Liebe Leute, Magus am 19.08.2008 hat den Artikel „Zeugen der Auferstehung Christi“ veröffentlicht. Dies beruht auf dem Aufsatz des ehemaligen TV-Journalisten aus Moskau Jurij Vorobjevskij. Und der letztere beruht auf dem anscheinend vom Akademiemitglied A. Beletzkij ins Zentralkomitee der Kommunistischen Partei der Ukraine erstatteten Bericht über die Lage der atheistischen Propaganda, den Vorobjevskij nur zum Teil zitiert. Im russischsprachigen Internet ist das unheimlich verbreitet. Ich kann Euch sagen: Das ist eine anonyme Fälschung. Richtig sagt Aineas: Glaubt diesem Text nicht! Ich habe im Laufe von zwei Jahren beinah jede Zeile dieses Stoffes ausfürlichsterweise erforscht und gebe mit voller Verantwortlichkeit bekannt: darin gibt es fast keine Behauptung, die mit der Wahrheit etwas zu tun hat. Ich habe zum Thema 40-seitige Abhandlung geschrieben, auf die nach dem von Nikolaj Borissow geschriebenen Artikel in der Internet-Enzyklopedie Wikipedia ein Verweis gemacht ist und die zwei russische Internetseiten veröffentlicht haben (
http://www.portal-credo.ru/site/?act=lib&id=2304 und www.ateist.ru/4lib.htm ). Ich beweise Euch anschaulich (ich spreche nur darüber, was bei Vorobjevskij steht, da Ihr das ganze Falsifikat nicht lesen könnt). Zuerst aber möchte ich sagen, daß dieses Problem ethische Seiten hat. Wenn man einem mit Absicht zuschreibt, was er nie gesagt hat, was krass seiner Gesinnung widerspricht, ist das Verleumdung und Beeinträchtigung der Autorität. Und wenn es um die Toten geht, können sich diese nicht verteidigen. Jemand soll das tun. Das verlangen Ethik und Wahrheit. Wohlan, nach der Reihenfolge bei Vorobjevskij:
Nach Vorobjevskij: Die gesammte atheistische Literatur kann man als Ersatz-Talmud ansehen. Mein Einwand: Talmud ist ein religiöses Buch, dennoch strebt der Atheismus nach der Kritik des Talmuds und des Judentums sowie jeder anderen Religion und ihrer Schriften.
Vorobjevskij: Der Satz aus dem Zeugnis von Joseph Flavius ist nebst dem Neuen Testamentum das einzige zeitgeschichtliche Zeugnis von Jesus [mit Ausnahme der Erzählung des Tacitus]. Einwand: es gibt keine zeitgeschichtlichen schriftlichen Zeugnisse über Jesu. Und wenn wir den ganzen mit den Aposteln Problemenkreis außer Sicht lassen, sollen wir feststellen: keine Augenzeugen. Flavius wurde 37 oder 38 geboren, und gestorben nicht im Jahre 85 wie bei Vorobjevskij steht, sondern um 100. Und das ist der älteste uns bekannte nichtbiblischer Autor, der von Jesus etwas sprach (wenn es nicht der spätere christliche Zusatz ist). Der Tacitus: Sein Zeugnis ist noch später, um das Jahr 115 erschienen (Annales, XV). Wohin und warum ist bei Vorobjevskij der Plinius junior verschwunden? – Epistolae, X (um 111 – 113). Dann Suetonius. De vita XII Caesarum. Divi Claudius, 25 (um 120).
Die beiden obengenannten Problemen werden im Aufsatz von Pseudobeletzkij nicht betrachtet.
Vorobjevskij:Wenn der Satz des Flavius nicht authentisch ist, bedeutet das, die Existenz von Jesus ist unglaubwürdig? Einwand: Dem Mann fehlt offenbar das logische Denken. Es gibt andere Berichte über Jesu. Ob sie wahr sind, muß man extra betrachten. Das Christentum lebt auch ohne Hilfe des Flavius.
