Mordfall Hinterkaifeck
23.06.2022 um 11:02Donisl schrieb:An dieser Stelle wäre eine Antwort auf die Frage hilfreich, ob die Familie an einem Strang zog oder die Situation sowieso schon wegen Differenzen angespannt war.a) Ob die Großfamilie hinsichtlich Finanzierung und Fortgangs des Neubaus noch an einem Strang zog, ist mir nicht bekannt. Die Inflation hatte den Bar(papier)geldwert gebeutelt und würde ihn vernichten. Aber das galt ja nicht für alle Assetklassen, über die Bauern damals verfügten und schon gar nicht bei Goldgeld.
a) Ob die Großfamilie generell wegen Differenzen untereinander angespannt war, läßt sich schon eher nachvollziehen. Zunächst einmal wird das davon abhängen, inwieweit man der Zeugin Sophie Fuchs zutraut, dass sie kindliche -im Alter von ca. 7 Jahren gemachte- Wahrnehmungen kurz vor dem Mord betr. Cilli in der Schule unverfälscht in ihrem Gedächtnis behalten, wiedergeben konnte und das auch getan hat.
Zur Vermeidung von Wiederholungen mein kürzlicher Beitrag: Beitrag von pensionär (Seite 2.497)
Folgt man Frau Fuchs wenigstens im Kerngeschehen, so gab es kurz vor der Tat ein Cilli beunruhigendes Erlebnis von erheblicher häuslicher Gewalt des Andreas Gruber entweder gegenüber seiner Frau oder Viktoria. Von Dir angesprochene "Differenzen" hätten sich damit in der Großfamilie tatzeitnah vor einem unbekannten Hintergrund generell sogar überdeutlich manifestiert.
b) Eine weitere mögliche ! frühere Differenz sehe ich im Verhalten zwischen Andreas Gruber und Viktoria gegenüber LS in der Vaterschaftsfrage.
Wie wir aus der Pielmayer-Zusammenstellung wissen, hat nach Aktenlage Andreas Gruber von LS 3000 Mark für das Kind Josef verlangt.
Ob das auch von Viktoria so gewollt war, scheint mir fraglich.
Vielleicht hatte oder hat sie im weiteren Ablauf klarer als ihr Vater erkannt, dass für die gut situierten Hinterkaifecker es (soweit gesetzlich überhaupt möglich) nicht primär auf Geld für Josef ankommen sollte. Sondern es stand die Existenz des Hofes auf dem Spiel und die Gefahr einer weiteren Verurteilung wegen Inzests mußte abgewendet wrden . Sie war es auch, die -nach der Aussage des LS- nachdem Andreas Gruber in Untersuchungshaft genommen worden war- ganz aufgelöst auf LS zukam und ihm u.a. versicherte, die Übernahme der Vaterschaft solle ihn nichts kosten.
c) Die familiäre Situation in Hinterkaifeck müßte aus meiner Sicht aber schon aus den bekannten Gründen, die in der dieser Großfamilienstruktur lagen, zumindest für Viktoria sich wegen der Kinder schon länger als bedenklich dargestellt haben. Die Kinder wuchsen heran und man mußte doch damit rechnen, dass in einem Dorf -bei aller möglicherweise vorhandenen Zurückhaltung gegenüber Kindern - in wenigen Jahren mindestens auf dem Schulhof Cilli unter Teenagern darauf angesprochen würde.