Atrox schrieb am 21.05.2018:Es geht doch um eine Abschaffung der Grenzen und einer kulturellen Homogenisierung. Eine gemeinsame Linie und Verwaltung ohne die Abschaffung der Souverinität einzelner Staaten halte ich ebenso für sinnvoll.
Du kannst nicht ein souveränes Europa haben und gleichzeitig die Souveränität der Einzelstaaten erhalten. Wenn Macht = 1 ist, dann wäre eine doppelte Souveränität =2, es gibt aber keine doppelte Macht. Je souveräner Europa wird, umso unsouveräner müssen die Einzelstaaten werden, oder andersrum, je souveräner die Einzelstaaten bleiben, umso mehr wird ein einiges Europa ein Traum bleiben. Aus 100 Euro kannst du nicht weil du es gerne so hättest, 200 Euro machen, auch wenn du 200 Euro auf den 100 € Schein schreibst. Der 200 € Schein sieht anders aus. Aber ich weiß aus der Summe der gelesenen Threads hier, dass die meisten die Staatenlösung gegenüber der Europalösung bevorzugen, und anderswo dürfte es nicht so ganz anders aussehen.
eckhart schrieb am 21.05.2018:Ich würde die zunehmende Abwehrhaltung gegen die EU registrieren und schauen ob denn diese Staaten wirklich so wenig auf die EU angewiesen sind (wie ich es auch jetzt schon so handhabe)
Übrigens würden die europäischen Staaten ohne EU "zweite Welt". Dann teilen sich die USA und China die Welt unter sich auf und wir werden Satellitenstaaten entweder der einen oder der anderen Supermacht, und wenn wir auf Neutralität bestehen und uns an keine der beiden Mächte anlehnen wollen, wird unsere Wirtschaft dermaßen den Bach runter gehen, dass wir nicht Zweite, sondern Dritte Welt werden. Diese Drohung muss von den USA gar nicht ausgesprochen werden, die steht längst im Raum, und nicht erst seit heute. Weil unsere Nationalstaaten schlichtweg zu klein und jeder für sich im Zeitalter der Globalismus zu klein sind. Auch die Schweiz ist nur scheinneutral, sie ist voll kapitalistisch, also an die USA angelehnt, daher ist ihre suboptimale Größe kein Nachteil; außerdem hat sie immer noch sehr verschwiegene Banken, ohne die kein großer Staat auskommen mag.
Atrox schrieb am 21.05.2018: Es geht nicht um Abgrenzung bei meiner Idee von Europa, sondern um den Erhalt von Diversität
Warum sollte die Diversität in einem "Bundesstaat Europa" verloren gehen? Sind die Bayern als Bundesland (statt Freistaat) keine Bayern mehr? Laufen sie auf ihren Trachtenfesten nicht mehr in Lederhosen und Tirolerhüten rum? Haben sie plötzlich ihren Dialekt verloren? Sind sie von den Friesen und den Sachsen nicht mehr unterscheidbar?
Tripane schrieb am 21.05.2018:Ich weiß nicht, ob man je daran gedacht hat, das alles mal richtig mit den anderen Staaten in einer "großen Zukuinftsprojektion" durchzusprechen. Was wollen wir gemeinsam, was wollen wir individuell. Das wäre meiner Meinung nach theoretisch optimale Anfang gewesen. Einfach mal Europa auszurufen, war vielleicht nach dem Eindruck des 2.WK der realistische mögliche Anfang. Dann hat man leider versäumt, irgendwann den Schwenk zu machen.
Ja, leider. Aber die Chance dazu besteht ja noch immer, solange es die EU noch gibt. Better late than never, wie der Ami sagt.
Atrox schrieb am 21.05.2018:Denn was soll den Portugiesen und den Litauer verbinden, wenn nicht ein europäisches Wir-Gefühl?