Vorobjevskij: Das Haupt der sowjetischen Atheisten hieß Jaroslav Gubelmann. Einwand: Er hieß Minej Israilewitsch Gubelmann. Pseudonym Jemeljan Jaroslawskij. In Anmerkung (4) zitiert Vorobjewskij den Pseudobeletzkij, der das Haupt der sowjetischen Atheisten unter dessen Pseudonym richtig nennt. Aber dort steht Verleumdung Jaroslawskij und seinem Buch „Bibel für Gläubige und Nichtgläubige“ gegenüber. Der Verleumder sagt, das Buch enthalte 197 Fehler. Lüge! Dieses Buch wurde ständig verlegt, und es gibt gar kein Problem, den Inhalt zu durchsuchen. Aber alle, die den Pseudobeletzkij neu und neu nachdrucken, geben sich die Mühe nicht, das Buch aufzuschlagen. Aber ich habe sogar die 1. Aufgabe vom Jahr 1925 genommen. Und ich bezeuge: Jaroslawskij stellt den Inhalt der Bibel treu dar, er verwechselt keine handelnden Personen, was ihm der Anonym zurechnet (Vorobjewskij hat dieses Fragment ausgelassen). Der letztere hat auf die menschliche Psychologie und Naivität gerechnet und darauf, daß fast niemand Zeit aufwendet, um die Quellen zu überprüfen.
Pseudobeletzkij in Anmerkung (4): Unter den sowjetischen Atheisten gab es nie einen bedeutenden Forscher, nicht einmal einen gewöhnlichen Gelehrten. Einwand: Wieder Lüge: ich zähle in meiner Abhandlung ernste Gelehrte auf. Aber Wissenschaftler aus diesem Bereich sind wohl in jedem Land fast niemandem bekannt. Ich erwähne hier nur einen Namen. Ich bedauere sehr, daß Ihr Russisch vielleicht nicht kennt. Vor kurzem habe ich das Buch „Polytheismus und Monotheismus in der jüdischen Religion“ vom Semitologen Akademiemitglied Nikolaj Nikolskij (1877 – 1959) gelesen. Das Buch wurde 1931 verfasst. Sehr bemerkenswert. Aber was macht Pseudobeletzkij? Was macht Vorobjevskij? Was macht dessen Übersetzer Prof. Dirk Budde, daß er das ekelhafte Zeug des Verleumders (obwohl absichtslos, glaube ich) jetzt im Westen verbreitet? Sie kreuzen das Leben und die wissenschaftliche Tätigkeit anderer Menschen. Und Du, Magus (ich glaube absichtslos auch), hast Deinen Beitrag bei der Verbreitung dieses Zeugs geleistet.
Pseudobeletzkij: „…einen Blick in die Auszüge werfen, die in der sowjetischen Ausgabe der Akademie der Wissenschaften der UdSSR dazu veröffentlicht wurden“. Einwand: welche Ausgabe noch konnte die Akademie der Wissenschaften der UdSSR veröffentlichen, wenn die Akademie sowjetisch ist? Konnte ein Akademiemitglied, Philologe schreiben? Und diese Passage bei Pseudobeletzkij läßt uns feststellen, wann die Fälschung erzeugt wurde. Im Jahre 1958 erschien das einzige Mal in der sowjetischen Zeit ein Werk von Flavius. Das waren keine Auszüge, sondern die stark entstellte altrussische Fassung des „Jüdischen Krieges“ samt ihrer Forschung. Übrigens hat der alte unbekannte russische Verfasser das Flavische Zeugnis über Christos aus den „Jüdischen Altertümern“ eingeschrieben. Pseudobeletzkij schreibt, daß diese Ausgabe „erst vor drei Jahren“ erschienen ist. Folglich schrieb er diese Zeilen 1961 oder 1962. Und Akademiemitglied Beletzkij ist am 2. August 1961 gestorben. Der Anonym konnte ihm seine Erdichtung zuschreiben, ohne zu fürchten, vom Akademiemitglied selbst widerlegt zu sein. Außerdem hat im Jahre 1965 der heute in Kiew (ukrainisch: Kyjiw) lebende 80-jährige Philosophieprofessor und ehemalige Priester zum atheistischen Propagandisten gewordene Jewgraf Duluman, mit dem ich übrigens mehrmals telefonisch gesprochen habe, per Post die Fälschung bekommen.
