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Themen-Wiki: Mordfall Hinterkaifeck

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bearbeitet von pensionär am 05.07.2022
Verknüpfte Diskussion: Mordfall Hinterkaifeck



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Hinterkaifeck auf Allmystery
Schon seit 2006 wird hier auf Allmystery über den Fall Hinterkaifeck geredet. Aber nicht nur deshalb ist dieser Strang mit seinen mehr als 45.000 Beiträgen einer der längsten. Das liegt auch daran, dass nicht nur die Dimension dieses Falles, sondern auch die Aktenlage viele Fragen offen lässt. Gerade diese vielen Handlungsstränge und das Fehlen von Fakten bzw. das Übermaß an Gerüchten und Vermutungen lassen einen großen Spielraum für die ganz eigene "Wahrheit" im Fall Hinterkaifeck.




Was ist geschehen?
Hinterkaifeck lag 500m vom nächsten Weiler Gröbern und 2km von der nächsten Gemeinde Waidhofen entfernt, wo auch die zugehörige Kirche und Schule waren. Der Hof wurde knapp 1 Jahr nach der Tat abgerissen.

Am Nachmittag des 4. Aprils 1922 wurden im Einödhof Hinterkaifeck sechs Leichen entdeckt, denen allesamt der Schädel eingeschlagen worden war. Die Tatzeit wurde später auf den Abend des 31. März 1922 festgelegt, ganze 4 Tage vor der Entdeckung der Tat.

Als die Polizei zum Tatort kam hatte sich die Nachricht über die Tat schon weit verbreitet und immer mehr Schaulustige kamen zum Hof, einige davon hatten offenbar unbehelligt den Tatort besichtigen können.
Die Tat konnte nie aufgeklärt werden, obwohl sich in den historischen Ermittlungsakten weit über 100 Männer finden, die von der Polizei überprüft wurden. Ebenso vielfältig sind die untersuchten Motive für die Tat: so kamen für die Ermittler sowohl ein Raubmord als auch eine Beziehungstat in Frage, deren Ursachen im Umfeld der Opfer zu suchen war. Nicht einmal ein geisteskranker Täter wurde ausgeschlossen.
Aber es fanden sich keine Beweise und nach mehr als 30 Jahren wurden die Akten geschlossen, die Tat war verjährt.



Die Opfer
Fünf der sechs Opfer waren Mitglieder einer Familie. Dabei handelte es sich um die 35-jährige Hofbesitzerin Viktoria Gabriel. Sie war kurz vor der Geburt ihres ersten Kindes Cäzilia im Januar 1915 verwitwet und führte den Hof seither alleine. Ihre Eltern Cäzilia Gruber (72) und Andreas Gruber (63) lebten offiziell im Austrag seit sie den Hof 1914 an Viktoria übergeben hatten.
Viktorias zweites Kind, der zur Tatzeit zweieinhalbjährige Josef Gruber, ging aus einer Affäre mit dem Nachbarn Lorenz Schlittenbauer hervor. Dieser war selbst verwitwet und hatte mehrere Kinder.
Das sechste Mordopfer war neu auf dem Hof. Maria Baumgartner (45) sollte am 1. April 1922 ihren Dienst in Hinterkaifeck antreten und war erst am frühen Abend des 31. März 1922 dort angekommen - gerade mal Stunden vor der Tat.

Die Familie Gruber-Gabriel wird als verschlossen und geizig beschrieben. Andererseits aber auch als äußerst hilfsbereit und fleissig. Über soziale Kontakte außerhalb des Haushaltes ist nicht viel bekannt. Viktoria war Erste Sängerin im Kirchenchor des 2km entfernten Waidhofen, wo u.a. eine Wallfahrtskirche, die Schule und die Post zu finden waren. Dass die Familie regelmäßig Kontakt zu Verwandten oder Freunden gehabt hätte kann nach Aussagen der ehemaligen Magd nahezu ausgeschlossen werden. Dennoch berichtet ein Postbote, mit den späteren Opfern oft gesprochen zu haben und aus den Tagen vor der Tat sind einige Begegnungen von Andreas Gruber und seiner Tochter mit Nachbarn und Spaziergängern bestätigt, so dass die soziale Isolation ein wenig irreführt. Man hat die Kontakte offenbar nicht vermieden sondern auf das Nötigste beschränkt.


