@s.c.d. Hm. Interessantes Thema.
Natürlich! ist die Depression eine Krankheit, genauso wie Grippe oder eine Blinddarmentzündung. Das ist wissenschaftlich bewiesen. Sie kann natürlich, meiner Meinung nach, genauso eine Erkrankung der Seele/des Geistes/wie auch immer man es nennen soll, sein. Im Sinne von: der Seele wurde einfach zu viel zugemutet, wie du im Beispiel kriegsbezogene Traumata erwähnt hast.
Wenn du jahrzehntelang rauchst, ist es recht wahrscheinlich dass du Lungenkrebs kriegst. Wenn du jahrelang säufst wie ein Loch, ist es recht wahrscheinlich, dass du eine Leberzirrhose haben wirst.
Wenn du jahrelang seelisch misshandelt wirst, ist es recht wahrscheinlich, dass du nachher depressiv bist.
ABER: du erwähnst es selbst.
Wer traurig ist, der funktioniert nicht mehr gut
Und was, wenn es andersrum ist? Wenn Menschen, die nicht gut funktionieren (von der Gesellschaft aus gesehen), traurig sind?
Es muss nichts
passiert sein, das einen Menschen depressiv macht. Es kann auch einfach das ganze äußere Drumherum sein.
Jetzt mal ehrlich, du fragst dich, warum so viele Menschen depressiv werden?
Sieh dich doch mal um. Denke objektiv.
Ich versetze dich mal in die Situation einer (diagnostizierten) Depressiven.
Du schaltest den Fernseher ein. Sofort brüllt eine Stimme entgegen: "Krieg! Terroranschläge! Kauf das neue Shampoo, sonst sehen deine Haare scheiße aus! Ach ja, Krieg! Außerdem bist du fett und solltest nur mehr Activia-Joghurt essen!"
Du machst den Laptop an und gehst auf Facebook. Sofort siehst du, wie viele Leute einen besseren Job, ein interessanteres Leben haben, und viel glücklicher sind als du. Dann gehst du raus und versuchst ein bisschen auf andere Gedanken zu kommen. Da gibts dann die Masse die dich anstarrt, sobald du nur ein bisschen von der Norm abweichst, viel zu viele Menschen die nichtmal sehen wo sie hinlaufen, weil sie auf ihr Smartphone starren.
Du bist nichtmal unintelligent, hast sogar Potenzial, suchst gerade einen Job, aber du bist ein bisschen stiller und schüchtern, und kannst dich nicht durchsetzen neben hundert glücklichen, fröhlichen, schreienden Menschen.
Die kriegen dann den Job und kommen weiter im Leben.
Du hast Freunde, mit denen du dich gut verstehst. Aber du hast
Angst. Da kommen Zwangsgedanken. "Deine Freunde mögen dich doch eigentlich nicht. Die haben bloß Mitleid und nur deswegen reden sie überhaupt mit dir"
"Du bist einfach nicht gut genug"
"Wow, hörst du dir eigentlich zu? Du hast gerade etwas echt blödes gesagt! Bestimmt werden jetzt alle über dich lachen!"
Auch wenn dir rein logisch völlig klar ist, dass dich natürlich nicht alle hassen, schweigt die kleine, fiese Stimme in deinem Kopf nie. Sie wirft dir weiterhin bösartige Kommentare an die Schädeldecke, egal wie sehr du sie zum Schweigen bringen willst. Auch wenn du dasitzt und sagst "Hör endlich auf! Lass mich in Ruhe!", sie lässt dich nicht in Ruhe. Niemals. In der Nacht terrorisiert sie dich stundenlang. Egal, wie oft deine Freunde dir sagen, dass du nett und toll bist, du kannst es nicht glauben. Die Stimme in deinem Kopf sagt dir doch seit Jahren, dass du ein Niemand bist.
Und die Sache ist die: Natürlich weißt du, wie viel schlechter es anderen Menschen auf der Welt geht. Das ist dir komplett bewusst. Das sagt dir auch die gehässige Stimme jeden Tag: "Du hast nichteinmal ein Recht darauf, dass es dir schlecht geht. Was heulst du so blöd rum? Da hast du kein Recht darauf!"
Ich will dich hier nicht fertigmachen, oder irgendwie kritisieren, ich will es einfach nur erklären.
Nun, bei mir ist es so, dass es AUCH Dinge in meiner Vergangenheit gab, die so ziemlich jeden depressiv gemacht hätten, aber es war schon vorher so. Ich war schon als Kind so, dass ich mich stets fremd in dieser Welt gefühlt habe. Das hat nie aufgehört, und ich habe mittlerweile akzeptiert, dass es immer so sein wird.
Und das ist ein einzelner Punkt, in dem ich dir recht gebe: Ich denke nicht, dass man jede Depression einfach "behandeln" kann. Natürlich funktioniert das bei vielen, und das finde ich auch gut, bei mir jedoch nicht. Im Gegenteil, ich sehe die (von drei Ärzten diagnostizierte) Depression eher als Grund, mich doch aus dem Bett zu wälzen, selbst damit klarzukommen, anderen Menschen zu helfen, diese Depression selbst zu verarbeiten, und zu eruieren, was mit der Menschheit nicht stimmt.
Ich will mich NICHT mittels Antidepressiva wieder zu einem funktionierenden Menschen machen lassen. Im Gegenteil, ich nehme es an, identifiziere mich sogar damit, dass ich mich in dieser Welt nicht wohl fühle, und versuche, kleine Veränderungen zu bewirken.
Welcher Mensch würde sich in dieser Welt wohl fühlen? Jetzt mal objektiv gesehen, wenn man es schafft, das große Ganze zu sehen?