterleitung der Umsatzzahlen für ihn, den Mitarbeiter, das gesellschaftliche Aus bedeutet hatte? MH um Hilfe bitten, dass er sich für ihn einsetzte, ihm vielleicht irgendwo zu einer neuen Anstellung verhalf? Oder erwartete er finanzielle Unterstützung? Wie auch immer, vielleicht hatte er sich irgendetwas erhofft, was er nicht bekam, bis die Situation in dem Mord an MH eskalierte. Da der Täter in großer Geldnot war, ging er das Risiko ein, zweimal mit MHs Karte Geld abzuheben.
Weil die Entlassung des späteren Täters schon geraume Zeit zurücklag und er also nicht mehr zum aktuellen Kreis der Kollegen und Mitarbeiter von MH gehörte, wurde er von den Ermittlern nie überprüft und blieb so bis heute unbekannt.
Als Täter denkbar wäre aber sicher auch (wie hier schon geschrieben) z.B. ein Junkie oder ein anderer flüchtiger Kontakt, den MHs Umfeld nicht kannte, dem MH aber vielleicht schon einmal Geld geliehen oder geschenkt hatte und der jetzt wieder finanzielle Hilfe erwartete.