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Badewannenunfall von Rottach-Egern

7.712 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Mord, 2008, Badewanne ▪ Abonnieren: Feed E-Mail
Zu diesem Thema gibt es eine von Diskussionsteilnehmern erstellte Zusammenfassung im Themen-Wiki.
Themen-Wiki: Badewannenunfall von Rottach-Egern

Badewannenunfall von Rottach-Egern

09.06.2023 um 19:33
Zitat von Miami-weißMiami-weiß schrieb:Auch in Deutschland gab es schon einige Fehlurteile
Sicher, sicher. Nur was hat dieser hier nun auch schon unzählige Male wiederholte Hinweis mit dem konkreten Fall Genditzki zu tun? Hilft er da bei der Klärung irgendwie weiter?


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Badewannenunfall von Rottach-Egern

09.06.2023 um 19:37
Zitat von AndanteAndante schrieb:Sicher, sicher. Nur was hat dieser hier nun auch schon unzählige Male wiederholte Hinweis mit dem konkreten Fall Genditzki zu tun? Hilft er da bei der Klärung irgendwie weiter?
das war auf deinen Beitrag bezogen, der klang danach, als gäbe es keine Fehlurteile bei uns.
Aber ja, die gibt es, überall wo Menschen arbeiten können Fehler passieren. In einem solchen Fall sind die Fehler nur sehr gravierend. Daher kann ich eben kaum glauben, dass man in diesem Fall nicht im Zweifel für den Angeklagten entschieden hat. Weil es eben keinen einzigen Beweis für seine Schuld gibt. Es gibt weder ein plausibles Motiv, noch eine Tatwaffe, noch irgendwelche anderen Spuren die man gegen ihn deuten könnte.


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09.06.2023 um 19:48
@PhilippGeorg

Vielen Dank für deine Berichterstattung!
Hast du mitbekommen, ob und ggf. wie die Verteidigung sich zu den Fragen zum Themenkomplex Geld vom 1. Verhandlungstag eingelassen hat? Das Gericht hatte dazu zahlreiche Fragen:
Zitat von kegelschnittkegelschnitt schrieb am 26.04.2023:Die Kammer hatte eine Reihe von Fragen zum Thema Geld, welche wohl in den nächsten Prozesstagen beantwortet werden sollen. U.a.:
- Wenn MG Geld für LK abheben sollte, wofür soll das Geld verwendet worden sein?
- Wann wurde was zum Schließfach gebracht und warum war es am Ende leer?
- Offenbar hatte LK zum Zeitpunkt ihres Todes kaum mehr Geld auf dem Konto. Die Erben von LK haben anscheinend dieses ausgeschlagen, d.h. der finanzielle Zustand von LK war zuletzt desolat. Die Vorsitzende warf auch die Frage auf, wie denn LK Miete, Pflege etc. mit ihrer kleiner Rente ohne Ersparnisse hätte bezahlen können. (Ich hatte in Erinnerung, dass ihr Auskommen okay war, muss das aber nochmal nachlesen.)
- Anscheinend habe MG im Jahr 2008 bei der Vermieterin von LK um eine Mietminderung gebeten (dieser wurde stattgegeben). Das Gericht will wissen, was der Hintergrund war.
- Das Gericht möchte den Zahlungsverkehr zwischen MG und seinem Freund, bei dem er Schulden hatte, genauer verstehen. Anscheinend ist dieser Punkt in den Akten ziemlich unklar.
Ist dir bekannt, ob dazu etwas beantwortet wurde?

Nachdem offenbar das Thema Spielkasino aufgerissen wurde (das war mir komplett unbekannt bisher), scheint das Thema Geld noch nicht abgeschlossen zu sein.

Weißt du denn, ob die Vorträge der Gutachter schon abgeschlossen sind? Oder wird das nochmal behandelt? Bis (einschließlich) 7. Juli sind noch zehn Verhandlungstage angesetzt...


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Badewannenunfall von Rottach-Egern

09.06.2023 um 19:59
Zitat von kegelschnittkegelschnitt schrieb:Ist dir bekannt, ob dazu etwas beantwortet wurde?
Leider nein, da bin ich auch blank. Vielleicht schaffe ich es in der kommenden Woche mal, einen der übrigen Besucher zu interviewen.


