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Mordfall Hinterkaifeck

51.943 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Mord, Bauernhof, Hinterkaifeck ▪ Abonnieren: Feed E-Mail
Zu diesem Thema gibt es eine von Diskussionsteilnehmern erstellte Zusammenfassung im Themen-Wiki.
Themen-Wiki: Mordfall Hinterkaifeck

Mordfall Hinterkaifeck

12.06.2022 um 14:20
Zitat von pensionärpensionär schrieb:Und hier noch ein alter "Dreschkasten", wie er auch in HK in der Inventarliste auftaucht. Der konnte sowohl von Hand wie nach einem kleinen Umbau des Drehrads mit anderen Antriebsarten in Betrieb gesetzt werden. So stelle ich mir das jedenfalls vor. Hier wäre ein Sendlinger am Transmissionsriemen vielleicht sinnvoll gewesen.
Genau so habe ich mir das vorgestellt wie es im Video zu sehn ist. Und kann mir auch vorstellen, dass da bei Bedarf gedroschen wurde. Da nämlich Korn nicht ganz einfach über länger Zeit gelagert werden kann. (Hitze und Schimmelbildung) Bei Garben besteht dies Gefahr so gut wie nicht. Und ja ein Sendlinger würde so ein Dreschkasten problemlos antreiben mögen. Von daher würde ich nicht ganz ausschliessen wollen, dass schon 1914 ein solches Ding auf dem Hof gestanden hat.

Das mit Dampfdreschen ist nämlich ein gewaltiger aufwand. Braucht meines Erachtens schon 4 Leute. Ganz geschweige vom hinbringen und aufbauen. Das hat sich sicher nur dann gelohnt, wenn grosse Mengen gedroschen wurden. Und wohl auch bald an den Müller weiter gegeben wurde. Bzw. selber schnell verkauft werden konnte.

Natürlich gab es auch keiner Dampfmaschinen als wie in meinem Video zu sehn ist. Die konnten dann mit Hilfe eines Pferdefuhrwerk angekarrt werden. Aber die Dreschmaschine blieb die selbe.


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12.06.2022 um 14:30
@pensionär


Dampfdreschmaschinen, wie sie seit den 1880er bis wenigstens zum zweiten Weltkrieg verwendet wurden, sahen im Prinzip so aus.
Quelle Meyers Konversationslexikon 1905

dreschmaschinen-i-iv-historischer-druck-


Wie man sieht, lässt sich die Dampfmaschine (rechts) durch einen Benzinmotor ersetzen. Auch Ackerschepper, später mit Dieselmotor, wurden zum Betrieb verwendet. Und selbst in den 1960ern, als der elektrische Strom den letzten Winkel erreichte, hatten die alten Dreschwägen nicht ausgedient. Man trieb sie mit einem E-Motor an.

Von diesen Dreschwägen existieren noch viele, sie befanden sich wirklich auf fast jedem Hof. Bei einem Blick in die Ebay Kleinanzeigen wird man überschwemmt von Angeboten ….


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12.06.2022 um 14:42
Zitat von DonislDonisl schrieb:Ob sich ein Einöd-Bauer, der uU Kriegswaffen versteckte sonderlich um die Brandschutzverordnung geschert hat, will ich mal bezweifeln.
Noch zumal die Kontrollen auf dem Land damals vermutlich weitaus weniger streng waren als heute. Und wo kein Kläger, da kein Richter.

Aber vielen Dank auch für Deine Berechnung zu dem Motor!

Ich würde mal denken, dass man sich seitens der Familie Gruber/Gabriel schon überlegt hat, ob es sich lohnt, einen solchen Motor zu kaufen, denn immerhin war das ja doch eine erhebliche Investition. Und sie werden darauf gekommen sein, dass es ihnen einen Vorteil bringt. Immerhin ist ein solcher Motor ja nicht nur zum Dreschen geeignet, sondern man kann damit von der Brennholzsäge bis zur Jauchepumpe alles mögliche antreiben. Möglicherweise war daran gedacht, nach und nach weitere Maschinen anzuschaffen, nicht zuletzt wenn man davon ausgeht, dass der alte Gruber irgendwann auch nicht mehr so viel arbeiten kann.

