Deadpoet schrieb:Ich schreib mal wirklich nur aus dem Bauch heraus, da ich Dir zumindest noch einmal antworten will - obwohl ich zumindest aktuell völlig overload bin in Anbetracht der langen ausgearbeiteten Beiträge in diesem Bereich und speziell in diesem Thread.
Verstehe was Du meinst, ja ist schon einige Textwände hier
:DIch gehe auch mal nicht ganz in der Reihenfolge auf Deine Antwort ein. Also auch spontan.
Deadpoet schrieb:Es sind ja all die großen Denkmodelle der Vergangenheit, was ich damit meine sind Religionen, spirituelle und philosophische Ansätze. Die Religionen tun ja genau das - sie schaffen die Grundlage auf der konsistentes Handeln möglich ist. "Wir" wissen wohin das führt, wir wissen auch dass es für unsere geistige Evolution notwendig war, und heute als rudimentärer Wurmfortsatz bestehen bleibt - mit mindestens genauso vielen Nachteilen wie Vorteilen und einer gespaltenen Menschheit.
Ja, es waren Etappen (die von einigen noch krampfhaft am Leben erhalten werden, wie Du schon treffend erfasst hast "rudimentärer Wurmfortsatz"), nur wo führen die letztendlich hin? Ich selbst habe da mental schon viele Philosophien (aber tatsächlich auch spirituelle Konstrukte) und Naturwissenschaften besucht und versucht zu erfassen, bzw. zu berücksichtigen. Nur bin ich irgendwann mehr und mehr in eine nihilistische Richtung gegangen und beim Existentialismus, bzw. gar Absurdismus herausgekommen. Inzwischen versuche ich so labellos wie möglich da im Denken und Handeln geprägt/bestimmt zu werden. Eben auch mehr aus dem Bauch heraus, oder versuche es mit Reflexion je nach Situation. Aber ja, durch gewisse Religionen, oder gar Ideologien, gab es strikte Wegweisungen und Anleitungen (bis hin zu Dogmen). Damit konnten/können so einige sich mental ziemlich frei von jeder Eigenverantwortung erklären und legen alles in die Hände ihrer imaginären Gottheiten. Auf der einen Seite irgendwie frei von Verantwortung, auf der anderen Seite vollkommen gefangen in einem Dogma.
Deadpoet schrieb:Dass die daraus gebildeten Entscheidungen verantwortungsvoll sein sollten halte ich für weise - also klug im umgangssprachlichen Sinne. Aber wie läuft es denn ab? Wir haben Interessen und Bedürfnisse, und mit wir meine ich jedes verdammte Lebewesen, jedes Individuum, jede Interessensgruppe, jede Corporation auf diesem Planeten. Und die Interessen und Bedürfnisse stehen anderen Interessen und Bedürfnissen gegenüber.
Ja so betrachte ich das auch, daher ergeben sich auch so viele Widersprüche und Polarisierungen, gar Kriege, aus jenen Interessenkonflikten. Da einen gemeinsamen Nenner zu finden, halte ich unter momentanen Bedingungen und im momentanen Entwicklungsstadium dieser Spezies auch für ziemlich unmöglich, bzw. verunmöglicht es sich diese Spezies selbst. Ich glaube auch, es müsste wie eine Art "kollektiven" Erkenntnissprung geben um jene Konflikte lösen zu können, bzw. Interessen zu verbinden. (ohne gleich einem Kollektivismus zu verfallen)
Deadpoet schrieb:Wenn es eine konsistente Idee gäbe, an der sich all diese Bedürfnisse ausrichten müssten - dann würde das funktionieren.