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Palio ehemaliges Mitglied

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10.06.2023 um 08:01
Zitat von PalioPalio schrieb:Erklären kann ich mir auch nicht, warum aus der Toleranz +/- 2,8 nun 3 Stunden werden.
Eine mögliche Erklärung wäre, dass das
Finite-Elemente-Modell nicht auf das Henßge-Nomogramm zurückgreift und einen anderen Toleranzzeitraum beinhaltet. Das 95%-Konfidenzintervall könnte hier +/- 3 Stunden betragen.

Im Beschluss steht es allerdings anders, danach gilt das Henßge-Nomogramm für alle drei Berechnungen:
Ausweislich der Sachverständigen Prof. Dr. M... und Dr. M2... könne aus der nach der Finite-Elemente-Methode geschätzten Todeszeit um 15.42 Uhr, bei einer unterstellten Liegezeit im Wasser von 2,75 Stunden nach dem vom Henßge-Modell vorgegebenen Konfidenzintervall von +/- 3 Stunden für Wasserleichen bei einer doppelten Standardabweichung eine Wahrscheinlichkeit von
Aus der geschätzten Todeszeit um 16.00 Uhr könne den Sachverständigen Prof. Dr. M... und Dr. M2... zufolge nach dem vom Henßge-Modell vorgegebenen Konfidenzintervall von +/- 3 Stunden für Wasserleichen bei einer doppelten Standardabweichung eine Wahrscheinlichkeit von
Für den Fall der geschätzten Todeszeit um 17.00 Uhr nach dem vom Henßge-Modell vorgegebenen Konfidenzintervall von +/- 3 Stunden für Wasserleichen bei einer doppelten Standardabweichung könne eine Wahrscheinlichkeit von
Ein Intervall von +/- 3 Stunden gibt es aber im Henßge-Nomogramm nicht:

 20230609 052247

https://www.researchgate.net/figure/Application-of-the-nomogram-method_fig1_8351057

Im OLG-Beschluss werden übrigens die +/- 2,8 Stunden erwähnt.


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10.06.2023 um 10:19
Zitat von AndanteAndante schrieb:Merkwürdig, dass es bei den sog. Justizopfern immer so viele Personen braucht, die sich gegen den Angeklagten verschworen haben: Polizisten und Staatsanwälte sowieso, die Richter auch. Und jetzt noch der Rechtsmediziner.
Und andere finden es merkwürdig, dass manche so weltfremd unterwegs sind, zu glauben, dass es in solchen Fällen keinerlei gegenseitige Beeinflussung der handelnden Akteure gibt. Es ist bei handelnden Menschen einfach nicht zu erwarten, dass es eine solche gegenseitige Beeinflussung nicht gibt. Und nein, das ist auch nicht einmal bewusstes Handeln. Eben keine Verschwörung.


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10.06.2023 um 11:15
Zitat von simiesimie schrieb:Es ist bei handelnden Menschen einfach nicht zu erwarten, dass es eine solche gegenseitige Beeinflussung nicht gibt.
Was meinst du mit dieser sehr allgemein gehaltenen Aussage? Eben so allgemein wäre es, wenn ich sage, dass man positiv oder negativ beeinflusst werden kann.

Was du meinst, ist womöglich die sog. Interaktion, also dass auf Aktion Reaktion folgt, halt womit sich die Kommunikationstheorie beschäftigt. Das ist aber eine Binsenweisheit und gilt in jedem Lebensbereich. Über eine Täterschaft von G sagt sie kaum was aus…..


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Palio ehemaliges Mitglied

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11.06.2023 um 09:14
Interessant ist ja nun die Erkenntnis, was genau an den umfangreichen und gepriesenen Gutachten zum Todeszeitpunkt überhaupt Bahnbrechendes dran ist - nicht viel. Die ganz normale Kurve nach dem Henßge-Modell, anhand derer man Wahrscheinlichkeiten berechnen kann. Wahrscheinlichkeiten, die von anderen Gutachtern in anderen Fällen völlig ignoriert werden: https://www.justiz.nrw.de/nrwe/lgs/bochum/lg_bochum/j2018/7_Ks_9_17_Urteil_20180806.html

Warum so was Banales nun in diesem Fall zur Wiederaufnahme führt? Durch eine geschickte Textinterpretation.

Die Kammer hatte 2012 ins Urteil geschrieben, dass eine Eingrenzung des Todeseintritts auf eine Zeit, zu der der Angeklagte nicht mehr in der Wohnung war, nicht möglich sei.

Dem ist immer noch so. Es musste aber etwas Neues her und etwas für den Angeklagten Günstiges.