Und das Flavische Zeugnis im Text von Pseudobeletzkij wurde entstellt: In der Darlegung des Fälscher steht geschrieben: „In dieser Zeit trat Jesus Christus auf, ein Mensch tiefer Weisheit…“ Doch im Original steht in diesem Satz Christus nicht, da er etwas weiter so benannt wird. Das Zitat wurde vom Fälscher verkürzt. Dieser Abschnitt soll wie folgt lauten: „Um diese Zeit lebte Jesus, ein Mensch voll Weisheit… Er war der Christus…“. Jeder kann sich dessen vergewissern:
Wikipedia: Testimonium Flavianum#cite ref-0 Zwar steht dort in deutscher Fassung statt Christus das Wort Messias, aber das bedeutet dasselbe. Außerdem hat die Variante von Pseudobeletzkij eine pikante Besonderheit, die die unzählige Schar denen, die die Fälschung neu drucken, nicht bemerkt, obwohl unter ihnen promovierte Theologen sind. Und das befindet sich auf Internetseiten verschiedener Kathedralen und sogar auf der offiziellen Internetseite der Ukrainischen Orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats. Dort überall steht: „…ließ ihn Pilatus kreuzigen, wobei sogar diejenigen zweifelten, die ihn zuerst liebten“. Aus dem Text ist die Negation nicht entfallen! Der Sinn wird gegensätzlich. Im Original nicht zweifelten. Ich habe das griechische Original eingesehen (Flavius war Jude, aber seine Werke sind griechisch verfasst). Dort steht die Negation ούκ, was der deutschen nicht entspricht.
Vorobjevskij: A. I. Beletzkij war Direktor des Instituts der ukrainischen Literatur. Einwand: Nicht ganz so. Wie sonderbar es auch scheinen mag, gibt es in der Ukraine kein Institut für ukrainische Literatur, sondern bloß für Literatur. Alexandr Iwanowitsch Beletzkij war ein großer Kenner der ukrainischen Literatur.
Pseudobeletzkij: A. Beletzkij hat fürs Zentralkomitee der Kommunistischen Partei der Ukraine einen Bericht erstattet über den Stand der sowjetischen atheistischen Propaganda. Einwand: Erdichtung. Es ist klar aus der Analyse aller Umstände, und im Zentralen Staatsarchiv der gesellschaftlichen Vereinen der Ukraine, wo sich jetzt das Archiv der Kommunistischen Partei der Ukraine befindet, weiß man von diesem Bericht nichts.
Pseudobeletzkij: „Ist Christus auferstanden? Dieses ist die wichtigste Frage jeder Religion, jeder Philosophie, jeder Wissenschaft, welche sich mit menschlicher Weltanschauung beschäftigt, denn auferstehen kann nur Gott“. Einwand: Dummheit soll auch Grenzen haben. Die Auferstehung Christi sowie sein Tod am Kreuz sind vom Islam nicht anerkannt (Koran, 4:156 (157)), die Auferstehung ist vom Judentum nicht anerkannt. Und Buddhismus, Hinduismus, Shintoismus und andere orientalische religiöse und philosophische Lehren beschäftigen sich mit Christus nicht. Aber gab es keine Philosophie vor Christus? Wie können die Menschen, die so was lesen, das nicht bemerken? Ein Akademiemitglied hätte das nicht schreiben können.
