@brigittsche NeNe, das war schon vergleichbar und hätte auch im WKI passieren können. Der Mann ist ja nicht desertiert, sondern nahm die Identität eines anderen an, den dort persönlich keiner kannte.
Ich wollte das nur als Hinweis anbringen, aber OK, kurze Erklärung:
Normalerweise kamen die Soldaten einer Einheit per Bahntransport in ihren Bestimmungsraum und bekamen, in sicherer Entfernung zur HKL, Zeit sich zu "akklimatisieren".
Die Soldaten von Verbänden, die vorher schon zusammen waren, kannten sich natürlich.
Aber es passierte auch manchmal, später öfters, daß Einheiten "zusammengekehrt" wurden und neue Einheiten aufgestellt wurden. Oder es wurden stark dezimierte Einheiten aufgefüllt. Und dann wurden sie manchmal aus Not direkt in den Einsatz geschickt. Dann kannten sich nur ein paar Soldaten untereinander, weil sie zufällig im gleichen Abteil saßen.
Und wenn dann die Granate explodiert und einer der Gruppe überlebt nur, vielleicht noch mit blutüberströmtem Gesicht, und tauscht seine Hundemarke mit der Leiche des Kameraden, von dem er aus dem Zug wußte, daß ihn Zuhause keiner erwartet...dann landet er als dieser im Hospital und dient den Rest des Krieges als dieser. Und kann nach dem Krieg mit etwas anfänglicher Cleverness ein neues Leben anfangen.
Bei dem ersten meiner Beispiele war das so, allerdings nicht mit Absicht. Da wurden irgendwie die Marken verwechselt, die Soldbücher waren mit Teilen der Uniform verbrannt, er lag lange schwer verwundet im Hospital und landete dann in Gefangenschaft.
Beim zweiten Soldaten weiß ich nicht, wie das passierte. Beide Fälle wurden nur bekannt, weil die beiden sich später bei ihren Ehefrauen meldeten. Sonst wüßte niemand davon.
Die Front im WKI war nicht kurz und konzentriert, die war schon recht lang und die Kriegsgefangenen mußten später oft auch noch in französischen Bergwerken etc arbeiten, über das Kriegsende hinaus.
Wie gesagt, glaube ich das im HK-Fall aber nicht. Gabriels Tod war recht früh im Krieg, da waren die Einheiten noch geordnet und die Männer kannten sich innerhalb der Einheit recht gut, bevor es zur HKL ging.
Wobei mich die Aussagen seiner Kameraden nicht gerade überzeugen, daß sie wirklich sicher sein konnten, den Gemeinten vor sich zu haben. Das hört sich eher so an, als wären sie flach zu ihm hingerobbt und haben ihm nur die Marke abgebrochen. Wer weiß, was sie wirklich von seinem Gesicht sehen konnten. Die Formulierungen sind recht vage, nicht gerade wie: "So ist es!"
Aber mehr war unter diesen lebensgefährlichen Umständen auch nicht zu erwarten.
Er war Landwirt und hatte seine Familie als Rückhalt, ich denke nicht, daß die Lage für ihn sooo aussichtslos auf HK war, daß er alles hinschmeißen und einen kompletten Neuanfang ohne Familie starten wollte.
Und selbst wenn, wäre er dann nicht viele Jahre später dort aufgetaucht, hätte gewütet und wäre wieder verschwunden.
Mir ging es eher um die immer wieder genannten Stereotypen:
Die HKler waren reich, geizig, moralisch verwerflich usw. Dazu gibt es aber keine Fakten (vom Inzest abgesehen), sondern nur Meinungen. Dorftratsch.
Wenn ich mir im Vergleich dazu unseren und ähnlich alte Höfe im hiesigen Umkreis ansehe, dagegen war HK einfach nur erbärmlich ärmlich. Hier gab es 1886 schon Toiletten und Waschgelegenheiten. Erstere als Toilette mit Türe im Stall, letzteres zwischen Küche und Stall. Per Handpumpe am Brunnen über verlegte Rohre versorgt. Ohne verlegte Türen oder Fenster. Das ist doch ein Witz.
Die Wohnräume waren größer, freundlicher, heller. Alleine die Wände innen sind bei HK schon deprimierend.
Innen mal neu weißeln, ordentliche Rohrverlegung, Putz ausbessern. Das nimmt nicht viel Zeit in Anspruch, kostet kein, oder kaum, Geld. Das mag alles im "Seppelland" üblich gewesen sein, aber ich sehe immer noch keine Einkommensquelle, die den HKlern einen Vorsprung vor den anderen Höfen gab. Sie hielten ihr Geld wahrscheinlich bei einigen Dingen etwas besser zusammen.
Und einzelne Käufe wie der Motor oder Viktorias Kleider ließen dann das Klatschkarussel drehen. Das die HKler am Essen sparten oder nicht durchgehend Personal anstellten, wurde dann nicht gegengerechnet, sondern unter Geiz verbucht.
Ich denke mal, die HKler hatten nicht mehr flüssige Mittel als die Schlittenbauers oder andere.