Die Verteidigung bzw. die Gutachterin Prof. Mall interpretiert diese Aussage im Urteil daher so, dass damit a) wahrscheinlichkeitstheoretisch von einer Gleichverteilung auszugehen wäre und dass b) das Gericht, hätte es damals Wahrscheinlichkeiten gekannt, womöglich anders geurteilt hätte. Dieser Textinterpretation hat sich das Wiederaufnahmegericht angeschlossen. Es hat also im Prinzip gesagt "Ja, kann sein. Kann sein, dass das Urteil anders ausgefallen wäre, wenn die Kammer damals schon gesehen hätte, dass der angenommene Tötungszeitraum ein bisschen weiter links und nicht genau in der Mitte der Normalverteilungskurve liegt.

Nun wurde im Auftrag der Verteidigung genau das gemacht, es wurde die Normalverteilung ermittelt und anhand dieser wurden Wahrscheinlichkeiten berechnet.
Nach der Errechnung von drei verschiedenen Todeszeitpunkten und Berücksichtigung der Normalverteilungskurve besteht nun eine Wahrscheinlichkeit von 60 % oder 71 % , dass der Tod nach 15.09 Uhr eingetreten ist und eine Wahrscheinlichkeit von 40 % oder 29 %, dass er vor 15.09 Uhr eingetreten ist.

Damit gibt es erstmals eine Gewichtung der Wahrscheinlichkeit, die leicht zu Gunsten eines Zeitpunkts nach Verlassen der Wohnung ausfällt, wobei eine Eingrenzung des Todeseintritts auf eine Zeit, zu der der Angeklagte nicht mehr in der Wohnung war, nach wie vor nicht möglich ist.

Diese Wahrscheinlichkeitsgewichtung von 60% zu 40 % kann man nun wahlweise in die Tonne treten (bei B. Toth hätte man das ohne mit der Wimper zu zucken getan) oder ganz hoch hängen (so wie hier).

Wenn man nun den Angeklagten unbedingt freisprechen will, dann kann man das tun, ohne dass die Öffentlichkeit je erfährt, wie wenig entlastend die Gutachten wirklich sind.


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11.06.2023 um 10:02
Zitat von PalioPalio schrieb:Diese Wahrscheinlichkeitsgewichtung von 60% zu 40 % kann man nun wahlweise in die Tonne treten (bei B. Toth hätte man das ohne mit der Wimper zu zucken getan) oder ganz hoch hängen (so wie hier).

Wenn man nun den Angeklagten unbedingt freisprechen will, dann kann man das tun, ohne dass die Öffentlichkeit je erfährt, wie wenig entlastend die Gutachten wirklich sind.
Damit kommt es, aber das war ja eigentlich immer klar, nach wir vor auf den sonstigen Indizienring an. Das Gutachten allein ist nicht kriegsentscheidend, weil es nun mal keinen definitiven Todeszeitpunkt bescheinigt, zu dem der Angeklagte nicht mehr in der Wohnung war. Warum die Verteidigung, na ja, wohl etwas die Bodenhaftung verloren hat, indem sie im Wiederaufnahmeverfahren trotzdem den - prompt erfolglos gebliebenen - Antrag auf sofortige Freisprechung des Verurteilten stellte, bleibt ihr Geheimnis.


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11.06.2023 um 12:53
@Palio
@Andante

Nach meinem Verständnis wird das Gutachten zum Todeszeitpunkt in einer Gesamtschau zu würdigen sein. Insgesamt liest es sich im Beschluss so, dass die genannten Mittelwerte (15:42, 16:00, 17:00) auf Annahmen basieren, die tendenzielle eher zu Ungunsten des Angeklagten sind:
Hinzu kommt vorliegend, dass sämtliche unbekannten Variablen und Annahmen zuungunsten des Verurteilten getroffen wurden. Unter Berücksichtigung einer realistischen Abschätzung der Todeszeit entfernt man sich daher stets von dem im Urteil festgestellten Tatzeitraum von 14.57 Uhr bis 15.09 Uhr hin zu späteren Zeiten.
Zum Sturzgutachten steht im Beschluss u.a.:
Als wesentliches Ergebnis der biomechanischen Simulation des Sturzgeschehens durch den Sachverständigen Prof. Dr. S... ergibt sich damit, dass -- abweichend von der Annahme des erkennenden Gerichts — ein Sturz der Verstorbenen K... nach vorne in die Badewanne nicht allein aus den vom erkennenden Gericht in den Blick genommenen - mit einem plausiblen Geschehen wenig vereinbaren — Ausgangspositionen im Schwenkbereich der Türe im rechten Bereich der Badewanne möglich ist und statt dessen insbesondere sowohl bei einer in Reichweite der Armaturen gebückt stehenden Person als auch bei einer sich etwa mittig auf die Wanne zubewegenden Person möglich ist.Hierbei ist es — ebenfalls abweichend von der Annahme des erkennenden Gerichts — möglich, dass die Verstorbene K... sturzbedingt zweimal mit dem Kopf am Wannenrand und/oder an der Innenfläche der Badewanne Kontakt hatte - und zwar etwa an den Positionen, an denen bei der im Rahmen der Obduktion durchgeführten Präparation der Kopfschwarte zwei Hämatome festgestellt wurden. Zudem ist es möglich, dass die Verletzte dabei in eine Endlage geriet, die zumindest unter Einbeziehung nachträglicher Veränderungen durch eine auftriebsbedingte Rotation oder im Rahmen eines Krampfgeschehens in der agonalen Ertrinkungsphase zu der Auffindeposition führen können.
Quelle: https://openjur.de/u/2453664.html

