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Mordfall Hinterkaifeck

51.943 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Mord, Bauernhof, Hinterkaifeck ▪ Abonnieren: Feed E-Mail
Zu diesem Thema gibt es eine von Diskussionsteilnehmern erstellte Zusammenfassung im Themen-Wiki.
Themen-Wiki: Mordfall Hinterkaifeck

Mordfall Hinterkaifeck

08.06.2022 um 16:37
@Goggo

Für ihn ist ganz klar die Wahrscheinlichkeit für LS am höchsten. Mit Betonung auf "Wahrscheinlichkeit"!
Nichts anderes betrachtet er. Eine sehr technische Herangehensweise, hat aber gerade deswegen auch Charme.
Wie gesagt, Basis sind die statistischen Wahrscheinlichkeiten bzgl. des Ablaufs, der Tatausführung,
Mordwaffe, etc.. Und die ergeben eine hohe Wahrscheinlichkeit für eine Beziehungstat.
Und innerhalb des Themas "Beziehungstat" hat für ihn LS das stärkste Motiv.

Ich möchte mich aber nicht allzu weit aus dem Fenster lehnen, da es schon eine Weile her ist, dass ich das Buch gelesen habe.
@Pol-John53 kann da wahrscheinlich mehr dazu beitragen, wenn er/sie das Buch aktuell liest.
Die Rezensionen auf der großen Online-Handelsplattform sind auch recht aussagekräftig.


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Mordfall Hinterkaifeck

09.06.2022 um 10:26
Nur sind Wahrscheinlichkeiten eben nur Wahrscheinlichkeiten. Und keine Tatsachen. Eine technisch Herangehensweise halt ich schon für fragwürdig, da der Ablauf wie Tatausführung doch sehr spekulativ sind.
Zitat von APBTAPBT schrieb:Und innerhalb des Themas "Beziehungstat" hat für ihn LS das stärkste Motiv.
Zu der Meinung mag man gelangen. Ich gebe aber zu bedenken, dass Viktoria durchaus weiter sexuelle Bekanntschaften inne gehabt haben könnte als nur mit LS. Beispielsweise Herr Sigel. Der soll ja beim Auffinden in Hinterkaifeck gezittert haben vor Angst. Welchem Täter würde das nicht so gehen, wenn er sein eigenes Grauen ansehen muss? Auch könnte einer der Schwager Gabriel Interesse an Viktoria gezeigt haben. Immer hin hat der Grossvater von Cilli schnell mal das Erb beantragt. Oder vielleicht war es jemand der gar nie im Dorfgespräch oder in den Akten auftaucht. Beispielsweise Andreas Gruber. Tatmotiv: Viktoria hat ihm im Streit gesagt er sei der Vater von klein Josef.

Aber wie gesagt, ich tu mich schwer mit einer Beziehungstat gerade dann wenn LS im Fokus steht. Überhaupt kommen bei mir Zweifel auf, ob hier eine Beziehungstat vorliegt. Da passt ein 6 Fach Mord nicht hin.


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Mordfall Hinterkaifeck

10.06.2022 um 01:06
@schluesselbund
Danke für die Bewertung- ich finde das sehr sachgerecht. Ich will dennoch sagen, dass die Tat m.E. stark nach - sagen wir mal ganz bewusst nicht „Beziehungstat“- einer Tat ausschaut, die nahelegt, dass der Täter die Opfer kannte oder zumindest eines der Opfer ganz bewusst Opfer wurde. Es gab eine Täter- Opfer- Vorbeziehung. Daraus den oft genannten Tatverdächtigen zu folgern halte ich für nicht zulässig, aber daraus eine vollkommen andere Tat, z.B. politischen Mord zu machen, für unwahrscheinlich. Daher: der Täter kannte mindestens eines der Opfer und das Tatmotiv liegt mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit in genau dieser Beziehung. Ich denke, dass kann man unabhängig wo man „steht“, festhalten. Und natürlich darf man auch genau das Gegenteil behaupten, ich sag das ganz bewusst, denn absolute Wahrheit hat in diesem Fall niemand gepachtet.


