Somalia vs. Äthiopien
21.01.2007 um 18:39Auf nach Somalia?
Chaos im besetzten Mogadischu
Von KnutMellenthin
Drei Wochen nach der Besetzung Mogadischus durch äthiopischeTruppen herrscht in
der somalischen Hauptstadt mehr das Chaos als die sogenannteÜbergangsregierung. Milizen
konkurrierender Warlords haben wieder die Kontrolle überStadtteile und Straßen
übernommen, wo sie Wegezoll eintreiben und Warentransporteplündern. Am Donnerstag
meldete die »Übergangsregierung«, drei Warlords mit ihrenMilizen hätten sich ihr
unterstellt und ihre Waffen übergeben. Schon in dervergangenen Woche hatte die
»Übergangsregierung« ein Friedensabkommen mit fünfKriegsfürsten geschlossen. Es handelt
sich um dieselben, die im vergangenen Jahr biszu ihrer Vertreibung durch die UIC (Union
der Islamischen Gerichte) Anfang Juni einSchreckensregiment in Mogadischu ausgeübt
hatten. Finanziert und beraten wurden sievom US-Geheimdienst CIA.
In Wirklichkeit
geht es um die alte Frage, wer Pferd istund wer Reiter. Bis zur massiven Intervention
Äthiopiens Mitte Dezember hatten diemilitärischen Einheiten der »Übergangsregierung«
kein einziges Gefecht gegen die UIC(Union der Islamischen Gerichte) gewonnen, die damals
den größten Teil Somaliaskontrollierte. Mit anderen Worten: Die »Übergangsregierung«
verfügt über keinenennenswerten eigenen Streitkräfte. Je mehr Warlords sich ihr
»unterstellen«, umsomehr wächst deren Macht.
Die Herrschaft der
»Übergangsregierung« beruht praktischausschließlich auf der Präsenz der äthiopischen
Besatzungstruppen. Die aber sind beiden meisten Somalis verhaßt. Die neu eingesetzte
Verwaltung der Provinz Banadir, inder Mogadischu liegt, hat als erstes den schnellen
Abzug der Äthiopier gefordert. Fasttäglich gibt es bewaffnete Angriffe auf die
Besatzungstruppen. Ihre baldige Ersetzungdurch eine afrikanische
»Stabilisierungstruppe«, für die der UN-Sicherheitsrat schonam 6. Dezember grünes Licht
gegeben hatte, ist jedoch nicht in Sicht. Außer Uganda,das 800 bis 1000 Soldaten
zugesagt hat, hat sich noch kein einziger Staat zurEntsendung von Truppen bereit
erklärt. Ohnehin dürfte der bisher beschlossene Umfangder »Stabilisierungstruppe« –8000
Soldaten – weit hinter den Erfordernissenzurückbleiben: Bei ihrer Mission 1992–95 hatte
die UNO 30000 Soldaten im Einsatz – undscheiterte. Damals stellten die USA das größte
Kontingent; die Bundeswehr war mit 1700Soldaten beteiligt.
Der Chefaußenpolitiker
der EU, Javier Solana, hat inzwischenwiederholt den Gedanken einer erweiterten
»Friedenstruppe« der Vereinten Nationen insGespräch gebracht. Er würde das kaum tun,
wenn es nicht schon Diskussionen über eineeuropäische Beteiligung gäbe. Wie immer hinter
verschlossenen Türen, streng geheim.Das Thema betrifft vermutlich auch die Bundeswehr.
Und keinBundestagsabgeordneter fragt mal öffentlich nach?
junge Welt,
19.01.07
Chaos im besetzten Mogadischu
Von KnutMellenthin
Drei Wochen nach der Besetzung Mogadischus durch äthiopischeTruppen herrscht in
der somalischen Hauptstadt mehr das Chaos als die sogenannteÜbergangsregierung. Milizen
konkurrierender Warlords haben wieder die Kontrolle überStadtteile und Straßen
übernommen, wo sie Wegezoll eintreiben und Warentransporteplündern. Am Donnerstag
meldete die »Übergangsregierung«, drei Warlords mit ihrenMilizen hätten sich ihr
unterstellt und ihre Waffen übergeben. Schon in dervergangenen Woche hatte die
»Übergangsregierung« ein Friedensabkommen mit fünfKriegsfürsten geschlossen. Es handelt
sich um dieselben, die im vergangenen Jahr biszu ihrer Vertreibung durch die UIC (Union
der Islamischen Gerichte) Anfang Juni einSchreckensregiment in Mogadischu ausgeübt
hatten. Finanziert und beraten wurden sievom US-Geheimdienst CIA.
In Wirklichkeit
geht es um die alte Frage, wer Pferd istund wer Reiter. Bis zur massiven Intervention
Äthiopiens Mitte Dezember hatten diemilitärischen Einheiten der »Übergangsregierung«
kein einziges Gefecht gegen die UIC(Union der Islamischen Gerichte) gewonnen, die damals
den größten Teil Somaliaskontrollierte. Mit anderen Worten: Die »Übergangsregierung«
verfügt über keinenennenswerten eigenen Streitkräfte. Je mehr Warlords sich ihr
»unterstellen«, umsomehr wächst deren Macht.
Die Herrschaft der
»Übergangsregierung« beruht praktischausschließlich auf der Präsenz der äthiopischen
Besatzungstruppen. Die aber sind beiden meisten Somalis verhaßt. Die neu eingesetzte
Verwaltung der Provinz Banadir, inder Mogadischu liegt, hat als erstes den schnellen
Abzug der Äthiopier gefordert. Fasttäglich gibt es bewaffnete Angriffe auf die
Besatzungstruppen. Ihre baldige Ersetzungdurch eine afrikanische
»Stabilisierungstruppe«, für die der UN-Sicherheitsrat schonam 6. Dezember grünes Licht
gegeben hatte, ist jedoch nicht in Sicht. Außer Uganda,das 800 bis 1000 Soldaten
zugesagt hat, hat sich noch kein einziger Staat zurEntsendung von Truppen bereit
erklärt. Ohnehin dürfte der bisher beschlossene Umfangder »Stabilisierungstruppe« –8000
Soldaten – weit hinter den Erfordernissenzurückbleiben: Bei ihrer Mission 1992–95 hatte
die UNO 30000 Soldaten im Einsatz – undscheiterte. Damals stellten die USA das größte
Kontingent; die Bundeswehr war mit 1700Soldaten beteiligt.
Der Chefaußenpolitiker
der EU, Javier Solana, hat inzwischenwiederholt den Gedanken einer erweiterten
»Friedenstruppe« der Vereinten Nationen insGespräch gebracht. Er würde das kaum tun,
wenn es nicht schon Diskussionen über eineeuropäische Beteiligung gäbe. Wie immer hinter
verschlossenen Türen, streng geheim.Das Thema betrifft vermutlich auch die Bundeswehr.
Und keinBundestagsabgeordneter fragt mal öffentlich nach?
junge Welt,
19.01.07