kuno7 schrieb:Richtig, wobei der Gates ja durchaus bereit is, sein Vermögen großteils der Gesellschaft zurückzugeben.
Die Logik hier ist etwas verquer.
Das Problem ist ja nicht das Milliardäre böse Menschen sind, genauso wenig wird das Problem gelöst wenn Milliardäre ihre Vermögen abgeben oder für Gemeinnützige Zwecke verwenden.
Das Problem an Milliardären ist viel mehr die Ursache für ihre Existenz.
Milliardär wird man nicht über Gehalt. Selbst Topmanager die dutzende Millionen im Jahr verdienen müssten mehrere Lebzeiten lang arbeiten um Milliardär zu werden.
Milliardär wird man indem man ein Marktsegment erobert und die gesamte Wertschöpfung, die in diesem Marktsegment vorhanden ist, abzwackt.
Das bedeutet, dass man sich gegen jede Menge Konkurrenz um genau diese Wertschöpfungsketten durchsetzen muss und das funktioniert in der Regel nur, wenn man die Arbeiter in diesen Wertschöpfungsketten maximal ausbeutet, denn das steigert Margen und dementsprechend zieht man dann mehr Investitionen an.
Das Problem ist also das System, dass die Ausbeutung von Arbeitern fordert(wer es nicht macht wird sich nicht durchsetzen können) und Wertschöpfung nicht einigermaßen gleichmäßig an die Arbeiter in den Wertschöpfungsketten verteilt, sondern die Wertschöpfung fast exklusiv an Anteilseigner ausschüttet um mehr Investitionen anzuziehen.
Dieses grundlegende Problem in der Art wie unsere Wirtschaft funktioniert lässt sich NICHT ohne einen Systemwechsel beheben.
kuno7 schrieb:Zu allererst mal eine wirkliche Bedürftigkeit. Das Gießkannenprinzip eines BGE führt imho zu Fehlanreizen im Arbeitsmarkt.
Da stimme ich zu.
Der deutsche Sozialstaat blickte in den letzten Jahren auf ein Budget, dass sich im Bereich um 900 Mrd. Euro bewegte, was pro Kopf pro Jahr etwa 11.000€ sind, durchschnittlich.
Angenommen man würde dieses Sozialbudget also in Form eines BGE gleichmäßig an alle auszahlen, so bekäme jeder Bürger knapp 1000€ pro Monat.
Stattdessen wird es aber über Sozialsysteme nur im Falle von Bedürftigkeit ausgezahlt.
Das ist offensichtlich besser.
Wenn überhaupt sehe ich BGE unabhängig von Grundsicherung und Bedürftigkeit.
Es soll hier darum gehen die Allgemeinheit grundsätzlich am gesellschaftlich erwirtschafteten Wohlstand teilhaben zu lassen. Das ist eine Frage der Gerechtigkeit. Wertschöpfung ist nicht Resultat individuellen Engagements, sondern Resultat gesellschaftlicher Rahmenbedingungen zu denen jeder seinen Teil beiträgt, ob als Arbeitnehmer, Arbeitgeber, Konsument, Wähler oder einfach nur Mitmensch. Diese Beiträge zur Wertschöpfung werden in unseren Verteilungsschlüsseln die über Arbeit und Investitionsvolumen funktionieren, nicht berücksichtigt. Das ist eine große Ungerechtigkeit.
Zum Anderen geht es darum ökonomische Zwänge als Grundlage menschlichen Verhaltens abzubauen, dabei reicht es nicht bloße Bedürftigkeit zu decken. Demokratisierung des Kapitals kann erreicht werden während sich gleichzeitig individuelles Engagement, Fleiß und Talent auszahlen.
Im Grunde wäre es so als würde man in der Wohlstandverteilungskurve die oberen und unteren 10% einfach wegnehmen.
kuno7 schrieb:Da gehe ich durchaus mit, es fragt sich allerdings durch welche Alternative das heutige System ersetzt werden soll. Die Enteignung von Unternehmern und ein sogenanntes Volkseigentum hat schon mal nich so gut geklappt.
Ja, ne. Die kapitalistische Marktwirtschaft ist zu effizient als dass Planwirtschaftliche Alternative eine Chance gegen sie hätten.