Auch wenn nach dem Inventar ja anscheinend noch (?) nicht so viele vorhanden waren.


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12.06.2022 um 14:44
Zitat von DonislDonisl schrieb:Es muss die Frage beantwortet werden, ob eine 4PS Maschine in Kombination mit der Familie Gruber/Gabriel in der Lage war, die ortsgemeinschaftliche Drescharbeit zu ersetzen.
Ich habe da grossen Zweifel, dass ein 4 PS Maschine wie oben abgebildete Dreschmaschine anzutreiben vermag. Die Grösse war wohl für ein Ortsgemeinschaft bzw. Genossenschaft üblich.


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12.06.2022 um 15:35
@schlüsselbund

Da gebe ich dir Recht, das Lanz Lokomobile hatte vermutlich 6 bis 8PS. Das Bild diente auch mehr dazu die Anodnung zu veranschaulichen.

Auf dem nachstehenden Foto von 1936 wird ein etwas kleinerer Dreschwagen von einem 4PS 'Slavia' Verbrennungsmotor angetrieben. Der ist mit dem Sendlinger vergleichbar.

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/1/18/Slavia_4HP_motorral_hajtott%2C_Mlada_Boleslavban_k%C3%A9sz%C3%BClt_cs%C3%A9pl%C5%91g%C3%A9p._Fortepan_19432-crop.jpg/800px-Slavia_4HP_motorral_hajtott%2C_Mlada_Boleslavban_k%C3%A9sz%C3%BClt_cs%C3%A9pl%C5%91g%C3%A9p._Fortepan_19432-crop.jpg

Ich möchte zum Verständnis noch erläutern, dass man Maschinen wie jenen Sendlinger aufgrund der vergleichbaren PS-Leistung nicht mit einem Mopedmotor gleichsetzen kann.

Der Apparat wog eine Tonne, hatte 5,3 Liter Hubraum und ein Schwungrad mit 1,4 Meter Durchmesser. Seine Höchstleistung erreichte er bei gemächlichen 190 Umdrehungen/Minute (4PS Moped ca 6000/min).


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13.06.2022 um 21:47
@totto
Wir hatten ja schon die unbeantworteten Fragen zu der damals gültigen Brandschutzverordnung und deren Ausgestaltung.
Jetzt kommst Du mit weiteren Vorschriften ums Eck. Deshalb konkret die Frage:
was ist die Quelle und der genaue Wortlaut für die Vorschriften, die Du hier anbringst:
Zitat von tottototto schrieb:so musste z.B. der Aufbewahrungsraum für den Treibstofftank - inklusiv der Decke - mit Mauerwerk befestigt sein, der Aufbewahrungsraum für den Treibstofftank musste durch eine von außen zu öffnende Türe zu erreichen sein und der Standort des Treibstofftanks musste in einen bestimmten Abstand zum Antriebsmotor angeordnet sein, usw.
Ab wann galt das, wie war das mit der praktischen Ausgestaltung?


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13.06.2022 um 23:27
@brigittsche und alle die das interessiert

Ich kann schwer an eine Debatte ob der wirtschaftlichen Gründe dieses Motors glauben. Auf diesem schon zuvor verlinkten Foto

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/1/18/Slavia_4HP_motorral_hajtott%2C_Mlada_Boleslavban_k%C3%A9sz%C3%BClt_cs%C3%A9pl%C5%91g%C3%A9p._Fortepan_19432-crop.jpg/800px-Slavia_4HP_motorral_hajtott%2C_Mlada_Boleslavban_k%C3%A9sz%C3%BClt_cs%C3%A9pl%C5%91g%C3%A9p._Fortepan_19432-crop.jpg

mit zum 'HK-Sendlinger' vergleichbaren Benzinmotor als Dreschwagen-Antrieb sieht man ersteren auf Rädern, was bedeutet dass diese Antriebsmaschine mobil war und genauso wie eine Dampfmaschine (Lokomobile) von Hof zu Hof bzw Dreschplatz zu Dreschplatz gezogen wurde. Das Bild ist von 1936, es war auch da noch vollkommen unüblich, dass sich Familienbetriebe der bewährten Praxis entzogen und einen wirtschaftlichen Alleingang starteten.