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10.06.2022 um 11:21
Zitat von schluesselbundschluesselbund schrieb:Ich gebe aber zu bedenken, dass Viktoria durchaus weiter sexuelle Bekanntschaften inne gehabt haben könnte als nur mit LS. Beispielsweise Herr Sigel. Der soll ja beim Auffinden in Hinterkaifeck gezittert haben vor Angst. Welchem Täter würde das nicht so gehen, wenn er sein eigenes Grauen ansehen muss? Auch könnte einer der Schwager Gabriel Interesse an Viktoria gezeigt haben. Immer hin hat der Grossvater von Cilli schnell mal das Erb beantragt. Oder vielleicht war es jemand der gar nie im Dorfgespräch oder in den Akten auftaucht. Beispielsweise Andreas Gruber. Tatmotiv: Viktoria hat ihm im Streit gesagt er sei der Vater von klein Josef.
Dein Standpunkt ist angekommen. Es mag recht interessant und auch irgendwie legitim sein – so zu spekulieren. Es liegt aber deshalb noch lange kein Grund vor, sich so eine Spekulationsblase zusammenzubasteln.


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Mordfall Hinterkaifeck

10.06.2022 um 14:59
Zitat von tottototto schrieb:Es liegt aber deshalb noch lange kein Grund vor, sich so eine Spekulationsblase zusammenzubasteln.
Findest du. Da kann man den Fall ganz trocken ad Acta legen. Da nie ein Täter gefunden wurde. Oder man kann weiter schreiben bis sich irgendwann eine Spekulation verankert hat. Wenn das nicht schon bezüglich LS geschehen ist. Und in 100 Jahren wird man sagen, die Sage erzählt......


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Mordfall Hinterkaifeck

10.06.2022 um 17:42
Zitat von schluesselbundschluesselbund schrieb:Findest du. Da kann man den Fall ganz trocken ad Acta legen. Da nie ein Täter gefunden wurde. Oder man kann weiter schreiben bis sich irgendwann eine Spekulation verankert hat. Wenn das nicht schon bezüglich LS geschehen ist. Und in 100 Jahren wird man sagen, die Sage erzählt......
Den Fall ad Acta legen? nein, es wäre schade drum, bietet er doch in jeder neuen Fassung literarische „Roman-tic“ und die vielfältigen Variationen haben zudem einen unerschöpflichen Unterhaltenswert.

Nur, zwecks Differenzierung zum Original Geschehen sollte man den Fall Hinterkaifeck vielleicht umbenennen in:

„Neues vom Räuber Hotzenplotz“




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Mordfall Hinterkaifeck

10.06.2022 um 18:15
@all Vielen Dank für die unterschiedlichen Beurteilungen des Buches von Dr. Golla. Ich werde es wahrscheinlich nicht kaufen, da es in der Frage des Täters in Richtung LS geht und außerdem alles bei "hinterkaifeck.net" nachzulesen ist.


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Mordfall Hinterkaifeck

11.06.2022 um 18:06
@pensionär@odinandi
Danke für eure Einschätzungen.

Ob der Stationärmotor im Bezug auf den Sechsfachmord bedeutungslos ist, hängt meiner Meinung nach vom Anschaffungszeitpunkt ab.
War das tatsächlich vor 1914, wie im HK Wiki (ohne Angabe von Gründen) als wahrscheinlich bezeichnet wird, kann ich auch keinen Zusammenhang knüpfen.

