Dew schrieb:Wenn ein Mensch auf so ungewöhnlich brutale Art gewaltsam ums Leben kommt, sollte man vorher von ihm geäußerte Bedrohungsängste nicht so leichtfertig über Bord werfen, wie das hier immer wieder gemacht wird.
Ja, das sehe ich genauso. Es ist ja nicht so, dass nur der Stoll von Bedrohungen berichtet. Vielmehr gehen die ermittelnden (bzw. ehemaligen) Kommissare ja davon aus, dass hier ein Verbrechen vorlag (siehe Stern Crime). Natürlich akzeptiere ich völlig, wenn andere annehmen, dass hier "nur" ein Unfall vorliegt oder Stoll Suizid begehen wollte und unter Depressionen litt. Ich finde es nur schade, wenn manche Mitdiskutanten die Annahme einer tatsächlichen Bedrohung als völlig abwegig hinstellen ("zu 99,9 % liegt kein Verbrechen vor"). Wie Du zu recht schreibst, grenzt dies zumindest manchmal in Rechthaberei.
Dew schrieb:Eine Bedrohung ist nämlich etwas völlig anderes und wirkt nur, wenn der Bedrohte auch was davon mitkriegt. Schon dieser Wechsel der Perspektive macht klar, dass es völlig blödsinnig gewesen wäre, wenn angenommene Bedroher sich perfekt getarnt im Wald versteckt hätten, wo G.S. sie nicht sah.
Völlig richtig. Eine Bedrohung setzt voraus, dass der Bedrohten mitbekommt, dass ihm in Aussicht gestellt wird, Opfer eines Verbrechens zu werden. Hier würde ich jedoch eher eine Erpressung annehmen, d.h. eine Bedrohung des Stolls, um ihn zu einer Handlung oder einem Unterlassen zu zwingen.
Das andere Szenario, das ich für eher wahrscheinlich halte, sind allerdings Gründe, die sich auf die familiären Verhältnisse beziehen. D.h. Dritte, die sich zum "Eingreifen" veranlasst sehen, weil sich der Stoll in ihren Augen seiner Frau und dem Kind gegenüber nicht so verhielt, wie es die Täter für "richtig" erachten.
Dew schrieb:Tätergruppe von außerhalb angefordert, angereist und auch dahin wieder verschwunden.
Der Gedanke ist gut. Allerdings erscheint mir das Ausziehen, Überfahren und dann Verfrachten (wobei es zum Unfall kam) dann doch eher auf eine nähere Beziehung mit Emotionen hinzudeuten. Sollte es darum gehen, Stoll von einer angeforderten Tätergruppe von außerhalb auszuschalten, würde ich annehmen, dass das zielgerichteter geschehen wäre. Den ganzen "Firlefanz" mit Ausziehen und Herumfahren hätte es dann nicht gebraucht. Das wirkt m.E. alles wenig professionell. Etwas anderes wäre natürlich, wenn die Jungs tatsächlich einen Unfall inszenieren wollten. Die Frage wäre halt auch dann, warum der Stoll nackt war. Evtl. um ihn so eine möglich Flucht zu erschweren? Sollte Stoll wieder angezogen werden? Oder war beabsichtigt, den Golf am Unfallort anzuzünden, so dass es nicht darauf angekommen wäre, ob er nackt war, weil die Buben davon ausgingen, dass man das dann nicht mehr feststellen kann. War man noch nicht fertig mit der Inszenierung als Meffert und Konzler zu früh auftauchten?
Mal noch eine ganz andere Überlegung (auch, wenn ich die nicht für sonderlich wahrscheinlich halte): Irgendwie scheint der ganze Stoll nicht dazu zu passen, dass man hinter ihm her ist. Offenbar ein netter Nachbar und guter Vater. Stellungslos von nennenswertem Vermögen wird nichts berichtet. Er hatte auch vorher keine Stelle inne, die darauf hindeutet, dass er am großen Rat gedreht haben könnte oder brisante Informationen hätte. Irgendwie scheint der Stoll eher bieder. Er fährt nen Kassengolf, geht in die Kneipe, geht einkaufen und kümmert sich um die Tochter. Macht eine Lehre oder Studium und scheitert, was immer mal vorkommen kann. Gut, er hatte mal irgendwelche Kontakte nach Holland, wobei man da auch nichts fand. Ich gehe mal davon aus, dass man Stolls Bude nach dem Vorfall auf den Kopf gestellt hat, aber nichts fand, was irgendwie zu einem Verbrechen passt. Wahrscheinlich hat man sich auch mal seine Konten angeguckt, aber nichts auffälliges gefunden.
Kurz um: nichts deutet darauf hin, dass der Stoll irgendwo "drinsteckt", große Räder drehte, massiv Dreck am Stecken hatte oder eine "große Nummer" war.
Wäre es vielleicht denkbar, dass man den Stoll verwechselte? Dass die Buben nur meinten, der Stoll sei eine Gefahr und müsse unter Druck gesetzt werden? Wurden ihnen unklare oder schlichtweg falsche Informationen erteilt. Diente das fotografieren vielleicht nur dazu abzuklären, ob er der "Richtige" ist? Hat es folgenden oder einen ähnlichen Dialog (zur Verdeutlichung meines Gedankens) gegeben?:
"Man Harry, den Vogel den Du uns gezeigt hast, haben wir überwacht. An dem ist nichts dran, ich hab noch nie so einen Langweiler gesehen. Familienvater, höchstens mal ein paar Bier in der Kneipe. Wenn ich schon die Karre sehe. Und der soll Dir ins Handwerk pfuschen, never?"
"Ja Himmel, der Yogtze hat mir klar gesagt, dass der Typ in Hagen abgrasen will. Da verkauf nur ich und nur ich hab' hier meine Hasen laufen. Wenn wir das einreißen lassen, können wir gleich dicht machen. Und ihr Euch gleich mal schöne nine to five sozialversicherte Jobs suchen. Der macht mich ja lächerlich, wenn ich das durchgehen lasse. Klärt das mal ab. Fotografiert den Typen und bringt mir das Bild, ich zeig's dem Yogtze, der dann sagen soll, ob es der Richtige ist. Und ja, der Vogel kann weiter gerne merken, dass wir an ihm dran sind! Vielleicht lässt er dann bleiben sein Näschen hier reinzustecken"
Später
"Klarer Fall, das ist der Typ. Der gibt den Spießer, ist alles nur Fassade. Der war ne große Nummer in Dortmund bis man ihn abgesägt hat. Jetzt will er hier ins Geschäft. Aber nicht mit mir. Jungs krallt euch den, aber richtig! Ich will was Gescheites sehen. Alle sollen sehen, das man sowas mit mir nicht macht".