@Anya1981 Ich kann natürlich nicht für Frau Dr. Kastner sprechen. Aber soweit ich weiß hat sie die Akten sorgfältig studiert und da gibt es gleich mehrere Stellen, die sich auf das Verhältnis zwischen Schlittenbauer und den Opfern berufen.
So sagt die ehemalige Magd Kreszenz Rieger über den Zeitraum ihrer Anwesenheit auf dem Hof bis 1921 aus:
Kreszenz Rieger, 24. April 1922
https://www.hinterkaifeck.net/wiki/index.php?title=Aussagen:_1922-04-24_Rieger_KreszenzDen Schlittenbauer, der Vater zu dem ermordeten Knaben sein soll, kenne ich schon. Solange ich in Hinterkaifeck im Dienst war, verkehrte er aber niemals dort. Der alte Gruber und Schlittenbauer redeten miteinander, dagegen nicht die Frauen mit Schlittenbauer. Ich hörte nur einmal von Gruber sagen, dass Schlittenbauer ein Stier sei. Sonst kann ich über den Verkehr des Schlittenbauer mit Gruber und Frau Gabriel nichts sagen.
Schlittenbauer selbst sagt dazu:
Lorenz Schlittenbauer, 30. März 1931
https://www.hinterkaifeck.net/wiki/index.php?title=Aussagen:_1931-03-30_Schlittenbauer_LorenzFrage: Sie haben später immer nur von ihrem Hanserl gesprochen?
Antwort: Das glaube ich nicht, ich habe immer "Mein Buberl“ gesagt.
Frage: Haben Sie das Kind öfters besucht?
Antwort: Besucht nicht, aber zuweilen getroffen. Ich habe mit dem Kind zuweilen gesprochen, wenn ich in den Äckern gearbeitet habe und das Kind zu mir herlief. Auch mit dem alten Gruber habe ich später wieder gesprochen. Wir sind wieder gut geworden, als sie das Geld wieder gehabt haben.
Frage: Sie haben also doch solange im Streit gelebt, bis das Geld wieder zurückgegeben war?
Antwort: Wir waren höchstens 8 Tage im Streit und sind sehr rasch wieder gut miteinander geworden.
Frage: Die Leute haben aber behauptet, daß die alte Frau Gruber und die Viktoria Gabriel nie mehr mit Schlittenbauer gut geworden sind?
Antwort: Ich kann weiteres nicht sagen, ich habe keine Feindschaft geführt.
Das sind zugegebenermaßen viele Infos aus Richtung Schlittenbauer, der als Tatverdächtiger ja ein berechtigtes Interesse hatte, einen Konflikt zu negieren.
Indirekt kann man noch den Rückschluss wagen, dass wenn Gruber übereinstimmendes dem Schlittenbauer sowie weiteren unabhängigen Zeugen zu dem Einbruch(sversuch) erzählt hat, die Episonst Schlittenbauers stimmt. Damit hätten die beiden vor der Tat nicht gestritten sondern sich über ein aktuelles Vorkommnis unterhalten.
Das war sicher noch nicht alles.
Aber die, die diesen noch anhaltenden Streit zwischen Schlittenbauer und den Opfern sehen (weil man ihn als Auslöser/Motiv für die Tat benötigt, sollte Schlittenbauer als Täter in Frage kommen) haben auch wenig:
Da wäre die angebliche
Fahrt nach Schrobenhausen, um Nachforderungen zum Unterhalt zu stellen. Das war ein Gerücht, das erst 1952 in die Akten gelangte und das von Jakob Sigl, der nachweislich über lange Zeit mit Schlittenbauer im Streit lag, also einen gewissen Belastungseifer an den Tag legte. Zuvor war trotz der Medienpräsenz von keiner Behörde, keinem Anwalt und auch nicht von Stegmaier selbst ein solches Vorhaben angezeigt worden.
Eine zweite Info stammt von einem Josef Benzinger, dessen Quelle sich aber nicht erinnern konnte:
Josef Benzinger, 22. November 1922
https://www.hinterkaifeck.net/wiki/index.php?title=Aussagen:_1922-11-22_Benzinger_JosefAls der Bauer von Gröbern Hochzeit hielt, soll die Ermordete auf dieser Hochzeit gewesen sein und den Bauern herauskommen lassen haben. Dabei soll sie dem Bauern Vorwürfe gemacht haben, weil er sie nicht geheiratet hat, hierüber soll es zwischen beiden zu einem Streit gekommen sein. Der Bauer soll ihr gedroht haben.
Daraus wird geschlossen, dass der Bauer später einen Racheakt verübt hat.
Das beträfe den Mai 1921. Also genau den Zeitraum, für den die Magd Rieger damals Streit ausschloss.
Offensichtlich überwogen für Frau Dr. Kastner die zeitlich nahen Aussagen (Gespräch zwischen Schlittenbauer und Gruber) sowie die örtlich nahen Aussagen der Rieger (die längere Zeit im Haushalt mit den Opfern lebte), um hier einen noch andauernden Streit auszuschliessen.