Da offensichtlich kein Nachweis für das Kaufdatum existiert, kann man sich bestenfalls auf die Aussage des Monteurs Hofner beziehen.

https://www.hinterkaifeck.net/wiki/index.php?title=Aussagen:_1925-05-15_Hofner_Albert

Er erklärte, ein oder zwei Jahre zuvor schon mal in Hinterkaifeck gewesen zu sein, um die Dreschmaschine zu reparieren. Im Zusammenhang mit dieser Visite keine Erwähnung des Motors, wobei ich meine, hätte jener dort zu diesem Zeitpunkt schon existiert, wäre vom Gruber oder seiner Tochter höchstwahrscheinlich eine Aufforderung gekommen, mal einen Blick draufzuwerfen. Wenn der Fachmann schon vor Ort ist ... denn es sind für den Betrieb immerhin Komponenten wie Zündung und Vergaser notwendig und ich halte es für unwahrscheinlich, dass irgendwer vom Hof hierzu über die entsprechende Sachkenntnis verfügte.

Jedenfalls erwähnte der Monteur Hofner bezüglich des ein oder zwei Jahre zurückliegenden Besuchs den Motor nicht, neben der Dreschmaschine aber gewährten Einlass in die Stube (!). Es ist also durchaus möglich, dass es zu diesem Zeitpunkt noch keinen 'Sendlinger' gab auf jenem Hof.

Für mich stellt sich so oder so die Frage, aus welchem Grund sich die Hinterkaifecker einen Stationärmotor leisteten.

Als Statussymbol? ... Passt nicht recht in Zeit und soziale Situation, noch weniger zu isoliert hausenden, geizigen Sonderlingen.

Als Arbeitshilfe? ... Sehr ungewöhnlich, dass eine Bauernfamilie die mehr einem Selbstversorger als einem nennenswerten Wirtschaftsbetrieb zuzuordnen ist, diese unverhältnismässige Investition tätigt, statt beim Bewährten zu bleiben. Ein Knecht war billiger und vielseitiger.

Als Arbeitshilfe - ungewöhnliche Umstände angenommen? ... Jetzt wird es eventuell konkreter. Nimmt man mal die Dreschmaschine dazu, lässt sich eine zumindest logische These spinnen. Denn Dreschen, besonders mit der Dampfmaschine, die von Hof zu Hof gekarrt wurde, war Kollektiv-Arbeit. In einer Ansiedlung wie Gröbern mussten da alle zusammenhelfen.

(Siehe hierzu evtl "Das Leben eines Landarbeiters" von Franz Rehbein, wo dieser Vorgang sehr anschaulich beschrieben wird).

Nicht unbedeutend war der Betrieb der Dampfmaschine, die Unmengen von Feuerholz sowie Wasser und Schmierstoffe benötigte. Wenn es beim Gruber Gründe gab, nicht die gesamte Nachbarschaft auf seinem Areal zu versammeln, kam er spätestens beim Dampfdreschen in einen Konflikt.

Für einen solchen bot der 'Sendlinger' zweifellos eine Lösung an, weil Dampfmaschine und mit ihr das zahlreiche Bedienpersonal überflüssig wurden. Vielleicht konnte das Dreschen sogar im Familienkreis erledigt werden, immerhin lässt sich ein Benzinmotor einfach ab- und wieder anstellen, wenn die Mannschaft mal 'ne Pause nötig hat.

Gibt es irgendwelche Berichte, wie beim Gruber 1920 und/oder 1921 gedroschen wurde?

Ich tendiere zur These, dass in Hinterkaifeck neben der Landwirtschaft weitere Einnahmequellen bestanden, wofür meiner Ansicht nach auch die aufgefundenen Ersparnisse sprechen.
Vor allem aber lässt sich damit ein Motiv aufstellen, das im Gegensatz zu Raubmord oder Beziehungstat die wenigsten (Logik-) Lücken offen lässt.

Leider existiert zur Waffenlager/Drohungs-Erpressungs Theorie der geringste Bestand an Fakten. Um nicht völlig ins Blaue zu spekulieren, halte ich es für sinnvoll gesicherte HK Gegebenheiten mit historisch unstrittigen Rahmenbedingungen zu vergleichen. Der Stationärmotor stellt hier eindeutig einen Widerspruch dar.


