Im Fall Peggy wird ja immer suggeriert, dass Lichtenberg als Gesamtheit zusammensteht und sich einen ortsansässigen Täter nicht vorstellen kann oder vielmehr mag. Ich halte nichts von solchen Pauschalisierungen.
Aber man muss schon sagen, dass gerade diejenigen, die sich in den Medien zu Wort melden, diesen Eindruck erwecken. Kann durchaus sein, dass die Andersmeinenden hier zurückhaltend agieren.
Wenn ich mal erinnere an
den damalige Bürgermeister Köhler:
„Der Super-GAU wäre es, wenn tatsächlich ein Lichtenberger Peggy umgebracht hätte”, sinniert Bürgermeister Köhler. [1]
"Die meisten hier glauben, dass Peggy noch am Leben ist" [2]
Auch sie wollen an seine Unschuld glauben. Zumal für Dieter Köhler, den Bürgermeister des Frankenwald-Städtchens, ein weiterer Zweifel besteht: "Für mich ist nicht bewiesen, dass Peggy tot ist!" [3]
seinen Nachfolger Denzler:
"Große Teile der Bevölkerung sind der Meinung, dass es der Ulvi nicht gewesen ist", sagt Bürgermeister Denzler https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-39834802.html
die nachfolgende Bürgermeisterin Beyer:
„Wir stellen nach wie vor infrage, dass Ulvi K. wirklich der Täter ist“, sagt Beyer. [4]
Und Knüppel hatte sich ja über Jahre ebenfalls solidarisiert, sogar bei der Unterschriftenaktion mitgemacht und von den Ermittlern gefordert, vertraulich über die Fortschritte informiert zu werden.
Von diesen Personen gibt es noch mehr Zitate, die meisten sind allerdings mittlerweile hinter den Bezahlschranken der Verlage verschwunden.
Auffällig ist das aber schon, dass sich hier gerade die öffentlichen Stellen so eindeutig solidarisieren und dass dem Opfer und der Familie des Opfers bei diesen Überlegungen so gar keine Gedanken zukommen.
Nun bin ich heute über einen Artikel gestolpert, bei dem es ebenfalls um ein ermordetes Mädchen geht: Claudia Ruf. Dort ist der Fall anders gelagert und die Ermittler erfahren Mithilfe aus der Bevölkerung und es ist auch Mitgefühl für die Opferfamilie zu spüren.
Focus online, 22. November 2019
https://www.focus.de/panorama/welt/es-ist-unsere-pflicht-dorfbewohner-wollen-mord-von-1996-aufklaeren-polizei-startet-dna-massentest_id_11383083.htmlAn einer Grundschule in Grevenbroich haben am Samstag keine Kinder, sondern Polizisten und bis zu 300 Männer gestanden. Die Suche nach dem Mörder der elfjährigen Claudia Ruf startete mit einem neuen DNA-Massentest in die nächste Runde. Die Ermittler haben so noch Hoffnung, den Täter - 23 Jahre nach dem Mord - zu finden.
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Horst wünscht sich für die Familie Claudias, dass sie zur Ruhe kommt. "Je mehr Männer an dem Test teilnehmen, desto enger zieht sich die Schlinge", erklärt er. "Es ist unsere Pflicht mitzumachen." Horst habe auch an den vorherigen zwei DNA-Tests im Mordfall Claudia Ruf teilgenommen habe. Diese waren erfolglos geblieben.
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Lange Rede kurzer Sinn: woran liegt es, dass in den ähnlich gelagerten Situationen die Wahrnehmung so differiert? Liegt es daran, dass in dem einen Fall die Leiche schnell gefunden war und kein Raum für Zweifel da war, der diesen Wildwuchs an immer neuen Geschichten erlaubte? Bei Peggy gab es keinen Tatort, kein Mordwerkzeug, keine DNA-Spuren. Das ergab sicher einige offene Fragen.
Oder war dieses Vonsichweisen schon 2001 da? Ein Nichtwahrhabenwollen wäre verständlich, würde aber eben die Ermittlungen behindern können. Und in den Medien wurde ja gerade in diesem Fall durchaus eine "Mauer des Schweigens" angeprangert.
Warum reihten sich gerade die Bürgermeister unisono in die Reihen der Polizei-Skeptiker ein?