Laut diesem Gutachten scheinen also auch Sturz, Hämatome, Position der Leiche mit einem Sturz aus einer nicht-lebensfremden Position möglich zu sein. Falls sich das im Prozess bestätigt, wird es m.E. schwierig möglich sein, eine Verurteilung des Angeklagten wegen Mordes auf Grundlage eines Ausschlusses zu stützen, so wie es 2010 und 2012 nach meinem Verständnis gemacht wurde. Dort war die Logik nämlich wie folgt:
1. Ausschluss eines häuslichen Unfalls
2. Kein Ausschluss eines Gewaltverbrechens
3. Wenn es ein Gewaltverbrechen war, muss es der Angeklagte gewesen sein (hierfür wurde eine Gesamtschau der Indizien wie Anrufe, Schlüssel, Nachtatverhalten,... vorgenommen)

M.E. würde diese Logik nicht mehr funktionieren, wenn (1.) nicht mehr festgestellt werden kann. Dann müsste das Gericht für eine Verurteilung eine andere Logik wählen, z.B. für alles eine Gesamtschau vornehmen und erklären, warum es ein Gewaltverbrechen für deutlich wahrscheinlicher hält als einen häuslichen Unfall. Dafür liegen mir persönlich zu wenige handfeste belastende Indizien vor. Wenn man z.B. das Geldmotiv nachweisen könnte, dann könnte ich mir vorstellen, dass es in einer Gesamtschau reicht. Ohne dem Geldmotiv stehen den belastenden Indizien eben auch entgegen:
- keine Spuren von MG an Kleidung von LK, Badewanne, Badezimmer, Gehstock, Hausschuhen,...
- es brannte Licht
- das thermodynamische Gutachten hält einen späteren Todeszeitpunkt für wahrscheinlicher (auch wenn sie vor 15:09 gestorben sein kann)
- kein wirklich befriedigendes Motiv (wenn das Geldmotiv nicht nachgewiesen werden kann)
- die Hämatome sind laut Sturzgutachten anders erklärbar, d.h. man kann nicht ohne Weiteres rückschließen, dass es einen Streit gegeben haben muss, für den es 2010 und 2012 als einzigen Anhaltspunkt nur die Hämatome gab.
Klar kann man für die entlastenden Punkte auch eine Erklärung finden, die im Einklang mit Mord steht. Damit man davon aber überzeugt ist, müssten die belastenden Indizien m.E. stärker sein. Ich bin nicht sicher, ob ich als Schöffe hier für eine Verurteilung stimmen könnte. Bereits diese Frage zeigt mir, dass ich für Freispruch stimmen müsste.


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11.06.2023 um 13:35
Zitat von kegelschnittkegelschnitt schrieb:Laut diesem Gutachten scheinen also auch Sturz, Hämatome, Position der Leiche mit einem Sturz aus einer nicht-lebensfremden Position möglich zu sein.
Ja, das Sturzgutachten scheint mir das weitaus Interessantere zu sein. Mit ihm hat auch das OLG die Zulässigkeit des WA-Antrages begründet (ohne sich noch weiter zum thermodynamischen Gutachten zu positionieren, was aber für die Entscheidung auch nicht mehr erforderlich war).