Nächstes Problem hat besonderes Interesse jetzt, weil Ihr Deutschen seid. Also Pseudobeletzkij: „…Nach Veröffentlichung einiger sehr bedeutender Entdeckungen hat zum Schluß seines Lebens niemand anders als Friedrich Engels die Auferstehung anerkannt. Denn in seinen Anmerkungen zum Vorwort seiner Aufsätze schreibt er: „Die neuesten kappadokischen Entdeckungen verpflichten uns, unsere Ansicht bezüglich einiger weniger, aber sehr wichtiger Ereignisse der menschlichen Geschichte zu ändern. Und das, was früher nur Wert schien der Aufmerksamkeit von Forschern der Mythologie, muß jetzt die Aufmerksamkeit der Historiker hervorrufen. Neue Dokumente, welche die Skeptiker durch große Überzeugungskraft niederzwingen, sprechen zu Gunsten des größten Wunders in der Geschichte, der Rückkehr ins Leben desjenigen, der dessen beraubt wurde auf Golgatha“. Einwand: Was kann man von diesem Manifest der Niederträchtigkeit sagen? Zuerst möchte ich den Übersetzer dieser gesamten Schmähschrift Herrn Prof. Budde fragen, ob er das echte Zitat von Engels angeführt hat. Ich weiß die Antwort: Nein. Denn Engels hat so was nicht geschrieben. Herr Budde hat aus dem Russischen übersetzt. Ist es denn normal, wenn man bei solchen Fällen Rückübersetzung macht und nicht den Text in der Sprache benutzt, die sowohl für den Autor als auch für den Übersetzer Muttersprache ist?! Kann Herr Budde sagen, daß er den Urtext von Engels gesucht hat? Übrigens habe ich mit ihm telefonisch gesprochen. Das war, wenn ich mich nicht irre, im September 2007. Die unten angegebene Adresse stimmte nicht mehr. Ich habe versucht, ihn durchs Internet zu finden. Es waren vier Männer unter diesem Namen, zwei davon Professoren. Endlich habe ich gefunden und um seine E-Mail gebeten. An seine elektronische Adresse habe ich die erste Variante meiner Abhandlung in Russisch gesendet. Keine Antwort bekommen. Dann wieder geschrieben und wieder keine Antwort. Das wundert mich nicht. Aber was sich aufs falsche Zitat bezieht, schlage ich meine Hypothesis vor: Der Fälscher hat einen Satz aus „Zur Geschichte des Urchristentums“, Kapitel 2, genommen und darauf das aufgebaut, was er wollte. Der echte Text bei Engels lautet: „Neue Funde namentlich in Rom, im Orient, vor allem in Ägypten werden viel mehr dazu beitragen als alle Kritik“ (Karl Marx/Friedrich Engels – Werke. (Karl) DietzVerlag, Berlin. Band 22, 3. Auflage 1972, Seite 456). Und wie immer in seiner Schrift gibt der Fälscher fast keine Angaben zu Titeln der Werke, Seiten, wo sich die Funde befinden, also kein Konkretum. Er sollte sagen, im Vorwort zu welchen Aufsätzen so eine schokierende Bekenntnis steht. Und bezüglich auf den Fall mit Engels möchte ich Folgendes sagen: In Deutschland gibt es herrliche Möglichkeiten für Zugang zur Literatur – das weiß ich aus persönlicher Erfahrung. Lernt Ihr Deutschen reichsten Ozean Eures Gedankengutes und wartet nicht darauf, daß ein Kanaker Euch darauf hinweist.
Dann geht bei Pseudobeletzkij eine Reihe erdichteter Zeugen der Auferstehung. Einwand: Es gibt verschiedene Abschriften und Abdrücke der Fälschung. Davon hängen Fehler, verschiedene Namensformen realer und erdichteter Personen ab. Unter den erdichteten kommt hier zuerst Labirinthios (in anderen Kopien Labirithios, Labirinios). Keine Erwähnung dieses Namens in Nachschlagenwerken.