Was den Fall so kompliziert macht
Aktenlage
Da es nie eine Verhandlung oder gar eine Verurteilung gab sind die heutigen Hauptquellen an Akten die Staatsarchive Augsburg und München.
Die Münchner Akten speisen sich aus den in der Polizeidirektion in der Ettstraße zusammengetragenen Informationen über Hinterkaifeck, die unter der Signatur PolDir 8091B einzusehen sind.
In Augsburg findet man die Akten, die die Bombardierung des Justizpalastes 1945 überstanden haben bzw. später aus den Beständen der Staatsanwaltschaft eingelagert wurden, die Signatur dort lautet StAnwA 1 Js 244/52.
Die wichtigsten Akten sind im Original im Internet zu finden (siehe Link unten).
Die Akten sind unvollständig. Aus den verbliebenen Akten geht aber hervor, wie zerfasert die Ermittlungen waren. Es waren viele einzelne Ermittlergruppen beteiligt, deren Kommunikation aus verschiedenen Gründen nicht immer effektiv war.

Komplizierte Vorgeschichte
In der Vergangenheit der Opfer sind einige Verwicklungen zu finden, die allesamt einzeln für größere Konflikte gesorgt haben (können). Einige davon sind belegt, andere naheliegend aber Spekulation.
  • Früher Tod Josef Asams: Der erste Ehemann von Cäzilia Gruber hatte Hinterkaifeck von seinem Vater als relativ neuen und großen Hof bekommen. Er verstarb nur 8 Jahre nach der Hochzeit mit 32 an Lungenentzündung. Cäzilia Gruber stand nach seinem Tod 1884 mit 2 kleinen Kindern auf dem Einödhof alleine da. SPEKULATION (hierfür gibt es keine Beweise): Ihre rasche Heirat noch innerhalb des Trauerjahres mag in der Familie ihres ersten Mannes eventuell nicht gut aufgenommen worden sein. Zumal ihr neuer Ehemann der auf Hinterkaifeck beschäftigte Knecht Andreas Gruber war, ohne größere eigene Mittel und fast 9 Jahre jünger.
  • Hofübergabe an Viktoria: Mit Andreas Gruber hatte Cäzilia Gruber noch eine weitere Tochter, die das Kleinkindalter überlebte: Viktoria Gabriel. Als diese 1914 heiratet wurden ihre Halbgeschwister insofern "übergangen", dass der älteste Sohn Martin und seine Schwester Cäzilia nicht den Hof sondern nur ihr Vatergut ausbezahlt bekamen. SPEKULATION: durch die Hofübergabe an die jüngste Schwester fiel der väterliche Hof in andere Hände, was Martin Asam die eigentlich sichere Existenz wegnahm. Wo er sich nach seinem Schulabschluß verdingt hat bis er schließlich 1916 im Ersten Weltkrieg fiel ist noch eine offene Frage. Ob es hier einen Konflikt gab ist ebenfalls nicht überliefert. Martin Asam war im Ersten Weltkrieg gefallen.
  • Inzest: Andreas Gruber missbrauchte seine Tochter Viktoria. Sie hatte sich einer Nachbarin anvertraut und erzählt, dass diese Übergriffe schon seit ihrem 16. Geburtstag andauerten. Helfen konnte ihr offenbar niemand dauerhaft. In zwei Gerichtsverhandlungen hierzu (Einzelheiten unten) wurden sie und ihr Vater 1915 zu Haft verurteilt bzw. 1920 freigesprochen. SPEKULATION: Im Thread wurde oft vermutet, dass diese Inzest-Beziehung eine Art Ächtung der Familie auslöste und in der moralischen Empörung auch ein Mordmotiv liegen könnte. Über eine solche moralische Verurteilung ist in den Akten nichts zu finden.
  • Ehe mit Karl Gabriel:1914 heiratet Viktoria den ältesten Sohn eines kleinen Weilers in der Nähe. Durch die Einbringung von 3.000 Mark wurden beide als Besitzer von Hinterkaifeck eingetragen. Gerüchten zufolge sei die Ehe unglücklich gewesen. Schon wenige Monate nach der Hochzeit schloss sich Karl Gabriel dem Deutschen Heer an und fiel dann im Dezember 1914 in Frankreich an der Front. Zu diesem Zeitpunkt war Viktoria hochschwanger, die kleine Cäzilia wurde 1 Monat nach dem Tod ihres Vaters geboren und in etwa zeitgleich muss eine erste Anzeige wegen Inzests erfolgt sein; die anschliessende Gerichtsverhandlung endete mit einer Verurteilung. Andreas Gruber als der Hauptschuldige musste für 1 Jahr ins Zuchthaus, seiner Tochter Viktoria wurde eine Mitschuld eingeräumt, ihre Strafe betrug 1 Monat Gefängnis. SPEKULATION: Das Verhältnis zwischen der Familie Karls und den Gruber-Gabriels war spätestens mit dem Tod Karl Gabriels so schlecht, dass das längst bekannte Inzest-Gerücht nun für eine Anzeige sorgte und so eine kleine Rache für schlechte Behandlung und den frühen Tod Karls ausgeübt wurde. Anhänger dieser These können sich darauf stützen, dass eine frühere Magd das schlechte Verhältnis zwischen den Gabriels und den Hinterkaifeckern bestätigt. Zudem hätte ohne die Geburt der kleinen Cäzilia den Eltern von Karl in dessen Todesfall ein nicht unerheblicher Geldbetrag zugestanden, der so aber in Form des Mitbesitzes an das kleine Mädchen fiel.
  • Verhältnis mit Lorenz Schlittenbauer: 1918 begann Viktoria Gabriel eine Affäre mit dem Landwirt Lorenz Schlittenbauer; laut seiner Aussage ging die Initiative von ihr aus. Für Schlittenbauer hätte eine Heirat mit Viktoria einige entscheidende Vorteile gehabt. So hätte er eines seiner erwachsenen Kinder durch die Übergabe von Hinterkaifeck versorgen können und die zusätzlichen Ländereien und Wald hätten die Möglichkeiten der Familie sehr erweitert. Aus der gewünschten Eheschließung wurde nichts, Viktoria bzw. ihr Vater Andreas stimmten hier nicht zu. Das bedeutete auch, dass das Kind, das 1919 geboren wurde, unehelich zur Welt kam; die nachfolgende Festlegung der Vaterschaft sorgte für eine mittelgroße Schlammschlacht zwischen den Beteiligten; eine endgültige Einigung vor dem Vormundschaftsgericht stellte klar, dass Lorenz Schlittenbauer der Vater des kleinen Josefs war. Zuvor hatte er zwischenzeitlich Anzeige wegen (erneutem) Inzest erstattet und vermutet, dass in Wirklichkeit Andreas Gruber der Vater sei. Diesen Vorwurf hat er noch mehrmals zurückgezogen und wieder geäußert, so dass eine Verhandlung nicht mehr auf ihn als Hauptbelastungszeuge zurückgreifen konnte; sein Hin und Her hatte ihn schlicht unglaubwürdig gemacht. SPEKULATION: zwischen Schlittenbauer und den Hinterkaifeckern hat es noch nachträglich einen erbitterten und andauernden Streit gegeben und Schlittenbauer war von der Vaterschaft des Andreas Gruber überzeugt. Die Akten geben ausführlich Auskunft über den Hickhack nach der Geburt des Josef Grubers. Über einen 19220noch bestehenden Konflikt ist (noch) nichts bekannt, im Gegenteil: Schlittenbauer bot Andreas Gruber noch am Tag vor der Tat einen Revolver zur Bewaffnung an, was bedeutet, dass die beiden a) noch miteinander redeten und b) sich halfen.