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11.06.2022 um 18:29
Zitat von DonislDonisl schrieb:. Im Zusammenhang mit dieser Visite keine Erwähnung des Motors, wobei ich meine, hätte jener dort zu diesem Zeitpunkt schon existiert, wäre vom Gruber oder seiner Tochter höchstwahrscheinlich eine Aufforderung gekommen, mal einen Blick draufzuwerfen. Wenn der Fachmann schon vor Ort ist ... denn es sind für den Betrieb immerhin Komponenten wie Zündung und Vergaser notwendig und ich halte es für unwahrscheinlich, dass irgendwer vom Hof hierzu über die entsprechende Sachkenntnis verfügte.
Wie lange hielt denn so eine Zylinderkopfdichtung üblicherweise beim Betrieb eines solchen Motors? Wenn sie durchschnittlich alle soundsoviel Betriebsstunden gewechselt werden musste, hätte man ja einen gewissen Anhaltspunkt dafür, wie lange der Motor in Betrieb war (bevor der Monteur kommen und die Dichtung wechseln musste) also auch, wann er ungefähr angeschafft wurde (vorausgesetzt natürlich, dass man ihn nicht von irgendwoher gebraucht gekauft hat).


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11.06.2022 um 19:32
@brigittsche

Heute hält die Zylinderkopfdichtung ein Autoleben lang (sollte). In der Frühzeit des Verbrennungsmotors, zu der man die Zwanziger zählt, war diese Dichtung die Achillesferse. Flug- oder Hochleistungsmotoren wurden nur aus diesem Grund vorzugsweise so konstruiert, dass Zylinder und Zylinderkopf eine untrennbare Einheit darstellten - was die kritische Dichtung überflüssig machte.

Das Hauptproblem war das geeignete Dichtungsmaterial, welches hohem Druck und Temperatur widerstehen muss. Weil es hieran mangelte, musste die Zylinderkopfdichtung vergleichsweise häufig erneuert werden.

Ja, tut mir leid, das ist kein Wert, aber eine Zahl zu nennen fällt mir schwer. Zumal wir nicht wissen, wie oft die Hinterkaifecker den Apparat benutzt haben. Und nicht nur die reine Betriebszeit, sondern auch die Häufigkeit des Einschaltens (kalt/heiss) setzt der Dichtung zu.

Die Betriebszeit könnte man am Treibstoffbedarf beurteilen, allerdings ist auch hier wieder ein Fragezeichen, weil der Vertreter Berchtold (siehe Post von @pensionär s.2504) nur ein Fass erwähnt, nicht aber dessen Kapazität.

Es gab alle möglichen Grössen, 60, 100 und 200 (216,5) Liter Fässer waren üblich. Kleinere Gebinde nannte man eher 'Kannen'.

Wenn der Gruber zwei 200er Fässer pro Saison benötigte und seinen Motor so feinfühlig behandelt hat wie seine Damen, war wohl auch jährlich eine Zylinderkopfdichtung fällig (reine Hypothese).
Dass der Hinterkaifecker 'Sendlinger' viele Jahre (zB seit 1914) keine Erneuerung der ZK nötig hatte, halte ich jedoch für unwahrscheinlich.


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11.06.2022 um 20:01
Muss mich korrigieren, das 200 Liter Fass kam erst später. 1922 gab es vermutlich das 160 Liter Fass als grosse Einheit.

https://www.fass-schmitz-gmbh.de/geschichte_des_fasses.html

Mal sehen, ob sich noch Genaueres/Abweichendes für Süddeutschland findet.