Pseudobeletzkij: Hermidij, ein offizieller Biograph des Pilatus. Seine Aufzeichnungen enthielten „eine Vielzahl von zuverlässigen Angaben zur Geschichte Palästinas und Roms“ und sie seien „die Grundlage der Geschichte von Judäa“. Einwand: Es ist nichts überhaupt von irgendeinem Biographen des Pilatus bekannt, auch von Hermidij mit seinen ausgedachten Aufzeichnungen. Der christliche Fälscher weiß nicht, daß als Grundlage der Geschichte Palästinas und seines Teils Judäas die Bibel und die Werke des Flavius dienen. Vom letzteren im Artikel „Josephus Flavius“ in der Wikipedia steht geschrieben: „Für die Zeit danach, also die Zeit der Makkabäer und Hasmonäer und vor allem für das 1. Jahrhundert vor und nach Christus, also die Zeit von Herodes dem Großen und seiner Söhne und für das Urchristentum, ist er unsere wichtigste Quelle…“ Etwas weiter: „Mangels anderer zeitgenössischer Quellen aus Judäa und Galiläa stützt sich Eusebius von Caesarea in seiner Kirchengeschichte fast ausschließlich auf die Angaben von Josephus… Josephus ist für Eusebius sozusagen der Kronzeuge für die Ereignisse zu Lebzeiten Jesu und für die Zeit des Urchristentums“. Aineas bemerkt richtig, daß der Name Hermidij sich russisch anhört. Ich sage dabei, das stimmt nur in Bezug auf den Suffix. Die Wurzel des Wortes ist mir nicht klar, auf jeden fall nicht russisch. Aber die russische Form besagt nichts, da es im Russischen typisch ist, die Endungen –os, -us. –um in griechisch-lateinischen Wörtern, auch Namen wegzulassen wie auch in meinem Vornamen.
Pseudobeletzkij: Der bekannte Historiker Schebelev schreibt über Hermidij, er berichte über alles mit der leidenschaftsloser Genauigkeit eines Fotoapparates. Einwand: Sergej Alexandrowitsch Zhebjeljow (so ist genauer; der erste Laut seines Nach namens wie im Wort Journal; die Betonung fällt auf die erste Silbe; Lebensjahre 1867 – 1941) war Historiker und Philologe an der Universität Sankt-Petersburg, Übersetzer von Aristoteles und anderer antiken Autoren. Wer von den Verbreiter der Fälschung kennt mindestens die Titel seiner Werke, geschweige denn sie gelesen? Ich aber habe sein Buch „Die kanonische und apokryphische Evangelien“ (1919) (
http://khazarzar.skeptik.org/books/index.htm ) und seinen Artikel „Christus der Tischler“ in der Zeitschrift „Christianskij Wostok“ („Der christliche Orient“), Band VI, Jahr 1922. Seine Werke „Apostel Paul und seine Sendbriefe“ (1922) und „Die archäologische Chronik des hellenischen Orients“ (ohne Erscheinungsjahr) habe ich sorgfältig durchgesehen. Kein Hermidij, kein solches Zitat. Dafür gibt`s was anderes im Buch „Apostel Paul und seine Sendbriefe“, Kapitel „Streit über die Auferstehung“, S. 19: „Die Worte des Apostels Paul im 1. Sendebrief an die Korinther (15:14) gelten als wahr, doch historisch unbeweisbar, denn das, was in Wirklichkeit mit Jesu nach seinem Tode geschah, bleibt in Dunkel mangels historischen Quellen. Historische Frage fängt mit dem Problem des leeren Grabes, dem historische Beweise fehlen“ (hervorgehoben von mir). Auf Seite 8 seines Buches „Die kanonische und apokryphische Evangelien“ schreibt er: „…das Evangelium bleibt unsere Hauptquelle, fast einzige Quelle für die Darstellung der Biographie Christi…“. Außerdem ist in meinem Besitz eine Bibliographie dieses Wissenschaftlers, die 294 Schriften enthält. Und nichts weist darauf hin, daß etwas den Behauptungen Pseudobeletzkijs ähnlich ist.
Vorobjevskij (Anm. 5): „Kurz vor der Verurteilung Christi waren die Münzen in Judäa auf der einen Seite mit einer großen Abbildung des Kaisers geprägt, auf der anderen Seite mit einem kleinen Profil des Pilatus“. Einwand: Numismatiker bestreiten das; die Münzenkataloge und Museen enthalten keine solchen Münzen.