Ich kann mich nur wiederholen, die individuelle Anschaffung einer derartigen Maschine war generell schon etwas besonderes, auf einem Einödhof in Selbstversorgergrösse und damals, im Jahr 1920 oder 1921, völlig unverhältnismässig.

Ich finde es interessant, dass man ausgerechnet diese Auffälligkeit einfach so hinnimmt. Im HK Wiki wird der mögliche Anschaffungstermin quellenfrei in die Zeit vor 1914 verortet. Da war die Mark ziemlich genau zehnmal soviel wert wie 1921, was das Ganze aus wirtschaftlicher Sicht ungefähr zehnmal sinnfreier macht als es sich sowieso schon darstellt.

Die Rede ist ja nicht von einem Mixer, den man sich 1970 aus dem Quelle-Katalog bestellt hat und eine Woche später bei der örtlichen Bezugsstelle abholte.

Es muss einen speziellen Grund gegeben haben, dass sich der Gruber diesen Stationärmotor gekauft hat und hier sind die Varianten meiner Meinung nach sehr überschaubar.

Wahrscheinlichkeit 1: Andreas Gruber, ein verkannter Wegbereiter in der Landwirtschaft, sozusagen ein Schrobenhausener Jethro Tull. Einer der mit bewährten Traditionen brach, um Pferde-, Ochsen- und Menschenkraft durch die neuen Kraftmaschinen zu ersetzen.
So bemerkenswert das klingen mag, aber der Mensch im allgemeinen und der Bauer im bayerischen Outback von 1920 im besonderen geht nur ungern vermeidbare Risiken ein.

Wahrscheinlichkeit 2: Der Gruber wollte seiner geschätzten Tochter die Arbeit erleichtern und vertraute diesbezüglich auf die neu aufkommenden technischen Möglichkeiten.
Der Märchenvater? Schwer vorstellbar, dass der Gruber auch in dieser Hinsicht ein Wegbereiter war, einer der (1922) in einer Frau mehr als Lustobjekt und Arbeitskraft sah.

Wahrscheinlichkeit 3: Der Gruber lagerte 1920/1921 illegales Material wie Kriegswaffen/Munition und es war ihm deshalb daran gelegen, neugierige Leute fernzuhalten. Beim Dampfdreschen war das schwer möglich, da konnte er nicht die Kontrolle über alles und jeden behalten. Als Herr vom Hof oblag ihm vielmehr die Verantwortung, dass der Vorgang des Dreschens reibungslos ablief.

Ich habe nicht alle 2500 Seiten hier gelesen - wurde denn mal debattiert und in Erfahrung gebracht, warum der 'Sendlinger' nicht im Vermögensverzeichnis auftaucht? Ebenso kein Benzinfass und keine Treibriemen.

https://www.hinterkaifeck.net/wiki/index.php?title=Dokumente:_1926-11-06_Zusammenstellung_des_Staatsanwaltes_Pielmayer

War ein solcher Motor 1922 bedeutungsloser als beispielsweise zwei Paar Holzschuhe, die sehr wohl gelistet wurden?


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13.06.2022 um 23:42
,@jaska

Zum (eher untergeordneten) Benzinthema könnte das hier beitragen:
Der Fahrradhändler Oelschläger hatte am 17. Juni 1926 im Rathaus den Wunsch vorgebracht, ein Fass mit 190 bis 200 Liter Benzin der Marke Strax von Olex aufstellen zu dürfen. Aber offensichtlich nicht für eine Tankstelle, sondern als Betriebsstoff für das eigene Geschäft im Haus seiner Mutter (heute Schützinger Straße/Ecke Zaisersweiherstraße).

