Kukri schrieb:Der Ermittlungsstand ist aber nicht Sache des Tatverdächtigen. Ich denke, man sollte nach 5 Jahren Ermittlungsarbeit in der Lage sein, Alternativen zu prüfen. Es kann nicht die Aufgabe eines TV sein, der schweigen darf, den Ermittlern die Augen zu öffnen.
Das setzt voraus, dass er ihnen tatsächlich die Augen öffnen kann. Und er muss nicht schweigen. Das Schweigerecht ist keine Schweigepflicht. Er ist nicht verpflichtet, zu seiner Belastung beizutragen. Aber es ist äußerst zweckdienlich, zu seiner eigenen Entlastung beizutragen. Es wurden schon Menschen unschuldig verurteilt, weil sie geschwiegen oder ein falsches Geständnis abgegeben haben.
Alternativen - exakter Varianten - zu prüfen ist Teil jeder Ermittlungsarbeit. Würde das unterlassen, wäre das Beweismaterial löchrig. Bedenken müssen wir dabei, dass zwar fast 5 Jahre vergangen sind, die wesentlichen Ermittlungsschritte, Festnahmen und Suchaktionen mit großem Aufwand hauptsächlich 2019 erfolgten. Seitdem haben sich eigentlich keine wesentlichen neuen Erkenntnisse ergeben. Was sollte man auch machen? Der Fall war ausermittelt. Dabei gehe ich davon aus, dass wir normal Sterbliche hier viele Ermittlungsschritte und -ergebnisse gar nicht kennen, weil sie nicht der Öffentlichkeit bekannt gegeben wurden.
SpoilerVermutlich wären auch die Google-Ergebnisse nicht bekannt geworden, wenn nicht ein besonders eifriger Kollege, der mit dem Fall gar nichts zu tun hatte, es nicht besser gewusst hätte und an die Medien gegangen wäre. Gut, die Berliner Polizei ist eine große Behörde und Durchstechereien sind an der Tagesordnung. Trotzdem wissen wir viel nicht. Vielleicht das Wichtigste, aber tunlichst nichts, was "Täterwissen" ist.Wir wissen nicht, wann und wie genau R. zu Tode gekommen ist. Wir kennen kein Motiv, kennen nicht ihren "Aufenthaltsort", sprich den Ort ihrer Leiche. Wir - d.h. die Ermittler und alle, die (rechts-)wissenschaftlich an den Fall herangehen - bewegen uns im Meer der Wahrscheinlichkeiten. Wahrscheinlichkeit kann sich verdichten oder verdünnen, zwischen "an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" bis zur "möglich, aber völlig unwahrscheinlich". Wenn die Sicherheitsbehörden sagen, R. habe das Haus mit Sicherheit nicht lebend verlassen, dann halte ich es nicht nur für sehr wahrscheinlich, dass sie dort zu Tode gekommen ist, sondern dass der Täter die Person war, die denklogisch zur gleichen Zeit am Tatort war.
SpoilerNoch ein paar Worte zur Berichterstattung, auf die wir uns hier größtenteils beziehen: Auskünfte von Behörden werden üblicherweise ohne Nachprüfung übernommen. Zur Kriminalberichterstattung gibt es im Pressekodex eine relativ ausführliche Passage in Richtlinie 8:
https://www.presserat.de/opferschutz-taeterschutz.html