Pseudobeletzkij: Der Syrer Ejschu behandelte Pilatus, war so bedeutend wie Hippokrates Celsius, Leonardo da Vinci und Vesarius (richtig: Vesalius; Pseudobeletzkij schreibt den Namen treu - hervorgehoben von mir), kennzeichnete eine ganze Epoche in der Wissenschaft. „Nur die wenig bekannte Sprache, in welcher er schrieb, störte sein Bekanntwerden“, so Pseudobeletzkij. Einwand: Fragt einen beliebigen Arzt, ob er je über so eine hervorragende Person gehört hat, und welche Antwort ihr bekommt, könnt Ihr schon selbst verstehen… Was? Nur die wenig bekannte Sprache störte sein Bekanntwerden? Und was ist das für eine interessante Sprache, hat sie überhaupt einen Namen? Natürlich nicht, weil es Pseudobeletzkij schrieb – wie immer nicht konkret. Und der Abschnitt enthält einen inneren Widerspruch: Ejschu kennzeichnete doch eine ganze Epoche, ist den bekanntesten Gelehrten gleich, nach Behauptungen vom Fälscher, und zugleich wurde nicht anerkannt. Pseudobeletzkij bemerkte zugleich die Tatsache nicht, daß Celsius der erste Christentumkritiker war, den die Geschichte kennt, sonst hätte ihn wohl Pseudobeletzkij im positiven Kontext nicht erwähnt.
Pseudobeletzkij: Das Akademiemitglied V. P. Vuzeskul: Die Historizität Jesu ist so zuverlässig wie die Iwans des Schrecklichen und Peters des Großen und zuverlässiger als die von Pilatus; Cäsar, Nero. Einwand: Es gibt zwei Varianten der Fälschung, in denen der Name des erwähnten Wissenschaftlers und ein falscher Anfangsbuchstabe geschrieben sind. Eine davon benutzte Vorobjevskij. In der anderen steht V. D. Beseskul. Realität ist wie folgt: Wladislaw Petrowitsch Buseskul (der Name ist rumänisch-moldauisch, deswegen soll Buzescul geschrieben werden), Lebensjahre 1858 – 1931, war Akademiemitglied, Professor an der Universität Charkow (ukrainisch: Charkiw), Kenner der Antike. Seine „Einführung in die Geschichte Griechenlands“ (1915) bleibt bis heute die beste in der Weltwissenschaft. Seine Werke „Historische studien“ (1911), „Entdeckungen im XIX und Anfang des XX Jahrhunderte im Bereich der Geschichte der alten Welt“ (1924), „Entdeckungen im Bereich der chettitischen Kultur und „Chettitische Frage“ (Zeitschrift „Wissenschaft in der Ukraine“, # 2, Jahr 1922, S. 29 - 37). Das Chettische Reich befand sich unweit Kappadokien, wo obenerwähnte angebliche Entdeckungen gemacht wurden. In diesen Werken gibt es angeführte, angeblich von Buzescul ausgesprochene Äußerung nicht. Dasselbe lassen seine Artikel „Entdeckungen und wissenschaftliche Ereignisse in den letzten Jahren im Bereich der Erforschung des Alten Orients“ (Zeitschrift „Orientalische Welt“, # 7, Jahr 1927, S. 120 – 137) sowie „Die ältesten in der Welt Bibliotheken und Archive“ (Zeitschrift „Wissenschaft in der Ukraine“, # 4, Jahr 1922).
Dazu verfüge ich über die 1946 erschienene Bibliographie seiner Arbeiten aus 186 Titeln (gedruckt in „Mitteilungen über Alte Geschichte“, # 4, Jahr 1946) und 2008 erschienene „Liste der gedruckten Schriften von W. P. Buzescul“. Keine Angaben, daß er sich überhaupt mit dem Christentum beschäftigte.
Pseudobeletzkij und Vorobjevskij: Eine Reihe von Autoren, deren Namen sich je nach Varianten der Kopien unterscheiden. Einwand: alle sind ausgedacht. Nirgendwo kann man sie finden – nur hier. Meine Erklärung lediglich zu einem Namen: Konstantin aus Kirsk. Das klingt fast wie Kursk, wo 1943 die größte Panzerschlacht der Geschichte stattfand. Bei Pseudobeletzkij Konstantin Tirskij. Das bedeutet Konstantin aus Tir, der Stadt in Phönizien (der heutige Libanon). Mit Hilfe des Suffixes –sk kann man in den slawischen Sprachen Stadt- und Menschennamen bilden. So wurde bei Kopierung der Stadtname Tir zu Kir enstellt und weiter wurde der Menschenname Tirskij zu Kirskij gemacht und vom letzteren den falschen Stadtname Kirsk statt Kir gebildet.