Das Schultheißenamt reichte den Antrag an das Oberamt weiter, das wiederum Oberamtsbaumeister Aeckerle in Mühlacker um eine Stellungnahme bat. Bereits einen Monat später traf bei dem Antragsteller via Gemeinde nicht nur ein Merkblatt ein mit der Überschrift Vorschriften betreffend Lagerung von Benzinmengen unter 600 Kilogramm, sondern auch die Erlaubnis zur Lagerung von 200 Liter Benzin-Betriebsstoff. Laut Punkt 8 durften in Wohnräumen, Küchen und den anschließenden Vorratsräumen, Geschäftsräumen und Werkstätten nicht mehr als 2 kg in dichten Gefäßen aufbewahrt werden.
Quelle:
https://www.guenter-baechle.de/blog/index.php?/archives/2414-Lienzinger-Premiere-anno-1928-Erste-Tankstelle-im-Dorf,-zweite-folgte-im-Jahr-drauf-Durchgangsverkehr-brachte-den-Umsatz.html


Ob solche Vorschriften landesweit oder regional galten, ist mir nicht bekannt. Einer wie der Gruber beschritt wohl bestenfalls den kurzen Dienstweg oder vermutlich gar keinen.


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14.06.2022 um 00:47
Zitat von DonislDonisl schrieb:Der Gruber lagerte 1920/1921 illegales Material wie Kriegswaffen/Munition und es war ihm deshalb daran gelegen, neugierige Leute fernzuhalten. Beim Dampfdreschen war das schwer möglich, da konnte er nicht die Kontrolle über alles und jeden behalten. Als Herr vom Hof oblag ihm vielmehr die Verantwortung, dass der Vorgang des Dreschens reibungslos ablief.
Nun ja, aber das würde dann, verkürzt gesagt, bedeuten, dass der Motor angeschafft wurde um ungestört Waffen lagern zu können.

Nun war dieser Motor aber nicht gerade billig - und wenn ich gegen Geld illegale Dinge einlagere, dann aber für viel Geld erst einmal einen Motor kaufen muss, damit kein Fremder die illegal gelagerten Sachen entdeckt, dann ist das ein wenig unlogisch. Da würde ich eher versuchen, die Sachen auf dem Hof so sicher zu lagern, dass keiner der Helfer sie findet. Und sei es in einer Kiste mit Vorhängeschloss.
Zitat von DonislDonisl schrieb:Wahrscheinlichkeit 2: Der Gruber wollte seiner geschätzten Tochter die Arbeit erleichtern und vertraute diesbezüglich auf die neu aufkommenden technischen Möglichkeiten.
Ich glaube nicht, dass es da in erster Linie um die Tochter ging, sondern um ihn selbst. Er wurde älter und der junge Bauer war im Krieg gefallen. Also gab es auf absehbare Zeit keinen voll arbeitsfähigen Mann mehr auf dem Hof. Da macht die Anschaffung eines solchen Motos schon Sinn. Denn eine neue Heirat seiner Tochter hat der Alte ja abgelehnt. Und ein Knecht ist ein möglicher Konkurrent um die Tochter, jetzt mal ganz plump gesagt.


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14.06.2022 um 09:46
Zitat von DonislDonisl schrieb:Ich kann mich nur wiederholen, die individuelle Anschaffung einer derartigen Maschine war generell schon etwas besonderes, auf einem Einödhof in Selbstversorgergrösse und damals, im Jahr 1920 oder 1921, völlig unverhältnismässig.
Nein war es nicht. In den meisten Dörfern betrieb man mehrere Maschinen gemeinsam. So auch noch in meiner Jugend.
Da gab es einen Gemeindestadl in welchem alle gemeinsam angeschafften Maschinen untergebracht waren.
Diese waren auch teilweise auf den einzelnen Bauernhöfen verteilt.
Ergo wer sagt denn, dass so eine Dreschmaschien samt Motor überhaupt den HKlern gehörte ?
Konnte man sich bestimmt auch leihen.
Eigentlich eine Rechnung wie heute auch. Was ist teuerer? Dutzend Knechte die mit einem Drechflegel dreschen oder eben so ein Motor + Dreschmaschine ?

