frankysinatra schrieb:Ich denke, Du hast ein Problem mit der bayrischen Justiz (und vielleicht auch mit dem FC Bayern München)?
Hm, ich mag die bayerische Justiz prinzipiell schon. Den FC Bayern ganz und gar nicht. Und das obwohl ich treuer Untertan des bayerischen Kinis bin. Daher ist beides sehr scharf zu trennen!
:D :DNun aber im Ernst:
Was die allermeisten Jus-Studenten in ihrer ersten Vorlesung zum Strafrecht überrascht, wie auch die meisten Laien, ist die Tatsache, dass sie ganz ernst vom vortragenden Professor hören: das Motiv spielt gar keine Rolle. Unglaubliches Staunen geht dann durch den Hörsaal. Dann wird das Ganze meist zwar ein wenig relativiert, aber der Kern dieser Aussage ist durchaus wahr. Nehmen wir mal folgenden Fall: Der Alois und der Josef zechen ganz friedlich zusammen im Goldenen Löwen und auf einmal nimmt der Alois vor den Augen von 50 anwesenden und teilweise noch nüchternen Zeugen einen vollen Masskrug und zerschlägt ihn auf dem Kopf des armen Josef. Dabei wird nicht nur das gute bayerische Bier verschüttet sondern leider auch das Leben des Josef beendet.
Vor dem königlichen Landgericht schweigt der gute Alois und beantwortet keine Frage des Gerichts oder der interessierten Gemeinde, warum um Gottes Willen er dies denn getan hat. Das ehrenwerte Gericht verurteilt den Alois nach der Anhörung der üblichen Gutachter, der 50 Zeugen und so weiter dann auch wegen Totschlags, oder vielleicht sogar wegen Mordes -weil es annimmt, der Joseph hätte niemals damit gerechnet, dass jemand eine Mass Bier freiwillig verschütten würde und er daher arglos war. Der gute Alois verbringt die nächsten Jahre im Zuchthaus und noch in 100 Jahren werden die braven Bürger Landshuts rätseln, was das Motiv des Alois gewesen sei.
Für die Verurteilung war das Motiv angesichts des restlichen Sachverhalts komplett irrelevant.
Nun sind die meisten Fälle nicht so klar und da wird die Frage nach dem Motiv des Täters schon wichtiger. So wie hier: ein an sich als friedliebender Mensch bekannter Mann soll eine relativ gebrechliche Dame einfach so gemeuchelt haben, indem er sie in der Badewanne ertränkt. Ganz klar, dass die allererste Frage der geschockten Öffentlichkeit wieder lautet: warum?
Anders als bei Alois steht nun auch noch im Raum, dass es doch eventuell möglich sei, dass die Dame Opfer eines tragischen Unfalls geworden ist. Da wird ein Motiv freilich sehr interessant, und es wird sehr hilfreich sein, wenn der Staatsanwalt einen Täter mit klarem Motiv präsentieren mag.
Aber, und das ist hier das Problem: wenn die Staatsanwaltschaft ein Motiv präsentiert, dann sollte dies glaubhaft geschehen. Und das ist ihr in den Augen Vieler nicht nur einmal nicht gelungen, sondern zweimal nicht gelungen. Weder war die Vorstellung des habgierigen Täters überzeugend, der grosse Summen Geldes unterschlagen hatte und sich ertappt sah, noch die neue Version des gereizten und provozierten Dienstmannes, der die Nase voll hatte und mit dem Opfer in einen handfesten Streit geriet - worüber dieser gewesen sein sollte entzieht sich nämlich wieder dem Verständnis.
Und das ist ein Punkt, warum dieses Urteil letztlich misstrauisch macht: es scheint, als brauche das Gericht hier ein Motiv um sein eigenes Urteil zu begründen und daher nimmt es dankbar jede Vorstellung eines Motivs durch die Staatsanwaltschaft auf, sogar zwei grundverschiedene. Das überzeugt einfach nicht.
Wie gesagt, ein Motiv ist nicht zwingend erforderlich um eine Tat zu beweisen. Wenn man hier aber das Gefühl hat, das Gericht hat das unbewiesene Motiv dazu genutzt, jegliche alternative Tattheorie auszuschliessen, dann ist es falsch gelaufen. Dann ist es Aufgabe eines neuen Gerichts, eventuell diesen Fehler zu korrigieren.
Mag sein, dass nicht jeder Betrachter dieses Gefühl hat. Ich habe es, daher halte ich das Urteil für falsch und eine Wiederaufnahme für angebracht.
Stefan1477 schrieb:Das ist richtig.
Aber in der 2. Verhandlung, noch dazu an dem selben Landgericht, wurde sich gerade auf das vom StA im 1. Prozess in letzter Minute hergezauberte Motiv nochmals gestürzt.
Ein Motiv, das es überhauptnicht zu untermauern gilt.
Stefan1477 schrieb:Das 2. Motiv, ein Streit mit Lieslotte Kortüm, dafür gibt es keinen einzigen Zeugen.
Der Mann hat sich immer um die Dame gekümmert, neigte überhaupt nicht zur Gewalt.
Das neue Gutachten wie es hieß beweist ja wohl auch, dass MG nun schon lange ein Alibi hatte.