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Mordfall Hinterkaifeck

11.06.2022 um 23:17
Zitat von DonislDonisl schrieb:Wenn es beim Gruber Gründe gab, nicht die gesamte Nachbarschaft auf seinem Areal zu versammeln, kam er spätestens beim Dampfdreschen in einen Konflikt.
Vorweg: Das ist tatsächlich (mit)bedenkenswert.
Zitat von DonislDonisl schrieb:Gibt es irgendwelche Berichte, wie beim Gruber 1920 und/oder 1921 gedroschen wurde?
Hier liegt ein Forschungsansatz : Zum Inventar gehörte auch ein sog. Dreschwagen und eine sog. Windmühle.

https://www.hinterkaifeck.net/wiki/index.php?title=Historische_Ger%C3%A4te_und_Maschinen:_Dreschwagen

In diesem Zusammenhang wäre dann noch zu klären, ob die aaO erwähnte Geldleihe für einen "neuen Dreschwagen" meint, dass es bereits einen alten gab, der ausgedient hatte.
Zitat von DonislDonisl schrieb:1922 gab es vermutlich das 160 Liter Fass als grosse Einheit.


Das erscheint mir als Liefermenge als sehr viel bis zu viel und wäre als reines Benzin m. E. ziemlich riskant aufzubewahren. Oder war es ein Benzin - Öl Zweitaktgemisch ? Verstehe zu wenig davon.

@Donisl
Dranbleiben.


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Mordfall Hinterkaifeck

12.06.2022 um 00:24
Zitat von pensionärpensionär schrieb:Das
Was die Gefahr der Lagerung von Benzin betrifft, gebe ich Dir völlig recht. Doch kann, muss man davon ausgehen, dass das vor hundert Jahren ähnlich gesehen wurde. Könnte es nicht sein, dass hier die Gefahr einfach "falsch" eingeschätzt, also unterschätzt wurde, man sich der Gefahr irgendwie nicht bewusst war, oder diese mangels anderer Chance des Bezuges, in kauf genommen werden musste???

Was die Menge angeht, ist das wohl hauptsächlich davon abhängig, wie groß der "Durst" dieses "Sendlingers" war und wie lange der tatsächlich lief.

Ich habe davon leider absolut keine Ahnung, was so ein Teil verbrauchen könnte. Genauso wie ich leider auch nicht einschätzen kann, ob es ein Zwei- oder Viertaktermotor war.


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Mordfall Hinterkaifeck

12.06.2022 um 09:33
Zitat von OdinAndyOdinAndy schrieb:Was die Gefahr der Lagerung von Benzin betrifft, gebe ich Dir völlig recht. Doch kann, muss man davon ausgehen, dass das vor hundert Jahren ähnlich gesehen wurde. Könnte es nicht sein, dass hier die Gefahr einfach "falsch" eingeschätzt, also unterschätzt wurde, man sich der Gefahr irgendwie nicht bewusst war, oder diese mangels anderer Chance des Bezuges, in kauf genommen werden musste???
Zur Aufbewahrung von „Treibstoffen“ gab es damals (1920) bereits strenge Verordnungen und Vorschriften, deren Zuwiderhandlung den Verlust des Versicherungsschutzes zur Folge hatte; so musste z.B. der Aufbewahrungsraum für den Treibstofftank - inklusiv der Decke - mit Mauerwerk befestigt sein, der Aufbewahrungsraum für den Treibstofftank musste durch eine von außen zu öffnende Türe zu erreichen sein und der Standort des Treibstofftanks musste in einen bestimmten Abstand zum Antriebsmotor angeordnet sein, usw.

Das einzige, was man von dieser Angelegenheit zur Aufarbeitung der Morde in Hinterkaifeck ableiten könnte - und hier auch nur im erweiterten Sinne; wäre, dass die damaligen Verordnungen einen direkten Zugang vom Tanklager bzw. vom Motorenraum zur Tenne nicht zugelassen hatten.


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Mordfall Hinterkaifeck

12.06.2022 um 10:25
1914 heiratet Viktoria Karl Gabriel den ältesten Sohn eines kleinen Weilers in der Nähe. Durch die Einbringung von 3.000 Mark wurden beide als Besitzer von Hinterkaifeck eingetragen.