Ich denke du verrennst dich da in was.


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14.06.2022 um 10:10
Zitat von DonislDonisl schrieb:Ich habe nicht alle 2500 Seiten hier gelesen - wurde denn mal debattiert und in Erfahrung gebracht, warum der 'Sendlinger' nicht im Vermögensverzeichnis auftaucht? Ebenso kein Benzinfass und keine Treibriemen.
Wenigstens Transmissionsstangen sind erwähnt:
Ueber der Wagenschupfe:
ein neuer Dampfer, eine Tafel Blech, vier neue eiserne Fensterstöcke, zwei Transmissionsstangen, ein Fuhrschlitten, eine Winde,
https://www.hinterkaifeck.net/wiki/index.php?title=Dokumente:_1926-11-06_Zusammenstellung_des_Staatsanwaltes_Pielmayer
Über den Punkt, daß der Notar einiges übersehen haben dürfte, ist im thread geschrieben worden:
Allerdings ist das Verzeichnis auch nicht so sorgfältig erstellt worden. Die Mägdekammer und das dortige Mobiliar wird gar nicht erwähnt. Sie ist vom Notar Stinglwagner komplett übersehen worden....

Für die Wohnstube, wo Gruber geschlafen hat, schreibt der Notar auch nur weniges auf, nämlich:

"einen Regulator, einen Spiegel, einen Glaskasten mit Krügen und Gläsern , zwei Tische, zwei Stühle, vierzehn Bilder, ein Schüsselrahmen mit Schüsseln und Teller".

In diesem Zimmer unterschlägt er zumindest auch die Betten der Eheleute Gruber und vielleicht hat er auch vergessen die Flinte zu erwähnen.

So könnte ich es mir jedenfalls vorstellen. Vielleicht war er ja fürchterlich aufgeregt, als er am, Tatort war. Obwohl ein Notar natürlich ansonsten immer besonnen ist.

Beitrag von AngRa (Seite 1.004)



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14.06.2022 um 11:26
Laut @Badesalz gab es noch zwei weitere Unterzeichner des notariellen Protokolls:
Zitat von BadesalzBadesalz schrieb am 06.06.2008:Da ich ja in München wohne, habe ich natürlich einen verhältnismässig einfachen Zugang zu den Akten.

Zwischendurch fragt man sich aber schon, was man da eigentlich macht. Das Stinglwagner-Protokoll liegt im Original vor, vermutlich so vor Ort entstanden und unterschrieben von den Zeugen Bernhard Gruber und Bürgermeister Greger.
...



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14.06.2022 um 11:52
Alle Achtung vor den Kennern bzw. jenen, die Details zu den Dreschmaschinen etc. samt Einsatz zur damaligen Zeit (ob nun Verwendungszweck im einzelnen, Größe, 4 oder 8 PS, Zwei-oder Viertaktmotor, Anschaffungskosten usw.) hier einbringen. Schon interessant, aber welcher nachvollziehbare (!) Zusammenhang mit der Ermordung aller sechs HK-Bewohner hier bestehen könnte, erschließt sich zumindest mir bisher nicht.


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Mordfall Hinterkaifeck

14.06.2022 um 12:45
Zitat von GoggoGoggo schrieb:Schon interessant, aber welcher nachvollziehbare (!) Zusammenhang mit der Ermordung aller sechs HK-Bewohner hier bestehen könnte, erschließt sich zumindest mir bisher nicht.
Dreschmaschine = zu teuer = Geld muss von was anderem kommen = Militär-Waffen Lager ;)


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14.06.2022 um 14:11
@Tron42

Genau darum geht es - dass der Gruber seinen fest installierten Motor NICHT gemeinsam mit der Dorfgemeinschaft unterhalten hat. Hier liegt der Unterschied zu deiner Schilderung, die den Normalfall darstellte.