Sofern methodenkritisch an dem Sturzgutachten keine wesentlichen Zweifel auftauchen, ist es sicher geeignet, zu einem Freispruch „in dubio pro reo“ zu führen. Es ist wirklich ein Jammer, dass, wie wir gehört haben, bei dem Teil der Hauptverhandlung, wo dieses Gutachten behandelt und die Prozessbeteiligten dazu Fragen an Prof. Schmitt, aber auch Fragen an den dazu vom Gericht bestellten Gutachter stellen konnten, kein Prozessbeobachter von Medienseite dabei war bzw. darüber berichtet hat, so dass wir den neuesten Stand nicht kennen.

Bisher haben wir aufgrund des Sturzgutachtens die Situation, dass sowohl Unfall wie auch Tötungsverbrechen in Betracht kommen. In der Gesamtschau würde es wohl für ein Tötungsverbrechen ausreichen, wenn sich das Geldmotiv erhärten würde. Wie es aussieht, beschäftigt sich das Gericht durchaus mit dieser Frage. Wobei wir hier leider ebenfalls keinen berichterstattenden Prozessbeobachter von Medienseite haben…
Zitat von kegelschnittkegelschnitt schrieb:Ohne dem Geldmotiv stehen den belastenden Indizien eben auch entgegen:
- keine Spuren von MG an Kleidung von LK, Badewanne, Badezimmer, Gehstock, Hausschuhen,...
- es brannte Licht
Das halte ich, wie wir schon erörtert haben, nicht für zwingend entlastende Indizien, da MG die Gegenstände abgewischt haben kann. Sollten sich auch an der Waschschüssel unter dem Waschbecken keine Spuren von MG gefunden haben, kann man Abwischen vermuten, denn MG wird die Schüssel gefüllt und hingestellt haben, wenn Frau K ihre Fußbäder nehmen wollte, und er wird die Schüssel auch wieder geleert haben. Bekanntlich fiel ihr mit ihren Einschränkungen ja das Bücken schwer. Und das Licht in der Wohnung kann MG beim Weggehen schnell eingeschaltet haben.


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11.06.2023 um 14:35
@Andante
Deinem Beitrag kann ich so im Wesentlichen folgen. (Dass die von mir entlastenden Indizien nicht zu einem Ausschluss der Mordtheorie führen, habe ich ja selbst schon erwähnt. Gleichwohl kann man für manche belastenden Indizien z.T. auch eine eher harmlose Erklärung finden. Insoweit wird man sorgfältig abwägen müssen.)

Ich bin sehr gespannt wie es ausgeht. Da anscheinend das Thema Geld weiterhin untersucht wird, scheint mir der Ausgang völlig offen zu sein.
Frage an die Juristen: wäre eigentlich auch eine Verurteilung wegen Mordes zu lebenslanger Haft mit Feststellung der besonderen Schwere der Schuld möglich (falls z.B. wie angeklagt drei Mordmerkmale festgestellt werden sollten)? Oder greift hier ein Gebot, dass die Strafe im WAV nicht härter ausfallen darf?

@PhilippGeorg
Wie hast du die Stimmung im Gericht wahrgenommen? An den ersten Tagen hatte ich den Eindruck, dass das Gericht und Staatsanwalt ergebnisoffen wirkten. Der Staatsanwalt hatte nur wenige Fragen gestellt und diese zeigten m.E. keinen Belastungseifer. Wie war es bei den letzten Prozesstagen, an denen du anwesend warst?


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11.06.2023 um 14:51
Zitat von kegelschnittkegelschnitt schrieb:Frage an die Juristen: wäre eigentlich auch eine Verurteilung wegen Mordes zu lebenslanger Haft mit Feststellung der besonderen Schwere der Schuld möglich (falls z.B. wie angeklagt drei Mordmerkmale festgestellt werden sollten)? Oder greift hier ein Gebot, dass die Strafe im WAV nicht härter ausfallen darf?
@kegelschnitt

Wenn der Verurteilte gegen das Urteil vorgeht, darf das Urteil nicht härter ausfallen.
Das wäre ja dann ein Wagnis für einen zu Unrecht verurteilten, das überhaupt zu versuchen. Das sage ich dazu.

Anders sieht es aus, wenn die Staatsanwaltschaft ein Urteil angeht, das ihr zu milde erscheint.
Dann kann das Urteil verschärft werden.


