Müllhalde Arbeitnehmerdatenschutz
Twister (Bettina Winsemann) 06.04.2009
Private Daten gleich seitenweise im Müllcontainer - der Discounter Lidl macht erneut durch Datenschutzverletzungen auf sich aufmerksam.
Gerade ein Jahr ist es her, dass Lidl durch seine fragwürdige Kameraüberwachung der Mitarbeiter ins Fadenkreuz der Datenschützer geriet. Medienträchtig wurde Besserung gelobt und der ehemalige Bundesdatenschutzbeauftragte Dr. Joachim Jacob als Berater für Datenschutzbelange eingesetzt. Dr. Jacob sprach denn auch von einem "Neubeginn", als die Videokameras fürs Erste ausgeschaltet blieben. Doch die in einem Müllcontainer aufgefundenen Datenblätter lassen Zweifel daran aufkommen, dass die Persönlichkeitsrechte von Mitarbeitern tatsächlich stärker beachtet werden als zuvor.
Von Toilettengängen, Stirnbändern und fehlenden Betriebsräten
Wenn es um die Privatsphäre seiner Mitarbeiter ging, so hat sich Lidl bisher wenig positiv hervorgetan. Ver.di hat sich in seinem [extern] Schwarzbuch Lidl ausgiebig mit den Praktiken des Unternehmens auseinandergesetzt. Von systematischem Drill, der Abteilungsleiter schon einmal die Spinde der Mitarbeiter aufbrechen ließ, um gegebenenfalls Diebesgut zu entdecken, war die Rede, von Testkäufern, die peinlich genau darauf achteten, dass das "Dankeschön und auf Wiedersehen" auch in angemessenem Tonfall über die Lippen der Kassiererinnen kam, von protokollierten Toilettengängen und der gezielten Verhinderung von Betriebsratsgründungen. Besondere Empörung löste die Behandlung von tschechischen Mitarbeiterinnen aus, die Stirnbänder während ihrer Menstruation trugen, um während der Arbeitszeit die Toilette aufsuchen zu dürfen. Im Jahre 2004 erhielt Lidl den [extern] Big Brother Award in der Rubrik [extern] Arbeitswelt für den "nahezu sklavenhalterischen Umgang mit seinen Mitarbeitern", wie es in der von Rena Tangens gehaltenen Laudatio hieß.
http://www.heise.de/tp/r4/artikel/30/30084/1.html