Der Gruber hatte seinen eigenen Dreschwagen, was aus der Pielmayer-Liste (Vermögensverzeichnis) und der Aussage vom Hofner hervorgeht. Und er schaffte sich in Form des Stationärmotors seinen eigenen Antrieb dafür an. Mit 4PS.
PS = Pferdestärken, eine pysikalische Masseinheit.

Kurzfassung:

1 PS ist in DIN 66036 definiert als die Leistung, die erbracht werden muss, um einen Körper der Masse m = 75 kg entgegen dem Schwerefeld der Erde (bei Normfallbeschleunigung 9,80665 m/s²) mit einer Geschwindigkeit von 1 m/s zu bewegen.
---
Zum Vergleich wird die Dauerleistung eines erwachsenen, durchschnittlich großen Menschen mit 0,14 PS (100 Watt) angegeben ….

Aus:
Wikipedia: Pferdestärke#:~:text=vom Horsepower unterscheidet.-,Definition,1 m/s zu bewegen.

Daran wird ersichtlich, dass die 4PS des Sendlinger Stationärmotors zu viel waren, um beispielsweise eine Futterschneide (beim Gruber erwähnterweise mit Handbetrieb) anzutreiben. Aber die 4PS sind angemessen, um einen dem Ernteertrag des Grubers dimensionierten Dreschwagen zu versorgen.

Die Wahrscheinlichkeit, dass es sich bei diesem Motor um Gemeinschaftsgut (der Gröbener Bauern) handelte, liegt aufgrund der Umstände bei annähernd Null:
Die Installation eines Sendlinger 4PS (1000kg, Schwungraddurchmesser 1,4 Meter) erforderte einen gemauerten bzw betonierten Sockel und eine Kühlwasserversorgung. In HK war das an der Nordwand des Hofes der Fall, die Maschine stand in einem eigens dafür erbauten Häuschen, dessen Tür der Gruber mit einem Vorhängeschloss versperrte.

Das Motorhäuschen wird vielfach erwähnt, ich denke man kann es als erwiesen betrachten.

Zur Verdeutlichung der Dimension eines Sendlinger Modell H habe ich mal eine Person mit 1,65 Körpergröße masstabgerecht daneben positioniert. Die räumliche Bezugsebene ist das Schwungrad, da es hierfür eine Bemassung gibt.




Vergleich


Und hier noch eine Anordnung mit einem vergleichbaren Motor (Slavia 4PS), jedoch eine mobile Version.



Screenshot 20220614-0026212Original anzeigen (2,9 MB)


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14.06.2022 um 14:23
@Donisl
Der Motor war für die Futterschneidmaschine zuständig, oder?
Wie kommt Ihr drauf, der hätte den Dreschwagen antreiben müssen?


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Mordfall Hinterkaifeck

14.06.2022 um 14:29
@Donisl Ist ja alles schön und gut. Aber hast du dich schon mal gefragt, wo man den Dreschwagen hinstellt wenn man ihn mit diesem Motor aus der Motorenhütte betreiben hätte wollen ?
Zwischen Durchfahrt und Motorhütte war die Futterkammer und in der wird aufgeführt :
In der Schneidkammer:
eine Schrotmühle, ein Rechen, ein Besen, ein leeres Faß, ein Schäffel mit Surfleisch, Säcke, ca. fünfzehn Zentner Kunstdünger,
Quelle: https://www.hinterkaifeck.net/wiki/index.php?title=Dokumente:_1926-11-06_Zusammenstellung_des_Staatsanwaltes_Pielmayer

und eine Schrotmühle mit so einem Motor anzutreiben macht schon Sinn.