Wirtschaftliche, gesellschaftliche und individuelle Vorteile, und die münden dann im Lauf der Zeit nach und nach von selbst in ein Wir-Gefühl. Sowas braucht leider eher Generationen als Jahre. Die Kanadier und die Französisch-Kanadier (Québec) sind sich ja immer noch nicht grün, obwohl es den Staat schon seit 150 Jahren gibt. Anders als in den USA hat man sich eben (in Kanada) nicht von vornherein auf eine Sprache und auch sonst auf übergreifende Gemeinsamkeiten geeinigt. Und dennoch würde niemand Kanada einen zerrissenen Staat nennen, dann schon eher Irak oder Türkei.
Atrox schrieb am 22.05.2018:Regionale Autonomie hatten wir auch im Mittelalter. Ich sehe nicht wirklich, dass wir Anpassungsfähigkeit erreichen, wenn es mehr autonome Regionen werden. Im Gegenteil, ich glaube die Gräben würden tiefer werden
Das glaubst du, kannst es aber nicht begründen und belegen. Warum sollte man als Bayer oder als Westfale schlechter ein Europäer werden können denn als Deutscher? Gibt es keine Bayern und Westfalen mehr, seitdem es Deutsche gibt? Sprechen wir seit der Nationalstaatsgründung vor 150 Jahren über Nacht plötzlich keine Dialekte mehr, sondern nur noch Hochdeutsch? Die Realität sollte dich zum Nachdenken anregen.
kingari schrieb am 24.05.2018:Ja, aber ein geeintes Europa bedeutet eben nicht einen europäischen Bundesstaat.
Da fehlt noch ein Wort: "unbedingt". bedeutet nicht unbedingt einen europäischen Bundesstaat, schließt ihn aber auch nicht aus. Des GG ist diesbezüglich bewusst vage gehalten, um keine Option von vornherein auszuschließen. Finde ich sehr cool.
kingari schrieb am 24.05.2018:Also schließt es einen europäischen Bundesstaat aus, sondern legitimiert lediglich einen Staatenverbund von souveränen Staaten.
Das ist der Stand des Status quo. Auch Grundsätzlichkeiten verändern sich. wenn in der Bevölkerung der europäischen Staaten der Wunsch vorhanden ist, sich zu einem Bundesstaat zusammen zu schließen, wird es auch dazu kommen. Du schriebst ja weiter oben selber, dass wir dann eine neue (deutsche) Verfassung brauchen, zu deren Realisierung es wiederum eine 2/3-Mehrheit im Bundestag braucht. Die wären DANN, wenn es soweit ist, aber auch nicht ausgeschlossen, auch wenn AfD und CSU als typische Heimat- (CSU) bzw. Nationalparteien /AfD) wohl dagegen wären.
Atrox schrieb am 25.05.2018:Es gibt Staaten mit einem stark ausgebauten Sozialsystem, wie Deutschland und es gibt Staaten wo dies weniger der Fall ist. Beispielsweise Griechenland, wo es ein Jahr Arbeitslosengeld gibt und dann ist Schluss. Da gibt es keinerlei Grundsicherung. Ein Staat muss natürlich auch die Wirtschaft haben, um einen Sozialstaat zu unterhalten. Es wäre also kaum möglich die Grundsicherung in ganz Europa einzuführen, ohne dass die Nettozahler dafür gerade stehen müssen. Man kann sich also im Grunde nur auf etwas einigen, was für alle funktioniert. Dies wäre sicherlich keine Einigung auf das deutsche System, weil es eben recht teuer ist.
Dabei unterschlägst du die Tatsache, dass die Grundsicherung, gemessen an der Kaufkraft, in vielen europäischen Ländern wie Frankreich, Skandinavien und Großbritannien, höher ist also bei uns, wir also da nur im oberen Mittelfeld liegen. Im Lastenausgleich würden diese Länder also mehr in die Kasse einzahlen, um "Underdogs" wie Griechenland oder Südosteuropa zu helfen, als wir. Zudem sind das verhältnismäßig kleine Staaten, so dass sich von daher die Zusatzbelastung nicht allzu krass auswirken würde.