Also ich glaube schon, dass die Hinterkaifekler 1914 im Besitz eins Sendling wie einem Dreschwagen und einem Windrad waren.
Die Zeiten als noch mit dem Dreschschlegel gedroschen waren da schon einige Jahre vorbei. Solche Standmotoren oder auch Verdampfermotoren genannt funktionierten nach dem 4 Takt Prinzip. Und hatten einen mechanischen Drehzahlregler. Die Leistung dürfte bei ca. 3 - 5 PS gelegen haben. Der Dreschwagen diente dazu das Korn aus den Ären zu dreschen. Und mit dem Windrad wurde die Spreu vom Korn getrennt. Grundlegend hat sich an der Dreschtechnik bist heute selbst beim modernsten Mähdrescher nichts geändert. Schneiten Schütteln Sieb Windrad Tank.

Dass auf so kleinen Höfen wie Hinterkaifek jemals mit einer Dampfmaschine gedroschen wurde glaube ich nicht. Dafür war dann der Aufwand viel zu gross. Und auch die zu dreschende Menge viel zu klein. Abgesehen davon war Dampfdreschen wegen des Funkenwurfs nicht ganz ungefährlich. Und wurde deshalb auch meist nur auf dem Feld eingesetzt. Oder in sicherer Distanz zu den Gebäuden. Auch der Funkenwurf einer Benzin Verbrennungsmaschine war zu damaliger Zeit nicht ganz ungefährlich. Darum musste damals schon laut Vorschrift ein Motorenhaus gebaut werden. Übrigens ist es heute noch verboten mit einem Benzinmotor in der Scheune allfällige arbeiten zu tätigen. Dieselmotoren dürfen nur im Stallbereich und zur Fütterung eingesetzt werden.

Nochmals zurück zu den Verdampfermotoren. Die heissen so, weil der Motor keinen geschlossenen Wasserkühlkreislauf hat. Die Bauweise erfolgt so, dass der Zylinder zur Kühlung in einem integriertem Wasserbecken welches nach oben offen ist sich befindet. Dadurch verdampft immer etwas Wasser. Der Kraftstoffverbrauch dürfte bei ca. 2 Liter die Stunde gelegen haben. Also 60 Liter Treibstoff war eher eine kleine bestell Menge. Auch Treibstoff muss in einem separaten Feuersicheren Raum gelagert werden.


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Mordfall Hinterkaifeck

12.06.2022 um 10:50
Zitat von DonislDonisl schrieb:Gibt es irgendwelche Berichte, wie beim Gruber 1920 und/oder 1921 gedroschen wurde?
Für 1919 gibt es die Zeugenaussagen Schrittenlocher und als Zeuge vom Hörensagen A. Schlittenbauer :
An einem mir nicht mehr näher bekannten Tag im Herbst, glaublich 1919, war ich beim Dreschen in Hinterkaifeck. Zur damaligen Zeit wurde der Lohndrusch noch mit dem Dampfkessel betrieben. An diesem Tag kam ich in der Früh zwischen 6 u. 7 00 Uhr in Hinterkaifeck an. Außer mir waren noch der Bauer Schrätzenstaller und der Landwirt Kreitmayer von Gröbern in Hinterkaifeck beim Dreschen. Kreitmayer ist inzwischen gestorben. Als wir drei beim Dampfkessel zusammenstanden, kam der alte Gruber auf uns her. Einer von uns drei begrüßte den alten Bauern und sagte: " Guten Morgen Anderl, bist auch schon auf?" Gruber erwiderte:" Oh mei Buben, ich bin heute Nacht fast nicht zu Bett gekommen." Kreitmayer fragte ihn nun, ob er denn so viel Arbeit gehabt oder ob ihm ein Heil widerfahren wäre. Gruber erwiderte glaublich, dass in der vergangenen Nacht die junge Frau (seine Tochter Viktoria) entbunden habe...

https://www.hinterkaifeck.net/wiki/index.php?title=Aussagen:_1952-07-01_Schrittenlocher_Josef

Alois Schlittenbauer erinnert sich 1944/45 wie folgt:

„Auch mein Schwiegervater Josef Schrittenlocher ist am Tag der Entdeckung nach Hinterkaifeck gegangen und hat die Toten gesehen. Mir hat er erzählt: Als der kleine Josef am 07.09.1919 geboren wurde, haben wir die Dreschmaschine mit Dampfkessel in Hinterkaifeck aufgebaut. Der Gruber kam einfach nicht aus dem Haus heraus und wir waren mit dem Aufbau fertig....“
Quelle: https://www.hinterkaifeck.net/wiki/index.php?title=Schlittenbauerchronik1:_02

Der kleine Josef wurde am 07.09.1919 in Hinterkaifeck geboren.
https://www.hinterkaifeck.net/wiki/index.php?title=Personen:_Gruber_Josef[/quote]

Danach wäre es "zur damaligen Zeit" definitiv zumindest 1919 tatsächlich wohl noch so gewesen, dass von mehreren Männern m. E. eine (Gemeinde?)Dreschmaschine samt Dampfkessel nach Hinterkaifeck gekarrt und aufgebaut wurde. Dann hätte es den Sendlinger dazu 1919 nicht gebraucht.


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Mordfall Hinterkaifeck

12.06.2022 um 11:16
Da lag ich wohl falsch. Und müsste noch so gewesen sein.

Youtube: alte dampfbetriebene Dreschmaschine
alte dampfbetriebene Dreschmaschine
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Mordfall Hinterkaifeck

12.06.2022 um 13:27
Danke @schluesselbund

Und hier noch ein alter "Dreschkasten", wie er auch in HK in der Inventarliste auftaucht. Der konnte sowohl von Hand wie nach einem kleinen Umbau des Drehrads mit anderen Antriebsarten in Betrieb gesetzt werden. So stelle ich mir das jedenfalls vor. Hier wäre ein Sendlinger am Transmissionsriemen vielleicht sinnvoll gewesen.

Youtube: alter Dreschkasten neu belebt
alter Dreschkasten neu belebt
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(Es gibt auch einen Clip von einem Heimatfest in Österreich, bei dem ihn eine Frau an einer Handkurbel bedient. Gabs ersichtlich auch in sehr verschiedenen Größen.)

Was mir bei dem dampfgetriebenen Dreschen in HK 1919 auch unklar ist - wo wurde der Dampfkessel aufgeheizt - das dauert doch vermutlich ewig bis die Maschine läuft.


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Mordfall Hinterkaifeck

12.06.2022 um 13:50
Zur Ergänzung: Im Dreschkasten befindet sich eine Reihe Hämmer, die beim Drehen des Antriebs nacheinander von einer mit Zapfen versehenen Walze angehoben werden und dann auf das eingelegte Getreide niederfallen. Statt Dreschflegel halt.

Das gedroschene Korn wird dann im Windkasten (auch im Inventar in HK) ausgeblasen und von Spelz und kleinen Verunreinigungen befreit.


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Mordfall Hinterkaifeck

12.06.2022 um 14:07
@pensionär und alle die das interessiert


Ja, die Angaben von Schrittenlocher und Schlittenbauer kann man nicht ignorieren, 1919 wurde demnach auf Hinterkaifeck mit der Dampfdreschmaschine ausgedroschen.

Bei den Aussagen vom Bichler, Schrätzenstaller, Schwaiger und Freundl kann ich nirgends rauslesen, in welchem Jahr sie zuletzt beim Dreschen in HK mitgearbeitet haben.

Wenn dieser Motor in einem direkten Zusammenhang mit der Drescharbeit stand, kann man anhand der Aussagen annehmen, 1919 gab es noch keinen 'Sendlinger', 1920 war er möglicherweise schon in Betrieb. Vielleicht auch erst 1921.

Es muss die Frage beantwortet werden, ob eine 4PS Maschine in Kombination mit der Familie Gruber/Gabriel in der Lage war, die ortsgemeinschaftliche Drescharbeit zu ersetzen.