Hier mal ein Foto mit einem "kleinerem" Motor der einem nicht gleich Unerschwinglichkeit vermittelt.
Dreschwagen & Motor
media.media.88fdf288-969b-406a-9a5b-50bdOriginal anzeigen (0,4 MB)


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Mordfall Hinterkaifeck

14.06.2022 um 15:37
@Donisl

Das erste Bild zeigt wohl eher ein Dampfmaschine. So ein grosses schweres Schwungrad (1000 Kg) wie auf dem Bild zu sehen ist, hätte eine 4 PS Maschine nicht anzutreiben vermocht. Sicher ist das kein Sendlinger Benzin Motor. Da gab es auch jenste Modele davon. Hier mal etwas was aus er Zeit 10ner 20ziger Jahre sein dürfte

Youtube: Sendling, Bauer & Ebner Stationärmotoren
Sendling, Bauer & Ebner Stationärmotoren
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Mordfall Hinterkaifeck

14.06.2022 um 17:26
@jaska
Reine Hypothese. Aber immerhin eine, die bisher ohne Unwahrscheinlichkeiten auskommt. Der benzingetriebene Stationärmotor Sendlinger Modell "H" war in der Lage, eine Dampfmaschine gleicher Leistung zu ersetzen. Es geht um die (theoretische) Arbeitsleistung von 4 Pferden oder etwa 28 gesunden Erwachsenen. Deswegen halte ich es für deutlich übertrieben, dass die Maschine nur zum Futter schneiden angeschafft wurde.

Wobei es laut Bericht eine 'kraftgetriebene' solche gab.

Im Stadel:
"eine Gsottmaschine für Kraft, eine Gsottmaschine für Handbetrieb, eine Windmühle, ein Zwanziglitermaß, zwei Steigleitern, zwei Heuleitern, zwei Heuwagen, ein Dreschwagen, ein Odelfaß, 2 Ochsengeschirre, ein Düngerkarren, zwei hintere Kopfen, zwei Drahtkörbe, eine Getreidereuter"

Eine Gsottmaschine ist ein Futterschneider, in manchen Ecken Österreichs heute noch.


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Mordfall Hinterkaifeck

14.06.2022 um 17:40
@Tron42


Was die baulichen Gegebenheiten in Hinterkaifeck angeht, kann ich mich nur auf die vorhandenen Bilder und angefertigten Zeichnungen stützen.
Auf dieser Rekonstruktion

https://www.hinterkaifeck.net/wiki/index.php?title=Datei:HK_Lage_2.jpg

sind jeweils Tore zwischen Maschinenhaus, Durchfahrt und Scheune eingezeichnet. Dazu verfügt die Scheune über ein grosses Tor nach Nordwest, was auch auf einem Tatortfoto rechts von den erschlagenen Opfern gut erkennbar ist.

Von dort den Dreschwagen in die Scheune zu verbringen halte ich für einleuchtend. Der V-förmige Durchbruch in der Aussenwand, der auf dem selben Foto zu sehen ist, diente naheliegenderweise zur Durchführung des Transmissions-Riemens.

Der Riemen konnte also vom Motorenhäuschen geradewegs in die Scheune geführt werden, wo ohne weiteres Platz für den Dreschwagen Platz war.
In welcher Ausrichtung der Motor gesehen zur Hauswand positioniert war, ist offenbar nicht überliefert. Das spielt aber eine untergeordnete Rolle, weil letztlich wenig Zweifel bestehen, dass der Treibriemen quer durch die Aussparung in der Wand verlief.


Schema:



Screenshot 20220614-1540562


Stand der Motor beispielsweise mit der Schwungradachse quer zur Wand, wurde zunächst wie in der Abbildung rechts umgelenkt. Die Welle hierfür befand sich konsequenterweise über dem Motor. Von dort ging es dann gemäss der Abbildung links durch die Wand zur Treibrolle des Dreschkastens.

Eigentlich ganz einfach. Und warum der Dreschwagen zum Zeitpunkt der Ermittlungen Anfang April im Maschinenhaus verräumt war statt die Scheune zu blockieren erklärt sich von selbst, weil im Frühjahr nicht gedroschen wird.


Dein Bild mit dem Deutz Diesel geht, wenn ich das so sagen darf, am Sachverhalt vorbei. Das gezeigte Modell kam 27 Jahre nach dem Sendlinger "H" auf den Markt und wog (ohne Handkarre) nur 175kg.


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