Atrox schrieb am 25.05.2018:Nach außen hin sehe ich aber durchaus Nachholbedarf. Gegenüber der USA und bald gegenüber China muss das europäische Wort Gewicht haben
Und das geht eben nur, wenn die EU nicht nur wirtschaftlich stark ist, sondern auch machtpolitisch, was leider auch heißt militärisch. Auch als Pazifist muss ich zugeben, dass wir da noch Nachholbedarf haben, auch wenn ich es insgesamt für die falsche Richtung halte. Denn in einer Hochzivilisation, die wir noch nicht sind, zählt weniger die Kriegskunst als die Kunst. aus divergenten Meinungen dennoch tragbare Kompromisse zu schließen.
Libertin schrieb am 25.05.2018:Interessant sind ja auch Überlegungen die schon zu Beginn der sogenannten Weltbürgerbewegung losgetreten wurden, in denen über eine hypothetische (demokratisch gewählte) Weltregierung nachgedacht wird.
Halte ich gar nichts von. Eine "Weltregierung", also oihne Widerpart von außen, ist per Definition "allmächtig" und wird daher sehr schnell eine totalitäre Macht, und im Wissenschafts- und Internetzeitalter kann das sehr unangenehm werden für deren gläserne Bürger. Selbst eine Semi-Weltmacht wie die USA entwickelt ja schon teilweise totalitäre Züge und möchte die ganze Welt nach ihrer Vorstellung umfrisieren. Man müsste sich vielmehr überlegen, was global geregelt werden soll (Ökonomie, Wissenschaft, ja auch die Sozialsysteme) und welche dezentrale, nicht monopolistische Kontrolle es darüber geben könnte. Politik sollte dann eher "Graswurzelpolitik" sein, also die jeweils kleinsten Einheiten (Stadtteile) sollten all das bestimmen, was sich innerhalb des Stadtteils regeln lässt, darüber die Stadt, der Bezirk, das Bundesland usw. Es wird also auch weiterhin den Bundesstaat (bei uns Bundesrepublik) als politische Einheit geben, aber nicht mehr als zentrale, tonangebende, und noch weniger zur Identifikationsbildung geeignet.
Elektrofisch schrieb am 30.05.2018:Ostwestfalen, Rheinländer, Hamburger, Schleswig-Holsteiner, Berliner, Sachsen, Saarländer, Schwaben und Bayern. Alle sind verschiedenste Stämme oder Völker, doch alle haben eines gemeinsam: Sie sind Deutsche!
Ja wirklich? Sorben sind Deutsche, weil ihr Stammesgebiet in Deutschland liegt, und Österreicher sind Ausländer, weil ihr Stammesgebiet außerhalb der nationalen Grenzen liegt, obwohl sie 10x mehr gemeinsam haben mit Bayern, als diese mit Friesen? Der Nationalstaat ist ein Gebilde, das sich historisch entwickelt hat und nicht homogen entlang sprachlicher und ethnischer Grenzen. wenn sich Sprachen auseinander entwickelt haben wie z.B. im Elsass, liegt das eher an der späten recht künstlichen nationalen Grenzziehung, als an einer "riesigen" Distanz zwischen Elsässern und Badensern.
Destructivus schrieb:der Unterschied ist aber wesentlich geringer. So 1,3 zu 1,9 in etwa. Ist immer noch eine sehr große Differenz, auf 3,4 kommt Erdolf aber nicht einmal in der Türkei selbst.
Geburtenrate Türkei (U2015): 2,05
https://www.google.de/search?q=geburtenrate+t%C3%BCrkei&oq=geburtenrate+t%C3%BCrkei&aqs=chrome..69i57j0l5.4768j0j8&sourceid=chrome&ie=UTF-8Sixtus66 schrieb:Es geht um White Supremacy - Neurechte und Alt-Right haben allgemein kein Problem mit eingewanderten Russen, Deutschen oder Franzosen, sie haben ein Problem mit Nichtweißen.
Auf den Punkt gebracht.