Jetzt aber möchte ich detailierter in die Frage nach „zuverlässigen“ jüdischen Autoren eingehen. Hier zeige ich doch Verschiedenheiten in ihren Namen bei Vorobjevskij (hier: V) und Pseudobeletzkij (hier: PB). Also V: Urist Gamijanin – PB: Urista Galilejanin, d. h. aus Galiläa; V: Gapon aus Mesopotanien – PS: Ganon Mesopotamskij; V: Fernam aus Sarepta – PB: Fernan [Ferman] aus Sarepta; V: der Arzt Manakija – PB: der Arzt Mananija. Gesondert will ich von Scherbun-Otoe, so bei Vorobjevskij, sagen. Bei Pseudobeletzkij steht Scherbrum otetz, d. h. Scherbrum der Vater. Beim Abschreiben hat jemand wohl die Hand nicht verstanden, und so wurde der Gattungsname otetz in den vielleicht bis dahin nicht existierten Eigennamen Otoe verwandelt.
Pseudobeletzkij: Maferkant (bei Vorobjevskij Miferkant) war einer der Mitglieder des Synedriums, der Schatzmeister. Er gab dem Judas 30 Silberlinge. Vorobjevskij führt dazu als Angabenquelle den Traktat Sanhedrin, Kapitel 6, der ein Teil des Talmuds ist. Er hat Ereignisse, die mit der Auferstehung Christi verbunden sind, in seinem Werk „Über die Herrschen Palästinas“ beschrieben, welches zu den wertvollsten und glaubwürdigsten Quellen aus der Geschichte Palästinas zählt. Einwand: Es gibt eigentlich zwei Fassungen des Talmuds – babylonische und jerusalemische. Ich habe den ganzen Sanhedrin in der babylonischen Fassung durchsucht und keinen Maferkant (Miferkant) gefunden. Man sieht, daß Vorobjevskij wohl den Talmud nicht kennt. Maferkant kann man in keiner Quelle finden, seinen angeblichen Aufsatz auch nicht.
Vorobjevskij: „…nach den Berechnungen des weltweit bedeutendsten Kenners der römischen historischen Literatur, des Mitglieds der Akademie, Petuschin, beläuft sich die Zahl der glaubwürdigen Zeugnisse über die Auferstehung Christi auf über 210. Aber nach unseren Berechnungen ist diese Zahl noch weitaus größer, nämlich 230, da man zu den Angaben Petuschins noch die historischen Funde hinzuzählen muß, die nach dessen Veröffentlichung entdeckt wurden“. Einwand: Das Akademiemitglied ist Vorobjevskij und anderen bekannt (wie auch Buzescul und andere Wissenschaftler, die im vollen Text des Pseudobeletzkijs erwähnt werden), daß die letzteren die richtegen Namen nicht kennen. Unter Petuschin ist hier Iwan Wjatscheslawowitsch Netuschil (1850 – 1928) versteckt. Das ist ein tschechischer Name, deswegen wäre es besser ihn Netušil schreiben. Solche Namen sind für die Russen und Ukrainer ungewöhnlich, aber ganz russisch klingt Petuschin. Das alles besagt auch, daß Vorobjevskij seine Werke nicht kennt. Netušil ist in Tschechien aufgewachsen, dann in Charkow umgezogen, wo er 1919 sogar zum Rektor wurde. Seine Schwerpunkte waren lateinische Philologie und römische Geschichte. Ich habe seine Bücher „Übersicht der römischen Geschichte“ (1916) und „Kurze Übersicht der Erarbeitung der römischen Geschichte“ (1916) genommen. Keine Angaben zum Christentum. Um zu verstehen, ob Netušil so was behaupten konnte, sehen wir in den Nekrolog ein, den ihm Buzescul und Zhebjeljow gewidmet und am 16. Mai 1928 vorgelesen haben („Iwan Wjatscheslawowitsch Netušil (1850 – 1928)“ //Mitteilungen der Akademie der Wissenschaften der UdSSR. Abteilung für Geisteswissenschaften. 