Ich glaube aus genau dem Grund keimen auch immer mal wieder gewisse Ideologien auf, die es dann versuchen zu kollektivieren. Jedoch eine konsistente Idee, mit der letztendlich alle Menschen auch konform gehen könnten, war ja mal fast schon da, der Humanismus. Nur ist dieser bei vielen noch nicht angekommen und er bietet auch keine Lösungen an, aber zumindest eine gute Idee. Gibt ja gar Kreise, die diesen noch immer unterbinden und verhindern wollen, da er eben auch an die Selbstbestimmungsrechte des Einzelnen appelliert. Ich glaube, das ist auch der zentrale Konflikt, in dem unsere Spezies gefangen ist, zwischen Kollektivismus und Individualismus, zwischen Altruismus und Egoismus, zwischen Fremd- und Selbstbestimmung. Der Geist, bzw. das Bewusstsein, unsere Gedanken und Bedürfnisse, wie auch unsere individuellen und kollektiven, gruppenspezifischen Impulse formen die Realität unserer Spezies und unserer Umwelt auf ziemlich chaotische, wechselhafte, merkwürdige und widersprüchliche Weise.
Dabei gibt es gute Beispiele, wo individuelle und kollektive Ideen auch konstruktive, gemeinsame Strukturen annehmen können, die auch zugleich etwas Dynamisches und Beständiges ausstrahlen können. Sei es in der Kunst, Musik oder Architektur, wie auch im Design. Da scheint das zumindest etwas zu funktionieren. Darum finde ich auch im Bezug auf dieses Thema hier und die Grundfrage, die Kreativität als essenziell, die sich ja perfekt in der Kunst ausleben und erkennen lässt.
Deadpoet schrieb:Ich kann mir vorstellen, was du meinst. Ich führe auch nicht Buch über das Verhältniss von Utopien vs. Dystopien, denke aber auch es sind mehr Dystopien. Ich schätze es liegt daran, dass wir relativ klar darin übereinstimmen, was wir wollen ( Grundbedürfnisse gedeckt, Frieden, Sicherheit, technischer Fortschritt ) - die Dystopien sind einfach interessanter und vielfältiger. Der Mensch muss sich alle möglichen Katastrophenszenarien ausmalen, um sich zu immunisieren. Um gewappnet zu sein. Es ist der gleiche Grund, warum "Bad News" besser ankommen. Und ich kann dir nicht sagen, ob damit die Distopie herbeigeredet wird, ob sie damit eine "self fulfilling prophecy" ist - oder ob man einfach drüber reden, drüber nachdenken muss - weil reale Gefahren aus Ideen, größer - Ideologien entstehen können und man da quasi schon Gegenmaßnahmen planen muss, like 1984.
Ja, Dystopien überwiegen da bei weitem die Utopien. Wobei Utopien auch (mMn) mehr Denkfleiß und mehr Inspiration erfordern. Utopien auch auf rein mentaler Ebene zu kreieren, ist weit schwieriger als Dystopien. Bei dem einen geht es um etwas Konstruktives, wie man Probleme gesamtgesellschaftlich lösen kann, ohne das ein dystopischer/despotischer Zwang nötig ist. Im Ansatz findet man das ja z.B. bei Star Trek in Form der Föderation, auch wenn diese noch ihre Widersprüche und Probleme hat, aber das war auch vom Erfinder und Autoren so gewollt. Ein perfektes Utopia wird es auch nie geben können, nur könnte man Ansätze der Ideen als Inspirationsquelle nehmen. Dystopien sind meist selbsterklärend und auch wenn sie vielseitig erscheinen können, so sind sie meist weit primitiver und bilden nur das ab, was der Mensch eigentlich schon lange in die Realität übertragen hat, in gewissen Regionen und zu gewissen historischen Zeitpunkten, bzw. Phasen. NS-Deutschland, der Faschismus, der Stalinismus, der Despotismus der Kims in Nordkorea, die Zeit von Mao und Xi in China, sie alle sind reale Dystopien.
