jule78 schrieb:Noch eine Möglichkeit wäre, dass er vielleicht angerufen hat.
Bei einem Erwachsenen könnte ich mir sogar vorstellen, dass er ursprünglich sogar die Eltern sprechen wollte und sich die Sache wegen derer Abwesenheit erst entwickelt hat.
Ich persönlich schließe nach wie vor einen Erwachsenen, eine wie auch immer geartete und bekannte "Respektsperson" nicht aus. Dieser könnte dann tatsächlich mit dem Vorwand "Ich muss etwas mit Deiner Mutter besprechen!" dort aufgekreuzt sein. Und als Heike dann sagte: "Tut mir leid, die kommt erst heute Abend wieder zurück, die ist in Braunschweig bei unserer Oma!" war ihm klar, dass er nicht gestört werden würde. Dieses Gespräch wäre auch telefonisch möglich.
Aber: Sowas verschlechtert auch die Chancen des Täters, denn eigentlich gibt es ja keinen vernünftigen Grund, warum Heike ihn ins Haus lassen sollte, wenn er doch angeblich mit der Mutter sprechen will, die aber definitiv nicht da ist: "Ja, aber ich habe Ihnen doch schon gesagt, dass meine Mutter nicht zu Hause ist!"
Da könnten dann natürlich die Schallplatte und der komische Untersetzer als Geschenk (wenn denn beides wirklich vom Täter stammt...) ins Spiel gekommen sein. Aber auch da erscheint es mir nicht wirklich glaubhaft, dass Heike plötzlich mit jemandem ins Haus geht und noch gemeinsam Musik hört, wenn der doch angeblich die Mutter sprechen will.....
Ich kann z. B. auch nicht recht einschätzen, wie sehr oder eben wenig Heike auf Vorsicht "getrimmt" war. Mir z. B. wurde als Kind sehr deutlich gemacht, dass ich keinem Fremden die Tür aufmachen darf. Und dass ich vorsichtig sein soll, wem ich erzähle, dass ich alleine zu Hause bin. Das führte dann dazu, dass ich richtiggehend Angst davor hatte, wenn ich alleine war, es könnte jemand klingeln den ich nicht kenne.
Letztlich würde eine solche vielleicht auch übertriebene Erziehung zur Vorsicht eher auf eine Verabredung deuten, auf jeden Fall aber einen Täter, den Heike kannte.
frauZimt schrieb:Die andere Geschichte: Dass das Dorf den angeblich am Tatort Gehörten immer noch beschuldigt, ist ein Problem zwischen den Nachbarn, den Familien, den Bewohnern des Ortes.
Das ist eben auch das Problem, wenn der wahre Täter nicht gefunden wird. Wenn es in einem Fall nie einen Prozess gibt.
Richtig, so kenne ich das auch. Da kann 100mal gesagt werden: "Wir haben keine Spuren, die das belegen!" - für die Leute bleibt derjenige erstmal verdächtig bis schuldig, weil "irgendwer muss es ja gewesen sein".
Und ganz übel wird das, wenn zwei Faktoren hinzukommen, ohne dass ich behaupten will, dass es in diesem Fall so ist: A) Der Verdächtige hat aus irgendwelchen Gründen keinen besonderen Rückhalt im Dorf (z. B. Herkunft aus einer "asozialen" Familie, schon mal wegen irgendwelcher Delikte aufgefallen, merkwürdiges Verhalten....) und B) Der Zeuge hat dagegen einen guten Status weil er z. B. aus einer angesehenen Familie kommt ("Der X ist ein ordentlicher Junge, der lügt doch nicht, und wenn der das sagt, dann stimmt das auch!")
Dann steht das Urteil schnell fest. Meiner Beobachtung nach ist es heute auf dem Dorf nicht mehr so extrem, aber 1977 gab es diesen Mechanismus ganz sicher noch, und da war auch der Zusammenhalt der Leute im positiven wie negativen Sinne, sehr viel stärker. Wer da ausgegrenzt wurde, der hatte wirklich ein Problem. Heute sind die Menschen sozial nicht mehr so ausschließlich auf die Dorfgemeinschaft angewiesen, viele Orte haben auch ihre soziale Struktur z. B. durch Neubaugebiete mit vielen "Auswärtigen" die dort hingezogen sind, weil es billiges Bauland gab, aber eigentlich am Dorf wenig Interesse haben, verändert.