Im Grunde geht es nur darum den Kapitalismus als Werkzeug gezielt einzusetzen anstatt ihn als Ideologie zu verstehen und fanatisch am Dogma des allwissenden freien Marktes zu hängen.
kuno7 schrieb:Meiner Meinung nach geht es vielleicht über Teilhabe. Der Staat könnte über Steuern (Erbschaftssteuer, Vermögenssteuer) die oberen Spitzen kappen und nach untern umverteilen. Diese Mittel sollten dann aber möglichst nich verkonsumiert, sondern Vermögens bildend investiert werden (Immobilien, Unternehmensanteile, eigenes Unternehmen). So würden auch die unteren Einkommensschichten vom steigenden Wohlstand profitieren können.
Teilhabe und Investitionen sind der Schlüssel.
Wie genau sich das international regulieren lässt steht noch in den Sternen. Sinnvolle Ansätze funktionieren über Verteilungsschlüssel die die Wertschöpfung verschiedener Marktsegmente analysieren und auf Basis davon Rahmen für die Verteilung setzen.
Gleichzeitig müssen Investitionen reguliert werden. Zum einen sollten Industrien ihre Nachhaltigkeit nachweisen können um für Investitionen in Frage zu kommen, zum anderen müssen Industrien in Wachstums und Subsistenzindustrien gegliedert werden.
Staatliche Regulation sollte hierbei vor allem auf wissenschaftlicher Grundlage stattfinden, nicht auf Ideologischer.
Seit 40 Jahren wird die Politik von ökonomischen Imperativen gesteuert, es wird zeit ökologische und soziale Imperative anzusetzen.
Das funktioniert in unseren marktwirtschaftlichen Systemen.
kuno7 schrieb:Ein Problem dabei stellt allerdings der internationale Steuerwettbewerb da
Denke ich mir auch oft. Nicht nur internationaler Steuerwettbewerb sondern generell internationaler Wettbewerb.
Die Sache ist, dass Europa und die USA das durch ihr Wirtschaftliches Gewicht durchaus in der Hand haben. Wenn wir uns ändern wird die Welt folgen.
kuno7 schrieb:Außerdem herrscht in Deutschland, vor allem im unteren Einkommenssegment eine sehr schlechte Finanzbildung vor, zusätzliches Einkommen würde wohl allem verkonsumiert werden.
Was ja egal wäre wenn Konsum als notwendiger Schritt der Wertschöpfung verstanden und vergolten wird.
Klingt zwar kontraintuitiv aber Konsum ist genauso Teil der Wertschöpfung wie Arbeit. Die Tatsache, dass nur eines davon "entlohnt" wird ist historisch bedingt, aber rational betrachtet absurd.
kuno7 schrieb:Dieser Prozess is aber nich neu, er herrscht schon seit langer Zeit vor, allerdings tritt er beschleunigt auf.
Das der Wegfall von heutigen Arbeitsplätzen durch neue kompensiert wird glaube ich auch nich, muss aber auch gar nich, denn man kann ja die Arbeitszeit weiter runter fahren, wie es auch schon seit Jahrzehnten üblich is.
Die Grundlage der steigende Ungleichheit ist die Tatsache, dass Produktivität und Wirtschaft seit dem 2. Weltkrieg praktisch ununterbrochen wachsen, während Reallöhne seit 1980 praktisch stagnieren.
Menschen müssen deutlich weniger Arbeiten (3 Tage pro Woche maximal), sie müssen dabei mehr verdienen und externe Umverteilungsmechanismus müssen zusätzlich große Teile des Wertschöpfungsvolumens abgreifen.
Klingt utopisch, ist aber durchaus möglich, wenn man die Kuchenstücke der Anteileigner verkleinert.
Aktuell sind die Kuchenstücke der Anteilseigner allerdings permanentem Wachstumzwang ausgesetzt um im Wettbewerb um Investitionsvolumen mithalten zu können. Die Leidtragenden sind Arbeitnehmen und die Umwelt, die zum Zwecke der Befriedigung der systemisch veranlagten Gier der Investoren wie selbstverständlich ausgebeutet werden.
Das ist eine absolut pathologische Entwicklung die jede Gesellschaft und jedes Ökosystem innerhalb weniger Generationen zerstören wird, und deswegen vom Staat unterbunden werden muss.
kuno7 schrieb:Ok, das Ganze is jetz schon recht OT, weshalb ich auf die weiteren Punkte nich auch noch gesondert eingehen möchte.
Ist meiner Meinung nach ganz und gar nicht OT.
Das ist der Kern um den sich die Debatte ums BGE drehen sollte.
Wertschöpfung und Umverteilung. Investitionen und Nachhaltigkeit.