Der Mensch braucht auf fiktive Weise eigentlich weniger Dystopien, sondern eher Ideen und Inspirationsquellen, wie man endlich jene Dystopien vermeiden kann. Nur ist ihm das scheinbar zu anstrengend, oder wie Du schon sagtest, Bad News kommen besser an, bzw. verbreiten sich schneller und effektiver, wie so ein Virus. Der Mensch bräuchte eigentlich nur mal aus seiner Geschichte lernen, da gibt es ja schon mehr als genug Anhaltspunkte, wie es nicht laufen sollte. Jedoch sollte er auch lernen mehr im Moment zu leben, so auch mit mehr Inspiration gen Zukunft blicken. Aus der Vergangenheit lernen, im Moment verweilen können, für die Zukunft gute Ideen entwickeln. Das wäre eigentlich schon wieder purer Idealismus.
Deadpoet schrieb:Das finde ich nochmal einen spannenden Gedanken. Danke dafür @cRAwler23 - auch für den Filmtipp. Es gibt doch bestimmt einige Erfindungen, die selbst obwohl sie größeren Teilen der Welt bekannt sind, sich nicht haben durchsetzen können bislang - siehe Wasserstoffmotoren. Ich bin weder Ingenieur noch Wissenschafter, aber solange noch Geld verdient werden kann - werden endliche Ressourcen ausgeschlachtet. Dh. aufgrund bestimmter Interessen ( also wirtschaftliche - die will ich garnicht in Abrede stellen, da hängt viel dran ) werden natürlich ökologische und auch humanitäre Interessen geopfert - immer noch und auch in Zukunft. Viele andere Themen, wir kennen sie alle - Stichwort "Tierethik" , ein Umdenken würde unsere Realität auf positive Art & Weise verändern - wirklich fundamental. Und das sind ja keine neuen Erfindungen oder Ideen - einzig Interessen stehen dagegen.
Ja, da wurde und wird so einiges unterbunden, bzw. wirken einige Interessengruppen sehr aktiv gegen jene essenzielle Progression, wo sie längst überfällig wäre. Sein es bestimmte Technologien, die bei Energie-Fragen nachhaltiger und effizienter wären (wobei sich da durchaus schon etwas hier und da getan hat). Sein es Umweltfragen die Flora und Fauna betreffen, wie man auf der einen Seite wirtschaftliche Interessen und Umweltschutz unter einen Hut bringen kann. Dann letztendlich noch soziale Interessen und warum z.B. konsequent eine Vermögenssteuer verhindert wird, die letztendlich so einiges, positives an Entwicklungen ermöglichen könnte. Nur ist eben Geiz und die Gier einiger weniger vollkommen ausreichend um das alles zu blockieren. Noch schlimmer, sind jene, die dann ihre Interessen so sehr durchsetzen wollen, dass sie eben gar Kriege dafür führen. Aber jene "Geister" prägen eben auch jene unmittelbare Realität auf diesem Planeten und füllen letztendlich seitenweise die Geschichtsbücher mit viel blutiger Tinte. Dabei mussten jene Weltenlenker auch aufs Klo und sind ohne ihre ausführenden Organe absolut machtlos. Echt traurig das sich jene Geschichte zwar nicht 1:1 wiederholt, aber sich eben reimt.
Deadpoet schrieb:Aber ja, ich bin mit dem Thema erstmal durch - da ich nicht in den theoretischen Ansatz zurückfinde finde und merke dass ich zu viele Nebenschauplätze aufmache. War sehr nett - vielen Dank!
Ja geht mir da ähnlich, aber ab und zu kreisen die Gedanken und man muss sie auch mal irgendwie in Worte fassen, auch wenn man dabei gern mal abschweift und zwischen Themen springt. Aber am Ende kommt man ja auch irgendwie auf das Thema zurück. Letztendlich ist ja alles, was an Gedanken durch unseren Geist schwirrt, das Bewusstsein, das wir sind und das Wesen das wir verkörpern, etwas das hier und da seine kleinen Spuren hinterlässt. Auch wenn es in Form solcher Textwände hier ist. Dir auch vielen Dank!
:)