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11.06.2023 um 15:23
Zitat von kegelschnittkegelschnitt schrieb:M.E. würde diese Logik nicht mehr funktionieren, wenn (1.) nicht mehr festgestellt werden kann. Dann müsste das Gericht für eine Verurteilung eine andere Logik wählen, z.B. für alles eine Gesamtschau vornehmen und erklären, warum es ein Gewaltverbrechen für deutlich wahrscheinlicher hält als einen häuslichen Unfall.
So sieht es aus. So und nicht anders. Wenn die Unfalltheorie an Wahrscheinlichkeit gewinnt, ebenso die Wahrscheinlichkeit des Todeszeitraums nach hinten verschoben wird und die Verteidigung dann noch kräftig darauf rumreitet, wie unwahrscheinlich die Tatbegehung in einem solch kurzen Zeitpunkt ist, verschieben sich die Schwerpunkte komplett und das "auffällige Verhalten des MG" könnte sich in der Gesamtbetrachtung als zu vernachlässigendes "Indizchen" erwiesen.

Vorausgesetzt natürlich, dass nicht spektakuläre, bis dato unbekannte Erkenntnisse hinsichtlich des Verbleibs des Vermögens von Frau K hinzukommen.

Nicht unerheblich wird allerdings die anstehende Vernehmung der Hauptkommissarin aus Miesbach sein.

Bin gespannt, wie heftig die Verteidigung sie durch die Mangel drehen wird.


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11.06.2023 um 15:51
Zitat von kegelschnittkegelschnitt schrieb:Frage an die Juristen: wäre eigentlich auch eine Verurteilung wegen Mordes zu lebenslanger Haft mit Feststellung der besonderen Schwere der Schuld möglich (falls z.B. wie angeklagt drei Mordmerkmale festgestellt werden sollten)? Oder greift hier ein Gebot, dass die Strafe im WAV nicht härter ausfallen darf?
Letzteres ist der Fall:
Strafprozeßordnung (StPO)
§ 373 Urteil nach erneuter Hauptverhandlung; Verbot der Schlechterstellung

(1) In der erneuten Hauptverhandlung ist entweder das frühere Urteil aufrechtzuerhalten oder unter seiner Aufhebung anderweit in der Sache zu erkennen.
(2) Das frühere Urteil darf in Art und Höhe der Rechtsfolgen der Tat nicht zum Nachteil des Verurteilten geändert werden, wenn lediglich der Verurteilte, zu seinen Gunsten die Staatsanwaltschaft oder sein gesetzlicher Vertreter die Wiederaufnahme des Verfahrens beantragt hat.
Zitat von Fridolin31Fridolin31 schrieb:Bin gespannt, wie heftig die Verteidigung sie durch die Mangel drehen wird.
Und ich bin gespannt, wie eine Hauptkommissarin reagiert, die kaum das erste Mal als Zeugin vor Gericht steht und bei der wahrscheinlich manche Verteidigung das mit der Mangel schon versucht hat.


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11.06.2023 um 16:05
Zitat von AndanteAndante schrieb:Und ich bin gespannt, wie eine Hauptkommissarin reagiert, die kaum das erste Mal als Zeugin vor Gericht steht und bei der wahrscheinlich manche Verteidigung das mit der Mangel schon versucht hat.
Unerfahren wird sie im Umgang mit Strafverteidigern nicht sein.
Allerdings habe ich im Bereich der PD Miesbach trotz Recherchen keinen Fall gefunden, der in den letzten Jahrzehnten auch nur annähernd die Dimension des Falles MG erreicht hätte.

Prinzipiell hat der Fragesteller in Strafverfahren IMMER den Vorteil des Überraschungseffekts


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11.06.2023 um 17:52
Zitat von Fridolin31Fridolin31 schrieb:Allerdings habe ich im Bereich der PD Miesbach trotz Recherchen keinen Fall gefunden, der in den letzten Jahrzehnten auch nur annähernd die Dimension des Falles MG erreicht hätte.
Vielleicht hat die Kommissarin ja Glück und an dem Tag, an dem sie drankommt, interressiert sich wieder keiner von der Journaille für diesen Fall. Noch nicht mal einer vom Miesbacher Anzeiger :troll:


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11.06.2023 um 23:28
Zitat von Fridolin31Fridolin31 schrieb:und das "auffällige Verhalten des MG" könnte sich in der Gesamtbetrachtung als zu vernachlässigendes "Indizchen" erwiesen.
Für einen Unschuldigen gibt es aber zu viele „Indizchen“, angefangen damit, dass das Geld der alten Dame nun mal weg ist und nur einer in Betracht kommt, wo es geblieben sein kann, bis hin zu diversen widersprüchlichen Angaben in der polizeilichen Vernehmung und hinterher bei Gericht, nicht bewiesene Schlüsselvereinbarung, Anrufe beim Arzt, aus der Tiefgarage und nicht aus der Wohnung (!), um per Auskunft die Nr. des Pflegedienstes in Erfahrung zu bringen, obwohl die Pflegedienstmappe auf dem Wohnzimmertisch lag und er die lebende Frau K hätte fragen können, Nichtbringen der Einkäufe am Todestag, obwohl die Wohnung der Frau K auf dem Heimweg lag, Nichtinformation an Frau K., ob der Pflegedienst erreicht wurde, merkwürdiges Benehmen am Abend des Todestages gegenüber der Polizei einschließlich Präsentation von Kassenbon und angeblich geschenktem Schmuck etc. pp.

Das sind, immer gemessen an einem Unschuldigen, halt mehr als Indizchen. Das sind veritable Indizien.

Hinzu kommen keine plausiblen Gründe, warum Frau K, müde, wie sie nach dem KH-Aufenthalt war und von Knieschmerzen geplagt (beides von MG selber bestätigt), plötzlich den dringenden Wunsch verspürt haben sollte, allein und ohne Hilfe etwas an/mit der Wanne zu veranstalten. Aber wer weiß, vielleicht taucht die fiktive Kotwäsche ja nicht noch mal auf, und es wird angenommen, dass Frau K. gar nichts an der Wanne wollte, sondern sich halt nur mal hingedreht hat und dann gleich unglücklich reingefallen ist, wie das sehr häufig vorkommt, kennt ja fast jeder (Ironie off).


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Badewannenunfall von Rottach-Egern

12.06.2023 um 03:37
Zitat von AndanteAndante schrieb:und hinterher bei Gericht, nicht bewiesene Schlüsselvereinbarung, Anrufe beim Arzt, aus der Tiefgarage und nicht aus der Wohnung (!), um per Auskunft die Nr. des Pflegedienstes in Erfahrung zu bringen, obwohl die Pflegedienstmappe auf dem Wohnzimmertisch lag und er die lebende Frau K hätte fragen können, Nichtbringen der Einkäufe am Todestag, obwohl die Wohnung der Frau K auf dem Heimweg lag, Nichtinformation an Frau K., ob der Pflegedienst erreicht wurde, merkwürdiges Benehmen am Abend des Todestages gegenüber der Polizei einschließlich Präsentation von Kassenbon und angeblich geschenktem Schmuck etc. pp.
Wie sollte der Angeklagte die Vereinbarung sicher "beweisen", wenn diejenige, mit der vereinbart wurde, tot war?

Ein Anruf beim Hausarzt in einer akuten Notsituation hätte doch wenig Sinn gemacht. Ganz egal, ob man nun einem ersten oder dem vom Gericht unterstellten doppelten ersten Impuls folgt: MG hätte dem Arzt erklären müssen, was vorgefallen ist.

Sofern er wirklich in Eile war, hätte ein weiterer Verbleib in der Wohnung auch wenig Sinn gemacht. Nachdem der Hausarzt offenbar vor 15.00 Uhr nicht erreichbar war, hätte das gleiche ja auch auf den Pflegedienst zutreffen können.

Was spricht dagegen, diesen Punkt zu erledigen, während man auf dem Weg zu einer Besorgung ist?

Abgesehen davon scheint MG auch in der Tiefgarage bzw im Auto die Nummer des Pflegedienstes noch nicht gekannt zu haben, ansonsten hätte er nicht die Auskunft bemühen müssen. Und nachdem die Mappe ja angeblich sichtbar auf dem Tisch lag, wäre es ihm auch nach dem Tode von Frau K gelungen, an die Rufnummer des Pflegedienstes zu gelangen. Eine andere Erklärung für die Anrufe beim Hausarzt hätte er dann schon gefunden, falls er schuldig wäre.

Anschließend gab es für MG weder einen Grund, gegenüber Frau K die Vereinbarung mit dem Pflegedienst zu bestätigen, weil dieser ja ohnehin zur üblichen Zeit gekommen ist noch einen Grund, weitere Zeit durch das Aufsuchen der Wohnung von Frau K zu vertrödeln, denn diese Art der Einkäufe konnte ja auch noch am nächsten Morgen übergeben werden.

Das Benehmen am Abend mag manchen merkwürdig vorkommen, entspricht aber ganz offensichtlich seinem Charakter. In mehreren Beiträgen von Gerichtsreportern wird bestätigt, dass MG vor Gericht den Eindruck erweckt, alles immer sofort regeln und klären zu wollen. Deswegen verstehe ich nicht, weswegen ihm diese Offenheit dermaßen angekreidet wird, zumal ich davon ausgehe, dass sich ein nicht unbetträchtlicher Teil der Bevölkerung genauso verhalten hätte wie MG.