Mögliche Motive
Auf Allmystery werden viele Tatmotive diskutiert.
  • Konflikte rund um die Vaterschaft und Heirat wie oben schon beschrieben hätte es rund um die Vaterschaft am Josef Potenzial um Streit geben können.
  • Übervorteilung Einige Aussagen in den Akten berichten von Verkauf von schlechten Nahrungsmitteln zu überteuerten Preisen, was eventuell zu einem Konflikt hätte führen können.
  • Erpressung: Es gibt einige Anzeichen dafür, dass die Familie ungewöhnlich nervös oder aufmerksam war. So haben sie sich auch Geld besorgt, von der Bank und aus der Familie, von dessen Verbleib nichts bekannt ist
  • Raubmord: Die Familie wird als sehr wohlhabend beschrieben und tatsächlich spricht das noch vorgefundene Goldgeld dafür. Der Umstand, dass auf der Einöde Hinterkaifeck Geld zu holen war, war weithin bekannt und wird von einigen, teilweise auch von zwielichtigen Personen, berichtet.
  • Waffenlager: Die politische Situation in Deutschland brachte es mit sich, dass auf abgelegenen Höfen Waffen eingelagert wurden, die eigentlich an die Entente abgegeben werden mussten. Diese Konstellation hatte erhebliche Sprengkraft und eine Theorie sagt aus, dass die Hinterkaifecker ihrerseits Geld aus solchen Waffenlagern ziehen wollten. Hierzu gibt es keine Belege in den Akten.


Weitere Informationsquellen
Zuletzt bearbeitet von pensionär am 05.07.2022