Gruber/Gabriels Viehbestand war einerseits überschaubar ....

2 Ochsen
2 Stiere
4 Milchkühe
3 Jungrinder
5 Kälber
2 Ferkel
25 Hühner

https://www.hinterkaifeck.net/wiki/index.php?title=Dokumente:_1926-11-06_Zusammenstellung_des_Staatsanwaltes_Pielmayer

.... andererseits mussten auch diese Tiere über den Winter gebracht werden. Je nach Länge desselben (120 bis 150Tage) kann man den Futterbedarf für die Zeit im Stall mit wenigstens 20 Tonnen ansetzen.

Bin kein Landwirt und kenne den Gruber'schen Futtermix nicht ... aber ich denke man kann das durch einen heute/damals Vergleich in etwa abschätzen:

https://www.milcherzeugerverband-bayern.de/was-fressen-kuehe

https://www.stern.de/wirtschaft/von-der-weidekuh-zur-hochleistungskuh---in-nur-100-jahren-6926694.html

Zu dieser zugegeben unfachmännischen Hochrechnung (20t) müssen die verbliebenen Vorräte gerechnet werden, die im oben verlinkten Vermögensverzeichnis gelistet sind.

50Ztr Hafer
40Ztr Korn (vmtl Gerste ... oder Mais?)
23Ztr Roggen
2Ztr Weizen
5Ztr Wicken
3Ztr Klee

Ein Zentner entspricht 0,05 Tonnen, am Dachboden lagerten demnach weitere gut 5 Tonnen Getreide, das zuvor durch die Dreschmaschine musste.

Addiert mit der (Winter-) Kalkulation sind das 25 Tonnen, womit schon mal eine rechnerische Grösse vorhanden ist. Damit lässt sich ungefähr ermitteln, wieviel Arbeit der gegenständliche Stationärmotor verrichten musste.

Beim 'Sendlinger' 4PS handelte es sich um eine Viertaktmaschine. Er wurde deshalb mit Benzin, nicht mit Gemisch betrieben.

http://s651713287.online.de/herstell/sendling/sendling.html

Der spezifische Verbrauch lässt sich bei so einem antiquierten Motor (bescheidener Wirkungsgrad) mit ca. 350g/PSh beziffern. Multipliziert mit den versprochenen 4 Pferdestärken sind das 1,4kg bzw 1,8 Liter. Pro Betriebsstunde. Bei einem Vorrat von 160 Litern ergäbe das knapp 90 Stunden Motorbetrieb.

Die grösste Unbekannte ist für mich die Stunden/Tagesleistung der Dreschmaschine. Jene ist neben der Bauart von der Grösse der Trommel abhängig - nichts davon ist bekannt. Ein Anhaltspunkt findet sich in der verfügbaren Antriebsleistung, nämlich den 4PS des 'Sendlingers'.

Gemessen an folgender Maschine namens Koloss

https://www.plankstadt.de/2243379.html

mit zehnmal soviel Leistung und 1600Ztr Tagesproduktion kann man beim Gruber mit 160Ztr kalkulieren. Acht Tonnen also, die allerdings nur mit einem optimal aufgestellten Arbeiterteam möglich waren. Beim alten Gruber und seiner Damen-Mannschaft gehe ich eher von der Hälfte aus, folglich 4 Tonnen täglich. Sie brauchten somit 6 lange Dreschtage, an denen der Motor 10 bis 12 Stunden laufen musste. Dabei benötigte er ca. 140 Liter Benzin, was ein 160 Liter Fass nicht unangemessen erscheinen lässt.

Die Lagerung sehe ich übrigens als unproblematisch. Auf einem Bauernhof war einiges leichter entzündlich als ein gut verschlossenes Metallfass.

@totto

Ob sich ein Einöd-Bauer, der uU Kriegswaffen versteckte sonderlich um die Brandschutzverordnung geschert hat, will ich mal bezweifeln.


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