Somit können sämtliche Indizien, die gegen MG ausgelegt wurden, mit der gleichen Phantasie auch für ihn ausgelegt werden, ohne dass der Tagesablauf dadurch unwahrscheinlicher erscheint als der vom Gericht suggerierte Tat- bzw. Nachtatablauf.
Zitat von AndanteAndante schrieb:Aber wer weiß, vielleicht taucht die fiktive Kotwäsche
Die Kotwäsche ist nun wahrlich nicht fiktiv. Dass Frau K ein Beutel bzw. Säckchen mit verschmutzter Wäsche mit nach Hause gegeben wurde, wurde doch seitens Krankenhausbediensteten ausdrücklich bestätigt.
Dafür, dass dieser Beutel einige Zeit nach dem Tod von Frau K entsorgt wurde, kann MG wahrlich nichts. Ganz abgesehen davon ist diese Vernichtung von potentiellen Beweismitteln höchst bedenklich. Allerdings geschieht so etwas nicht nur in Oberbayern.

Durch das Vorhandensein der Kotwäsche ist eine Nutzung der Badewanne nun einmal erklärbar, ob man es wahrhaben möchte oder nicht. Dass Frau K tatsächlich Wäsche einweichen wollte, weiß natürlich niemand, aber es kann auch niemand das Gegenteil beweisen.

Selbst in eingeschränktem körperlichen Zustand erscheint es ja nicht unlogisch, dass jemand nach mehrtägigem Krankenhausaufenthalt plötzlich meint, etwas tun zu müssen. Insbesondere dann, wenn der Adlatus ausnahmsweise nicht zur Verfügung steht und die auf Einhaltung der Hygiene bedachte Frau K zurecht der Ansicht ist, dass verschmutzte Wäsche durch längeres Herumstehen nicht besser wird.

Dass die Verteidigung nicht erfreut darüber war, dass die Kotwäsche ohne gerichtlichen Beschluss vernichtet wurde und eine mögliche Entlastungszeugin die ewig lange Verfahrensdauer im Wiederaufnahmeverfahren nicht überlebt hat (auch hier Ironie off) muss man verstehen.


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Badewannenunfall von Rottach-Egern

12.06.2023 um 07:24
Zitat von kegelschnittkegelschnitt schrieb:M.E. würde diese Logik nicht mehr funktionieren, wenn (1.) nicht mehr festgestellt werden kann.
Völlig richtig. Da es sich um eine Ausschlussfeststellung handelt, ist keine Verurteilung möglich, sobald ein plausibler (!) Sturz gefunden wird.

Während die Ausgangsparameter und die empirischen Grundlagen bei der Todeszeitpunktbestimmung nach Henßge mMn. einfach zu ungewiss sind, um aus den daraus zu gewinnenenden Wahrscheinlichkeiten Konsequenzen dergestalt zu ziehen, dass es sich um ein Indiz für einen Unfall handelt, sieht es bei der Simulation anders aus.
Hiermit könnte die Möglichkeit eines Sturzes bewiesen werden. Wohlgemerkt: Die Möglichkeit reicht dabei aus, es kann dann trotzdem ein Mord gewesen sein, aber man kann MG nicht mehr verurteilen.
Zitat von AndanteAndante schrieb:Sofern methodenkritisch an dem Sturzgutachten keine wesentlichen Zweifel auftauchen, ist es sicher geeignet, zu einem Freispruch „in dubio pro reo“ zu führen.
Die Simulation wird technisch korrekt sein. Der kritische Punkt ist wieder die Wahrscheinlichkeit, dass genau so ein Sturz in der Realität vorkommt und in dem Punkt winden sich die Sachverständigen etwas. Und zu guter Letzt hat die Kammer die Aufgabe, die Simulation zu würdigen. Der vorgeschlagene Sturz muss in einen Kontext eingebettet werden und dafür müssen neben der Wahrscheinlichkeit, dass jemand so fällt, ggf. auch noch weitere Aspekte geklärt werden, nämlich ihre Haltung, ihre Standposition, der Gehstock, ihre Gebrechlichkeit, Vorbeugen notwendig oder nicht. Ich würde auch ein Nachstellen versuchen und einen Biomechaniker dazu hören.


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