Das ist doch alles Humbug. Frau Kortüms DNA wurde an der Badewannenarmatur gefunden und auf der Badewannen-Ablage stehen zuhauf Badezusätze und Badezubehör. Für mich sind das klare Indizien dafür, dass sie die Badewanne gelegentlich nutze, für was auch immer. Wie das Gericht trotz der DNA sagen kann, Frau Kortüm habe die Wanne niemals genutzt, ist mir schleierhaft. Die DNA hat sich gewiss nicht selbstständig an die Armatur materialisiert.
Außerdem ist es ein riesiger Unterschied, ob ein Gericht eine lebenslängliche Freiheitsstrafe auf Basis von Mutmaßungen und Hätte-Könnte-Indizien aufbaut oder
@DieTatii in einem Diskussionsforum anmerkt, was sich stattdessen zugetragen haben könnte.
Ich persönlich vermisse in dem Urteil jegliche Lebenserfahrung im Alltag mit alten Menschen. Es ist schlicht unmöglich, zu behaupten, Frau Kortüm hätte niemals die Badewanne genutzt. Mein Opa hatte auch ewig nicht gebadet, aus Angst, er käme dann nicht mehr aus der Wanne. Eines schönen Tages hat er es dann doch wieder getan, natürlich, ohne vorher jemand Bescheid zu sagen, und natürlich hat er auch die Tür zugeschlossen. Selbstverständlich kam es, wie es kommen musste, er kam nicht mehr aus der Wanne raus und musste umständlich gerettet werden.
Außerdem gehe ich davon aus, dass es Frau Kortüm vermutlich unangenehm gewesen wäre, Herrn Genditzki Zugriff auf ihre vollgekotete Wäsche zu gewähren. Normale Wäsche sicherlich, aber Wäsche in diesem besonderen Zustand eher nicht. Wenn meine Mutter im Krankenhaus war, dann waren die Plastiktüten mit normaler Schmutzwäsche und Schmutzwäsche mit besonderem Reinigungsbedarf getrennt. Und um letztere hat sie sich nach ihrer Rückkehr aus dem Krankenhaus stets selbst kümmern wollen. Dieses besondere Schamgefühl alter Menschen und insbesondere alter Frauen gegenüber Männern wird hier für meine Begriffe viel zu wenig bedacht.
Es ist für mich ein großer Unterschied, ob man einen anderen Menschen die gewöhnliche Wäsche machen lässt oder ob man ihm eine Tüte kotbeschmutzter Kleidung zur Reinigung übergibt.
Die Verwendung von Plastiktüten, also Einkaufstüten, zum Überführen benutzter Wäsche aus dem Krankenhaus finde ich auch völlig normal. Meine Mutter hat niemals irgendwelches Krankenhauspersonal mit ihrer Schmutzwäsche hantieren lassen und die Sachen immer selbst in die Tüten gesteckt. Es waren auch immer mehrere Tüten, je nach Art des Waschguts.
Und zu guter Letzt sehe ich auch einen Widerspruch darin, dass zum einen betont wird, dass Frau Kortüm außer zu Herrn Genditzki keine weiteren Kontakte gehabt habe, zum anderen aber gesagt wird, in ihrem gesamten Umfeld habe sich niemand gefunden, der etwas zu Frau Kortüms vermeintlicher Angewohnheit, Wäsche in der Badewanne vorzuwaschen, sagen konnte. Sie wird wohl kaum mit ihrem Hausarzt darüber geplaudert haben, wie sie mit Schmutzwäsche umgeht. Wie kann man erwarten, dass andere Menschen über solche Angewohnheiten Bescheid wissen. Von mir weiß auch niemand, wie ich mir die Füße wasche, und vieles andere mehr ebenfalls nicht. Es gibt Dinge, über die man nicht spricht. Genauso wenig, wie man angeblich aus der Abwesenheit von Herrn Genditzkis DNA an Frau Kortüms Badarmaturen schließen kann, dass er sie nicht genutzt hat, kann man davon ausgehen, dass Frau Kortüm diverse Dinge nicht getan hat, nur weil sie nicht darüber geredet hat.