1928. # 4. S. 259 – 274). Auf Seite 266 steht geschrieben: „Wir begehen keinen Fehler, wenn wir sagen, daß I. W. Netušil bei seinen Studien der römischen Altertümlichkeiten und der römischen Geschichte hauptsächlich als Philologe arbeitete (Philologe – nicht Historiker! – hervorgehoben von mir)… Historisch-philologische Arbeiten I. W. Netušils bezihen sich fast ausschließlich zur Anfangsperiode Roms“ (unterstrichen von mir). Auf Seite 271 teilen sie mit, daß das letzte Werk des Verstorbenen „Geschichtliche Übersicht der Elemente der römischen Religion“ (1919) zum Druck vorbereitet war. Dann führen die Verfasser des Nekrologs die Titel und den Inhalt der Kapitel an. Daraus ist ersichtlich, daß Netušil sich mit der Auferstehung Christi nicht befasst. Aber die Handschrift selbst ist verlorengegangen und ihr Schicksal bleibt unbekannt. Und wenn Netušil über solch eine Zahl der Zeugnisse verfügt hätte, wäre er wohl ein überzeugender Christ. Aber auf Seite 259 können wir lesen: „Doch zur Theologie war I. W. Netušil nicht veranlagt. Er war dem Fanatismus sehr fremd, im Bereich der Religion war er eher ein Skeptiker und dem Glaubensunterschied war sehr indifferent“. Außerdem machte ich Bekanntschaft per Telefon mit dessen Urenkeln. Der Urenkel lebt jetzt in Moskau, die Urenkelin – in Deutschland. Die beiden wußten nicht, daß der Name ihres Urgroßvaters so ausgenutzt wurde. Und vor einem halben Jahr habe ich aus Charkow einen vorläufigen Entwurf der Bibliographie der Werke von Netušil, der aus 167 Titeln besteht. Nichts zeigt an, daß Netušil die Auferstehung Christi erforschte.
Vom Pseudobeletzkij-Problem habe ich zweimal Vorträge gehalten. Zuerst habe ich vom 31. Oktober bis zum 2. November 2007 an der IX. Zhebjeljow-Konferenz an der Fakultät für Geschichte der Universität Sankt-Petersburg und danach vom 10. bis zum 11. Oktober 2008 an der Fakultät für Geschichte der Universität Charkow teilgenommen. Die Wissenschaftler in den beiden Konferenzen haben erst von mir über Pseudobeletzkij erfahren.
Vorobjevskij – wie viele andere - kommt auf die enorme Blindheit, seiner Meinung nach, der Juden Chritus gegenüber. Meine Erklärung: Alles ist einfach. Die menschliche Psychologie ist so, daß sich die Menschen selten für die inneren Gründe der Taten ihrer Mitmenschen ernst interessieren, sie befriedigen sich mit ihren psychologischen Einstellungen, ihren Vorurteilen. Warum herrschen unter verschiedenen Völkern verschiedene Religionen, Bräuche oder politische Ideologien? Was, alle klugen und gebildeten versammelten sich nur in einem Ort, bei einem Volk? Natürlich nicht. Es herrschen bloß Gewohnheiten, mangelnder Wille, den anderen zu verstehen, Trägheit, geistige und mentale Beschränktheit.
Man muß die Juden bloß fragen und nicht unterbrechend anhören. Sachkundige natürlich. Und das gilt für die Beziehungen zwischen einzelnen Menschen. Aber die menschliche Natur ist unverbesserlich. Alles bleibt wie bis dahin. Und die Juden sind nicht besser.
Wenn jemand über „die enorme Blindheit der Juden Chritus gegenüber“ doch erfahren will, nehme das größte wohl polemische Werk der Juden „Hizzuk emuna“ („Befestigung im Glauben“), das 1593 von Jizchak ben-Abraham Troki in Litauen verfaßt wurde (es gibt zweisprachige iwrith-deutsche Ausgabe von 1873).
Soweit ich. Nieder mit der Antiwissenschaft!
Arkadij Grin, (bis vor kurzem) Dozent der Metschnikow-Universität
Odessa (Ukraine)