Zuletzt war ich auf einer Beerdigung eines älteren Herrn, der in meiner Nachbarschaft wohnte.
Er war mit vielen Leuten zerstritten und es nahmen nur seine beiden Söhne und die unmittelbare Nachbarschaft Abschied.
Es war eine eher übersichtliche Zeremonie und der von den Angehörigen beauftragte Bestattungsredner war schlecht präpariert. Er verwechselte Daten und betonte beim Ablesen seines Textes wie ein Grundschüler.
Vor ein paar Jahren war ich auf der Beerdigung eines Galeristen, zu dessen treuesten Kundinnen Ich zählte.
Ein eher verschlossener Mensch, zu dem ich aber im Laufe von Jahren eine Art besonderer Freundschaft pflegte. Wir wussten voneinander gefühlt alles, von privaten Dingen, gesellschaftlicher Natur und darüber hinaus, obwohl wir bis zuletzt beim offiziellen „Sie“ blieben. Im Hospiz konnte ich ihn noch wenige Tage vor seinem Tod besuchen und wir sprachen lange.
Auf dieser Trauerfeier waren wir nur neun Personen, was mich fassungslos machte und mich fast traumatisierte. Ein stiller, bescheidener, friedlicher und auch großzügiger Mensch stirbt und fast niemand nimmt Anteil.
Seine ehemalige Lebensgefährtin bedankte sich bei mir für meine Anwesenheit und mir liefen ungehemmt die Tränen.
Ich trauere um vergessene Verstorbene.
Je größer und umfangreicher Beerdigungen sind, umso leichter ist es für mich, Abschied zu nehmen.
Vor kurzem suchte ich über sechs Wochen nach dem Grab einer ehemaligen Schülerin, die letztes Jahr verstorben ist.
19 Friedhöfe durchkämmte ich, bis ich fündig wurde.
Dabei stieß ich auf eine Grabstelle, die mich nicht loslässt.
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